Das Schicksal von Sprachen

Allgemeine politikwissenschaftliche Diskussionen

Moderator: Barbarossa

Dietrich
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Wie lässt sich sich das unterschiedliche Schicksal von Sprachen erklären, deren Sprecher einer Invasion zum Opfer fallen?

Es gibt keine einheitliche Gesetzmäßigkeit, nach der solche Vorgänge ablaufen, denn die Situation ist stets sehr verschieden. So könnte man vermuten, dass große Völker mit starker Identität trotz einer Eroberung ihre Sprache bewahren. Doch gibt es zahlreiche Beispiele aus der Geschichte, auf die das nicht zutrifft. So hat das alte Volk der Etrusker, nachdem es im 3. Jh. v. Chr. von den Römern erobert worden war, spätestens zur Zeitenwende seine Sprache aufgegeben, da es etwa 250 Jahre nach Verlust seiner Selbstständigkeit gänzlich romanisiert war. Ebenso gaben die Kelten in Gallien und die Iberer in Spanien ihr angestammtes Idiom auf.

Die Ägypter und zahlreiche andere Staaten Vorderasiens und Nordafrika haben ebenfalls nach Eroberung durch die Araber im 7. Jh ihre angestammten Idiome zugunsten des Arabischen aufgegeben und zwar zuweilen - wie in Ägypten - in überraschend kurzer Zeit.

Die Basken hingegen haben ihre Sprache bewahrt, auch wenn das baskische Gebiet im frühen Mittelalter noch erheblich ausgedehnter war. Das mag daran liegen, dass ihr Siedlungsland eben kein Durchzugsgebiet war und die Basken am Rande der zentralen Staaten und Ereignisse ihre Sprache und Gebräuche in die moderne Zeit hinüberretten konnten.

Aus dem gleichen Grund mögen auch die Sorben ihre Sprache bewahrt haben, denn noch bis zur Industrialisierung war ihr Siedlungsgebiet in der Ober- und Niederlausitz relativ abgeschlossen und wegen fehlender Bodenschätze und schlechter Böden wenig begehrt. Das trifft übrigens auch auf die Slawen im Wendland an der Unterelbe zu, die aber dennoch ihre Sprache und Identität spätestens um 1700 verloren hatten, als ein Pfarrer letzte Sprecher des Wendischen besuchte und ihre Sprache niederschrieb.

Einen erstaunlichen Sprachwechsel haben die Franken nach der Eroberung Galliens und der Gründung des Frankenreichs vollzogen. Obwohl sie in Gallien die herrschende Schicht der Eroberer bildeten, gaben sie dennoch im Verlauf eines längeren Prozesses - Karl der Große sprach noch Fränkisch - ihre germanisch-fränkische Sprache auf und übernahmen das romanische Idiom der - allerdings weitaus zahlreicheren - gallo-romanischen Bevölkerung.

Die Gründe dafür sind komplexer Art. Die gesamte gallorömische Bildungselite und mit ihr die Staatsverwaltung, auf die die Franken angewisen waren, sprach Latein (Vulgär- bzw. Sprechlatein), das somit ein hohes Prestige gegenüber dem Fränkischen besaß. Zudem war es als Alltagssprache bei der großen Mehrheit der Bevölkerung verbreitet und diente als Umgangssprache der Administration bzw. der Verwaltung des Staates. Allerdings haben sich einige hundert germanische Begriffe im Französischen erhalten, sodass die Sprache der Sieger immerhin eine Spur hinterließ.

Im byzantinischen Kleinasien gab es eine griechischsprachige Bevölkerung. Als Kleinasien im 11./12. Jh. von Turkstämmen erobert wurde, begann ein langsamer Prozess der Islamisierung. Die christliche byzantinische Bevölkerung konvertierte im Verlauf einiger Jahrhunderte zum Islam, gab allmählich ihre Sprache auf und verlor ihre ursprüngliche Identität. Kleinasiens Bevölkerung wurde "türkisch", einmal abgesehen von kleinen griechischen Bevölkerungsinseln an der Ägäisküste und von den Armeniern in Ostanatolien. Es scheint so, als sei der Druck der zahlenmäßig unterlegenen muslimischen Eroberer so groß gewesen, dass es in Kleinasien zu einem nahezu kompletten Sprach- und Identitäswechsel kam..

Aus all dem geht hervor, dass es keine Formel gibt, nach der man das Überleben einer Sprache bemessen könnte. Wir haben ja sogar den Fall, dass eine seit vielen Jahrhtausenden tote Sprache wie das Hebräische, die nur noch in der Liturgie fortlebte, zu neuem Leben erweckt wurde. Das ist den Iren leider nicht gelungen, wo trotz enormer Anstrengungen nur noch etwa 53 000 Iren angeben, Irisch täglich als Muttersprache zu sprechen (Zensus von 2006). Da haben es die Engländer doch geschafft, ihre Sprache im Lauf der langen Besetzung Irlands durchzusetzen.

Ich denke, dass sich Sprachinseln eher in abgelegenen Gebieten halten können, die der kulturellen oder politischen Dominanz einer anderssprachigen Staatsmacht nur gering ausgesetzt sind. Ein schönes Beispiel dafür ist der Kaukasus, der "Berg der Sprachen", wo sich sogar Sprachen halten konnten, die - wie das Baskische - keiner bekannten Sprachfamilie angeschlossen werden können und von der Sprachwissenschaft als "isolierte Sprachen" bezeichnet werden. Solche Sprachinseln haben sich auch bei den Rätoromanen gehalten, wo ebenfalls die geografische Situation in abgelegenen Alpentälern ein Überleben des Idioms begünstigt hat.

Sprachentod hat es in der Geschichte hundertfach gegeben. Das muss nicht unbedingt an brutaler Unterdrückung liegen, sondern kann auf ganz friedlichem Wege durch Überschichtung durch eine dominante Sprache geschehen, die über ein höheres Prestige verfügt oder aber aus Gründen einer dahinter stehenden ökonomischen Überlegenheit die Vorherrschaft gewinnt. Ob dann der sprachliche Selbstbehauptungswille stark oder schwach ausgeprägt ist, lässt sich weder vorhersagen noch durch behördliche Maßnahmen regulieren oder erzwingen. Eine solche künstlich am Leben erhaltene Sprache wird langfristig zu einem anachronistischen, musealen Objekt, das späteren Generationen in Sprachkursen wie eine Fremdsprache vermittelt wird.

Diese Prozesse vom Sprachentod oder Sprachensterben sind seit altersher und bis heute wirksam. So stehen z.B. Nord- und Ostfriesisch, Saamisch, Liwisch, Ischorisch oder Okzitanisch vor dem Aussterben, Manx-Gälisch ist seit 1974 mit dem letzten Sprecher ausgestorben, auf anderen Erdteilen ist die Zahlt aussterbender Kleinsprachen noch vielfach größer.
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Barbarossa
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Interessante Ausführung, Dietrich.
Wobei ich anmerken möchte, dass im Falle der Franken die Sprachübernahme nur auf dem Gebiet des eroberten gallo-romanischen Sprachraumes stattfand, während die Franken in ihren ursprünlichen Siedlungsgebieten ihre Sprache beibehielten.

Ob ein solches Verschwinden einer Sprache als bedauerlich anzusehen ist oder nicht, kann wohl nur jeder aus seiner eigenen Sichtweise heraus beantworten. Für mich ist aber gerade die Sprache ein wichtiger Aspekt der eigenen Identität.
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Ruaidhri
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Am Verschwinden der Sprachen auf allen Kontinenten können auch "Sprachenretter" wohl nichts ändern.
Man kann sie vielleicht, den letzten Sprechern abgelauscht, konservieren, archivieren. Studieren.
Akademische Studien sind vielleicht ein wenig Kultur- und Erinnerung bewahrend, nur nutzt dies wenig, wenn niemand mehr die Sprache im Alltag benutzt.
Wird vielen europäischen Sprachen widerfahren, auch der Deutschen im Laufe der Generationen. Deutsch als linguistische Altertumsforschung... :) in der globalisierten Welt, in der andere Sprachen dominieren (müssen).
Oder doch nicht? Den halsstarrigen Friesen gelingt mit viel staatlicher Unterstützung die langsame Reanimation. Ist ja auch zweite Amtssprache in Nordfriesland. Könnte ja mit Deutsch so ähnlich gehen.
An Sprache hängt immer auch Kultur, immer auch wenigstens ein Stück weit Identität. Ob die Welt besser wird, wenn irgendwann alle eine gemeinsame Sprache sprechen?
Google und Internet als Sprachenretter? Oder im Gegenteil, weil zunehmend Englisch Umgangssprache im web ist?
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LG Ruaidhri
Paul
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Es gibt wahrscheinlich sogar eine Mindestgröße , damit eine Standartsprache entsteht, welche Dialektgruppen verbindet. Günstig ist ein gemeinsamer Staat und keine Sprachkonkurrenz.
Deutsch hat eine ausreichende Sprecherzahl, damit es im Internet zu allen Themen Foren gibt und das zu den meisten Themen Bücher geschrieben und übersetzt werden. Den Einflüssen des Englisch ist es aber wegen seiner Verwandschaft noch stärker ausgesetzt, als z.B. russisch o. türkisch. Die skandinavischen Sprachen wären natürlich frühere Kandidaten fürs aussternen.
Die Frage ist, ob sich z.B. Hindi mit seiner großen Sorecherzahl gegen englisch behaupten kann.
viele Grüße

Paul

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Barbarossa
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Ruaidhri hat geschrieben:...
Wird vielen europäischen Sprachen widerfahren, auch der Deutschen im Laufe der Generationen. Deutsch als linguistische Altertumsforschung... :) in der globalisierten Welt, in der andere Sprachen dominieren (müssen).
Oder doch nicht? Den halsstarrigen Friesen gelingt mit viel staatlicher Unterstützung die langsame Reanimation. Ist ja auch zweite Amtssprache in Nordfriesland. Könnte ja mit Deutsch so ähnlich gehen.
Ich bin direkt erschrocken darüber, wie man das mit einer Leichtigkeit dahin schreiben kann...
Ich würde das sogar so schlimm finden, dass ich es mir nicht einmal vorstellen möchte.
Ruaidhri hat geschrieben:An Sprache hängt immer auch Kultur, immer auch wenigstens ein Stück weit Identität. Ob die Welt besser wird, wenn irgendwann alle eine gemeinsame Sprache sprechen?
Google und Internet als Sprachenretter? Oder im Gegenteil, weil zunehmend Englisch Umgangssprache im web ist?
Ob die Welt dann besser wäre? Glaube ich nicht.
Ansonsten vergessen zu viele Leute anscheinend, dass es auch Leute gibt, die sich im Erlernen von Sprachen schwer tun, bzw. gar nicht begabt dafür sind. Auch das gibt es.
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Ruaidhri
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Barbarossa hat geschrieben:Ich bin direkt erschrocken darüber, wie man das mit einer Leichtigkeit dahin schreiben kann...
Ich würde das sogar so schlimm finden, dass ich es mir nicht einmal vorstellen möchte.
Wieviele Sprachen z.B. in Amerika schon ausgestorben sind, weiß niemand so genau.

Die Erkenntnis, dass die eigene Sprache betroffen sein könnte/ wird, tut natürlich immer mehr weh als bei anderen Sprachen das Aussterben achselzuckend hinzunehmen, nicht wahr? Ging mir nicht anders. Insofern ist vielleicht nicht so ganz mit der Leichtigkeit geschrieben. Doch warum sollte Deutsch wichtiger, kulturell hochstehender und wertvoller sein als Niederländisch, Schwedisch oder
Bulgarisch?
Ob die Welt dann besser wäre? Glaube ich nicht.
Ich auch nicht.
Ansonsten vergessen zu viele Leute anscheinend, dass es auch Leute gibt, die sich im Erlernen von Sprachen schwer tun, bzw. gar nicht begabt dafür sind. Auch das gibt es.
Wenn es dann nur noch eine Weltsprache gäbe, dann stünden weniger sprachbegabte Menschen nicht besser und nicht schlechter da als heute.
Mir gefällt das Szenario auch nicht, ich glaube auch nicht daran, dass sich alle Sprachen zugunsten einer zweier dominierender verlieren. Ohne Englisch aber geht heute nur noch wenig.
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Dietrich
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Ruaidhri hat geschrieben: Wird vielen europäischen Sprachen widerfahren, auch der Deutschen im Laufe der Generationen.
Das denke ich eher nicht. Es mag aber sein, dass in einigen Jahrhunderten eine andere Ethnie in diesem Land deutsch spricht. :mrgreen:
Aneri

Lebendige Sprache entwickelt sich und zwar in enger Beziehung zur Kultur. Es werden neue kulturelle Errungenschaften neue Definitionen brauchen, es werden Fremdwörter assimiliert, es werden lokale Sprachvariationen mehr oder weniger begünstigt und die Hauptsprache bewirken. Ich denke, ich würde vor 100 Jahren meine Schwierigkeiten gehabt haben mit Deutschen zu kommunizieren. Vor 300 hundert jahren - war dann schon eine allgemein gültige Sprache in deutschen Raum etabliert?!

Es betrifft die Hauptsprache, wie etwa Deutsche Sprache. Wie viel Dialekten in Deutschem sind, mag ich nicht zu beziffern. Es sind viele. Schon klein litauscher Volk mit etwa 3 Mio. Sprechenden hat viele Dialekten, die wichtigste davon: dzukai, suvalkai, zemaiciai, aukstaiciai. Mit Zemaiciai könnte ich mich mit meine literarische, die auf aukstaiciai aufgebaut ist, überhaupt nicht verständigen. In anderen muss ich mehr oder weniger anstrengen bei Verständigung.

Die nationale Sprache hat sich durch wachsende Schicht der Intellektueller und zunehmender Kommunikation zwischen verschiedensprechenden Völkern durchgesetzt. Erst dadurch entsteht eine nationale Sprache. Niederlände z. B. waren politisch getrennt und hatten ihren Dialekt zur eigenen Sprache entwickelt. Und doch denke ich, muss man unterscheiden zwischen Mundarten und der nationalen Sprache, die eigentlich geschichtlich relativ spätes Phänomen ist.

Die frühere Mundarten, die nur durch lebendige Kommunikation sich aufrecht erhalten hatten, könnte man mit der Evolution der Zellen vergleichen. Zelle stirbt nicht! Sie teilt sich bzw. teil des Volkes zieht sich weiter, dadurch beginnt eine neue Entwicklungslinie, die von der Entwicklung des Hinterbliebenen bzw. anderen Nomadenweg bestreitenden Teil des Volkes sich unterschiedet, und zwar umso mehr umso isolierter diese Wege sind. Manche solche Evolutionslinien landen in Sackgasse. Sterben sie aber keinen natürlichen Todes. Oder Volk wird ausgelöscht, oder durch anderen sprachlich unterwandert. Dennoch auch dann lässt die alte Sprache die "genetische" Spuren.
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Barbarossa
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Ruaidhri hat geschrieben:...
Die Erkenntnis, dass die eigene Sprache betroffen sein könnte/ wird, tut natürlich immer mehr weh als bei anderen Sprachen das Aussterben achselzuckend hinzunehmen, nicht wahr? Ging mir nicht anders. Insofern ist vielleicht nicht so ganz mit der Leichtigkeit geschrieben. Doch warum sollte Deutsch wichtiger, kulturell hochstehender und wertvoller sein als Niederländisch, Schwedisch oder
Bulgarisch?
Ich glaube ja auch nicht, dass diese Sprachen verschwinden werden. Warum sollte das geschehen? Es gibt eine internationale Verkehrssprache - das ist Englisch - aber die nationalen Sprachen werden bleiben. Was jedoch vor allem in den westdeutschen Bundesländern zu beobachten ist, ist der Verlust der Dialekte zugunsten des Hochdeutschen. Das mag eine Folge der Mobilität sein.
Hier im Osten wird doch noch mehr Dialekt gesprochen - ich selbst auch.
Ruaidhri hat geschrieben:Mir gefällt das Szenario auch nicht, ich glaube auch nicht daran, dass sich alle Sprachen zugunsten einer zweier dominierender verlieren. Ohne Englisch aber geht heute nur noch wenig.
Bei Unternehmen, die international agieren, dürften Englischkenntnisse Pflicht sein. Das sehe ich ein.
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Aneri

Barbarossa hat geschrieben:
Ruaidhri hat geschrieben:Mir gefällt das Szenario auch nicht, ich glaube auch nicht daran, dass sich alle Sprachen zugunsten einer zweier dominierender verlieren. Ohne Englisch aber geht heute nur noch wenig.
Bei Unternehmen, die international agieren, dürften Englischkenntnisse Pflicht sein. Das sehe ich ein.
Nicht nur Unternehmen. Auch Wissenschaft nutzt das Englisch. Gerade hier sehe ich viel mehr Gefahr, dass Englisch sich in einer Schicht der Gebildeten durchsetzt, da Bildung ist die Zukunft.
Aber es ist doch eine theoretische Gefahr. Dei Gegenwart zeigt, dass - gerade in entwickelten Ländern - die Mundarten viel mehr Aufmerksamkeit haben und man versucht es zu pflegen. Nichts anders - denke ich - wird mit nationalen Sprachen sein. Es ist wie Zuhause und ein öffentliche Platz. Man unterscheidet es einfach. Es ist eben auch der Sinn "des Zuhause", nicht der öffentliche Platz zu sein.

Wegen des Englisch, da denke ich, dass in weiterer Zukunft das internationale Englisch wird sein eigenen Weg gehen. So ähnlich unterscheiden sich schon amerikanisch und britisch Englisch. Die Einfluss anderen Nationen in dieser internationalen Kommunikation wird die Sprache ändern.

Eigentlich muss man mit Erstaunen feststellen, dass die Zukunft ist die Zukunft der Sprachen. Da neben unsere Sprachen und schon etablierten formalen Sprache der Mathematik, kommen auch Komputersprachen. Die Kommunikation der Zukunft (eigentlich schon Gegenwart) ist virtuelle Kommunikation, die Bedeutung der Programmierer-Sprachen wird noch mehr zunehmen. Ich denke, es wird zur Schulausbildung werden.
Dietrich
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Ruaidhri hat geschrieben:Den halsstarrigen Friesen gelingt mit viel staatlicher Unterstützung die langsame Reanimation. Ist ja auch zweite Amtssprache in Nordfriesland.
Aber welcher Nordfriese spricht noch Friesisch als Erst- bzw. Muttersprache?
"Im offiziellen Sprachgebrauch wird heute meist mit einer Sprecherzahl von 8.000 bis 10.000 Sprechern der nordfriesischen Sprache in Nordfriesland und auf Helgoland gearbeitet. Sprachwissenschaftler gehen aber teilweise von deutlich niedrigeren Sprecherzahlen aus, Nils Århammar schätzt im Jahr 2007 eine Zahl von 5.000 Sprechern innerhalb und 1.500 bis 2.000 Sprechern außerhalb Nordfrieslands." http://de.wikipedia.org/wiki/Nordfriesische_Sprache

Das alles mit abnehmender Tendenz, da sich vielfach das Plattdeutsche breit macht (nicht zu verwechseln mi der friesischen Sprache). Ansonsten wird Friesisch verschiedentlich in Kursen wie eine Fremdsprache erlernt, was zur Erhaltung einer lebendigen erstsprachlichen Muttersprache wenig beiträgt. Das Nordfriesische wird noch an ungefähr 30 Schulen in Schleswig-Holstein unterrichtet.

Ganz anders sieht das in den Niederlanden aus, wo (West)friesisch die Muttersprache von rund 750 000 Menschen ist. Der Anteil der friesischsprachigen Bevölkerung in der niederländischen Provinz Friesland macht 75% aus
Paul
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Dietrich hat geschrieben: Ganz anders sieht das in den Niederlanden aus, wo (West)friesisch die Muttersprache von rund 750 000 Menschen ist. Der Anteil der friesischsprachigen Bevölkerung in der niederländischen Provinz Friesland macht 75% aus
Dietrich, du hast mich jetzt wirklich verblüft, das du gerade die Provinz Nordholland genannt hast, welche ja nicht das eigentliche Kerngebiet Westfrieslands ist. Das sind ja doch eher die nördlicheren Provinzen, allen voran die Provinz Friesland, wo die Mehrheit der Bevölkerung noch muttersprachlich westfriesisch spricht und der Rest teils "Niedersächsisch"(westlichstes Plattdeutsch), teils Hochniederländisch auf der Basis von Niederfränkisch(Batavisch) spricht.

http://de.wikipedia.org/wiki/Provinz_Friesland

Nordfriesisch wird heute natürlich immer mehr durch Hochdänisch verdrängt, seit Nordschleswig zu Dänemark gehört.
Zuletzt geändert von Paul am 15.05.2015, 14:26, insgesamt 1-mal geändert.
viele Grüße

Paul

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Ruaidhri
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Ohne Englisch geht in der Forschung aller Richtungen ( Geschichte inbegriffen), im Ingenieurswesen geht es ohne Englisch nicht, im Bankwesen nicht, bis in die mittleren Ebenen.
Grundkenntnisse Englisch bekommt heute jedes Schulkind vermittelt, und das ist durchaus richtig so. Je früher, desto besser.
Barbarossa hat geschrieben:Was jedoch vor allem in den westdeutschen Bundesländern zu beobachten ist, ist der Verlust der Dialekte zugunsten des Hochdeutschen. Das mag eine Folge der Mobilität sein.
Das höre ich ein wenig anders... :mrgreen:
Gerade in der Zeit der Globalisierung stelle ich immer häufiger eine Rückbesinnung auf lokales/regionales Kolorit fest- nicht nur in der Sprache, bzw. dem Dialekt, sondern auch bei der Wiederentdeckung uralter kulinarischer Traditionen und Lebensmittel.
Lässt sich gerade in WAZ gut verfolgen, sprachlich und kulinarisch versucht man sich an corporate identity Ruhrgebiet. :)
Hm, Sprache spiegelt auch eine Art des Denkens wieder, andere Perspektiven, jede Sprache hat eigene Bilder, hat eigene "Atmosphäre".
Shakespeare auf Deutsch ist eben anders als auf Englisch, Thomas Mann in Fremdsprache ist eben nicht "der Thomas Mann",
und Fritz Reuter auf Hochdeutsch geht nicht. :)
Eine Sprache für alle- ohne dass die Sprachenvielfalt verloren geht, muss wohl sein. Und ist imho vereinbar.
Von dummen Denglisch halte ich nichts- genauso wenig aber von zwanghaftem Purismus.
Fällt mir noch ein uralter Spruch ein: Der Optimist lernt Russisch, der Pessimist Chinesisch. Stammt aus den frühen 60ern.
Wer konnte da ahnen, dass China zur Weltmacht in allen Bereichen wird?
Dann doch besser Englisch als Weltsprache.
Das alles mit abnehmender Tendenz, da sich vielfach das Plattdeutsche breit macht (nicht zu verwechseln mi der friesischen Sprache). Ansonsten wird Friesisch verschiedentlich in Kursen wie eine Fremdsprache erlernt, was zur Erhaltung einer lebendigen erstsprachlichen Muttersprache wenig beiträgt. Das Nordfriesische wird noch an ungefähr 30 Schulen in Schleswig-Holstein unterrichtet.
Danke für den Hinweis, dass Nordfriisk eben nicht Plattdeutsch ist, sondern eine eigene Sprache mit eigenem Institut!
http://www.nordfriiskinstituut.de/
Nordfriisk als alleinige Muttersprache geht nicht, verstehen dann die Touristen nicht, geht auch mit Plattdeutsch nicht. Nebeneinander: Ja. Was auch für andere Regionalsprachen geht- ginge.
Wenn das Friesische ins Hintertreffen geriet, so dann auch, aber nicht nicht nur, durch die deutsch- nationale Bewegung, die den Friesen keine Extra-Rolle zubilligte.
Ähnliches kennt man aus anderen europäischen Regionen, wo Unterdrückung oder Verdrängung von Regional- oder auch Landessprache sprachen immer auch ein Mittel der Politik war. Wer die Sprache bestimmt, der meint, über das Denken und Zugehörigkeitsgefühl zu herrschen.
Wenn solche Sprachen überleben können, dann nur in bilingualer Spracherziehung, sowohl als auch- nicht entweder oder.
Gab mal Eblul, European Bureau for lesser used languages - die Gründe für die Auflösung:
http://eblul.eurolang.net/index.php?opt ... 9&Itemid=1
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LG Ruaidhri
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Ruaidhri hat geschrieben: Wenn solche Sprachen überleben können, dann nur in bilingualer Spracherziehung, sowohl als auch- nicht entweder oder.
Gab mal Eblul, European Bureau for lesser used languages - die Gründe für die Auflösung:
Die Sprachwissenschaft bezeichnet eine Sprache, die nicht mehr als muttersprachliche Erstsprache gesprochen wird, als "tote Sprache". Insofern gilt auch Latein als "tote Sprache", obwohl es für eine ganze Reihe von Berufsgruppen noch verbindlich unterrichtet wird.

Sobald also Nordfriesich keine Erstsprachler mehr hat. ist auch diese Sprache nur noch eine museale tote Sprache.

Mit dem Sprachentod reißt die Tradierung der betreffenden Sprache als Muttersprache ab. Auch wenn Kulturaktivisten sich für eine Revitalisierung einsetzen, ist der damit regenerierte Spracherwerb gleichbedeutend mit dem Erwerb einer Fremdsprache. Ein seltener Ausnahmefall ist die Wiederbelebung des Hebräischen zum modernen Ivrit.
Zuletzt geändert von Dietrich am 15.05.2015, 14:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Paul hat geschrieben:
Dietrich, du hast mich jetzt wirklich verblüft, das du gerade die Provinz Nordholland genannt hast, welche ja nicht das eigentliche Kerngebiet Westfrieslands ist.
Da hast du dich verlesen. Ich sagte:

"Ganz anders sieht das in den Niederlanden aus, wo (West)friesisch die Muttersprache von rund 750 000 Menschen ist. Der Anteil der friesischsprachigen Bevölkerung in der niederländischen Provinz Friesland macht 75% aus.
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