Populismus: Eine Gefahr für die Demokratie?

Allgemeine politikwissenschaftliche Diskussionen

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Danke Karlheinz.
Aber nun bin ich völlig geplättet. Als ich Populismus bei Wiki in die Suche eingab, kam keine Anzeige. Komisch.
Aber sei es drum - im Wiki-Artikel über Rechtspopulismus steht nun klar:
 In Ungarn kam es bei den Parlamentswahlen 2009 zu einem Rechtsruck, bei dem neben der neofaschistisch-populistischen Jobbik vor allem der spätere Wahlsieger Fidesz mit stark rechtspopulistischer Rhetorik profitierte. 
Da haben wir es doch.
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Barbarossa hat geschrieben:Danke Karlheinz.
Aber nun bin ich völlig geplättet. Als ich Populismus bei Wiki in die Suche eingab, kam keine Anzeige. Komisch.
Aber sei es drum - im Wiki-Artikel über Rechtspopulismus steht nun klar:
 In Ungarn kam es bei den Parlamentswahlen 2009 zu einem Rechtsruck, bei dem neben der neofaschistisch-populistischen Jobbik vor allem der spätere Wahlsieger Fidesz mit stark rechtspopulistischer Rhetorik profitierte. 
Da haben wir es doch.

Zu Ungarn müsste man noch ergänzen: Alle Staaten der EU müssen sich seit dem Vertag von Lissabon zu bestimmten Werten bekennen. Die EU ist keine reine Wirtschaftsgemeinschaft, sondern auch eine Wertegemeinschaft.
Im Vertrag über die Europäische Union (in der Fassung des Lissabonner Vertrags) werden die Werte in Artikel 2 erwähnt:

"Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet."

Und im folgenden Artikel 3 heißt es im ersten Absatz: "Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern." Damit wird deutlich, dass die europäische Integration kein Selbstzweck ist, sondern grundsätzlichen Zielen dient, die das Leben der EU-Bürgerinnen und -Bürger bestimmen.
http://www.bpb.de/internationales/europ ... rte-der-eu

Falls Ungarn sich von diesen Werten verabschieden will, hat es in der EU nichts mehr zu suchen. Der Türkei wird die Aufnahme in die EU verwehrt, weil sie sich nicht zu diesen Werten bekennt. Daran ändert sich auch nichts, wenn Erdogan nun durch Wahlen bestätigt wurde. Dies muss aber auch für die ungarische Regierung gelten und man müsste sie zur Not aus der EU ausschließen, von deren Fördergeldern sie schließlich profitiert.

Woanders hatte ich schon in einem anderen Thread etwas über die Diktatur der Mehrheit von Tocqueville geschrieben, was ich hier kurz wiederhole:
Tocqueville (1805-1859) hatte in seinem berühmten Buch „Über die Demokratie in Amerika“ geschrieben, das es so etwas wie eine Diktatur der Mehrheit gibt: In den USA wollte die Mehrheit der weißen Amerikaner, das die Sklaverei der Schwarzen bestehen bleibt, die Mehrheit wünscht also die Unterdrückung einer Minderheit. Das ist aber ein klarer Verstoß gegen die Menschenrecht, die für alle gelten müssen und die auch in der Verfassung der USA verankert sind. Deshalb setzte sich die Meinung durch, dass es überpositive Rechte gibt, die in jedem Falle befolgt werden müssen, auch wenn die Mehrheit dies nicht wünscht. In der Bundesrepublik haben wir deshalb die Ewigkeitsklausel, es gibt Grundrechte, die von keiner Regierung geändert werden dürfen, auch wenn eine Regierung, die die Mehrheit im Parlament stellt, dies durchsetzen will. Menschenrechte dürfen nicht zum Spielball parlamentarischer Auseinandersetzungen gemacht werden, sondern sind nicht antastbar.

Falls die ungarische Regierung vorhat, Menschrechte einzuschränken, so wie diese im Vertrag von Lissabon formuliert sind und auch von der UNO vorgeben sind, nur weil sie derzeit im Parlament eine Mehrheit besitzt, so ist dies keineswegs zulässig, weil es sich hier um überpositives Recht handelt und nicht geändert werden darf. Falls sie dies doch tut, wird sie vertragsbrüchig innerhalb der EU und auch weltweit, da sie sich innerhalb der UNO gleichfalls zu den Menschenrechten bekannt hat. Wenn sie dies dennoch machen sollte, hat sie in der zivilisierten Welt keinen Platz mehr.
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dieter
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Ihr Lieben,
die beste Antwort an Orban wäre es, die Gelder an Ungarn einzufrieren bis sie wieder demokratische Verhältnisse in Ungarn haben.
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Titus Feuerfuchs
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Karlheinz hat geschrieben:
Zu Ungarn müsste man noch ergänzen: Alle Staaten der EU müssen sich seit dem Vertag von Lissabon zu bestimmten Werten bekennen. Die EU ist keine reine Wirtschaftsgemeinschaft, sondern auch eine Wertegemeinschaft.
Im Vertrag über die Europäische Union (in der Fassung des Lissabonner Vertrags) werden die Werte in Artikel 2 erwähnt:
EU-Verträge im Allgemeinen und der Lissabonvertrag im Besonderen sind alle bereits mehrfach gebrochen worden, ohne dass sich bisher jemand großartig darüber aufgeregt hätte.

Karlheinz hat geschrieben: "Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet."
Abgesehen davon, dass da nicht "Gleicheit" (denn Männer und Frauen sind nicht gleich, auch wenn das manche verbissen in Abrede stellen) sondern Gleichberechtigung stehen müsste, werden auch diese Punkte laufend gebrochen, und zwar auch durch die österreichischen und deutschen Gesetze.
Karlheinz hat geschrieben: Und im folgenden Artikel 3 heißt es im ersten Absatz: "Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern." Damit wird deutlich, dass die europäische Integration kein Selbstzweck ist, sondern grundsätzlichen Zielen dient, die das Leben der EU-Bürgerinnen und -Bürger bestimmen.
http://www.bpb.de/internationales/europ ... rte-der-eu
Klingt in Anbetracht der Folgen der Eurokrise (z.B. gigantische Jugendarbeitslosigkeit im Süden), die ja durch das Nichteinhalten von Verträgen (u.a.Maastricht) und den Euro als solches verursacht wurde, extrem zynisch.
Karlheinz hat geschrieben: Falls Ungarn sich von diesen Werten verabschieden will, hat es in der EU nichts mehr zu suchen.
Nach dieser Logik müsste sich die EU sofort selbst auflösen. Der Letzte macht das Licht aus.
Karlheinz hat geschrieben: Der Türkei wird die Aufnahme in die EU verwehrt, weil sie sich nicht zu diesen Werten bekennt.
Mag sein, ich glaube aber nicht, dass das der Hauptgrund ist.
Karlheinz hat geschrieben: [...]

Falls die ungarische Regierung vorhat, Menschrechte einzuschränken, so wie diese im Vertrag von Lissabon formuliert sind und auch von der UNO vorgeben sind, nur weil sie derzeit im Parlament eine Mehrheit besitzt, so ist dies keineswegs zulässig, weil es sich hier um überpositives Recht handelt und nicht geändert werden darf. Falls sie dies doch tut, wird sie vertragsbrüchig innerhalb der EU und auch weltweit, da sie sich innerhalb der UNO gleichfalls zu den Menschenrechten bekannt hat. Wenn sie dies dennoch machen sollte, hat sie in der zivilisierten Welt keinen Platz mehr.
Das ist doch lächerlich.

Es gab und gibt bei zahlreichen UN-Mitgliedern Menschenrechtsverletzungen und das in x- fachem Ausmaß als ausgerechnet in Ungarn; z.B. in den USA bzw. durch die USA - und die hat ihren Platz in der "zivililisierten Welt" bekanntermaßen auch noch inne...
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Titus Feuerfuchs
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Barbarossa hat geschrieben:
Wenn aber ein Wahlrecht absichtlich so geändert wird, dass die Regierungspartei statt einer knappen einfachen Mehrheit eine verfassungsändernde 2/3-Mehrheit hat, ist das kritikwürdig.
Nicht das Gelbe vom Ei, aber grundsätzlich legitim, in GB ist's wie gesagt nicht viel anders. Dass Orban ein knallharter Machtmensch ist, steht ja außer Frage.


Barbarossa hat geschrieben:
Am 18. April 2011 wurde mit den Stimmen der FIDESZ eine seit dem 1. Januar 2012 gültige neue Verfassung verabschiedet, in der als Prinzipien unter anderem der Bezug auf Gott, die ungarische Krone (Stephanskrone) sowie die Begriffe Vaterland, Christentum, Familie, Treue, Glaube, Liebe und Nationalstolz verankert sind.
Imho würd es gerade D nicht schaden, sich davon nur einen kleinen Teil abzuschneiden.
Barbarossa hat geschrieben:
Die Kompetenzen des Verfassungsgerichts wurden eingeschränkt, insbesondere im wirtschaftlichen und sozialen Bereich. 
April 2014 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass das zwei Jahre zuvor von der Orbán-Regierung erlassene ungarische Kirchengesetz, demzufolge religiöse Gemeinschaften vom Parlament anerkannt werden müssten, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und die Religions- und Versammlungsfreiheit verstoße, da der Staat seine neutrale Position verlasse.
In der Tat nicht der Weisheit letzter Schluss...

Barbarossa hat geschrieben:
Die Möglichkeiten der Ungarn, über Volksentscheide auf die Politik Einfluss zu üben, wurden erheblich eingeschränkt. So darf es unter anderem keine Referenden zu Verfassungsänderungen sowie zu den Wahlgesetzen geben.
Dito.

Wobei es nicht einer gewissen unfreiwilligen Ironie entbehrt, wenn man ausgerechnet in D :!: fehlende Möglichkeiten für Referenden in Ungarn bejammert.

Gerade in D gibts keine bundesweiten Referenden, nicht mal zur EU bzw. zum Euro wurden die Deutschen befragt, auch ihren Präsidenten dürfen sie nicht direkt wählen.

Dagegen lassen sich die deutschen Feuilletons unisono über verschiedene Referenden in der Schweiz aus. Unter anderem mit dem fadenscheinigen Argument, es werde dem Populismus damit Tür und Tor geöffnet, womit wir wieder voll on Topic wären.


Barbarossa hat geschrieben:
Medienpolitik
... Hierbei wird besonders hervorgehoben, dass die neu geschaffene Medienaufsichtsbehörde Nemzeti Média- és Hírközlési Hatóság (NMHH) ihre weit gefassten Befugnisse missbrauchen könne, da sie nicht vom Parlament kontrolliert wird.[23] Der bestehende Medienrat wurde nunmehr nur mit Angehörigen der Regierungspartei besetzt.[24] Laut den Vorwürfen kontrolliere die Fidesz-Partei die staatliche Fernsehanstalt Magyar Televízióund übe auch Einfluss auf wichtige andere Medien des Landes aus.
Quelle: http://de.m.wikipedia.org/wiki/Viktor_Orb%C3%A1n
Durch Verfassungsänderung (die Regierungspartei Fidesz verfügt über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament) wurde die NMHH seit 1. Januar 2011 mit weitreichenden Kompetenzen zur „Kontrolle“ sämtlicher in Ungarn verfügbarer Medien ausgestattet. Der Behörde obliegt es nun, alle Medienbeiträge auf „politische Ausgewogenheit“ und andere inhaltliche Ausprägungen zu kontrollieren. Bei Verstößen können hohe Geldstrafen verfügt werden. Nach Meinung von Beobachtern aus dem In- und Ausland wird die Pressefreiheit in Ungarn dadurch stark eingeschränkt. Im Dezember 2011 erklärte das Ungarische Verfassungsgericht Teile der Kontrollbefugnisse für verfassungswidrig.
Quelle: http://de.m.wikipedia.org/wiki/Nemzeti_ ... B3s%C3%A1g

Insbesondere die Befugnisse dieser Medienbehörde ist wohl als äußerst bedenklich zu bezeichnen. Mit Freiheit der Medien hat es Orban nicht so.

Über die Verflechtung von Medien und Politik habe ich ja breits geschrieben.

In Ungarn erfolgt diese halt noch etwas intensiver und va. weniger subtil als in Ö oder D.


Was mir in Ungarn mehr Sorgen macht, sind die Paramilitärs von Jobbik, die zwar verboten wurden(was als Beweis für das Funktionieren eines Rechtsstaates gelten kann) aber danach unter dem einfallsreichen Namen "Neue Ungarische Garde"neu gegründet wurden.

Die Ungarische Garde fällt durch Aufmärsche und Ausschreitungen gegen Roma auf und unterminiert damit das staatliche Gewaltmonopol.

http://de.wikipedia.org/wiki/Ungarische_Garde

http://kurier.at/politik/weltchronik/un ... 21.823.482
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Titus Feuerfuchs
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Zu Populismusdefinition gibt es mehrere Ansätze.
Er wird auch gerne als politische Schlagwort bzw. Totschlagargument gebraucht.


Ich seh das jedenfalls so:

Populismus, wenn er die Meinung des Volkes artikuliert, ist etwas grundsätzlich Positives, da ureigenste Aufgabe eines Volksvertreters.

Destruktiver Populismus besteht darin, Menschen etwas zu versprechen, was realpolitisch nicht machbar ist , bzw. ihnen langfristig schadet.
MfG,
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Barbarossa
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Titus Feuerfuchs hat geschrieben:...

Abgesehen davon, dass da nicht "Gleicheit" (denn Männer und Frauen sind nicht gleich, auch wenn das manche verbissen in Abrede stellen) sondern Gleichberechtigung stehen müsste, werden auch diese Punkte laufend gebrochen, und zwar auch durch die österreichischen und deutschen Gesetze.
Kannst du da ein paar Beispiele bringen, damit ich weiß, wo das noch so ist?
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dieter
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Ihr Lieben,
natürlich wird es in Österreich und Deutschland noch alte Gesetze geben, die an die Gleichberechtigung noch nicht angepasst sind. :wink:
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Titus.
EU-Verträge im Allgemeinen und der Lissabonvertrag im Besonderen sind alle bereits mehrfach gebrochen worden, ohne dass sich bisher jemand großartig darüber aufgeregt hätte.
Wer hat hier was wo wann gebrochen und wer hat sich darüber dann nicht besonders aufgeregt? Diese Behauptung ist so unspezifisch und wieder symptomatisch für den Rechtspopulismus: Erst einmal blind sein Gift in die Gegend schleudern, irgendetwas wird schon haften bleiben.
Und diese Argumentation von Titus ist wie immer kurios und für ihn typisch: wenn andere Verträge brechen, darf ich das auch. Selbst wenn dies stimmt, mit dieser Argumentation könnte in Zukunft jeder Straftäter vor Gericht argumentieren: Ich habe gestohlen, na und, andere stehlen doch auch. Und weil andere Leute auch klauen wird Diebstahl plötzlich legal? Jeder Richter wird erstaunt sein über diese Verwirrungen des Geistes.
Titus:
Abgesehen davon, dass da nicht "Gleicheit" (denn Männer und Frauen sind nicht gleich, auch wenn das manche verbissen in Abrede stellen) sondern Gleichberechtigung stehen müsste, werden auch diese Punkte laufend gebrochen, und zwar auch durch die österreichischen und deutschen Gesetze.
Dann solltest du einmal die EU-Institutionen über ihren Irrtum aufklären. Vielleicht interessieren sie sich ja für die Meinung eines kleinen rechtspopulistischen Loser aus Wien.
Das dort „Gleichheit“ steht und nicht Gleichberechtigung hat natürlich seinen Sinn. Gleichheit ist der allgemeine, vorgelagerte Begriff, der so auch in den Menschenrechten festgelegt ist. Aus ihm leiten sich dann „Gleichberechtigung“ und „Gleichbehandlung“ ab.

Im Grundgesetz steht übrigens auch die Gleichheit am Anfang. Von ihr wird die Gleichberechtigung abgeleitet:

Artikel 3 [Gleichheit vor dem Gesetz]
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.


Vielleicht sollte Titus einmal die Bundesregierung auf ihren Fehler aufmerksam machen.
Klingt in Anbetracht der Folgen der Eurokrise (z.B. gigantische Jugendarbeitslosigkeit im Süden), die ja durch das Nichteinhalten von Verträgen (u.a.Maastricht) und den Euro als solches verursacht wurde, extrem zynisch.
Blah, blah. Die Welt ist böse. Schuld an allem sind der Euro, Europa usw. Du hast aber noch vergessen: Die Emigranten (sehr wichtig!), lokale Eliten und das internationale Finanzkapital. Ja, brav gemacht, jetzt haben wir den ganzen rechtspopulistischen Schrott beisammen.
Titus:
Nach dieser Logik müsste sich die EU sofort selbst auflösen. Der Letzte macht das Licht aus.
Dümmer geht immer.
P.S. Der Kopf ist übrigens nicht nur zum Haare schneiden geschaffen worden. Lasse dir bei Gelegenheit einmal die anderen Funktionen erklären.
Titus:
Zu Populismusdefinition gibt es mehrere Ansätze.
Er wird auch gerne als politische Schlagwort bzw. Totschlagargument gebraucht.
Ich seh das jedenfalls so:
Populismus, wenn er die Meinung des Volkes artikuliert, ist etwas grundsätzlich Positives, da ureigenste Aufgabe eines Volksvertreters.
Destruktiver Populismus besteht darin, Menschen etwas zu versprechen, was realpolitisch nicht machbar ist , bzw. ihnen langfristig schadet.
Diese Definition ist so allgemein und so nichtssagend, das wir sie sofort getrost dahin entsorgen können, wo sie hingehört, nämlich in den Papierkorb.

An alle Leser:
Entschuldigung. Jetzt habe ich mich doch an der Diskussion beteiligt. Bitte gnädigst um Verzeihung. Kommt in der nächsten Zeit auch nicht mehr vor. Aber ich habe mir einen freien Nachmittag gegönnt.
Aneri

Titus Feuerfuchs hat geschrieben: Populismus, wenn er die Meinung des Volkes artikuliert, ist etwas grundsätzlich Positives, da ureigenste Aufgabe eines Volksvertreters.
Nein. Der Volk hat nicht immer recht, zum Einem. Zum Anderem das Volk ist vielseitig. Also welche Meinung wird hier artikuliert? Ich bin weit von der Behauptung entfernt, dass breite Masse ist dumm. Sie ist nicht dumm, aber sie muss erzogen werden. Auch hinsichtlich der Erklärung der sozialen politischen Beziehungen, der Problematik in ganzer ihren Komplexität.
Meisten sind in dieser Hinsicht Analphabeten und lassen sich durch Medien belehren. Wenn ein Politiker oder Journalist kommt und sagt, hey, wir brauchen keine "Hochmathematik" um es zu verstehen. Kannst eins zum eins rechnen? Ja, siehst, so leicht ist es... Man hat den Gefühl vermittelt zum einen Erkenntnis zu gelangen. Wobei nach wie vor, für die Lösung braucht man die Kenntnisse der "Hochmathematik". Also ist das Erkenntnis vorgetäuscht.

Ich sehe den Populismus als gefährlich. Zum einem spricht er die Emotionen und lässt die Masse hochschaukeln. Vernunft bleibt auf der Strecke.
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Titus Feuerfuchs
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@Karlheinz

Was trifft, trifft zu, was? :mrgreen:

Dass du als Privatdozent die Verbalinjurie dem Sachargument vorziehst, ist mir ja mittlerweile wohlbekannt, aber gehen wir in medias res.
Ich werde mich aber dabei zwecks Forumskultur primär auf die vergleichsweise seltenen und dünnen Sachargumente und Sachfragen beschränken.



Titus.
EU-Verträge im Allgemeinen und der Lissabonvertrag im Besonderen sind alle bereits mehrfach gebrochen worden, ohne dass sich bisher jemand großartig darüber aufgeregt hätte.
Karlheinz hat geschrieben: Wer hat hier was wo wann gebrochen und wer hat sich darüber dann nicht besonders aufgeregt?
[...]

Konvergenzkriterien? (die zz gerade mal von 4 der 18 Mitgliedstaaten erfüllt werden)

No-Bail-Out-Klausel?

Schon mal gehört oder sind das für dich böhmische Dörfer?





Karlheinz hat geschrieben: Und diese Argumentation von Titus ist wie immer kurios und für ihn typisch: wenn andere Verträge brechen, darf ich das auch. Selbst wenn dies stimmt, mit dieser Argumentation könnte in Zukunft jeder Straftäter vor Gericht argumentieren: Ich habe gestohlen, na und, andere stehlen doch auch. Und weil andere Leute auch klauen wird Diebstahl plötzlich legal? [...]
Hier geht's nicht um einen gemeinen Dieb sondern um zwischenstaatliche Verträge und hier gibt es die schöne juristische Formel "pacta sunt servanda", die hier sträflich vernachlässig wurde und wird.
Dein aus der Hüfte geschossenes Beispiel ist auch insofern schlecht, als es hier nicht nur um Gesetzes- sonden um Vertragsbruch durch Vertragspartner geht.

Was sind Verträge bzw. Gesetze wert, die je nach belieben nicht eingehalten werden und deren Bruch faktisch nicht sanktioniert wird?

Das sind Zustände, wie sie sonst in Bananenrepubliken usus sind.




Titus:
Abgesehen davon, dass da nicht "Gleicheit" (denn Männer und Frauen sind nicht gleich, auch wenn das manche verbissen in Abrede stellen) sondern Gleichberechtigung stehen müsste, werden auch diese Punkte laufend gebrochen, und zwar auch durch die österreichischen und deutschen Gesetze.
Karlheinz hat geschrieben: Im Grundgesetz steht übrigens auch die Gleichheit am Anfang. Von ihr wird die Gleichberechtigung abgeleitet:

Artikel 3 [Gleichheit vor dem Gesetz]
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.


Vielleicht sollte Titus einmal die Bundesregierung auf ihren Fehler aufmerksam machen.
Brauch' ich nicht, da sie in dem Fall keinen gemacht hat, denn im Grundgesetz ist es ja korrekt formuliert.
Ich mach' daher lieber dich darauf aufmerksam, dass du nicht sinnerfassend gelesen hast.

Der Unterschied zur Formulierung im GG ist evident:
Art 2, Lissabonner Vertrag: "[...]Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet."





Klingt in Anbetracht der Folgen der Eurokrise (z.B. gigantische Jugendarbeitslosigkeit im Süden), die ja durch das Nichteinhalten von Verträgen (u.a.Maastricht) und den Euro als solches verursacht wurde, extrem zynisch.
Karlheinz hat geschrieben: Blah, blah. Die Welt ist böse. Schuld an allem sind der Euro, Europa usw. Du hast aber noch vergessen: Die Emigranten (sehr wichtig!), lokale Eliten und das internationale Finanzkapital. Ja, brav gemacht, jetzt haben wir den ganzen rechtspopulistischen Schrott beisammen.
Lokale Eliten, die EU-Gelder in den eigenen Sack stecken, bzw. sich für EU-geförderte Bauaufträge (z.B.Flughäfen und Autobahnen im nirgendwo), die jedem zarten Anflug von Vernunft Hohn spotten, mit Sicherheit, das internationale Finanzkapital, d.h. die Hochfinanz, ebenso. Insbesondere GS, oder willst du leugnen, dass die beim Greichlandbeitritt zum Euro, der mit gefakten Zahlen erreicht worden war, ihre Drecksgriffel drin hatten?
Europa ist bekanntermaßen ein Kontinent, tut also nichts zur Sache, Migranten ebensowenig.



Karlheinz hat geschrieben: [...]
P.S. Der Kopf ist übrigens nicht nur zum Haare schneiden geschaffen worden. [...]

Na hab' ich ein Glück, dass ich eine Glatze hab'. 8)
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Barbarossa
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Titus Feuerfuchs hat geschrieben:
Karlheinz hat geschrieben: Und diese Argumentation von Titus ist wie immer kurios und für ihn typisch: wenn andere Verträge brechen, darf ich das auch. Selbst wenn dies stimmt, mit dieser Argumentation könnte in Zukunft jeder Straftäter vor Gericht argumentieren: Ich habe gestohlen, na und, andere stehlen doch auch. Und weil andere Leute auch klauen wird Diebstahl plötzlich legal? [...]
Hier geht's nicht um einen gemeinen Dieb sondern um zwischenstaatliche Verträge und hier gibt es die schöne juristische Formel "pacta sunt servanda", die hier sträflich vernachlässig wurde und wird.
Dein aus der Hüfte geschossenes Beispiel ist auch insofern schlecht, als es hier nicht nur um Gesetzes- sonden um Vertragsbruch durch Vertragspartner geht.

Was sind Verträge bzw. Gesetze wert, die je nach belieben nicht eingehalten werden und deren Bruch faktisch nicht sanktioniert wird?

Das sind Zustände, wie sie sonst in Bananenrepubliken usus sind.
Ich nehme mich mal diesem Punkt in eurer Diskussion an (die zwar sehr interessant ist, aber leider auch durch einen etwas sarkastischen Ton geprägt ist - muss doch nicht unbedingt sein oder?):

Ich würde auch sagen, selbst wenn der Vergleich mit dem Dieb nicht so ganz passend ist, macht er deutlich, worum es geht.
Genauso wie es Gesetzessicherheit geben muss, muss es auch Vertragssicherheit geben, denn sonst braucht man keine zwischenstaatliche Verträge abschließen. Und auch wenn es noch keine EU-Sanktionen im eigentlichen Sinne gab, heißt das nicht, dass es nie welche geben wird. Das Instrumentarium existiert nach wie vor.
http://de.wikipedia.org/wiki/Suspendier ... aft#Praxis
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Ihr Lieben,
mische mich mal in Eure Diskussion ein. Natürlich müssen Gesetze und Verträge eingehalten werden. Jeder Gesetzesbruch oder Vertragsbruch müßte geahndet werden. Das ist im Nationalstaat einfacher als im Internationalen Recht. Das ist eben der Unterschied. Leider gibt es keine Weltregierung die jeden Vertragsbruch bestrafen könnte und im Sicherheitsrat können die USA, GB, F, China und Russland jeden Beschluß niederstimmen. :evil: :twisted: Wir brauchen unbedingt eine Neuordnung der Weltgemeinschaft. :roll:
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Es ist aufschlußreich, wie sich die Diskussion entwickelt hat.
Klar, ist es mühsam, erst Definitionen zu lesen, die z.B. Karlheinz verlinkt hat, manches wünsche ich mir auch kürzer.
Es geht ja um den Populismus allgemein, mit welchen Mitteln er an die Macht strebt und nicht um die derzeitigen Lieblingsthemen der Populisten wie € oder faules Griechenland oder Migranten nehmen uns die Arbeitsplätze weg etc.
Symptomatisch für Populismus zusätzlich zu den verlinkten Artikeln, ist für mich die sog. Meckerkultur. Es ist leicht und bis zu einem gewissen Grad durchaus berechtigt, Kritik zu üben.
Nur wenn Kritik, Meckern, Dagegensein und Diffamieren die ganze politische Richtung ausmachen, wird es gruselig.
Da hege ich den Verdacht, da will einer oder eine Gruppe nur an Macht, um sich selbst zu bedienen und dazu redet er/die Gruppe dem Volk vermeintlich nach dem Mund.

Aneri hat geschrieben: Nein. Der Volk hat nicht immer recht, zum Einem. Zum Anderem das Volk ist vielseitig. Also welche Meinung wird hier artikuliert? Ich bin weit von der Behauptung entfernt, dass breite Masse ist dumm.
Nein, dumm ist das Volk nicht, in vielen Bereichen vielleicht nicht ausreichend informiert. Du hast recht, man kann leicht im Namen der schweigenden Mehrheit sprechen, man kann Teile aufhetzen und beeinflussen.


Aneri hat geschrieben:Sie ist nicht dumm, aber sie muss erzogen werden. Auch hinsichtlich der Erklärung der sozialen politischen Beziehungen, der Problematik in ganzer ihren Komplexität.
Aufklären ja, versuchen komplexe Zusammenhänge verständlich darstellen - dreimal ja, aber erzogen wird keiner gern. Das klingt nach Umerziehung und man muß die Menschen nun mal so nehmen, wie sie sind. Ihnen allerdings die Konsequenzen ihres Handelns ehrlich aufzeigen. Und gerade das tun Populisten nicht.
Aneri hat geschrieben:Meisten sind in dieser Hinsicht Analphabeten und lassen sich durch Medien belehren. Wenn ein Politiker oder Journalist kommt und sagt, hey, wir brauchen keine "Hochmathematik" um es zu verstehen. Kannst eins zum eins rechnen? Ja, siehst, so leicht ist es... Man hat den Gefühl vermittelt zum einen Erkenntnis zu gelangen. Wobei nach wie vor, für die Lösung braucht man die Kenntnisse der "Hochmathematik". Also ist das Erkenntnis vorgetäuscht.

Ich sehe den Populismus als gefährlich. Zum einem spricht er die Emotionen und lässt die Masse hochschaukeln. Vernunft bleibt auf der Strecke.
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Barbarossa hat geschrieben:
Titus Feuerfuchs hat geschrieben:...

Abgesehen davon, dass da nicht "Gleicheit" (denn Männer und Frauen sind nicht gleich, auch wenn das manche verbissen in Abrede stellen) sondern Gleichberechtigung stehen müsste, werden auch diese Punkte laufend gebrochen, und zwar auch durch die österreichischen und deutschen Gesetze.
Kannst du da ein paar Beispiele bringen, damit ich weiß, wo das noch so ist?

KH brachte ja mehrere Punkte, auf die ich mich bezog:
Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit[...]

Gleichheit wird durch jede Art der positiven Diskriminierung desavouiert,

Menschenwürde z.B. durch die per EU verordnete Vorratsdatenspeicherung, die alle Bürger a priori unter Generalverdacht stellt oder durch die geduldete Bespitzelung von NSA &CO (ich glaub', du selbst hattest neulich eine interessante Doku dazu verlinkt),

Freiheit durch extrem paternalistische Staaten Süd- und Westeuropas, bzw. durch die EU selber, die immer mehr ins Privatleben des Individuums eingreift, und mir u.a. vorschreiben möchte, welches Saatgut, welche Staubsauger und welche Kaffeemaschinen ich verwenden darf. (Wie viel Strom ich verbrauche, ist meine Sache, schließlich bezahle ich ihn ja auch.),

Demokratie durch demokratisch nicht legitimierte, intransparente politische Maßnahmen (z.B. ESM) u. mangelnde Möglichkeiten zur demokratische Teilhabe das Bürgers an politischen Prozessen, gerade in D -ich hab ja schon x-fach darüber geschrieben - und

Rechtsstaatlichkeit durch die Duldung von Pralleljustiz.
MfG,
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