32 Jahre deutsche Einheit

Kommunalwahlen, Meinungsumfragen, Konflikte, Religionen, Ereignisse

Moderator: Barbarossa

Cherusker1
Mitglied
Beiträge: 212
Registriert: 17.10.2014, 17:43

Heute, vor 32 Jahren wurde die Einheit unseres Vaterlandes vollzogen. Doch tun sich einige Fragen auf, die es wert wären zu diskutieren. Ist denn schon jeder Deutsche bereit diesen Fakt zu akzeptieren oder wünschen sich welche die"alten" Zeiten zurück ? Hat den schon ein jeder den anderen Teil Deutschlands besucht und einen intensiven Kontakt mit den Bürgern des anderen Teils Deutschlands. Die Vereinigung war wie eine Heirat , die Braut war nicht besonders schön, die Mitgift war mehr als mager,
]Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen
Marianne E.
Mitglied
Beiträge: 1752
Registriert: 13.04.2019, 16:51

Ich war einige Male zu Besuch in der DDR und habe mich immer über die Offenheit und Freundlichkeit der Menschen gefreut. Kein Neid, keine Missgunst, keine Klagen über die verpassten Chancen durch die Grenzziehung nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Wiedervereinigung war zu dem Zeitpunkt ein Wunsch, von dem viele glaubten, er würde nie in Erfüllung gehen.

Dann kam die Vereinigung der beiden deutschen Staaten und alle waren glücklich und zufrieden.
Die beispiellose Sanierung Ostdeutschlands hat unglaubliche Geldsummen und Arbeitskraft gekostet. In westdeutschen Kommunen wurden die Geldmittel so knapp, dass sogar viele Schulgebäude geradezu verlotterten. Das haben die Westdeutschen so akzeptiert, da das zur Verfügung stehende Geld ja nur einmal ausgegeben werden konnte; und Ostdeutschland hatte absolute Priorität.

Und was kam dann?
Bei Besuchen in Ostdeutschland und von Besuchern in Westdeutschland erfolgte eine Umkehr der Wahrnehmung.
"Ihr habt es ja gut." "Ihr hattet den Marshallplan." "Eure Renten sind traumhaft."
Das waren noch die netten Bemerkungen.
Neid und Missgunst kann das ja nicht gewesen sein. Was ist da passiert?
Marianne E.
Mitglied
Beiträge: 1752
Registriert: 13.04.2019, 16:51

Als Ergänzung zu Cherusker 1
"Die Vereinigung war wie eine Heirat , die Braut war nicht besonders schön, die Mitgift war mehr als mager."
musste ich in meinen Unterlagen erst einmal etwas suchen.
Die Braut war mager? Dass die Braut überhaupt überlebt hat, grenzt an ein Wunder.

Denn, nach dem Zweiten Weltkrieg erhoben die Alliierten Ansprüche auf Reparationsleistungen.

Das geschah in der DDR durch Demontage von 2.000 bis etwa 2.400 Industriebetrieben im Wert von geschätzten 10 Milliarden Dollar.
Nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 endete diese Form von Reparationsleistung, die sich neben Geldleistungen nach dem Wert von 1953 auf 99,1 Milliarden DM beliefen.

Die DDR hat damit die höchsten Reparationsleistungen im 20. Jahrhundert erbracht; das waren etwa 97 % der Reparationslast Gesamtdeutschlands.

Von diesem Aderlass hat sich die DDR nicht wirklich erholen können. Es wäre ohne die Planwirtschaft vielleicht möglich gewesen. In diesem Zusammenhang erinnere ich an den Selbstmord des damaligen Wirtschaftsminister der DDR, der die ständig steigernden Anforderungen der Planwirtschaft nicht mehr mitmachen wollte.

(Vgl. Marianne Eule (2021): Deutschland und Frankreich. Was war und was ist?, Buxtehude, Seite 26 ff.)
Benutzeravatar
Balduin
Administrator
Beiträge: 4213
Registriert: 08.07.2008, 19:33
Kontaktdaten:

Interessanter Aspekt Marianne, sicherlich im Zusammenwirken mit der Planwirtschaft fatal für diesen Staat.

Ich wurde in ein wiedervereinigtes Land geboren. Die Trennung Ost / West ist für mich eher fremd, auch wenn natürlich die Narrative überall präsent sind: Die starke AfD im Osten, die Strukturschwäche, die Unzufriedenheit...

Es wird noch einige Jahrzehnte dauern, aber mit der Zeit werden die Unterschiede immer mehr verschwimmen.

Die Wiedervereinigung ist doch etwas historisch beinahe einmaliges? Darauf sollte man stolz sein.
Herzlich Willkommen auf Geschichte-Wissen - Registrieren - Hilfe & Anleitungen - Mitgliedervorstellung

He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
Benutzeravatar
Balduin
Administrator
Beiträge: 4213
Registriert: 08.07.2008, 19:33
Kontaktdaten:

Damit euch an diesem Feiertag der Lesestoff nicht ausgeht, hier ein paar Links:

Barbarossas Erfahrungen: viewtopic.php?f=77&t=4555&p=44265&#p44265

Eine sehr lesenswerte Diskussion: viewtopic.php?f=76&t=3843
Herzlich Willkommen auf Geschichte-Wissen - Registrieren - Hilfe & Anleitungen - Mitgliedervorstellung

He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
Marianne E.
Mitglied
Beiträge: 1752
Registriert: 13.04.2019, 16:51

Balduin schreibt:
"Die Wiedervereinigung ist doch etwas historisch beinahe einmaliges? Darauf sollte man stolz sein."

Die Wiedervereinigung ohne eine vorherige gewalttätige Revolution ist global betrachtet einmalig. So einmalig, dass vor gefühlt unendlich langen Jahren gemeinsame Delegationen aus Nord- und Südkorea nach Deutschland kamen, um herauszufinden, ob dieses Ereignis auf ihr Land in etwa übertragbar sei. Ich habe allerdings nie wieder etwas davon gehört.
Marianne E.
Mitglied
Beiträge: 1752
Registriert: 13.04.2019, 16:51

Und da wäre meines Erachtens noch etwas anzumerken.
Balduin schreibt:
"Die starke AfD im Osten, die Strukturschwäche, die Unzufriedenheit..."

Die starke AfD im Osten - Ostdeutschland war schon zu Hitlers Zeiten überwiegend braun. Daran hat sich gegenwärtig nur die Farbe geändert.

Die Strukturschwäche und die Unzufriedenheit - Eine umfassende Analyse liegt darüber nicht vor. Sowohl Strukturschwäche als auch Unzufriedenheit sind meines Erachtens nicht auf ein mehr oder weniger erwiesenes Fehlverhalten der Politik / Politiker zurückzuführen.
Wenn ich allerdings das Gejammer und Gejaule einiger ostdeutscher Politiker / Politikerinnen höre, kommt mir manchmal doch der Verdacht, die beklagenswerte Situation der Bürger wird dazu benutzt, um Wählerstimmen zu bekommen.
Skeptik
Mitglied
Beiträge: 414
Registriert: 06.06.2022, 17:50

Marianne E. hat geschrieben: 03.10.2022, 11:30 Dann kam die Vereinigung der beiden deutschen Staaten und alle waren glücklich und zufrieden.
Vor der Wende steigerte ein Besuch im Osten das Selbstwertgefühl. Man hatte ein schönes Auto. Man brachte Geschenke mit die es im Osten nicht gab. Man kam sich immer wie der „Onkel aus Amerika“ vor. Nach der Wende fuhren die Bekannten aus dem Osten sofort los und genossen ihre neugewonnene Freiheit. Fuhren mit dem Trabbi locker in den Westen nach Nürnberg, nach München, nach Berlin. Geschäftstüchtige Versicherungen warben sofort Kolonnen im Osten an. Zuerst wurde natürlich die nähere Bekanntschaft umworben und Verträge verkauft. Da gingen manche guten Beziehungen kaputt. Das mußte doch alles gut sein. Kam doch aus dem Westen. Plötzlich ging es ihnen gut. Die Versicherungen belohnten gute Vertreter. Zwei Jahre später waren sie z.B. über Nacht bei uns in Frankfurt. Am nächsten Tag ging es nach Mallorca zum Treffen der besten Vertreter.
Man kam sich nicht mehr so gebraucht vor und die Beziehungen schliefen mit der Zeit ein. - Da hatte sich was überlebt und und die gewohnte Motivation für einen Besuch ging verloren. Da ist nach 33 Jahren noch vieles nicht „Normal“.
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Gesellschaft“