Alle Jahre wieder die gleiche Diskussion: Sollte es einen Pflichtdienst geben?

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Moderator: Barbarossa

Sollte es in Deutschland einen Pflichtdienst geben?

Umfrage endete am 17.09.2022, 11:50

Ja, ein Pflichtdienst sollte eingeführt werden
0
Keine Stimmen
Nein, ein Pflichtdienst sollte nicht eingeführt werden.
2
100%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2
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Balduin
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"Es geht um die Frage, ob es unserem Land nicht gut tun würde, wenn sich Frauen und Männer für einen gewissen Zeitraum in den Dienst der Gesellschaft stellen"

"die soziale Pflichtzeit könnte meiner Meinung nach genauso bei der Betreuung von Senioren, in Behinderteneinrichtungen oder in Obdachlosenunterkünften geleistet werden"
Bundespräsident Steinmeier in der Bild am Sonntag

Im Titel habe ich lakonisch "Alle Jahre wieder die gleiche Diskussion" aufgenommen und verweise in diesem Zusammenhang auf die folgenden lesenswerten Themen im Forum:
- Umfrage: Wehrpflicht - pro & kontra
- Wehrpflicht ausgesetzt - wie gehts weiter?

Steinmeier hat ausdrücklich keine Wiedereinführung der Wehrpflicht gefordert, dennoch ist die Thematik nicht neu. Mit der Abschaffung des Wehr- und Zivildienstes wurde der Zusammenbruch der Pflegeeinrichtungen befürchtet, gleichwohl gibt es aber nach wie vor Buftis.

Ich bin da nicht objektiv, für mich war die Wehrpflicht ein wichtiges und großes Thema, da sie zu meiner Zeit noch bestand: Für mich stand außer Frage, dass ich sofort studieren wollte - die Studienzeit war schon lang genug (Regelstudienzeit 9 Semester + anschließendes 2-jähriges Referendariat). Ich wollte auch keinen Zivildienst leisten, die Bundeswehr schreckte mich damals ab. Das Thema erübrigte sich damals, weil ich ausgemustert wurde (wie ich damals sehr sehr viele). Dennoch empfand ich das als junger Mensch als Eingriff in meine Lebensplanung und -gestaltung.

Hat sich meine Meinung heute geändert? Nein. Es gibt ja junge Menschen, die zunächst ein Jahr der Orientierung brauchen und einen freiwilligen Dienst leisten.

Wer misstrauisch ist, könnte da schon die Vorboten einer neuen Wehrpflicht sehen. Deutschlands Militär wurde zerspart, die Bedrohungslage hat sich extrem geändert und in der Ukraine sieht man, dass "klassische" Bodenkämpfe kein Relikt des 20. Jahrhunderts sind.

Was meint ihr?

Pflichtdienst ja oder nein?
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
Marianne E.
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Balduin fragt nach Pflichtdienst - ja oder nein? Für beide Positionen gibt es ein pro und contra.
In Anbetracht der Situation in Deutschland und Europa überwiegt bei mir ein ja zur Wehrpflicht.

In meiner Familie gibt es zwei Brüder, von denen der eine langjährig gedient hat und heute Offizier ist. Der andere hat den Wehrdienst verweigert und in einem Pflegeheim gedient. Dann kam ein Krieg im Nahen Osten mit Beteiligung der Bundeswehr als Friedensstifter oder als "Aufpasser".
Daraufhin hat der "Wehrdienstverweigerer" seine erneute Einberufung (oder wie das heißt) in die Bundeswehr beantragt. Die Begründung damals "es ist Not am Mann".

Ich möchte noch einen Gedanken hinzufügen.
Eine Bundeswehr, die aus Wehrpflichtigen und Freiwilligen besteht, bildet die Gesellschaft ab.
Eine Bundeswehr ausschließlich aus Freiwilligen könnte ganz oder teilweise zu einer "Legionärsarmee" werden. Unselige Beispiele der jüngsten Vergangenheit lassen diesen Gedanken konkret werden.
Ruaidhri
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Wehrdienst für alle, die ihn wollen, m,w,d, ziviler oder sozialer, gesellschaftsrelevanter Dienst für alle ,m,w,d.
Ganz übel wäre der Gedanke nicht, wenn eben jede und jeder müsste. Ob das so durchführbar wäre, ist die Frage.
Dazu:
Ganz klar, als allererstes müssen die Boomer gesellchaftsrelevante Aufgaben leisten, noch im Beruf oder in Rente.
Alles reine Egoisten, die Verantwortung gezeigt haben, müssen, anders als die Jungen, zwangsrekrutiert werden.
So auf Zeit online ein Reaktionsbeitrag.
Gemischtes Echo, manchen tollen hippen Leuten in ihren Blasen ist nicht klar, wie viele sehr verschiedene sozial/ gesellschaftliche Aufgaben die ekligen Boomer leisten und geleistet haben.
Die Diskussion kommt ab und zu auch in anderen Ländern hoch, viel getan hat sich nicht nirgendwo.
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
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Barbarossa
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Wohnort: Mark Brandenburg

Bei mir hatte die noch bestehende Wehrpflicht sehr negative auswirkungen auf meine berufliche Entwicklung. Ich kann das ja mal schildern.

Noch in der DDR (1985-1987) erlernte ich meinen ersten Beruf - Zerspanungsfacharbeiter (ein Jahr wurde der Beruf in Facharbeiter für Werkzeugmaschinen umbenannt).
Diesen Beruf übte ich im Stahlwerk Hennigsdorf einige Jahre aus, bis nach der Wende (1989/90). Ich sollte eigentlich im Mai 1990 eingezogen werden, doch im Februar 1990 kam das neue Zivildienstgesetz heraus, der die Verweigerung des Dienstes in der Armee ermöglichte - ich muss einer der ersten gewesen sein, die dann den Zivildienst beantragten, denn die sogenannte Vormilitärische Ausbildung in der Schule und in der Lehre war abschreckend genug (ich schrieb im Forum schon darüber).

Ab November 1991 musste ich dann den Zivildienst ableisten. Obwohl ich mir die Stelle sogar selbst auswählen durfte (ich ging ins Krankenhaus Hennigsdorf in die Küche und zu den Betriebshandwerkern), wäre ich lieber an meinem Arbeitsplatz im Stahlwerk gebleiben.
Der Zivildienst ging 15 Monate, also bis Ende Januar 1993. Inzwischen wurde der Betrieb von der Treuhandanstalt verkauft und umstrukturiert - es wurden Arbeitsplätze abgebaut, viele kamen auf Kurzarbeit oder gingen gleich weg. Auch bei mir war bereits vor Ende des Zivildienstes klar, dass ich trotz Kündigungsschutz nicht an meinen alten Arbeitsplatz zurückkommen würde.

Zwar hatte ich vorausschauend schon 1992 über das Zivildienstamt einen CNC-Grundkurs für Werkzeugmaschinen belegt und mich auch schon ab Januar 1993 sehr intensiv um einen neue Arbeit bemüht - jedoch alles vergebens. Ich kam ab Februar 1993 in einer Auffanggesellschaft des Stahlwerkes auf 0-Stunden-Kurzarbeit. Das war genau wie arbeitslos, nur dass man nicht zum Arbeitsamt musste.
Ich ging trotzdem zum Arbeitsamt und bemühte mich um eine Umschulung in einen anderen Beruf - in meinem alten Beruf war absolut nichts mehr zu machen, was ich noch Jahre danach bedauerte.

Die Umschulung ging dann vom Mai 1993 an 2 Jahre lang.
Ich kürze jetzt mal ab, denn auch der neue Beruf - Zentralheizungs- und Lüftungsbauer (ein Bauberuf) - war nichts für mich. Häufig arbeitslos, dazu noch Knochenrarbeit, die nicht geachtet wurde...

Die berufliche Umorientierung ging weiter (ich versuchte mich dann noch als Bausparberater in einer bekannten Bausparkasse), bis ich mich im Dezember 1999(!) als Kurierfahrer selbständig machte. Da war dann erst meine berufliche Odyssee im Wesentlichen beendet (es dauerte also fast die ganzen 90er Jahre hindurch), denn der Staat war offensichtlich nicht in der Lage, mir zu einem festen Arbeitsplatz zu verhelfen. Ok, wir hatten damals so um die 5 Mill. Arbeitslose - die meisten davon im Osten.

Die Selbständigkeit gab ich zwar 2010 wieder auf, aber in der Branche arbeite ich heute noch und würde auch nicht mehr wechseln - obwohl - es ist jetzt eben eine sv-pflichtige Tätigkeit auf Mindestlohnbasis.

Aus dieser persönlichen Erfahrung heraus bin ich ganz entschieden gegen eine wie auch immer geartete Dienstpflicht, nach der ich beruflich wirklich sehr schwer und erst nach sehr langer Zeit wieder einigermaßen auf die Beine kam.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
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