Integration

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Moderator: Barbarossa

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Balduin
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balticbirdy hat geschrieben:
Denke ich aber schon, denn es werden ja u. a. auch "ausreichende Kenntnisse" der deutschen Sprache gefordert. Das "Hausmütterchen" würde dann wohl keinen Paß bekommen.
Was glaubst du wohl, was für eine Debatte losgeht, wenn das so umgesetzt wird. Ist die ganze übrige Familie "deutsch", wird garantiert nicht viel Feez mit der Einbürgerung gemacht.
Da hast du sicherlich Recht. Mir gefällt zwar solch ein Vorgehen nicht, aber es wird sicherlich so umgesetzt.

Ich bin auch der Meinung, dass jeder, der in Deutschland lebt, Deutsch können muss - das gehört zur Integration hinzu. Ohne diese Kenntnisse werden sich immer Gruppen bilden, eigentlich Parallelgesellschaften, die eine optimale Integration behindern. Naja...
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Barbarossa
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Balduin hat geschrieben:Ich bin auch der Meinung, dass jeder, der in Deutschland lebt, Deutsch können muss - das gehört zur Integration hinzu. Ohne diese Kenntnisse werden sich immer Gruppen bilden, eigentlich Parallelgesellschaften, die eine optimale Integration behindern. Naja...
Sehe ich genau so. Bei solchen "Parallelgesellschaften besteht die Gefahr, daß sich Gruppen von Einwanderern in ganzen Stadtvierteln absondern, wie z. B. in Amerika Chinatown.
So etwas sollte schon im Ansatz verhindert werden, denn gerade solche Verhältnisse bergen sozialen Sprengstoff in sich, denn sie sind das genaue Gegenteil von Integration. Einerseits können so überhaupt nur Sprüche, wie, "hier ist man Ausländer im eigenen Land", entstehen, andererseits sind die Menschen, die in solchen ...towns leben, immer sozial benachteiligt, z. T. auch, weil diese Menschen dann die einheimische Spache eben nicht mehr unbedingt erlernen müssen - es entsteht eine Gesellschaft außerhalb der Gesellschaft. Was dann passieren kann haben wir z. B. in Frankreich vor einiger Zeit sehr eindrucksvoll gesehen...
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Tekker
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Balduin hat geschrieben:Welche Gefahren siehst du bei deiner Argumentation ?
Die auch von dir genannten Parallelgesellschaften, die zudem über Wurzeln, ethnische Identität verfügen. Ich erleb das hier jeden Tag, nur deutsch darfste nich sein...
Barbarossa hat geschrieben:So etwas sollte schon im Ansatz verhindert werden, denn gerade solche Verhältnisse bergen sozialen Sprengstoff in sich, denn sie sind das genaue Gegenteil von Integration. Einerseits können so überhaupt nur Sprüche, wie, "hier ist man Ausländer im eigenen Land", entstehen, andererseits sind die Menschen, die in solchen ...towns leben, immer sozial benachteiligt, z. T. auch, weil diese Menschen dann die einheimische Spache eben nicht mehr unbedingt erlernen müssen - es entsteht eine Gesellschaft außerhalb der Gesellschaft. Was dann passieren kann haben wir z. B. in Frankreich vor einiger Zeit sehr eindrucksvoll gesehen...
Richtig. Nur wer ist da eurer Meinung nach in der Bringschuld?

Und dann hätte ich doch gern mal von euch gewußt, was ihr konkret (!) unter "Integration" versteht. Ich bin zu dumm dazu, ich kann mir da nix drunter vorstellen... ;)
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Balduin
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Tekker hat geschrieben: Richtig. Nur wer ist da eurer Meinung nach in der Bringschuld?

Und dann hätte ich doch gern mal von euch gewußt, was ihr konkret (!) unter "Integration" versteht. Ich bin zu dumm dazu, ich kann mir da nix drunter vorstellen... ;)
Integration wäre ein eigenes Thema wert, falls Bedarf besteht kann ich es trennen.

Integration ist für mich eine sehr einfache Sache, in der Sache, in der Realität ist es eher schwer umsetzbar. Bindet sich ein Ausländer in eine Gesellschaft ein, in Form von Vereinen, Schulen, andere Aktivitäten. Bemüht er sich deutsch zu können, sich nicht zu sehr in Cliquen zu bewegen (Natürlich darf ein Türke auch türkische Freunde haben, aber er sollte auch deutsche Freunde haben).
Hat der "Ausländer" solch eine soziale Umgebung aufgebaut ist er sehr gut integriert.
Dabei sind wir alle gefragt, Deutsche, Staat und ebenjene Ausländer. Wir als Bürger dürfen denjenigen keine "Steine" in den Weg legen (z.B. Vorurteile), der Staat muss diese Menschen fördern und forden (nettes Prinzip ;-)) und die Ausländer müssen sich selbst bemühen.

Ich weiß, das hört sich alles leichter an als es ist, aber eigentlich ist Integration nur so möglich - hatte vorher ja schon auf diese Parallelgesellschaften hingewießen, überhaupt ist das Wichtigste Courage.
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Barbarossa
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Tekker hat geschrieben:Richtig. Nur wer ist da eurer Meinung nach in der Bringschuld?
Beide Seiten.
Einerseits müssen sich die Einwanderer natürlich bemühen, die Sprache der einheimischen Bevölkerung zu erlernen und sich (wenn nötig) beruflich so zu qualifizieren, daß sie eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben und der Arbeitsmarkt darf auf der anderen Seite dann natürlich die Einwanderer nicht benachteiligen.
Tekker hat geschrieben:Und dann hätte ich doch gern mal von euch gewußt, was ihr konkret (!) unter "Integration" versteht. Ich bin zu dumm dazu, ich kann mir da nix drunter vorstellen... ;)
Wenn man als Einwanderer die Sprache seiner neuen Heimat in Wort und Schrift beherrscht, einer geregelten Arbeit nachgeht und sich an die bestehenden Gesetze hält, dann ist man bereits recht gut integriert, denke ich.
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Tekker
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Balduin hat geschrieben:Hat der "Ausländer" solch eine soziale Umgebung aufgebaut ist er sehr gut integriert.
Oha! Wenn ich das ein, zwei Generationen weiterdenke, bin ich schnell beim Begriff "Assimilation" ;)
Barbarossa hat geschrieben:Wenn man als Einwanderer die Sprache seiner neuen Heimat in Wort und Schrift beherrscht, einer geregelten Arbeit nachgeht und sich an die bestehenden Gesetze hält, dann ist man bereits recht gut integriert, denke ich.
Sry mein Lieber, das sehe ich nicht als Integration(sabschluß), sondern es ist imho vielmehr Grundvoraussetzung in einem fremden Land zu leben. :?
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Barbarossa
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Tekker hat geschrieben:Sry mein Lieber, das sehe ich nicht als Integration(sabschluß), sondern es ist imho vielmehr Grundvoraussetzung in einem fremden Land zu leben. :?
Es ist ein Mindestmaß an Integration.
Bei Meyers Lexikon online liest sich das so:
Soziologie: Bezeichnung 1) für einen gesellschaftlichen Prozess, der durch einen hohen Grad harmonischer, konfliktfreier Zueinanderordnung der verschiedenen Elemente (Rollen, Gruppen, Organisationen) gekennzeichnet ist, sowie 2) für Prozesse der bewusstseinsmäßigen oder erzieherischen Eingliederung von Personen und Gruppen in oder ihre Anpassung an allgemein verbindliche Wert- und Handlungsmuster.
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Barbarossa
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Der folgende Artikel hat mich nachdenklich gemacht, und schon in der Überschrift steht der Stein des Anstoßes (meiner Meinung nach). Also zum Artikel, das heißt es:
Weiteres Geständnis im Düsseldorfer Terror-Prozess:
«Ein Moslem darf Demokratie nicht akzeptieren»

Nach dem mutmaßlichen Anführer der Sauerland-Gruppe hat ein weiteres Mitglied die Anschlagspläne gestanden. «Das stimmt alles», sagte Yilmaz. Er habe sich zu dem Geständnis entschlossen, weil das Beweismaterial «zu dick» gewesen sei.
(...)
Über seine Einstellung zu den Anschlägen sagte er, er habe sie zunächst nicht gut gefunden: «Später hat sich das geändert.» Der Konvertit beschrieb sich als streng gläubig. Er halte sich an die räumliche Trennung von Männern und Frauen und höre keine Popmusik. Anderen zwinge er diese Regeln aber nicht auf: «Jeder muss wissen, was er macht.»
(...)
Auf die Frage nach seiner Einstellung zur Demokratie sagte Yilmaz: «Ein Moslem darf gar nicht die Demokratie akzeptieren.» Diese erlaube Dinge, die die Religion verbiete, und verbiete Dinge, die in der Religion erlaubt seien...
den ganzen Artikel lesen: http://www.netzeitung.de/politik/deutsc ... 29499.html

Und diese letzten beiden Sätze in dem Zitat erschrecken, aber interessieren mich gleichermaßen sehr.

:?: Also meine Frage: Ist das tatsächlich so, wie Yilmaz sagt, oder ist es Teil eines Irrglaubens?
Ich bitte um kompetente Antworten, bitte hier in diesem Thema. :wink:
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elysian
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Irrglaube nur, wenn man einer anderen Auslegung des Koran anhängt.
http://wortschatz.uni-leipzig.de/cgi-bi ... =Irrglaube

Prinzipiell kann man einen Gegensatz zwischen Demokratie und Islam behaupten.
Dies ist dann der Fall, wenn der Islam als politisches System verstanden wird und der Koran wörtlich genommen wird, wobei man den Schwerpunkt auf bestimmte Verse legen muss und andere ignoriert werden müssten.
Islam und Demokratie können, müssen aber nicht widersprüchlich sein.

Konkreter:
Religionsfreiheit nach islamistischen Verständnis geht maximal so weit, dass ein Nichtmuslim eine andere Religion haben darf. Er darf für diese aber nicht werben. Für einen Muslim ist gibt es keine Freiheit zu einer anderen Religion zu wechseln. Oder gar gar keine haben zu wollen.
sic transit gloria mundi
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Barbarossa
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Der Sache würde ich gern genauer auf den Grund gehen und habe an den Zentralrat der Muslime in Deutschland e. V. ( http://zentralrat.de/2594.php ) folgende Mail geschrieben:
Sehr geehrte Damen und Herren vom Zentralrat der Muslime in Deutschland e. V.,
mein Name ist Gilbert Jacoby – alias „Barbarossa“ und bin Moderator im Forum Geschichte-Wissen.de.

Mit Besorgnis beobachte ich immer wieder, dass Muslime hier in Deutschland die sogenannte „westliche Lebensweise“ und dem zur Folge auch westliche Werte nicht akzeptieren, obwohl sie hier leben. Das muß nicht im Terrorismus enden, auch wenn mich eine aktuelle Gerichtsverhandlung zu meiner Frage an Sie inspiriert hat.
In dieser Gerichtsverhandlung fiel die Äußerung:
«Ein Moslem darf gar nicht die Demokratie akzeptieren.»
Eine erschreckende Äußerung, wie ich finde und möchte Sie gern in unser Forum zum Thema „Moslems, Integration und Demokratie“ einladen.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich zum Thema äußern würden, denn ich wäre an einer Antwort von kompetenter Seite sehr interessiert.
Sie sind dazu herzlich eingeladen. Als Gast brauchen Sie sich bei uns auch nicht extra anmelden.
Die Internet-Adresse des Themas lautet: http://www.geschichte-wissen.de/forum/v ... hp?f=3&t=6

Mit freundlichen Grüßen

Gilbert Jacoby alias „Barbarossa“

Ich habe das Thema eigens für diese Einladung in das Forum „Fragen“ verschoben.
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MarcoZ
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Ich finde diese Idee mit den Emails sehr gut, jedoch kommt sie mir nicht sonderlich erfolgreich vor. Daher meine Frage;
Hat sich denn überhaupt schonmal ein per email angeschriebener Fachmann im Forum eingeschaltet? :roll:
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Balduin
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Barbarossa ist im Urlaub, deshalb antworte ich stellvertretend für ihn:

Leider ist die Resonanz nicht besonders gut, lediglich ein Mitglied des Abgeordnetenhauses in Berlin hat sich angemeldet, aber nicht zu Wort gemeldet. Allgemein verstehe ich den Widerwille dieser Menschen nicht - in der Öffentlichkeit empören sie sich über Desinteresse und Unwissenheit - könnten sie aber selbst einen Schritt dagegen (auch sei er wie hier nicht besonders groß) tun, nutzen sie diese Möglichkeiten nicht...
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
lynxxx
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Moin Leute,
offensichtlich besteht hier im Forum ein kleines Defizit in Sachen Kompetenz zu Islam, Naher Osten, etc.? ;)

Nun, erstmal möchte ich betonen, dass der Zentralrat der Muslime einen Coup gelandet hat, indem er sich nach dem "renommierten" Zentralrat der Juden benannte. Damit suggeriert er zweierlei: 1. Das er DER Ansprechpartner der Deutschen wäre. 2. Das er ähnlich wie der jüd. Zentralrat für DIE Muslime spräche, zudem auch noch sehr seriös wäre.

Der ZDM ist nun nicht unseriös, aber er repräsentiert nur einen Bruchteil der deutschen Muslime, zudem auch noch den eher besonders frommen, strengen, ja manchmal gar ultraorthodoxen Teil der Muslime. Einige Organisationen sind, oder waren in diesem Dachverband, die vom Verfassungsschutz beobachtet wurden. Das nur dazu.
Natürlich sind nun nicht alle Aussagen auf deren Homepage oder die deren Vorsitzenden sagen Mumpitz, aber man sollte obige Fakten im Hintergrund behalten.

Den merke: "DER" Islam ist ebenso vielfältig, wie "DAS" Christentum. Er ist nicht monolithisch, und erst recht ist es nicht der "wahre" Islam, wie es die Islamisten/Salafisten/Wahhabiten behaupten und viele Massenmedien ihnen auf den Leim gehen. (Abgesehen sind diese Richtungen eher ein Produkt der Moderne, denn "urtümliche" Muslime der Frühzeit)

Kommen wir zur Demokratie.
Es gibt zahlreiche Richtungen des Islam, die haben keinerlei Schwierigkeiten Demokratie und Islam vereinbar zu finden.
Dazu können sie z.B. auf die Frühzeit des Islam zurückblicken, welches in seinem Streben den Tribalismus mit seinen Stammesstrukturen aufzubrechen und eine Gesellschaft zu formen, in der alle gleiche Rechte hätten, gar "protokommunistische" Züge zugesprochen wurden, also in jener Frühzeit wurden z.B. die Kalifen durch Wahl bestimmt. Erst mit der ersten islam. Dynastie der Umayyaden wurde die Thronfolge an die Söhne des Herrschenden eingeführt.
Später gab es immer wieder Herrschaftshäuser, die haben ihrerseits z.B. durch Wahl den Herrscher bestimmt, z.B. die Mamluken aus Ägypten, wobei natürlich nicht demokratisch gewählt wurde, sondern aus der Mitte der oberen Elite heraus jemand gewählt wurde.
In den folgenden Linktipps ist eine Herleitung eines demokratischen Prinzips aus dem Islam heraus näher beschrieben, bzw. beschrieben, dass eine Demokratie keinesfalls im Widerspruch zum Islam stehen muss.

Zitate:

Muqtedar Khan:
"...Einige muslimische Gelehrte und militante Islamisten lehnen die Demokratie mit dem Argument ab, sie widerspreche den Geboten Gottes, respektive der islamischen Scharia. Ebenso wie die westliche Dominanz lehnen sie auch die Demokratie strikt ab und sehen in ihr fälschlicherweise ein spezifisch westliches Produkt.[3] Glücklicherweise sind diese Argumente sowohl in der Theorie als auch in der Praxis auf ganzer Linie widerlegt worden. Die Vereinbarkeit von Islam und Demokratie wird inzwischen nicht mehr in Frage gestellt. Muslimische Wissenschaftler haben schlüssig bewiesen, dass der Islam und demokratische Verfahren durchaus nebeneinander bestehen können..."

Oliver Schlumberger:
"...Dem stehen auf islamischer Seite die bereits erwähnten Argumente liberaler Muslime gegenüber, die eine prinzipielle Vereinbarkeit von Islam und Demokratie behaupten. In der westlichen akademischen Literatur wird - mit ganz wenigen Ausnahmen und mit einigen Variationen in den Details - zumeist davon ausgegangen, dass sich Islam und Demokratie unter bestimmten Umständen nicht gegenseitig ausschließen...."

Natürlich findet man im öffentlichen Diskurs, in den Medien, diese akademische Beurteilung seltener wieder, sondern eher die Plattitüden, dass Islam und Demokratie unvereinbar sind. (Ist ja auch in der Praxis deutlich scheinbar belegt) Das sind aber eher Nachplapperungen von einigen wenigen westlichen akadamischen Stimmen, zahlreicheren islamistischen Stimmen, oder einfach eigene "Analysen" ohne hinreichende Kenntnisse.

Ich hatte schon einmal folgendes Dokument im Geschichtsforum exzerpiert, zusammengefasst und vor allem politische Implikationen ausgesiebt, hier nun der volle Artikel der gut Licht ins Dunkel bringt:

Islam in Deutschland
Ein "Kampf der Kulturen"?

Sind Islam und Demokratie vereinbar?

Das schwierige Verhältnis von Religion und Staat
Von Oliver Schlumberger
http://www.buergerimstaat.de/4_01/islam06.htm

obiger Text bildet also die westliche und islamische Sicht ab.

Kommen wir zu einem Text, wie es beispielhaft ein Muslim und Akademiker sieht:

Demokratie und islamische Staatlichkeit
Muqtedar Khan
http://www1.bpb.de/publikationen/7FDCOI ... hkeit.html

Folgenden Link stellte ich auch schon ins Geschichtsforum rein, der sehr interessant darlegt, dass die Prämisse, die jeder kennt: "Der Islam ist Religion und Staat." vor dem 19. Jahrhundert gar nicht zu belegen ist, und der in der Tat eine Vereinbarkeit von Demokratie und Religion erheblich erschweren würde.

Prof. Dr. Heinz Halm
Islamisches Rechts- und Staatsverständnis.
Islam und Staatsgewalt.

http://www.uni-tuebingen.de/uni/aos/damha1.htm

Also kurz, Islam ist mit Demokratie vereinbar. (Leider nur in wenigen Staaten auch in der Praxis mal mehr mal minder verwirklicht, vor allem nichtarabische Staaten, z.B. Südosteuropas, Südostasiens, Südasien)

Dies ist vielleicht nicht sooo verwunderlich für einige, wenn sie wüssten, dass in der islamischen Geschichte es durchaus Phasen, ja sogar dominante Phasen gab, wo man den Koran nicht wortwörtlich auslegte, sondern den tieferen Sinn, die Bedeutung dahinter erschloss, und sich dabei bewusst war, dass diese Deutung natürlich Menschenwerk war, also immer abhängig von Zeit und Raum wäre, und nicht ewig eine "Wahrheit" darstellte, sondern immer wieder neu ergründet werden müsste. Quasi eine "historisch-kritische"Textanalyse und Hermeneutik, weshalb auch die Frage nach einem Luther eigentlich ein wenig überflüssig ist, da die islamische Geschichte deren mehrere hatte. (Gut, nützt heute den Geknechteten im Sudan auch nix, ... aber prinzipiell meine ich... :)) Diese Textanalyse war auch notwendig (selbst für die ganz "wörtwörtliche" Fraktion), so spricht der Koran z.B. nur von Wein, und man fragte sich, was ist dann mit Schnaps? Also fragte man sich, was will Gott denn eigentlich in den "Wein-Versen" ausdrücken, und befand, dass es darum ging, nicht berauschende Alkoholika zu trinken. Schon war man von der "wortwörtlichen" Lesung des Korans hin zur Deutung des Sinns des Korans... etc...pp..

Ciao und LG.
elysian
Mitglied
Beiträge: 854
Registriert: 09.07.2008, 23:38

@lynxxx

Der Beitrag von Dir ist zwar sehr schön geschrieben, bringt aber für mich nichts Neues zutage. Insofern frage ich mich, worin die angepriesene Kompetenz nun liegt (abgesehen von der Länge des Beitrags).

Weder zum Zentralrat, zur Vielfalt des Islam, zu verschiedenen möglichen Standpunkten hinsichtlich der Beziehung Islam-Demokratie (da herrscht Meinungsvielfalt auch unter Muslimen...), noch zur Blütezeit des Islam, insbesondere ist Spanien hier zu nennen (gehört m.W. zur Allgemeinbildung), erkenne ich eine Beseitigung angeblich vorhandener Defizite.

Was schon eher interessante Perspektiven aufwirft, ist die Debatte, ob der Koran in der Tat seit Jahrhunderten unverändert überdauert hat oder eben doch Veränderungen erfuhr (wofür manch neuere, wenn auch nicht neueste Erkenntnisse sprechen; die Debatte dauert noch an).
sic transit gloria mundi
lynxxx
Mitglied
Beiträge: 38
Registriert: 19.07.2008, 15:31

Hä? Bitte?

Wenn es kein Defizit in dieser Frage (Demokratie und Islam) gegeben hätte, warum dann den ZDM anschreiben?

Und wenn es kein Defizit bezgl. des ZDM gegeben hätte, warum ausgerechnet diesen Dachverband anschreiben, oder fragst du bezügl. christlicher Fragen auch die Zeugen Jehovas, in der Hoffnung die Mehrheitsauffassung des Christentums geliefert zu bekommen?

Ich nehme an, du hast meinen Post nur flüchtig gelesen?
Ich habe nämlich weder was zur Blütezeit noch zu Spanien etwas geschrieben. (Oder verwechselst du die erste Dynastie des Islam, die Umayyaden (Mitte 7.-Mitte 8. Jh.) mit den Umayyaden von Cordoba (ab Mitte 8. Jh.)? Dann scheint hier doch ein Defizit vorzuliegen... :P :wink: )

Deinen letzten Satz verstehe ich nicht so ganz, vielleicht könntest du ihn konkretisieren, bevor ich evtl. dazu antworte?

Danke schön.

PS: Bzgl. Defizit. Vielleicht sollten wir nun nicht weiter darauf herumreiten? Ich gebe dir Recht, es gibt kein Defizit, und meine Äusserung war hochnäsig.
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