Sorben und Wenden - slawische Minderheiten in Deutschland

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Moderator: Barbarossa

Dietrich
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Paul hat geschrieben: Dein Beitrag läßt doch schon erkennen, das man über die Geschichte zwischen 400 und 800 n. Chr in den Regionen östlich der Elbe mehr wissen könnte.
Natürlich möchte die Geschichtsforschung stets noch mehr erfahren, als die Quellen hergeben. Über die Siedlungsgeschichte, die Grabkultur, die Lebensweise und die Religion der Westslawen sind wir durch reichhaltige archäologische Funde recht gut unterrichtet. Ferner gibt es zeitgenössische Geschichtsschreiber, die umfangreiches Quellenmaterial hinterlassen haben. So z.B. Helmold: Slawenchronik = Helmoldi Presbyteri Bozoviensis Chronica Slavorum, die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg, Widukindi monachi Corbeiensis rerum gestarum Saxonicarum libri tres, Adam von Bremen: Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum u.a.

Leider haben die westslawischen Stämme keine eigenen Schriftquellen hinterlassen, sodass wir über ihre Gesellschaft und Einzelheiten ihrer Religion nur unzureichend unterrichtet sind. Aber insgesamt können wir uns eine gute Vorstellung davon machen, wie die Slawen östlich der Elbe lebten, siedelten, ihre Toten begruben und Götter verehrten.
Paul
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Hier wäre die Chronik des Fredegar aufschlußreich, welcher über den Fürsten der Surbi Derwan 631 und über das Reich des Samo schrieb. Sie wird in Paris aufgehoben. Vielleicht hat er mehr über die Sprache der Surbi, ihre politische und gesellschaftliche Ordnung, ihre Religion und ihren Fürsten geschrieben. Waren die Surbi Germanen o. Slawen o. ein gemischtes Volk. Was kann man in dieser frühen Quelle unverfälscht über sie lesen?
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Paul
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Der Name des Fürsten der Surbi Derwan ist germanisch und bedeutet auf Hochdeutsch Freund der Hirsche. Wir müssen für die späteren westslawischen Sprachen mit einem starken Germanischen Substrat rechnen, welches teilweise schon in der ursprünglichen gemeinslawischen Entstehung und zum Teil bei der Verschmelzung in Mitteleuropa einfloß.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Dietrich
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Paul hat geschrieben: Wir müssen für die späteren westslawischen Sprachen mit einem starken Germanischen Substrat rechnen, welches teilweise schon in der ursprünglichen gemeinslawischen Entstehung und zum Teil bei der Verschmelzung in Mitteleuropa einfloß.
Im Polnischen,Tschechischen und Slowakischen gibt es kein germanisches Substrat, sondern lediglich eine Reihe von mittelhochdeutschen Lehnwörtern. Über die Sprachen der elbslawischen Stämme sind wir nur ganz unzureichend unterrichtet.

Dioeser Befund zeigt, dass die germanische Restbevölkerung zwischen Elbe und Weichsel nach Abzug der germanischen Stämme im Zuge der Völkerwanderung so gering war, dass sie keine sprachlichen Spuren hinterlassen hat.
Paul
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Wenn ich die wendischen Vaterunser lese, dann sind jedes 2./3. Wort germanisch o. plattdeutsch/altdeutsch.

http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvd ... t_00000329

Die Sitte mit dem Brauthauben ist wahrscheinlich von den germanischen Vorfahren der Sorben übernommen, wie die Bezeichnung dafür, denn unter die Haube bringen ist ein germanischer und wahrscheinlich auch ein keltischer Brauch.
viele Grüße

Paul

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Marek1964
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Paul hat geschrieben:Wenn ich die wendischen Vaterunser lese, dann sind jedes 2./3. Wort germanisch o. plattdeutsch/altdeutsch.

http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvd ... t_00000329
Ich mit meinen Tschechisch- wie Deutsch Kenntnissen würde sogar sagen, es ist zu 2/3 germanisch und nur zu einem Drittel slawisch.

Hier zum Vergleich das sorbische, das ich dann schon viel eher als etwas zwischen Polnisch und Tschechisch sehe:

http://cdithw.han-solo.net/kunden/kirch ... /r032.html
Paul
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Es wäre sensationell, wenn die gemischte Sprache der Obodriten, Polaben, Kaschuben gar nicht das Ergebnis der "Ostkolonisation", sondern das Ergebnis der ursprünglichen Besiedlung wäre. Es gibt gar keine anderen Sprachdenkmäler. So läßt sich auch die schnelle Assimilation an das Plattdeutsche erklären.
Gibt es denn Sprachdenkmäler der Prussen?

Samo war möglicherweise ein Sklavenhändler, der mit einem größeren Trupp Krieger nach Böhmen kam, um von den Awaren Sklaven zu kaufen. Dann beteiligte er sich am Slawenaufstand gegen die Awaren o. löste ihn sogar aus. Da die Awaren mit ihren slawischen Truppen erst relativ kurz im Land waren, könnte es sich bei den Sklaven um gefangene Markomannen gehandelt haben.
viele Grüße

Paul

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Dietrich
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Paul hat geschrieben:Wenn ich die wendischen Vaterunser lese, dann sind jedes 2./3. Wort germanisch o. plattdeutsch/altdeutsch.

http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvd ... t_00000329

Die Sitte mit dem Brauthauben ist wahrscheinlich von den germanischen Vorfahren der Sorben übernommen, wie die Bezeichnung dafür, denn unter die Haube bringen ist ein germanischer und wahrscheinlich auch ein keltischer Brauch.
Es gibt kein germanisches Substrat in den westslawischen Sprachen, sondern lediglich eine beträchtliche Anzahl von Lehnwörtern, wie sich das z.B. im Polnischen oder Tschechischen zeigt. Die Lehnwörter stammen zumeist aus mittelhochdeutscher Zeit, also etwa von 1050 - 1350.
Paul
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452, sind Slawen mit den Awaren nach Pannonien gekommen. Etwas später haben sie das Markomannenreich erobert. Die Besiedlung des heutigen südlichen Polens konnte kurz danach erfolgt sein, vor allem mit Beginn der Slawenaufstände gegen die Awaren unter dem Franken Samo.
Archäoligisch lässt sich die Besiedlung der Gebiete der Vandalen, Semnonen, Burgunder, Rugier und Warnen durch Slawen bis 800 n Chr. feststellen. Ins gotische Gebiet sind zuerst  Balten eingewandert. In Pommerellen/Westpreußen später auch Slawen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Awaren.

https://de.wikipedia.org/wiki/Slawen
viele Grüße

Paul

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