Das Phänomen Fremdenfeindlichkeit

Kommunalwahlen, Meinungsumfragen, Konflikte, Religionen, Ereignisse

Moderator: Barbarossa

ehemaliger Autor K.

:arrow: Neues Thema fortgesetzt von: Vereinigte Staaten von Europa
[Mod.]
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Barbarossa hat geschrieben:Ja, 1813, als das Gedicht geschrieben wurde, war das auch noch nicht so abwegig - mit Ausnahme der Deutschschweiz vielleicht.
;-)

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Der Politikwissenschaftler Dolf Sternberger entwickelte in den siebziger Jahren den Begriff des Verfassungspatriotismus, der sich seiner Meinung nach in der Bundesrepublik entwickelte. Die Westdeutschen identifizierten sich nicht mehr über den alten Nationalismus und seinen klassischen Kriterien, sondern vor allem über die Staatszugehörigkeit zur Bundesrepublik.

Schweizer und Österreicher wurden nach dem Krieg nicht mehr als Deutsche angesehen. Die DDR, in Sonntagsreden der Politiker noch immer als Teil Deutschlands betrachtet, wurde im Bewusstsein vieler Westdeutscher auch zunehmend als fremdes Gebilde empfunden, welches nicht mehr dazugehörte.

In den achtziger Jahre wurde durch den Zustrom von Aussiedlern aus Osteuropa die Sprache zu einem weiteren Kriterium, da die Zuwanderer zwar sofort die deutsche Staatsangehörigkeit erhielten, aber oft die Sprache nicht richtig beherrschten oder einen unverkennbaren Akzent besaßen. Sie wurden von der Bevölkerung mehrheitlich nicht als Deutsche akzeptiert.
Mit der Wiedervereinigung bekam auch der Herkunftsort einen wichtigen Stellenwert, denn die einstigen DDR-Bürger galten und gelten manchmal noch heute als Deutsche zweiter Klasse.

In den neunziger Jahren und vor allem dann nach den Veränderungen im Gesetz über die Staatsangehörigkeit unter Schröder bekamen viele Migranten die deutsche Staatsangehörigkeit. Sofern ihr ursprünglich ausländischer Ursprung sofort sichtbar ist, werden sie in der Regel nicht als Deutsche angesehen, auch wenn sie inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

Seitdem der deutsche Personalausweis weit verbreitet ist, sind Sprache, Herkunftsort und Aussehen wichtig geworden, um die „echten“ Deutschen von den „neuen“ Deutschen zu unterscheiden.

Die seltsame Aussprache der Spätaussiedler wird wahrscheinlich spätestens in der neuen Generation verschwunden sein, auch der Herkunftsort wird vermutlich an Bedeutung verlieren. Was bleibt, ist das Aussehen. In den USA, in Australien und Kanada habe ich immer wieder erlebt, das auch in diesen Einwandererländern Asiaten, Lateinamerikaner und Afrikaner nicht als gleichwertig akzeptiert werden, auch wenn sie schon seit Generationen in diesen Ländern leben. Auch innerhalb der weißen Bevölkerung gibt es noch Staffelungen zwischen Briten, Irländern, Italienern, Polen, Juden usw. Die Migranten werden wahrscheinlich auch in absehbarer Zukunft bei uns weiterhin als Fremde wahrgenommen werden. Der einstige Verfassungspatriotismus ist jetzt nicht mehr das alleinige Bindeglied. Die Kinder der Migranten mögen sich als Deutsche fühlen, aber man wird es ihnen nicht so richtig abnehmen.

In den letzten Monaten habe ich 170 Prüfungen durchgeführt. Viele Studenten haben Namen, die ich gar nicht aussprechen kann. Fast alle haben die deutsche Staatsangehörigkeit, wurden hier geboren, sprechen perfekt unsere Sprache, manchmal mit Hamburger Dialekt. Doch wenn vor mir ein Student steht, der eindeutig ostasiatischer Herkunft ist und sich als begeisterter Deutscher ausgibt, kann ich ihm das nicht so richtig glauben. Diese Trennungen werden bleiben.
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dieter
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Lieber Karlheinz,
warum willst Du das nicht glauben, soviel ich weiß sind die Ostasiaten die fleißigsten Schüler und Studenten. Unser Sohn hat sie bei einem Studienaustausch in China soll in Lautschrift Tschinjang heißen, ist im Nordosten und ist nicht Sinkiang was im Westen liegt, kennengelernt. Sie sind sehr ehrgeizig und Deutschland kann sich nur freuen solche Menschen zu bekommen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Barbarossa
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Es geht ja nicht darum, ob sie fleißig sind oder nicht, sondern es geht um die Indentität. Und da wird es eben am Aussehen und der Sprache festgemacht, ob jemand "echter" Deutscher ist, oder nicht. Da war meine Beobachtung gar nicht so falsch, nur dass es auch Wandlungen dabei gegeben hat, das war mir nicht so bewusst und ich denke, da gab es bei uns im Osten auch Unterschiede.

Aber so wie du das beschreibst, Karlheinz, klingt das beinahe so, als gäbe es eine immer wiederkehrende und reflexartige Abwehrhaltung gegen alles, was von außen hereinkommt und erst mal als fremd entfunden wird.
Kann da was dran sein?
Die Diskussion ist eröffnet!

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Renegat
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Ehrlich gesagt kann ich mit Karlheinz Beitrag in Bezug auf Europa wenig anfangen.
Seine sehr persönliche Sicht über Aussehen und Namen von "richtigen" und neuen Deutschen kann man mE nicht verallgemeinern. Klar gibt es immer noch reichlich Leute, die einen dunkelhäutigen Deutschen impertinent fragen, wo haben sie denn so gut deutsch gelernt oder wo kommen sie denn ursprünglich her. Das ist für die befragten Deutschen lästig, nervig, manchmal wird es auch als diskriminierend empfunden, aber eigentlich ist es das Problem des Fragestellers und seiner Weltsicht. Ich denke bei der jüngeren Generation bes. in den Großstädten hat sich schon viel verändert. Alles braucht seine Zeit und vieles einen Generationenwechsel.

Telefon- und I-net-Kommunikation hat diesbezüglich einige Vorteile, da kommt man gar nicht auf die Idee die Richtigkeit des Deutschtums auf Sicht zu prüfen. Vielleicht sollte Karlheinz seine Prüfungen anonymisiert und hinter einem Wandschirm abnehmen. Es gibt außerdem Versuche mit anonymen Bewerbungen, eben um die Schere im Kopf der Personaler zu neutralisieren.
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Titus Feuerfuchs
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Karlheinz hat geschrieben:
Der Politikwissenschaftler Dolf Sternberger entwickelte in den siebziger Jahren den Begriff des Verfassungspatriotismus, der sich seiner Meinung nach in der Bundesrepublik entwickelte. Die Westdeutschen identifizierten sich nicht mehr über den alten Nationalismus und seinen klassischen Kriterien, sondern vor allem über die Staatszugehörigkeit zur Bundesrepublik.

Schweizer und Österreicher wurden nach dem Krieg nicht mehr als Deutsche angesehen.
Das sehen ja sogar hier im Forum einige anders. :mrgreen:

So abrupt, wie du das schilderst, ging das sicher nicht vonstatten.
Dass Deutschland eine Willensnation sei, stelle ich in Abrede, auch deswegen, weil sie nicht aus eigenem (wie z.B. die USA), sondern aufgrund des Willens der Alliierten gegründet worden war.

Im Gegenteil, imho ist D sogar der Prototyp einer Kulturnation.



Karlheinz hat geschrieben: Die DDR, in Sonntagsreden der Politiker noch immer als Teil Deutschlands betrachtet, wurde im Bewusstsein vieler Westdeutscher auch zunehmend als fremdes Gebilde empfunden, welches nicht mehr dazugehörte. [...]

Trifft auf einige sicher zu, auf die Mehrheit imho aber nicht, sonst wäre die Wiedervereinigung nicht so glatt gegangen.
In ein bis zwei Generationen wird das dann überhaupt kein Thema mehr sein.

Das sind ganz normale innerstaatliche Disparitäten, wie sie z.B. zwischen Bayern und Norddeutschland auch bestehen.

Und wer Zweifel daran hat, dass die beiden ehemaligen deutschen Staaten zusammengehören, möchte sich die Bilder ansehen, die in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 in Berlin gemacht wurden. Habe noch nie soviel Freude auf einmal gesehen.


Karlheinz hat geschrieben: In den neunziger Jahren und vor allem dann nach den Veränderungen im Gesetz über die Staatsangehörigkeit unter Schröder bekamen viele Migranten die deutsche Staatsangehörigkeit. Sofern ihr ursprünglich ausländischer Ursprung sofort sichtbar ist, werden sie in der Regel nicht als Deutsche angesehen, auch wenn sie inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

Ist z.B. Rösler nicht als Deutscher gesehen worden?
Karlheinz hat geschrieben: Die seltsame Aussprache der Spätaussiedler wird wahrscheinlich spätestens in der neuen Generation verschwunden sein, auch der Herkunftsort wird vermutlich an Bedeutung verlieren. Was bleibt, ist das Aussehen.
Bei Spätaussiedlern? :? :?:
Karlheinz hat geschrieben: In den USA, in Australien und Kanada habe ich immer wieder erlebt, das auch in diesen Einwandererländern Asiaten, Lateinamerikaner und Afrikaner nicht als gleichwertig akzeptiert werden, auch wenn sie schon seit Generationen in diesen Ländern leben. Auch innerhalb der weißen Bevölkerung gibt es noch Staffelungen zwischen Briten, Irländern, Italienern, Polen, Juden usw. Die Migranten werden wahrscheinlich auch in absehbarer Zukunft bei uns weiterhin als Fremde wahrgenommen werden. Der einstige Verfassungspatriotismus ist jetzt nicht mehr das alleinige Bindeglied. Die Kinder der Migranten mögen sich als Deutsche fühlen, aber man wird es ihnen nicht so richtig abnehmen.
Ein Teil der zweiten und dritten Generation hat konservativere Einstellungen als die erste Einwanderergenaration, ein anderer ist hingegen gut integriert, bisweilen auch assimiliert.

Es ist kein deutsches Spezifikum, dass die Diaspora viel stärker an den Traditionen ihres Ursprungslandes festhält, als die Daheimgebliebenen.

Karlheinz hat geschrieben: In den letzten Monaten habe ich 170 Prüfungen durchgeführt. Viele Studenten haben Namen, die ich gar nicht aussprechen kann. Fast alle haben die deutsche Staatsangehörigkeit, wurden hier geboren, sprechen perfekt unsere Sprache, manchmal mit Hamburger Dialekt. Doch wenn vor mir ein Student steht, der eindeutig ostasiatischer Herkunft ist und sich als begeisterter Deutscher ausgibt, kann ich ihm das nicht so richtig glauben.[...]
Warum nicht?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gut integrierte Migranten des Öfteren viel patriotische denken als die autochthonen Deutschen selber, denen das ja recht gründlich ausgetrieben wurde/wird.
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Titus Feuerfuchs
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Renegat hat geschrieben:Ehrlich gesagt kann ich mit Karlheinz Beitrag in Bezug auf Europa wenig anfangen.
Seine sehr persönliche Sicht über Aussehen und Namen von "richtigen" und neuen Deutschen kann man mE nicht verallgemeinern. Klar gibt es immer noch reichlich Leute, die einen dunkelhäutigen Deutschen impertinent fragen, wo haben sie denn so gut deutsch gelernt oder wo kommen sie denn ursprünglich her. [...]

Sehe da ehrlich gesagt das Problem nicht.

Warum darf ich jemanden, mit dem ich ins Gespräch komme und dessen Phänotyp drauf schließen lässt, dass er kein authochthoner Deutscher ist, nicht fragen, wo er bzw. seine Vorfahren herkommen?
MfG,
Titus Feuerfuchs
Renegat
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Renegat hat geschrieben:Bei mir rennst du da offene Türen ein, da ich Nationalstaaten von der Größe D´s sowieso für Konstrukte halte, aus dem vorvorigen Jahrhundert. [...]
Titus Feuerfuchs hat geschrieben:Die EU und die von euch angestrebten Regionen sind keine Konstrukte? 8)
Nein, denn die Regionen sollten sich mE an gewachsene Strukturen anlehnen, die überwiegend landschaftsbedingt sind.
Landschaftsbedingte Strukturen sind meist die stabilsten überhaupt, denn sie bestehen aus Bergen, Flüssen, Seen und Ebenen, die nun wirklich immobil sind. Mobile Tiere und Menschen kamen erst später und haben sich den vorgefundenen Landschaftsstrukturen angepaßt.
Die deutschen Bundesländer tun das, die österreichischen mW ebenso. Und da Ö so bleiben kann, wie es ist, hast du doch kein Problem. :D
Ich würde mich jedenfalls von einer nordwestdeutschen Region erstens in Brüssel besser vertreten fühlen in Außen-etc-Themen und zweitens erwarte ich bei möglichst vielen regionalen Themen mehr Selbstständigkeit, Kompetenz und Bürgernähe von einer Regionsregierung.
Titus Feuerfuchs hat geschrieben:Ethnisch halbwegs homogene Nationalstaaten haben sich seit 1945 (und z.T. auch davor) gut bewährt.
Die haben sich deshalb friedlich verhalten, weil sie bis 1945 mind. 50 Jahre lang ihren Nationalismus blutig und opferreich ausgelebt hatten.

Titus Feuerfuchs hat geschrieben:Ärger gab's /gibt's oft dort, wo Staatsgrenzen Minderheiten (die regional auch Mehrheiten sein können) im Nachbarland belassen.
Diese ethnischen Säuberungsideen verfolgt glücklicherweise heute kaum noch jemand.
Insgesamt Titus, kann ich nur wiederholen, es ist ermüdend mit dir über Europa zu diskutieren, da ich außer Widerspruch keine Zielrichtung bei dir erkenne. Dass du ernsthaft zurück willst, zum Vor-WK I -Europa mit säbelrasselnden Kaisern und Königen, die sich gegenseitig kriegslüstern belauern, um sich irgendwelche Grenzgebiete wegzunehmen und damit zu beweisen, dass sie militärisch stärker, besser, schöner und rassisch überlegen sind, mag ich dir nicht unterstellen.
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:Es geht ja nicht darum, ob sie fleißig sind oder nicht, sondern es geht um die Indentität. Und da wird es eben am Aussehen und der Sprache festgemacht, ob jemand "echter" Deutscher ist, oder nicht. Da war meine Beobachtung gar nicht so falsch, nur dass es auch Wandlungen dabei gegeben hat, das war mir nicht so bewusst und ich denke, da gab es bei uns im Osten auch Unterschiede.

Aber so wie du das beschreibst, Karlheinz, klingt das beinahe so, als gäbe es eine immer wiederkehrende und reflexartige Abwehrhaltung gegen alles, was von außen hereinkommt und erst mal als fremd entfunden wird.
Kann da was dran sein?
Lieber Barbarossa,
ich bin da pragmatisch, jeder der etwas leistet und Deutscher sein will, der soll es auch werden können. Denke an die Fußballspielerin Steffi Jones, welche auch die Fußball-WM in Deutschland ausgerichtet hatte. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
ehemaliger Autor K.

Barbarossa:
Aber so wie du das beschreibst, Karlheinz, klingt das beinahe so, als gäbe es eine immer wiederkehrende und reflexartige Abwehrhaltung gegen alles, was von außen hereinkommt und erst mal als fremd entfunden wird.
Kann da was dran sein?
Die Frage ist nicht so ohne weiteres zu beantworten. Das Thema ist sehr komplex. Völkerkundler glauben dass es so etwas häufig gibt und dies hat in der Regel die folgenden Gründe:
1.) Eine Gesellschaft besitzt ein exklusives Territorium und hat dort alle Ressourcen, so dass sie ihr Gebiet nicht verlassen müssen.
2.) In das Territorium wurde viel Arbeit investiert, Bewässerung oder Bauten und es lohnt sich, dieses zu verteidigen
3.) Die Gruppenzugehörigkeit ist konstant und sie grenzen sich von anderen ab. Es gibt wenige Wanderungsbewegungen. Ausnahmen sind gelegentlich junge Leute, vor allem Frauen, die manchmal wechseln.

In solchen Populationen werden Fremde meist als Bedrohung und Eindringlinge empfunden, die die eigenen Ressourcen bedrohen. Es gibt unzählige Stammeskriege. Hier wird streng zwischen der eigenen und der fremden Gruppe unterschieden. Jeder, der Länder der Dritten Welt kennt, weiß, dass die Menschen sich dort vielfach über Gruppenzugehörigkeiten identifizieren. Man ist nicht Freund oder Feind aufgrund seiner Individualität, sondern entscheidend ist, zu welcher Gruppe man gehört. Davon hängt alles ab. Ich habe das sehr oft erlebt und diejenigen, die sich in diesen Ländern auskennen, werden dies bestätigen. Die Menschen wohnen dort oft separiert voneinander, getrennt nach Religion oder Volks- bzw. Stammeszugehörigkeit. Natürlich gibt es davon auch Ausnahmen.

Man kann das selbstverständlich nicht so ohne weiteres auf die moderne Gesellschaft übertragen. Aber ich wohnte eine Zeitlang in Los Angeles, dort leben über 100 Nationalitäten, doch es ist kein Schmelztiegel, sondern sie wohnen nebeneinander. Wir sprachen immer von „interracial relations“, von den Beziehungen zwischen den Rassen. Ähnlich wie die Naturvölker leben sie in eigenen Vierteln, haben untereinander kaum Kontakt, besitzen also ihr eigenes Territorium, zwischen einigen Nationalitäten herrscht regelrecht Krieg, dies ähnelt der von den Völkerkundlern beschriebenen Situation

Um jetzt auf Europa zurückzukommen. Auch hier haben wir die verschiedenen Territorien, die man gerne exklusiv nutzen möchte und sieht die anderen nicht selten als Konkurrenten und als Bedrohung. In Zeiten der Prosperität spielen die verschiedenen Gruppenzugehörigkeiten keine so bedeutende Rolle, aber dies kann sich in schlechten Zeiten, wenn der Sozialneid ausbricht, blitzschnell ändern. Die Anderen konkurrieren dann um Arbeitsplätze, Wohnungen, Sozialleistungen. Die Kultur der feinen Unterschiede lässt sich dann leicht aktivieren. Wir erleben immer wieder, wie etwa in Jugoslawien, das scheinbar gelungene Assimilationen schlagartig zusammenbrechen. Machtbesessene Politiker setzen hier ihren Hebel an. Deshalb bin ich bezüglich Europa auch nicht so furchtbar optimistisch.

Und auch in Deutschland: Leute, die anders aussehen, haben Probleme, wie ich es ja schon beschrieb. Früher, bei uns im Betrieb, hatte ich zeitweilig eine Frau als meine Stellvertreterin, sie war die Tochter eines Deutschen und eines Nigerianers. Sie erzählte mir, dass sie gewaltige Schwierigkeiten bei uns hatte. Sie wurde nicht als Vorgesetze akzeptiert, als Frau und Mischlingskind nahm man sie nicht für voll. Sie diente auch als Sündenbock. Aversionen, die eigentlich gegen mich gerichtet waren, ließ man an ihr aus.

Nicht immer sind allerdings die Vorwürfe berechtigt. Manche Afrikaner berichteten mir, sie hätten einen Job nicht bekommen, weil sie schwarz sind. Das muss aber nicht richtig sein, viele Deutschen sind auch nicht genommen worden. Wahrscheinlich lag es lediglich an der Eignung. Doch wird die Ablehnung als Rassismus interpretiert. Diese Missverständnisse und Fehlinterpretationen von Handlungsabläufen schaukeln sich wechselseitig hoch. Unterschiedliches Aussehen ist immer der erste Punkt, um die Unterschiede zu einem Problem zu machen, denn sie sind auf Anhieb erkennbar, eignen sich deshalb gut, um Unfrieden zu stiften.

Aber wie gesagt, das Thema Fremdenfeindlichkeit ist ein Kapitel für sich und müsste in einem besonderen Beitrag behandelt werden.
Renegat
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Karlheinz hat geschrieben: Aber wie gesagt, das Thema Fremdenfeindlichkeit ist ein Kapitel für sich und müsste in einem besonderen Beitrag behandelt werden.
Ja bitte woanders hin auslagern. :D

Denn gerade auf die Mit-EU-Bürger trifft die Fremdenfeindlichkeit aus deinen persönlichen Erfahrungen ja nicht zu.
Von Iren, Engländern, Niederländern, Spaniern, Griechen, selbst von Polen, die hier schon lange leben, haben ich jedenfalls noch nie Klagen darüber gehört.
Sollte die EU in unseren Köpfen doch schon länger und fester verankert sein, als das Mediengerede suggeriert?
Ich selbst habe mich in Ö, NL, B und vielen anderen EU-Ländern auch nicht diskriminiert oder ausgegrenzt gefühlt.
ehemaliger Autor K.

Karlheinz:
Doch wenn vor mir ein Student steht, der eindeutig ostasiatischer Herkunft ist und sich als begeisterter Deutscher ausgibt, kann ich ihm das nicht so richtig glauben.

Dieter:

Lieber Karlheinz,
warum willst Du das nicht glauben, soviel ich weiß sind die Ostasiaten die fleißigsten Schüler und Studenten.
Ich lasse mich ja auch sehr gerne vom Gegenteil überzeugen. Falls mein Eindruck falsch ist, umso besser. Aber in den vielen Jahren Geschäftstätigkeit bin ich extrem misstrauisch geworden. Hier täuscht fast immer der äußere Eindruck, ist nur Fassade. Wesen und Erscheinung fallen stets auseinander. Deshalb bin ich sehr vorsichtig und skeptisch geworden und leider gibt einem die Erfahrung häufig auch recht, da dieses Misstrauen oftmals nicht selten durchaus berechtigt war.
(Fleißig sind sie selbstverständlich, das steht außer Frage)
ehemaliger Autor K.

Renegat hat geschrieben:
Karlheinz hat geschrieben: Aber wie gesagt, das Thema Fremdenfeindlichkeit ist ein Kapitel für sich und müsste in einem besonderen Beitrag behandelt werden.
Ja bitte woanders hin auslagern. :D

Denn gerade auf die Mit-EU-Bürger trifft die Fremdenfeindlichkeit aus deinen persönlichen Erfahrungen ja nicht zu.
Von Iren, Engländern, Niederländern, Spaniern, Griechen, selbst von Polen, die hier schon lange leben, haben ich jedenfalls noch nie Klagen darüber gehört.
Sollte die EU in unseren Köpfen doch schon länger und fester verankert sein, als das Mediengerede suggeriert?
Ich selbst habe mich in Ö, NL, B und vielen anderen EU-Ländern auch nicht diskriminiert oder ausgegrenzt gefühlt.
Ich hoffe, das Barbarossa diese Beiträge demnächst umhängt, da sie mit Europa nichts zu tun haben.
Das Problem ist, das wir in der Gesellschaft, der Ökonomie und der Psychologie keine strengen Gesetzmäßigkeiten haben wie in den exakten Naturwissenschaften. In der Physik können wir das Gesetz der Schwerkraft genau berechnen. In den Gesellschaftswissenschaften können wir aber immer nur Wahrscheinlichkeiten angeben. Wenn die Konstellation in einer Gesellschaft so und so gegeben ist, beträgt die Wahrscheinlichkeit (Signifikanz), dass dann ein bestimmtes Ereignis eintritt, so und soviel Prozent. Wir können keine Sicherheiten angeben, nur Wahrscheinlichkeiten. Deshalb müssen wir die Studenten in unserem Fachbereich mit den statistischen Methoden und komplizierten Formelapparaten quälen, um sie mit dieser ungewohnten Arbeitsweise vertraut zu machen. Ob in einer Gesellschaft Fremdenfeindlichkeit auftritt oder nicht, ist abhängig von zahlreichen Variablen und ihren Korrelationen. Sicherheiten können wir nicht anbieten, nur Wahrscheinlichkeiten
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dieter
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Karlheinz hat geschrieben:
Karlheinz:
Doch wenn vor mir ein Student steht, der eindeutig ostasiatischer Herkunft ist und sich als begeisterter Deutscher ausgibt, kann ich ihm das nicht so richtig glauben.

Dieter:

Lieber Karlheinz,
warum willst Du das nicht glauben, soviel ich weiß sind die Ostasiaten die fleißigsten Schüler und Studenten.
Ich lasse mich ja auch sehr gerne vom Gegenteil überzeugen. Falls mein Eindruck falsch ist, umso besser. Aber in den vielen Jahren Geschäftstätigkeit bin ich extrem misstrauisch geworden. Hier täuscht fast immer der äußere Eindruck, ist nur Fassade. Wesen und Erscheinung fallen stets auseinander. Deshalb bin ich sehr vorsichtig und skeptisch geworden und leider gibt einem die Erfahrung häufig auch recht, da dieses Misstrauen oftmals nicht selten durchaus berechtigt war.
(Fleißig sind sie selbstverständlich, das steht außer Frage)
Lieber Karlheinz,
was bemängelst Du sonst bei ihnen :?: Auf Steffi Jones beim Fußball hatte ich schon hingewiesen, unsere Torschützenkönigin in der Frauenfußball- Nationalmannschaft hieß glaube Okujina dMbabi hat jetzt einen Herrn Lakic
geheiratet, vielleicht heißt sie jetzt auch anders, schießt als afrikanischer Mischlang die meisten Tore für Deutschland, hab noch nicht erlebt, dass die anderen Spielerinnen oder die Trainerin deswegen böse auf sie wären. Weiteres Beispiel. Die amerikanischen und kanadischen Bobs werden meistens von farbigen Sportlern angeschoben, darüber hat sich auch keiner beschwert. :wink: :mrgreen: Mein Fazit: Solange sie Leistung bringen, sind sie im Team erwünscht, das kann anders sein, wenn sie versagen sollten. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Karlheinz hat geschrieben:
Renegat hat geschrieben:
Karlheinz hat geschrieben: Aber wie gesagt, das Thema Fremdenfeindlichkeit ist ein Kapitel für sich und müsste in einem besonderen Beitrag behandelt werden.
Ja bitte woanders hin auslagern. :D

Denn gerade auf die Mit-EU-Bürger trifft die Fremdenfeindlichkeit aus deinen persönlichen Erfahrungen ja nicht zu.
Von Iren, Engländern, Niederländern, Spaniern, Griechen, selbst von Polen, die hier schon lange leben, haben ich jedenfalls noch nie Klagen darüber gehört.
Sollte die EU in unseren Köpfen doch schon länger und fester verankert sein, als das Mediengerede suggeriert?
Ich selbst habe mich in Ö, NL, B und vielen anderen EU-Ländern auch nicht diskriminiert oder ausgegrenzt gefühlt.
Ich hoffe, das Barbarossa diese Beiträge demnächst umhängt, da sie mit Europa nichts zu tun haben.
Das Problem ist, das wir in der Gesellschaft, der Ökonomie und der Psychologie keine strengen Gesetzmäßigkeiten haben wie in den exakten Naturwissenschaften. In der Physik können wir das Gesetz der Schwerkraft genau berechnen. In den Gesellschaftswissenschaften können wir aber immer nur Wahrscheinlichkeiten angeben. Wenn die Konstellation in einer Gesellschaft so und so gegeben ist, beträgt die Wahrscheinlichkeit (Signifikanz), dass dann ein bestimmtes Ereignis eintritt, so und soviel Prozent. Wir können keine Sicherheiten angeben, nur Wahrscheinlichkeiten. Deshalb müssen wir die Studenten in unserem Fachbereich mit den statistischen Methoden und komplizierten Formelapparaten quälen, um sie mit dieser ungewohnten Arbeitsweise vertraut zu machen. Ob in einer Gesellschaft Fremdenfeindlichkeit auftritt oder nicht, ist abhängig von zahlreichen Variablen und ihren Korrelationen. Sicherheiten können wir nicht anbieten, nur Wahrscheinlichkeiten
Da die Beiträge nun umgehängt sind, danke Barbarossa, können wir weiterdiskutieren.
Ich denke nicht, dass wir dem Phänomen mit wissenschaftlichen Berechnungen beikommen können. MW rechnen Psychologen nicht so gerne und wenn, dann wenig erfolgreich, weil die menschliche Psyche individuell verschieden ist. Es gibt natürlich einige Erfahrungswerte bes. bei den gruppendynamischen Modellen, mit Anführer, Mitläufer, Spezialisten und Sündenbock.
Man könnte behaupten, dass es auch in ethnisch absolut homogenen Gesellschaften Ausgrenzungen gibt, weil es einen Sündenbock braucht, um Aggressionen ein Ziel zu geben. Wir haben dazu aktuelle Phänomene aus der Fußballfanszene.
Für mich heißt das, dass nicht die Migration das Problem ist, sondern das urmenschliche Aggressionspotenzial, was man aber nicht abschaffen kann. Es hilft nur die Erkenntnis, dass wir es haben und mow ausleben, manchmal gegenüber dem schwarzen Schaf der Familie, manchmal gegenüber dem gegnerischen Fußballclub, manchmal gegenüber einem anderen Straßenverkehrsteilnehmer und manchmal gegenüber einem anders aussehenden Nachbarn.
ehemaliger Autor K.

Karlheinz:
Doch wenn vor mir ein Student steht, der eindeutig ostasiatischer Herkunft ist und sich als begeisterter Deutscher ausgibt, kann ich ihm das nicht so richtig glauben.

Dieter:

Lieber Karlheinz,
warum willst Du das nicht glauben, soviel ich weiß sind die Ostasiaten die fleißigsten Schüler und Studenten.
Der junge Mann aus Ostasien, er ist übrigens Vietnamese, erschien gestern plötzlich in meinem Büro und wollte ein Gutachten haben. Er benötigt dies für ein Stipendium und für eine Aufenthaltsverlängerung in Deutschland.

Ich hatte mir schon gedacht, dass die Sache einen Haken hat. Solche Leute entdecken ihren deutschen Patriotismus immer dann, wenn sie damit ganz profane materielle Interessen durchsetzen wollen. In den USA ist er wahrscheinlich begeisterter Amerikaner, in Frankreich dann Franzose usw. So wie ich diese Kulturen kennen gelernt habe, gibt es dort nur Solidarität mit dem eigenen Clan, die ist dann sehr weitgehend, und allenfalls patriotische Gefühle für das eigene Land, mit Sicherheit aber nicht für ein völlig anderes Volk. Das ist unglaubwürdig und kam mir gleich merkwürdig vor.
Na gut, ich habe ihm das Gutachten gegeben. Das hätte er aber auch ohne Showeinlage erhalten können.
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