Burn out, Sucht, Überarbeitung

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Moderator: Barbarossa

ehemaliger Autor K.

Wir haben das Thema ja schon einmal gehabt, aber ich bringe es noch einmal aus eigener Perspektive, da Ralph ja darum gebeten hatte, eigene Erlebnisse aus der Zeitgeschichte zu berichten. Dass immer mehr Menschen an ihrer Arbeit leiden, krank werden, ausbrennen, das ist langsam bekannt, auch wenn dies häufig von der Politik und den Kassen nicht als wirkliche Krankheit angesehen wird.

Ich hatte lange Zeitlang recht erfolgreich als Geschäftsführer ein Unternehmen geleitet, das später Bestandteil eines größeren Konzerns wurde. Doch in den letzten Jahren, ich war damals schon über 55 Jahre alt, merkte ich, das mich die Arbeit langsam überforderte. Die wöchentliche Arbeitszeit von 60-70 Stunden, auch jedes Wochenende war ich im Betrieb, praktisch überhaupt keine freie Zeit mehr, ich erreichte immer schneller die Grenze der psychischen Belastbarkeit, es lief nicht mehr so wie früher. Burn out, so nennt man dies heute wohl. Das wirtschaftliche Umfeld entwickelte sich zudem schwieriger, die Umsätze stagnierten, die Konzernleitung wurde unzufriedener, der Druck immer größer. Mich belastete auch das betriebliche Klima, da ich ständig unpopuläre Entscheidungen treffen musste und Personal abbaute. Ich wurde immer mehr zum Hassobjekt, galt als der „böse Mann“ mit dem kalten Blick. Als Kind hatte man mir beigebracht, keine Emotionen zu zeigen. Meine scheinbare Gefühlskälte und die häufige Arroganz, die aus Unsicherheit entsprang,
verschärften noch die Spannungen. Außerdem war ich gezwungen, sie ständig anzulügen, sie in scheinbarer Sicherheit zu wiegen, obwohl ich wusste, dass dies nur Lug und Trug war und nichts davon stimmte. Dabei ließ mich das Schicksal der Menschen keineswegs gleichgültig, im Gegenteil, nur konnte ich meine Anteilnahme nicht offen zeigen und ich durfte sie auch nicht wirklich aufklären.

Zum Schluss flüchtete ich in Tablettenkonsum. Mein Tablettenmissbrauch erreichte schnell einen dramatischen Höhepunkt, weit jenseits der Vorstellungskraft eines Normalbürgers, für den die Einnahme von zwei Schlaftabletten für die unruhige Nacht schon einen dramatischen Höhepunkt darstellt.

Wenn man die Zahl 2 mit 10 multipliziert erhält man 20. Dies war die Anzahl Schlaftabletten, die ich inzwischen täglich zu mir nahm. Dies war aber noch längst nicht alles. Hinzu kamen noch 10 Tabletten Valium, insgesamt 100 mg und 30 mg Tramadol in Form von Tropfen, ein künstliches Opiat. Diese Ration reicht aus, um einen Elefanten zu betäuben, hinterließ allerdings bei mir kaum noch irgendeine spürbare Wirkung.

So ging es einfach nicht weiter. Ich einigte mich mit der Konzernleitung auf mein Ausscheiden. Wenn in einem Konzern die Geschäfte schlecht gehen, besteht die übliche Vorgehensweise des Managements darin zu entscheiden, wem man die Schuld zuschieben soll. Es sollte jemand sein, der nicht an der Spitze der Nahrungskette steht, andererseits aber einen gewissen Bekanntheitsgrad besitzt.


Die dann folgende Anhörung vor einem selbst ernannten Ausschuss ist eine reine Formsache. Noch nie wurde eine Befragung dazu einberufen, Informationen zu sammeln. Eher schon handelt es sich um ein Manöver, das ausschließlich der Selbstdarstellung dient, durchgeführt von Personen, die sich ihre Meinung längst gebildet haben und nur auf der Suche nach Munition sind, um ihre Position zu festigen.

Was dann nach der Anhörung passiert ist nur noch reine Formsache. Der Beschuldigte, also damals ich, erhält eine reichliche Abfindung, die ihn für die nächsten fünf Jahre aller materiellen Sorgen entlädt, bekommt außerdem einen langen, bezahlten Urlaub, aus dem er nie wieder zurückkehrt.

Schluss mit der endlosen Arbeit, die das Gehirn zukleistert. Schluss mit dem Ruf der Unfehlbarkeit, der glänzenden Fassade, hinter der sich quälende Selbstzweifel und das Wissen um die eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten verbargen. Die Maskerade darf nicht zerstört werden, nie endet der Karneval. Schluss aber auch mit der menschlichen Hybris, der Unduldsamkeit und Arroganz gegenüber eingeschüchterten Mitarbeitern, der Unfähigkeit, sich für die vielen Taktlosigkeiten zu entschuldigen, ja sie überhaupt zu bemerken.


Ein schwarzer Abgrund öffnet sich und das Verlangen, den geheimnisvollen Grund zu erkunden auf der Suche nach einer anderen, vielleicht besseren, aber keinesfalls schlechteren Welt, wird übermächtig. Die Toten kommen nicht zurück, sie haben etwas Besseres gefunden, ihnen geht es gut.

Doch das Hier und Heute hält einen unerbittlich zurück. Ein Sprung ist unmöglich und das Land, aus dem kein Wanderer wiederkehrt, wie es bei Shakespeare heißt, verschwindet wie ein spukhaftes Gebilde in der Dämmerung.
Langsam dreht sich die Spirale abwärts. Wenigstens fällt man weich.

Was bleibt ist eine Erkenntnis. Weisheit beginnt mit dem Eingeständnis der Unzulänglichkeit. Wir sind alle ein bisschen langsam. Wir haben unsere großen Momente, aber am Ende flüchten wir uns doch nur in Wichtigtuerei.


Ich war endlich frei, aber ich musste die verdammte Tablettensucht loswerden. Ich meldete mich in einer psychiatrischen Anstalt an und bat um eine Entziehungskur. Sie sollten mich in die geschlossene Abteilung einweisen, in ein Zimmer einsperren, solange, bis es vorbei war. Ganz so schlimm wurde es aber nicht, ich wurde langsam entwöhnt, nach 6 Wochen war es soweit, ich hatte mich auch jetzt von den Tabletten befreit, konnte endlich wieder ein normales Leben beginnen. Ich flog zu meinem Bruder nach Australien, der dorthin vor vielen Jahren ausgewandert war und in Sydney ein großes Haus besitzt. Dort konnte ich mich mehrere Monate erholen. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland bekam ich eine Stelle an der Universität.

In der Anstalt lernte ich viele Leute kennen, denen es ähnlich gegangen war wie mir. Stress, Überarbeitung, Burn out, Drogen, Zusammenbruch. Viele waren wesentlich jünger als ich. Unser System produziert haufenweise kaputte Existenzen, psychische Wracks. Wenn ich sehe, wie heute in vielen Betrieben gearbeitet wird, wird ihre Zahl schon bald gewaltig anwachsen und damit eine gesamtgesellschaftliche Belastung werden.


Müssen wir mit diesem Krebsgeschwür leben? Das System, welches uns täglich mit Gütern und Dienstleistungen versorgt, wird aufgrund seiner Effizienz immun gegen jegliche Kritik und lässt sie als rückständig oder illusionär erscheinen. Die Rationalität des Gesamtsystems verträgt sich mit der Irrationalität seiner Einzelteile und verbucht sie als marginale Störfaktoren, die bei passender Gelegenheit entsorgt werden.

Der Leviathan, den wir selber erschaffen haben, fordert seinen Preis ein und hat sich verselbstständigt. Die Menschheit ist zu weit vorwärtsgegangen, um sich zurückzuwenden und bewegt sich zu rasch, um anzuhalten. Dies hat Churchill einmal ganz richtig erkannt.

Der Preis, den wir alle dafür zahlen müssen, scheint vertretbar, ist doch selbst das Leben in einer psychiatrischen Anstalt dem Leben eines steinzeitlichen Jägers oder eines Bauern im Mittelalter vorzuziehen.
Oder wird dieser Preis eines Tages zu hoch sein? Werden wir ihn vielleicht nicht mehr bezahlen können? Ich weiß es nicht.
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Balduin
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Viele Dank Karlheinz für den persönlichen Bericht - ich hoffe, er erreicht möglichst viele Menschen. In der letzten Spiegel-Ausgabe ist ein umfangreiches Interview mit Sven Hannawald, dem ehemaligen Skispringer abgedruckt, der sich als erstes zu seiner Krankheit bekannte.
Anfangs, so stand es da, konnte ihm kein Arzt weiterhelfen, weil er immer auf physische Krankheiten untersucht wurde.

Wie hat sich dein Burnout entwickelt? Hast du mehrere Jahre an der absoluten Belastungsgrenze gearbeitet oder kam das durch ein Ereignis plötzlich?

Ich würde deiner Aussage zustimmen, dass unsere Gesellschaft eine solche psychische Krankheit geradezu fördert. In meinem Studiengang ist das Maß aller Dinge die Großkanzlei - viele Studenten träumen davon, dort einzusteigen, sehr viel Geld zu verdienen und zu den wirklich Mächtigen dieses Landes zu gehören. Das Hamsterrad, das dabei auf sie wartet, wird gerne bestiegen: von 8 - 20 / 21 Uhr täglich, oft auch Samstags arbeiten, kein Urlaub, dafür viel Geld bereits für Berufseinsteiger. Ich werde in die Verlegenheit einer solchen Arbeitsstelle nicht kommen - dafür bin ich einfach nicht gemacht, aber mich wundert schon, wieviele Bekannte mit träumerischen Augen von ihren Plänen berichten.

Burnout ist aber keine Eliten-Krankheit - Menschen, die es allen recht machen wollen und schwer nein sagen können, sind wohl am ehesten gefährdet.
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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Ralph

Hast du mehrere Jahre an der absoluten Belastungsgrenze gearbeitet oder kam das durch ein Ereignis plötzlich?
Es hat sich entwickelt durch jahrelang Arbeit an der Belastungsgrenze. Aber ich glaube, so etwas kann in vielen Berufen entstehen. Auch bei jemandem, der bei Lidl an der Kasse arbeitet.
Renegat
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Vielen Dank Karlheinz für den offenen Bericht. Teilweise mußte ich schlucken, weil mir das so bekannt vorkam. Zwar nicht so extrem mit Tablettenkonsum und Zwangsaustieg, aber das Hamsterrad und die Mechanismen kenne ich gut.
Angefangen hat es mit den Ideen der von mir sogenannten BWL-Fuzzys, dass man nur den einzelnen Mitarbeitern "Möhren" in Form von Prämien, Zielvereinbarungen etc vor die Nase zu halten braucht und schon schnellen die Zielzahlen in die Höhe. Natürlich nicht das große Ganze des Unternehmens, nur einzelne Parameter, auf die man gerade starrt. Ich weiß nicht, in welchem Lehrbuch das steht oder ob es als neuer Trend von irgendwelchen teuren Beratungsfirmen propagiert wurde, jedenfalls löst das ein Umstrukturierungsfieber aus. Out- und Insourcing und etliche weitere chice, englische BWL-Vokabeln werden in immer schnellerer Taktzahl den Unternehmen verordnet, um sie noch fitter, marktgerechter und kalkulierbarer zu machen und vor allem böse Personalkosten einzusparen. Die Belegschaft rollt nur noch mit den Augen und wartet auf "die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben wird".
Die Führungskräfte müssen das Spiel mitmachen, dafür werden sie eingestellt, bezahlt und auch schnell wieder gefeuert, wenn sie die Zahlen nicht bringen. Natürlich trennt man sich gütlich. Wenn es ein langjähriger Mitarbeiter ist, mit entspr. sicherem Vertrag sucht man einen Fehler, um ihn unter Druck zu setzen, dass er der gütlichen Einigung mow freiwillig zustimmt. Sofortige Freistellung mit Entzug Dienstwagen etc gehört auch zu den Weichklopfmethoden.

Wie weit diese Taktik schon verbreitet ist, übersehe ich nicht. Angefangen hat es mW bei den großen AGs und den von sog. Heuschrecken übernommenen Firmen. Inzwischen soll ein Teil der Methoden schon bei den Job Center Mitarbeitern angekommen sein.
Was man dagegen tun kann, weiß ich leider auch nicht. Auf jeden Fall hilft drüber reden, es öffentlich machen auch innerhalb des Betriebs, evtl. über die Betriebsräte.
Aneri

Ralph hat geschrieben:Burnout ist aber keine Eliten-Krankheit - Menschen, die es allen recht machen wollen und schwer nein sagen können, sind wohl am ehesten gefährdet.
Es ist nur ein Teil und nicht der größte. Ich denke, die großte Gefährdung bei Menschen ist, die auf einer Überholspur leben. Es ist nicht genug nur Karrierebesessen zu sein. Der erreicht sein Ziel und ist zufrieden. Wenn man aber schon charaktermässig will immer mehr, dann erreicht man die Phase (die kann subjektiv sein, wenn man eigene Grenzen erreicht, oder objektiv, wenn die Umwelt spielt nicht mit), wenn bei größte Anstrengung geht nicht mehr. Wie ein Auto, in Schlam gefangen.Das ist frustrierend.

Eine meine Freundin ist Musikerin, die ihre Arbeit sehr liebte. In Traum könnte ich mir nicht vorstellen, von ihr einmal zu hören, dass sie denkt daran aufzuhören. Es passierte. Irgendwann die Steigerung verlangsamt sich: es kommt immer weniger Neues, es gibt immer mehr Wiederholungen. Das Neue gibt Impulse, die selbst etwas Neues darstellen, die wecken die Kreativität, die mit Emotionen verknüpft ist. Manifestieren sich diese Emotionen nicht, füllt man sich leer und ausgebrannt. Es betrifft Musiker genau so wie einen Manager.

@Karlheinz
In deiner Geschichte fiel mir auf, dass, wie du schreibst, eigene Unsicherheit kaschiertest durch übertrieben sicheres Auftreten. Das kenne ich von mich selbst, da viele bezeichnen mich als sehr selbstbewussten Menschen. Nur ich selbst weis, wie viel Unsicherheit ich in mir trage. Ich kenne auch von anderen nach außen sehr sicher wirkenden Menschen, dass sie ebenfalls unsicher sind. Mittlere Weile bin geneigt in allen übertrieben sicheren Menschen diese Unsicherheit zu sehen. Wobei dieser Mensch muss intelligent sein, da nur der Weise weis, wie viel er noch nicht weis.

In deinem Fall ist offensichtich, dass du nur auf "einer Spur" gelebt hast. Das Private, eigenen Interesse außerhalb des Jobs, hast du vernachlässigt. Daher hattest du nichts, was dich in deiner schwierige Lage auffangen könnte.
Du hast recht, dass die gesellschaftliche Forderung nach die Leistung müsste verändert werden. Die Ellenbogenmentalität müsste verändert werden. Dennoch eine Lösung sehe ich auch außerhalb diese Feldes. Es sind die Familie, Hobbys, die ehrenamtlichen Tätigkeiten, die leider immer mehr verdrängt werden bzw. ihre Bedeutung in Leben eines Menschen runtergespielt ist. Mag sein, dass digitales Kommunikationsnetz entwickelt sich in die Richtung. Wobei ich habe hier meine Zweifel.

Noch etwas möchte ich bemerken. Du schreibst, dass du den Mitarbeitern gelogen hast, obwohl dir der wirkliche Zustand bekannt war. Die Frage lautet, was würde es verändern, wenn sie es erfahren würden. Statt einen in Selbstzweifel versunkenen Menschen würde es mehrere Zehnten darum schlagen. Ich würde sagen, du hast die Sisiphus-Stein allein getragen und anderen von ihm befreit. Dafür plagt dich noch jetzt die Reue. Ich betrachte diese Gegebenheit als dein positive Stärke. Zudem ist doch klar, dass bei unsichere Lage die Belegschaft sich unsicher füllt und ihre Leistung sinkt. Statt sie zu erhöhen um womöglich aus Misere rausbekommen, verstärkt es nur zum negativen Trend.

Sicher muss man eigene Vergangenheit bewerten. Dennoch vermute ich, dass bei dir jetzt die negative Bewertung überwiegt. Ich denke, wirklich los von der Krankheit wirst du, wenn auch das Positives, was bestimmt war, nicht ausblenden würdest.

LG
Babylon5
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Dem Dank der Vorredner für diesen offenen Bericht schließe ich mich hier an. Es braucht mehr mutige Menschen, die genau darüber reden, statt sich verschämt in eine Ecke zu verziehen. Für diesen Mut- vielen Dank.

Renegat hat geschrieben: Angefangen hat es mit den Ideen der von mir sogenannten BWL-Fuzzys, dass man nur den einzelnen Mitarbeitern "Möhren" in Form von Prämien, Zielvereinbarungen etc vor die Nase zu halten braucht und schon schnellen die Zielzahlen in die Höhe. Natürlich nicht das große Ganze des Unternehmens, nur einzelne Parameter, auf die man gerade starrt. Ich weiß nicht, in welchem Lehrbuch das steht oder ob es als neuer Trend von irgendwelchen teuren Beratungsfirmen propagiert wurde, jedenfalls löst das ein Umstrukturierungsfieber aus. Out- und Insourcing und etliche weitere chice, englische BWL-Vokabeln werden in immer schnellerer Taktzahl den Unternehmen verordnet, um sie noch fitter, marktgerechter und kalkulierbarer zu machen und vor allem böse Personalkosten einzusparen. Die Belegschaft rollt nur noch mit den Augen und wartet auf "die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben wird"..
Wenn ich mir so meinen eigenen Werdegang als "BWL-Fuzzi" so ansehe, so muss ich sagen, daß das mitnichten Ideen sind, die zu früheren Zeiten an den deutschen Universitäten gelehrt wurde. Die typischen deutschen BWL er vor rund 20 bis 25 Jahren waren diesem System in keinster Weise verhaftet.
Bekanntschaft machte ich aber unmittelbar nach dem Studium mit diesem System- als ich für ein amerikanisches Unternehmen zu arbeiten anfing. Dort waren die von dir beschriebenen belohnungss- und Anreizsysteme extrem ausgefeilt.
Ich weiß, daß ich damals noch neidvoll auf die Arbeitsbedingungen meines damaligen Lebensgefährten starrte, der neben einem familiären Betriebsklima noch Dinge kannte wie Ausgleich von Überstunden, Flexibilisiuerung der Arbeitszeiten, Gleittage und dergleichen mehr- ich hatte das alles nicht. Ich fing gleich im Hamsterrad an- und bin dann eben auch ausgestiegen, als ich anfing, ein paar zu viele Tabletten zu nehmen.
Meiner Einschätzung nach fing es damit an, daß sich hier die (amerikanischen) Wirtschaftsberatungsfirmen anfingen breitzumachen. Spätestens, wenn die das erste Mal einen Fuß in die Türe eines Unternehmens setzten, um seine Rentabilität zu überprüfen, ging es innerhalb der Unternehmen mit den Arbeitsbedingungen abwärts. (So auch mittlerweile in dem Unternehmen, in dem mein damaliger Lebensgefährte arbeitete. Die Bedingungen heute gleichen meinen von Damals...)
Inzwischen hat sich die ganze Wirtschaft diesem System angepaßt.
Renegat hat geschrieben: Die Führungskräfte müssen das Spiel mitmachen, dafür werden sie eingestellt, bezahlt und auch schnell wieder gefeuert, wenn sie die Zahlen nicht bringen. Natürlich trennt man sich gütlich. Wenn es ein langjähriger Mitarbeiter ist, mit entspr. sicherem Vertrag sucht man einen Fehler, um ihn unter Druck zu setzen, dass er der gütlichen Einigung mow freiwillig zustimmt. Sofortige Freistellung mit Entzug Dienstwagen etc gehört auch zu den Weichklopfmethoden.

Wie weit diese Taktik schon verbreitet ist, übersehe ich nicht. Angefangen hat es mW bei den großen AGs und den von sog. Heuschrecken übernommenen Firmen. Inzwischen soll ein Teil der Methoden schon bei den Job Center Mitarbeitern angekommen sein.
Was man dagegen tun kann, weiß ich leider auch nicht. Auf jeden Fall hilft drüber reden, es öffentlich machen auch innerhalb des Betriebs, evtl. über die Betriebsräte.
Sofern es denn einen Betriebsrat gibt... Was ja schließlich auch mit allen Mitteln verhindert wird...
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Vergobret
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Kennst Du das Buch "Jonathan Holtrop"?

Davon ab: Das System ist offensichtlich krank an vielen Stellen, aber wir tun derzeit alles dafür, dass es so bleibt. Warum?
„In all den Jahren habe ich so viele junge Männer gesehen,
die der Meinung waren, auf andere junge Männer zuzulaufen.
Aber das stimmt nicht.
Sie liefen alle zu mir.“
so sprach der Tod

Aus „Die Bücherdiebin“
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klaus.leiter
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Ralph hat geschrieben: Burnout ist aber keine Eliten-Krankheit - Menschen, die es allen recht machen wollen und schwer nein sagen können, sind wohl am ehesten gefährdet.
Da hast du vollkommen Recht, nicht umsonst befindet sich das Burn-Out-Syndrom mittlerweile auf dem Weg zu Deutschlands Volkskrankheit Nummer eins. Es macht keinen Unterschied welchen Beruf man ausübt und in welcher Gehaltsstufe man sich befindet, entscheidet ist wie man mit den Belastungen umgeht bzw. von seinem Job gefordert wird. Als besonders gefährdet gelten Menschen in sozialen Berufen wie etwa Ärzte, Altenpfleger, Lehrer, Krankenschwestern, Psychologen und Sozialarbeiter und nicht ausschließlich Manager die für ihr Unternehmen leben. Bei all dem persönlichen Ehrgeiz tragen jedoch auch die Unternehmen als auch die Gesellschaft eine unglaublich große Verantwortung dafür, dass der Leistungs- und Erfolgsdruck hierzulande wächst. Diese (gefährliche) Entwicklung sollte man nicht unterschätzen und man sollte das Problem nicht nur im einzelnen sondern im gesellschaftlichen Gefüge sehen.
Renegat
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Karlheinz hat ein großes Faß aufgemacht, dass man differenziert von allen Seiten betrachten muß. Können wir es Schritt für Schritt versuchen und zuerst die Leistungsanreizsysteme und ihre Geschichte betrachten?
Ich habe aufgeschrieben, was mir spontan einfällt, es wäre schön, wenn ihr das korrigieren bzw ergänzen könntet.

1. Leistungsanreizsysteme,
gibt es schon lange als Provision. Sie kommen aus dem Verkauf von Waren, Versicherungen etc.
Kann man Provisionenen u.ä. als Pendant zum Akkordlohn bezeichnen?

Diese beiden alten Systeme decken nur einen bestimmten Bereich der Wirtschaft ab. Die anteilmäßig sich vergrößernden kaufmannischen- und Verwaltungsbereiche kannten lange Zeit kein System zur objektiven Messung der Arbeitsleistung. Man half sich mit Raten, Fallzahlen und möglichst genauer Aufteilung des Aufgabengebietes.
Aus diesen "Krücken" wurden in den letzten Jahren einzelne Parameter als Zielzahlen herausgelöst, um auch in diesen Bereichen mit Leistungsanreizen zu arbeiten.
Ralph hat geschrieben: Burnout ist aber keine Eliten-Krankheit - Menschen, die es allen recht machen wollen und schwer nein sagen können, sind wohl am ehesten gefährdet.
klaus.leiter hat geschrieben:Da hast du vollkommen Recht, nicht umsonst befindet sich das Burn-Out-Syndrom mittlerweile auf dem Weg zu Deutschlands Volkskrankheit Nummer eins. Es macht keinen Unterschied welchen Beruf man ausübt und in welcher Gehaltsstufe man sich befindet, entscheidet ist wie man mit den Belastungen umgeht bzw. von seinem Job gefordert wird. Als besonders gefährdet gelten Menschen in sozialen Berufen wie etwa Ärzte, Altenpfleger, Lehrer, Krankenschwestern, Psychologen und Sozialarbeiter und nicht ausschließlich Manager die für ihr Unternehmen leben.
Das ist ein weiterer großer Bereich, in dem die Arbeitsleistung sich nur schwer messen läßt. Und hier wird es bes. unmenschlich und zu einem Kontrollpopanz, da die Kunden unterschiedliche Menschen sind. Waschen, Umbetten mit der Stoppuhr zu messen und dabei überspitzt mehr Zeit für die Dokumentation aufzuwenden als für die Zuwendung zum Patienten, ist eine gefährliche Entwicklung.
klaus.leiter hat geschrieben:Bei all dem persönlichen Ehrgeiz tragen jedoch auch die Unternehmen als auch die Gesellschaft eine unglaublich große Verantwortung dafür, dass der Leistungs- und Erfolgsdruck hierzulande wächst. Diese (gefährliche) Entwicklung sollte man nicht unterschätzen und man sollte das Problem nicht nur im einzelnen sondern im gesellschaftlichen Gefüge sehen.
Da hast du sehr recht. Die große Gefahr sehe ich bes. darin, dass die betroffenen Menschen die Gründe bei sich selbst suchen. Das hat damit zu tun, dass es sich um eine psychische Erkrankung handelt, die gesellschaftlich noch immer anders bewertet wird als eine körperliche. Bei der Staublunge ist klar, dass der Bergbau schuld ist, leidet jemand unter Burn out, Depression sieht er nur sich selbst und seine Unzulänglichkeit, sein Scheitern, weil die Anderen alles tun, um die Fassade aufrechtzuerhalten.
Aneri

Was ist die BWL, über die ihr spricht? Ich könnte es nur als Betriebswirtschaftslehre "entziffern". Was ist diese Anreizsysteme? Ich frage es darum, dass ich schon 20 Jahr in Deutschland bin, dennoch in meiner Umwelt (ich und Bekanntschaft) so gut wie keine Anreizsysteme gefunden. Es war für mich umso erstaunlich, dass man in einer sozialistischen System innerhalb eines Unternehmers hat die Anreize gefunden, die auf der gesamte Wirtschaftsebene könnten nicht funktionieren. Ich vermisse es in Deutschland sehr, gerade in kleineren und mittleren Unternehmen. Wie in größeren von sich geht, weiß ich weniger. Weiß aber, dass da Menschen verdienen viel mehr und man muss froh sein in solchen Unternehmen ein Arbeitsplatz zu bekommen. Wobei ist hier durch Leiharbeit eine negative Entwicklung festzustellen.

In Litauen habe ich in Akkordsystem gearbeitet. Es war ein Planungsbüro, wo sämtliche Fachbauplanungen gemacht wurden. Zwischen den Abteilungen würde prozentuell die Summe aufgeteilt. Die Kosten für die Verwaltung, Instandhaltung, künftige Entwicklung u. s.w. wurden schon vorher abgezogen. Innerhalb Abteilung waren die Gruppen. Erste Schlacht, die Gruppenleiter geführt hat, war bei Aufteilung der Projekte, da Preis-Leistung Verhältnis in der Projekten verschieden ist. Gemeinsam mit Abteilungsleiter war für faire Verteilung gesorgt. Im Grunde war die Gruppe - nicht der einzelne Mensch - der gegenüber dem Arbeitgeber stand. Die Gruppe bekam am Ende des Monats bestimmte Summe, die meistens größer war als gesamte Gehalte. Es müsste verteilt werden. So bekam Abteilungsleiter 20-40% mehr Gehalt, andere bekamen gleichen Aufschlag auf ihres Gehalt, der nach Berufsjahren und Qualifikation festgelegt wurde. Es war aber Situationen, wenn ein viel mehr gearbeitet hat, dann könnte er nachher mit doppelten Gehalt rausgehen. Es wurde offen diskutiert, alle wissen, wer was in gemeinsamen Topf gebracht hat. Es könnte aber sein, dass jemand grobe Fehler gemacht hat und dadurch der Aufwand für andere Abteilungen müsste gedeckt werden. Sicher war so ein "Versicherungstopf" auf Abteilungseben. Dennoch bekam auch die Gruppe weniger Geld, und sie ihrerseits könnte schuldigen durch Entzug der Zuschläge bestraffen. In meiner Zeit war kein einziger solche Fall aufgetreten.

Hier hatte ich solche Reize nicht. Egal wie viel du leistest, immer das Gleiche. Mit der Arbeit ist es aber so: du kann gemütlich spazieren, du kann schneller gehen, du kann laufen.
Renegat
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Registriert: 29.04.2012, 19:42

Aneri hat geschrieben: Hier hatte ich solche Reize nicht. Egal wie viel du leistest, immer das Gleiche.
In welcher Branche arbeitest du denn hier?
Leistungsanreize, also mehr Geld bei höherer Leistung haben sich mE aus der Leistungskontrolle entwickelt.
Nimm als Beispiel die Verkäufer in einem großen Kaufhaus. Werden sie nach Stunden/Anwesenheit bezahlt, können sie gemütlich mit Kollegen zusammenstehen und über die Erlebnisse vom Wochenende plaudern oder sie können aktiv auf Kunden zugehen und ihre Beratung anbieten.
Die Belegschaft und eine gute Führungskraft wußte schon immer, wer, was bringt und wer andere Qualitäten hat. Früher wurden solche Mitarbeiter eher irgendwie mit durchgezogen, die Personaldecke war nicht so dünn wie heute.

Wäre interessant für das Thema, wenn möglichst viele über ihre persönlichen Erfahrungen berichten würden.
Aneri hat geschrieben:Mit der Arbeit ist es aber so: du kann gemütlich spazieren, du kann schneller gehen, du kann laufen.
Klar und man hat große individuelle Unterschiede in der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft.
Leistungskontrolle und -anreize sind auch nicht per se negativ zu beurteilen, es geht um die Auswüchse.
Aneri

Renegat hat geschrieben:Da hast du sehr recht. Die große Gefahr sehe ich bes. darin, dass die betroffenen Menschen die Gründe bei sich selbst suchen.
Ich denke, es ist nicht eine Gefahr, es ist ein notwendiges Heilungsattribut. Wenn man eine Selbstanalyse macht, ändert man zwangsläufig die Blickperspektive auf die Umweltzustände, die zur Krankheit geführt haben.
Das hat damit zu tun, dass es sich um eine psychische Erkrankung handelt, die gesellschaftlich noch immer anders bewertet wird als eine körperliche.
Es stimmt, wenn auch ich eine positive Tendenz sehe.

Das Problem sehe ich eher in anderem. Es ist die Tatsache, dass die psychische Krankheit ist schwer festzustellen. Wo endet normale "Abnormalität" und wo beginnt die Pathologie? Die Grenzen sind fließend, unscharf. Man sieht z. b. bei überaktiven Kindern, die leicht in ADHS-Ecke geschoben werden. Immer mehr Ärzte schlagen Alarm, dass viele normal aktive Kinder werden krankgeschrieben und mit Tabletten gefüttert.
Das gleiche sehe ich mit Burn-Out-Syndrom. Zu viele empfindliche hypochondrische Menschen werden sich die Krankheit einreden. Ich spreche schon nicht über die bewusste Täuschung der Krankheit, da mit keinen bestimmten organischen Veränderungen einhergeht. Vielleich Neurowissenschaft entdeckt ein Zusammenhang des bestimmten neuronalen Musters mit der Krankheit, der objektiv zur Diagnostizierung verwendet werden könnte.
ehemaliger Autor K.

Vielen Dank für eure verständnisvollen Beiträge. Sie haben mir sehr geholfen.

Zu Anery:
Noch etwas möchte ich bemerken. Du schreibst, dass du den Mitarbeitern gelogen hast, obwohl dir der wirkliche Zustand bekannt war. Die Frage lautet, was würde es verändern, wenn sie es erfahren würden.
Du hast wahrscheinlich Recht, die Wahrheit hätte nicht geholfen. Lügen halten die Zivilisation zusammen. Sollten die Menschen je ernsthaft erwägen, ihrem jeweiligen Gegenüber zu erzählen, was sie wirklich denken, gibt es keinen Frieden mehr. Auf Wiedersehen Takt. Auf Wiedersehen Höflichkeit. Auf Wiedersehen Toleranz gegenüber den Possen anderer Leute.

Wir sind keine Liebhaber der Wahrheit. Zu oft ist sie schmerzhaft, entmutigend. Wir ziehen Bequemlichkeit vor.Wohlergehen. Zuversicht. Nackten Optimismus. Niemand will Fakten hören, wenn sie mit seiner Vorstellung von Realität kollidieren.

Allerdings, unterdrückte Wahrheiten kommen meist irgendwann an die Oberfläche. Es hat aber einen Grund, warum sie unterdrückt werden, denn normalerweise mögen wir sie nicht sonderlich. Wenn man sie aber tropfenweise erfährt und nicht mit einem Keulenschlag vermittelt bekommt, ist dies wahrscheinlich besser. Insofern musste ich einfach lügen, so schwer es mir auch fiel.
Aneri

Renegat hat geschrieben:...oder sie können aktiv auf Kunden zugehen und ihre Beratung anbieten.
In dem Zusammenhang erinnere ich meine Anfangsjahren in Deutschland. Ich war überwältigt über die Angebot in den Läden. Ein Zeitlang hatte ich meine Freizeit vertrieben durch Besuch der Supermärkte, wie Kaufhof oder Karstadt. Ich möchte nur staunen. Die Kauffrau tauchte sofort auf und fragte, suche ich was bestimmtes. Ich sagte, ich möchte nur gucken. Einmal habe ich den Antwort bekommen, dass hier kein Museum ist. Ich bewerte es nicht als ausländerfeindlich. Eine gestresste Frau, der ein potentieller Kunde entgangen ist.

Ja-a-a, wo ist diese Frauen jetzt, wenn ich sie brauche..? Spürbare Personalabbau.
Die Belegschaft und eine gute Führungskraft wußte schon immer, wer, was bringt und wer andere Qualitäten hat.
Ich meine, dass die feste Lohn ist unflexibel, die stetigen Veränderungen in der Leistung aufzufangen. Andere Aspekt ist, dass die gemeinschaftliche Aufteilung eines gemeinsames Geldtopfes ist transparenter. Man entzieht sich der Willkür des Einzelnen.

Ich. Z. B. hatte oft gearbeitet von 8 bis 1 Uhr Nacht mit dem Abschied "bis morgen früh". Bei der Überstunden müsste man aber erst die 10 Stunden abziehen, die in Vertrag standen. Da es sehr oft passierte, eigentlich war wirkliche Wochenstunden nicht 40 aber 42,5. Und bezahlt Überstunden wurden sehr zögerlich. Man müsste immer wieder ansprechen. Es ging aber meinem Arbeitgeber aber nicht schlecht. Durch viele Aquisitionen auf unserer Rücken, hatte er ein Paar richtig fette Aufträge, durch sie er mit einer Mannschaft unter zehn Leute mehrere Millionen verdiente. Wir hatten aber davon nichts. Überhaupt hatte ich erst da verstanden, was eine Ausbeutung bedeutet.

Jetzt arbeite ich freiberuflich. Bis jetzt verdiene ich noch genauso wie als angestellt, was nicht viel ist. Dennoch habe ich viel mehr Zeit, in der ich meine anderen Leidenschaften nachgehen kann. Mein leben ist viel reicher geworden.
Babylon5
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Beiträge: 191
Registriert: 30.04.2012, 09:35

klaus.leiter hat geschrieben:
Ralph hat geschrieben: Burnout ist aber keine Eliten-Krankheit - Menschen, die es allen recht machen wollen und schwer nein sagen können, sind wohl am ehesten gefährdet.
Da hast du vollkommen Recht, nicht umsonst befindet sich das Burn-Out-Syndrom mittlerweile auf dem Weg zu Deutschlands Volkskrankheit Nummer eins. Es macht keinen Unterschied welchen Beruf man ausübt und in welcher Gehaltsstufe man sich befindet, entscheidet ist wie man mit den Belastungen umgeht bzw. von seinem Job gefordert wird. Als besonders gefährdet gelten Menschen in sozialen Berufen wie etwa Ärzte, Altenpfleger, Lehrer, Krankenschwestern, Psychologen und Sozialarbeiter und nicht ausschließlich Manager die für ihr Unternehmen leben. Bei all dem persönlichen Ehrgeiz tragen jedoch auch die Unternehmen als auch die Gesellschaft eine unglaublich große Verantwortung dafür, dass der Leistungs- und Erfolgsdruck hierzulande wächst. Diese (gefährliche) Entwicklung sollte man nicht unterschätzen und man sollte das Problem nicht nur im einzelnen sondern im gesellschaftlichen Gefüge sehen.
Ein Aspekt dabei ist, daß der Leistungsgedanke mittlerweile die sozialen Bedürfnisse fast vollständig überlagert. Kaum jemand geht ausschließlich deswegen arbeiten, um Geld zu verdienen. Arbeit soll auch soziale Bedürfnisse befriedigen- Kommunikationsbedürfnisse, Erfolgserlebnisse im Team und dergleichen mehr. Wenn man sich im Kollegenkreis wohl fühlt, mit den Kollegen gemeinsam etwas erreicht (und selbst wenn man im Team gemeinsam Überstunden kloppt und sich einig darüber ist, daß der Abteilungsleiter das größte A... der Weltgeschichte ist), dann werden soziale Bedürfnisse befriedigt, die mehr wert sind als bloß das Einkommen am Ende.
Unternehmerisches Handeln setzte allerdings in den letzten jahren immer mehr darauf (durch lesitungsanreizsystem) Teambildung zu verhindern und jeden einen Stück weit zum Einzelkämpfer zu machen. Arbeitnehmer und Angestellte, die nicht im Team arbeiten, schließen sich halt nicht so gut zusammen und sind leichter "auszuquetschen" und unter Druck zu setzen.
Lettzendlich wird überall nur noch die "Leistung" gesehen, alles das, was unetngeltlich erfolgt, gilt als wertlos. (Womit man schon fast wieder bei Familienpolitik wäre...) Von daher ist es in der Tat ein gesellschaftliches Problem. Da kann aber jeder bei sich selbst anfangen und vielleicht nicht jeden schräg ansehen, der nicht erfolgreich ist. Und nicht das neueste Statussymbol besitzt. Und nicht verächtlich auf den hreabsehen, der in 20 Jahren auf der Karriereleiter nicht vorwärtsgekommen ist, weil er sich vielleicht ganz wohl dort fühlt, wo er ist.
Das muss ein Stück weit auch jeder einzelne überdenken und für sich entscheiden.
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