Renegat hat geschrieben:...
Um noch einmal auf das Threadthema Identität zurückzukommen, eine Begrifflichkeit mit der ich so meine Schwierigkeiten habe, da ich eine Vielzahl von unterschiedlichen I. sehe, die durchaus gleichwertig nebeneinanderstehen können.
Barbarossa hat geschrieben:Das ist ja klar, daß es darüber hinaus auch noch einen Lokalpatriotismus / eine Lokalidentität gibt. Das tut aber dem Patriotismus gegenüber der Nation keinen Abbruch.
Das meinte ich nicht. Identität ist ein, im Zusammenhang mit Großgruppen, schwieriger Begriff, weil er eher auf das einzelne Individuum paßt und dieses charakterisiert. So gesehen gibt es so viele verschiedene Identitäten wie es Menschen auf der Welt gibt.
Wenn man bestimmte Eigenschaften, Ansichten, Verhaltensweisen herausgreift und daraus Gruppen- nationale Identitäten bastelt, schafft man einen normierten Einheitsmensch. Damit gerät man wiederum in Konflikt mit dem Freiheitsbegriff einer pluralistischen Demokratie.
http://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3 ... tsbegriffe
Du bist oben ja schon zum Patriotismus gewechselt, Barbarossa. Der Begriff wird eher positiv verwendet, jedenfalls dann, wenn andere Nationen nicht herabgesetzt werden, denn dann muß man von Nationalismus sprechen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Patriotismus
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist die Unterscheidung unscharf. Gerade die extremen Rechten bezeichnen ihre Taten gern als patriotisch, obwohl sie nationalistisch sind.
Renegat hat geschrieben:Kürzlich hörte ich die These im Zusammenhang mit Rassismus, dass es im Osten Ds aufgrund der politischen Verhältnisse eine lange Traditionslinie gäbe, die Konformität der Bürger zu fordern. Erst durch die Nazis und dann durch den Staatskapitalismus der DDR. Überspitzt formuliert wurde über mehrere Generationen von Staats wegen ein Einheitsmensch geformt, der alles andere, fremde ablehnte und aberziehen wollte. Wirkt sich das auch 20 Jahre nach der Wende noch aus, evtl. in dem Sinne, dass unterschwellig auch in einer pluralistischen Demokratie noch immer ein einheitliches Staatsvolk erwartet wird.
Barbarossa hat geschrieben:Die Politik der SED war aber nicht nationalistisch oder gar rassistisch - auch nicht ansatzweise.
Kollektivismus gab es dagegen schon, aber auch nicht in dem Sinne, daß andere Hautfarben oder so abgelehnt wurden, sondern er drückte sich ausschließlich in der Uniformierung bzw. Militarisierung der Bevölkerung aus.
Richtig, offiziell konnte die SED nicht rassistisch sein, das hätte der Dimitroff Formel widersprochen, wie ich kürzlich gelernt habe. Du kannst darüber sicher mehr sagen, Barbarossa, über die Geschichte der DDR weiß ich zu wenig. Von den inneren Auseinandersetzungen gar nichts.
Barbarossa hat geschrieben:"Gastarbeiter" gab es hier im Osten wahrscheinlich in ähnlichem Ausmaß wie im Westen. Allerdings wurden sie in Wohnheimen untergebracht - man kam außer am Arbeitsplatz nicht in Kontakt zu ihnen.
Die Art der Unterbringung, Verträge über 4 Jahre, Zuzug ohne Familie, sofortige Rückkehr bei Schwangerschaft, Überwachung ist für mich rassistisch.
Man kann nicht offiziell von der kommunistischen Internationale reden und dann Arbeiter aus anderen Ländern wie Sklaven kasernieren.
Die Bevölkerung muß diese Doppelbödigkeit gespürt haben, eine Aufarbeitung der Nazivergangenheit gab es ja auch nicht, obwohl die mittleren Nazis in der DDR genauso weiterbeschäftigt wurden wie in der BRD. In der BRD erfolgte die Auseinandersetzung erst ab 1968, diese Bewegung gab es aber in der DDR nicht.
So kam es schon in den 70ern zu progromartigen Ausschreitungen mit Toten. Die wurden allerdings verharmlost und totgeschwiegen, führten aber dazu, dass die algerischen Fremdarbeiter von ihrer Regierung abgezogen wurden. Für die rechten Volksgenossen der DDR ein Sieg.
http://endstation-rechts.de/index.php?o ... Itemid=773
Barbarossa hat geschrieben:Wenn es hier jetzt eine höhere Ausländerfeindlichkeit geben sollte, als in weiten Teilen (ehemals) Westdeutschlands, dann hat das vor allem soziale Ursachen.
Wenn sich die einheimische Bevölkerung gegenüber aus der Ferne kommender "Gastarbeiter" benachteiligt fühlt, dann entsteht eine starke Ablehnung gegenüber jenen. Das halte ich für völlig normal.
Dachte ich bisher auch, von den verlinkten Untersuchungen über die rassistischen Taten in der DDR habe ich erst kürzlich erfahren. Einer der NSU-Mörder soll aber schon 1988 mit rassistischen Äußerungen aufgefallen sein. In der DDR gab es aber keine Arbeitslosigkeit und soziale Benachteiligung.
Es muß also weitere Gründe geben, warum auch heute noch 40 % der rassistischen Taten auf die 5 Ost-Bundesländer entfallen, obwohl der Anteil an der Bevölkerung nur 15% ausmacht. (Zitat nach Waibel)