Ausverkauf Afrikas

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Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Angst vor Nahrungsmittel-Engpässen und Vertreibung:
Europas Firmen greifen nach afrikanischem Land

Ausverkauf in Afrika: Ausländische Unternehmen kaufen in großem Stil fruchtbares Ackerland. Sie bauen Agrarbetriebe auf und exportieren die Erträge. Kritiker sprechen von einem «neuen Kolonialismus»...
weiter lesen: http://www.netzeitung.de/politik/ausland/1501319.html
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elysian
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Wenn man sich den Text genauer durchliest, so sind die Kritikpunkte durchaus berechtigt.
Allerdings ist der Adressat der Kritik streng genommen nicht Europa, sondern das jeweilige Heimatland.
z.B.:
einfacher, als wenn ein heimischer Bauer seinen Hof erweitern möchte
Die Verträge müssten deshalb transparent ausgehandelt werden und Verpflichtungen enthalten. Dafür brauche es starke Gesetze. «Es ist wichtig, dass wir korrekt informiert werden», sagt Bauernvertreter Kiriro. Die Diskussion räumt seine Sorgen nicht unbedingt aus: «Die ausländischen Firmen garantieren nicht dafür, dass die Einheimischen genug zu essen haben
In Europa werden die Bauern politisch verhätschelt, in Afrika werden sie völlig allein gelassen
Das sind alles Probleme, welche der jeweilige afrikanische Staat lösen muss. Es kann nicht die Aufgabe der europäischen Konzerne sein, diese Staaten anzuleiten, wie die Interessen der Bevölkerung zu berücksichtigen seien.
Etwas anderes wäre natürlich ein durch Konzerne ausgeübter Druck zum Nachteil der dort ansässigen Bauern.

Aber ein wenig habe ich Sorge, ob die Afrikaner nicht durchaus falsche Prioritäten setzen:
Land ist die wertvollste Ressource, die es gibt
DAS wage ich zu bezweifeln. Es gibt andere Ressourcen, die deutlich wertvoller sind.
sic transit gloria mundi
Sebastian Materne
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Nun, richtig ist sicherlich, dass der "Ausverkauf" durch schwache Nationalstaaten und Gesetze, kurzfristig denkende Eliten und diverse andere kleine und größere Faktoren begünstigt wird. Angefangen bei den oftmals wenig geregelten Eigentumsverhältnissen über Korruption und Selbstbereicherung mittlerer und oberer Eliten bis hin zu der mancherorts wirtschaftlichen Ausweglosigkeit ist da alles zu finden.

Richtig ist aber auch, dass europäische Konzerne sich - um es deutlich zu formulieren - einen Dreck darum scheren, welche ökologischen, gesellschaftlichen und moralischen Kosequenzen ihr Handeln dort hat. Der großflächige Anbau von Monokulturen ist wirtschaftlich und ökologisch Gift für die oftmals fruchtbarsten Böden der jeweiligen Länder. Dem Konzern ist es mittelfristig egal, wenn die Erträge nicht mehr stimmen geht man ins nächste Land oder zur Not wieder nach Hause. Das Geld nimmt einem keiner mehr weg. Weit weg von den offenen Medienlandschaften Europas kann man dort hervorragende Geschäfte machen, ohne sich einer allzugroßen Opposition gegenüber zu sehen.

Dieser Trend (der sich ja in praktisch allen anderen wirtschaftlichen Bereichen vorallem jedoch bei der Rohstoffausbeutung findet) wird unter den besonders kritischen Wissenschaftlern auch schon einmal als "Neokolonialismus" beschrieben. Das geht mir zwar etwas zu weit, ist aber ein wichtiger Fingerzeig. Afrika wird in bislang halbwegs friedlicher Eintracht von Europäern, Amerikanern, Chinesen und noch einigen eher kleineren Akteuren geradezu ausgebeutet. Manch einer würde sagen geplündert. Natürlich tragen da jeweilige nationale Instanzen wesentliche Mitschuld dran (schon weil Landwirte trotz ihrer enormen Anzahl nicht vernünftig vertreten werden), aber es ist ja nicht so, dass man als externer Akteur die Schwäche nicht gerne und unter fragwürdigsten Bedingungen ausnutzt.

Ein Wort noch zu Akin Adesina und der Frage nach Land. Ich denke mal, dass er etwas unsauber zitiert worden ist. Auch Adesina wird sich darüber klar sein, dass es andere mindestens genauso bedeutende Ressourcen wie Land (Kinder, Bildung ...) gibt. ABER: In Gesellschaften, in denen noch immer ein gewaltiger Anteil von Subsitenzwirtschaft hängt (auch im Erdölexportland Nigeria dürften das deutlich mehr als 50 % sein) ist Land als Produktionsfaktor und letztendlich auch als Ressource von enormer Bedeutung, die man mit europäischen Maßstäben nicht fassen kann. Die Bedeutung dieses Faktors ist daher kaum zu überschätzen.
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Sebastian Materne
Gründer und Betreiber von USA-Online
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elysian
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Es kommt, wie gesagt, auf den jeweiligen Einzelfall an. Die Investitionen durch europäische Unternehmen können Fluch sein oder eben Segen. Allerdings ist selbst eine Monokultur noch besser, als was im Rahmen der Erdölgewinnung mit afrikanischen Anbauflächen passiert ist....(bin ja gespannt, ob diese Flächen jemals entgiftet werden können).
Was die Ressource Boden angeht, so ist diese in einer wesentlich agrarischen Gesellschaft natürlich von größerer Bedeutung. Allerdings besteht die Gefahr, über diesen Punkt auch nie hinaus zu gelangen, wenn nicht eine entsprechende gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung vorangetrieben wird.
Zu dieser Entwicklung können ausländische Investitionen durchaus einen Beitrag leisten. Bei aller berechtigten Kritik muss man aufpassen, dass nicht stigmatisiert wird. Denn dann werden sich bestimmt nur die Rücksichtslosen auf diesem Markt tummeln.
Außerdem wird sich so lange nichts ändern, wie die afrikanischen Eliten die beklagte "Ausplünderung" mindestens fördern, wenn nicht gar selbst zu verantworten haben. Solange ein Regime bestimmte Rechte lieber an bestimmte Unternehmen verteilt, so lange haben seriöse Unternehmen guten Willens praktisch keine Chance.
sic transit gloria mundi
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