Zur Lage in Somalia

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Moderator: Barbarossa

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dieter
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Harald hat geschrieben:Vor kurzem habe ich im Fernsehen einen Beitrag gesehen , wie die Russen, die zu den UNO-Truppenu gehören, die Piraterie bekämpfen: Sie besetzen ein Piratenschif, fesseln die Mannschaft, übergießen das Schiff mit Benzin, zünden es an und schauen zu, wie alles verbrennt. Das war alles im Fernsehen zu sehen!

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Lieber Harald,
das ist absolut grausam. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
WDPG
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Finde die Materie „Somalia“ sehr interessant und habe in der letzten Zeit etliches über dieses zerfallene Land gelesen. So weit ich weiß hat es ja die sogenannten Übergangsregierung nun doch geschafft wenigsten Mogadischu unter Kontrolle zu bringen. Was das im Konkreten heiß (ob die Clans und ihre Milizen in der Stadt noch so präsent sind, wie einst oder ob da endlich ruhe Herrscht), weiß ich nicht. Scheinbar herrscht in der großteils von Bomben und Gefechten beschädigten Stadt ein bisschen so etwas wie Aufbruchsstimmung. Ein weltweit agierender Getränkekonzern soll seine Fabrik wieder aufgebaut haben und auch ein Postwesen gibt es wieder. Zumindest die al-Shabaab Milizen dürften in der Stadt ihre Macht verloren haben, dazu Anschläge durchzuführen reicht sie aber noch.

Ich war noch nie in Mogadischu (ehrlich gesagt auch noch nie in Afrika), aber von dem was ich so gelesen habe stelle ich mir die Stadt, selbst wenn’s etwas besser läuft noch immer als unvorstellbaren Albtraum für einen Europäer vor (soll jetzt keine falsche Arroganz sein, aber mir fällt in Europa keine Vergleichbare Stadt ein).

Im Norden gibt es ein selbstständiges Gebiet namens Somaliland. Dieses ist irgendwie zu bewundern. Sicher man kann hier wohl auch nicht von einem Staat mit Demokratie und Recht so funktionierend wie im Großteil Europas ausgehen, aber im Vergleich zu vielen afrikanischen Staaten ist es doch eine halbwegs gut organisierte Demokratie. Politische Stabilität wird hier groß geschrieben, dem Clanwesen wird man hier mit einem 2 Kammern-System gerecht. Das Staatsbudget ist gering, aber es scheint hier tatsächlich gelungen zu sein, mitten in einem „gescheiterten Staat“ einen halbwegs funktionierenden Staat aufzubauen. Doch international anerkannt ist Somaliland nicht, warum ist mir ein Rätsel. Oft hört man auch das gerade die „Nicht-Einmischung“ von Außen zu dieser Stabilität beigetragen hat.

Über Puntland hört man deutlich weniger als über Somaliland. Hier dürfte, was ich so gelesen haben ein Gebiet sein das stark von der Piraterie profitiert. Für die Besatzung gekaperter Schiffe muss so eine Entführung der „Horror“ sein, aber für die Leute am Horn Somalias ist das ganze ein Wirtschaftszweig. Für die Ärmsten die Hoffnung auf etwas Arbeit. Wirklich profitieren tun aber eher die Anführer solcher Unternehmungen und deren Finanziers. Mein Eindruck ist das es keineswegs nur die Islamisten der Al-Shabaab sind die da profitieren.

In den Medien sieht es oft so aus als sein die Al-Shabaab Milizen das Problem im Land, ich würde eher sagen sie sind eines von vielen, vielleicht sogar das größte. Aber neben diesen, so mein Eindruck, gibt es zahlreiche Clans, Warlords usw. die ihrer Unabhängigkeit wahren wollen und von der schwachen Regierung Profitieren. Die (Übergangs-) Regierung kann sich kaum durchsetzen und wird außerdem wohl auch vielerorts skeptisch betrachtet. Auch deshalb weil sie ausgerechnet Äthiopien die Übergangsregierung immer wieder unterstützte. Vor allem um den radikalen Islamisten das Handwerk zu legen, bevor sie für Äthiopien eine Bedrohung darstellten. Doch dieses Eingreiffen Äthiopiens ist selbst in der Übergangsregierung umstritten, die beiden Staaten waren in der Vergangenheit alles andere als Verbündete.

Was die Islamisten betrifft scheinen sie außer den beiden unabhängigen Regionen und der Übergangsregierung trotz allem der größte Machtfaktor in der Gegend zu sein, wohl stärker als einzellne Clanchefs. Doch immer wieder gibt’s aus dem Ausland auch offensiven gegen sie. Militärisch, so mein Eindruck waren sie schon mal stärker, deshalb greifen sie zu ihrem üblichen Mittel, dem Terrorismus.

Terrorismus, totale politische Instabilität, so gut wie keine Regierungsgewalt, eine zusammengebrochene Wirtschaft, verfallene Bauten, die Lage scheint verheerend. Somaliland ist noch das was am ehesten Hoffnung macht, auch die Hoffnung das man sich irgendwie doch zusammensetzt und eine andere Lösung findet als den Krieg. Diesen dann „nur noch“ gegen die Terroristen führen muss und das man schlussendlich zumindest ein Staat mit Strukturen aber zahlreichen Problemen wird. Dem Entgegen stehen natürlich profiteure die gar nicht wollen das dieser Zustand endet.
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Barbarossa
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Die islamistische al Shabaab-Miliz aus Somalia hat Donnerstag Morgen auf eine Universität in Kenia einen Terroranschlag verübt. Schwer bewaffnete Männer der Miliz drangen in die Universität der Stadt Garissa im Südosten des Landes ein um gezielt Christen zu töten. 147 Menschen kamen bei dem Massaker ums Leben und mindestens 79 Menschen wurden verletzt. Unter den Todesopfern sind auch die 4 Terroristen, die auch einige Stunden lang Geiseln genommen hatten, bevor es den Sicherheitskräften gelang, die Situation unter Kontrolle zu bringen.
Die Al Shabaab verübt seit Jahren immer wieder Anschläge in Kenia, um das Land zu zwingen, seine Truppen aus Somalia abzuziehen, die dort gegen die Miliz im Einsatz sind.

Artikel lesen: >> Massaker in Kenia - Gezielter Anschlag auf Christen << (faz.net)
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Paul
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Dieser Anschlag müßte für Kenia eigentlich das Signal sein, seine Truppen in Somalia zu verstärken und mit einer gemäßigten demokratischen Organisation in Somalia zusammen zu arbeiten und diese zu stärken. Sie könnten auch eine eigne Miliz aus somalischen Flüchtlingen aufbauen, die in ihrer Heimat wieder für Rechtstaatlichkeit sorgen und mit einer demokratische Grenzregion anfangen, in der die Terroristen abgefangen werden. Diese Zone könnte dann immer weiter vergrößert werden.
viele Grüße

Paul

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Paul hat geschrieben:Dieser Anschlag müßte für Kenia eigentlich das Signal sein, seine Truppen in Somalia zu verstärken und mit einer gemäßigten demokratischen Organisation in Somalia zusammen zu arbeiten und diese zu stärken. Sie könnten auch eine eigne Miliz aus somalischen Flüchtlingen aufbauen, die in ihrer Heimat wieder für Rechtstaatlichkeit sorgen und mit einer demokratische Grenzregion anfangen, in der die Terroristen abgefangen werden. Diese Zone könnte dann immer weiter vergrößert werden.
Wie schon in meinem sehr Posting zur aktuelle Lage von Somalia beschrieben ist die Lage dort extrem kompliziert. Wenn jetzt Kenia mit einer eigenen Miliz angreifft, vielleicht bestehend aus geflohenen Somalis, wäre ich mir nicht sicher ob das nicht einfach nur zu einer weiteren Front im Kampf dort werden würde. Also das es dann neben Unabhängigen Gebieten, der (nicht besonders mächtigen) Übergangsregierung, den (scheinbar schwer unter Kontrolle zu bringenden) Al-Shabaab Milizen und etlichen Klanführern einfach nur eine weitere Front gibt, sonst nichts und somit der Zustand Somalias noch unübersichtlicher wird. Außerdem weiß ich nicht wie die Bevölkerung Somalias zu Kenia steht, die Gefahr besteht das selbst wenn sie was erreichen würden, die Kenianer auch wieder nur als Besatzer, die von ihnen unterstützte Regierung nur als Marionettenregierung angesehen wird - mein Eindruck ist es das man das Eingreiffen Äthiopiens so gesehen hat.

Grundsätzlich ist die Lage schwer, man müsste eines machen: Sich hinsetzen eine Regierungsform die alle berücksichtigt finden und einen funktionierenden Staat aufbauen (ähnlich hat das in Somaliland scheinbar funktioniert). Doch das klingt wohl einfacher als es ist und wenn das gelingen würde wäre das auch erst ein Anfang nicht mehr, denn Somalia liegt total am Boden. Außerdem würden das die Al-Sabaab wohl erst nicht akzeptieren und müssten dann erst wieder bekämpft werden. Eine echt verworrene Lage.
Paul
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Al Sabaab muß ja auf jedem Fall bekämpft werden und Kenia kann solche Angriffe nicht tollerieren. Wenn die Übergangsregierung in Ordnung ist, dann kann Kenia diese ja massiv unterstützen unter der Bedingung, das die Grenzregion auch gesichert wird, um diese Angriffe zu verhindern. Natürlich kann auch Kenia auf seiner Seite den Grenzschutz verstärken. Das wäre ja der erste Schritt.
viele Grüße

Paul

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dieter
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Lieber Paul,
Du hast recht, Kenia darf sich das nicht gefallen lassen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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