31. Oktober 2020: Schwierige Präsidentschaftswahlen in der Elfenbeinküste

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Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Am 31. Oktober 2020 stehen in meinem Lieblingsurlaubsland – der Elfenbeinküste – Präsidentschaftswahlen an. Die politische Situation ist jedoch völlig verfahren. Ich fange einmal von vorne an, denn es ist nicht so ganz einfach, das alles zu erklären:

Der seit 2010 (in seiner zweiten Amtszeit) amtierende Präsident Alassane Ouattara wollte mit seinen 78 Jahren eigentlich aus dem Amt scheiden und die Kandidatur dem Premierminister und zugleich seinem Parteikollegen Amadou Gon Coulibaly überlassen. Die Aussichten für seine Wahl standen gut, denn die Regierungspartei RDR ist die stärkste Partei. Doch vor wenigen Monaten, nämlich Anfang Juli 2020 starb Coulibaly überraschend mit 61 Jahren an Herzversagen. Dies änderte die politische Situation völlig, denn ein anderer geeigneter Nachfolger ist offenbar nicht in Sicht. So entschloss sich Alassane Ouattara, nun doch noch einmal zu kandidieren. Diese Kandidatur ist jedoch in ihrer Verfassungsmäßigkeit höchst umstritten.

Der Hintergrund: Alassane Ouattara wurde 2015 für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Bis dahin gab es wohl keine Beschränkung der Amtszeiten. Doch 2016 gab es eine Verfassungsreform, die u. a. nun auch vorschreibt, dass die Regierungszeit für einen Präsidenten auf zwei Amtszeiten zu beschränken sind. Dass Alassane Ouattara nun doch noch einmal antritt, erklärt er mit dem Kniff, dass diese Beschränkung erst mit der Verfassungsreform 2016 inkraft trat und die Zählung der Amtszeiten erst ab diesem Jahr beginnt. Die beiden Gegenkandidaten – der 86-jährige Kandidat der Oppositionspartei PDCI, Henri Konan Bédié, der zwischen 1993 und 1999 bereits Präsident war und auch der 67-jährige Pascal Affi N'Guessan von der FPI bestreiten die Verfassungsmäßigkeit. Auch in der Gesellschaft regt sich Protest gegen die erneute Kandidatur Ouattaras und es kam bereits zu gewalttätigen Zusammenstößen.

Eigentlich war Präsident Alassane Ouattara in der Bevölkerung durchaus populär, denn er hat dem Land fast 10 Jahre lang Ruhe und wirtschaftlichen Aufschwung beschert. Dies könnte nun in Gefahr geraten, falls Ouattara die Wahl gewinnt und die Gegenkandidaten den Wahlsieg nicht anerkennen. Es könnte dann erneut zu Unruhen kommen.
Quelle: https://www.dw.com/de/proteste-in-der-e ... a-54574854

Die Lage im Land betrübt mich sehr. Ich hatte in den letzten Tagen trotz Coronakrise schon mit dem Gedanken gespielt, Mitte bis Ende November wieder in der Elfenbeinküste Urlaub zu machen und meine Bekannten wiederzusehen. Die Corona-Infektionszahlen sind dort seit einiger Zeit mit oft unter 100 Infizierten aber eigentlich nie über 200 pro Tag sehr niedrig. Mit der Ankündigung von Heiko Maaß, dass ab Anfang Oktober jedes Land einzeln nach den Infektionszahlen bewertet wird, lässt bei mir die Hoffnung aufkommen, dass die Elfenbeinküste vielleicht aus dem Corona-Risikogebiet herausfallen könnte.
Die politische Situation verunsichert mich jedoch.
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Balduin
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Das ist ein sehr gut geschriebener Bericht eines für mich fremden und weit entfernten Landes.

Ich glaube auch, dass man bei einer unsicheren politischen Lage sehr vorsichtig sein muss. Das kann für einen Ausländer schnell sehr gefährlich werden.
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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Balduin
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Kannst Du noch etwas zur Politik dort sagen? Kapitalistisch oder sozialistisch? Korrupt? Funktionierende effektive Verwaltung?

Vielen Dank!
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Barbarossa
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Die Elfenbeinküste war nie sozialistisch orientiert. Korruption gibt es wohl, denn die
zu erzielenden Einkünfte sind niedrig.
Die Wirtschaft ist noch heute stark an die ehemalige Kolonialmacht Frankreich gebunden - die Währung, der CFA Franc, wird sogar in Frankreich gedruckt.
Wichtige Exportprodukte sind Kakao (die Elfenbeinküste ist der weltweit größte Produzent von Kakao), Kaffee und Palmöl. Auch Erdöl und Erdgas soll es dort geben. Allerdings ist die Elfenbeinküste gerade bei der Kakaoproduktion mit der Kinderarbeit in die Schagzeilen geraten.
Es gibt vom Deutschen Auswärtigen Amt eine Teilreisewarnung für die nördlichen und westlichen Grenzgebiete, vor allem zu den Nachbarländern Mali, Burkina Faso und Liberia. Die Gegenden, in die ich bisher in meinen Urlauben gefahren bin (Abidjan und Grand Bassam liegen im Süd-Osten des Landes) sind relativ sicher. Es ist aber Vorsicht vor Diebstahl geboten, was bedeutet, die Brieftasche immer dicht am Körper aufzubewahren. Selbst gesehen habe ich dort noch nichts dergleichen.
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Barbarossa
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Heute ist nun die besagte Präsidentschaftswahl. Darauf schaue ich nun besonders gespannt.
Laut der aktuellen Meldungen soll es dort weitgehend ruhig bleiben, obgleich die Opposition zum Wahlboykott aufgerufen hat und vereinzelt Wahllokale blockiert und Wahlurnen zerstört wurden. Im Vorfeld der Wahl gab es laut der Organisation Human Rights Watch zu Auseinandersetzungen zwischen Regierungsanhängern und Befürwortern der Opposition, bei denen es leider auch mehr als 20 Todesopfer gab. Etwa 35.000 Soldaten sind zur Absicherung der Wahl aufgeboten worden. Ich habe diese Militärpräsenz auf Facebook schon gesehen. Ein wahres Säbelrasseln...
Siehe dazu: https://www.deutschlandfunk.de/elfenbei ... id=1189575
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Barbarossa
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Präsident Alassane Ouattara (RDR) wurde nach dem vorläufigen Ergebnis mit einer überwältigenden Mehrheit von 94,27% für eine dritte Amtszeit wiedergewählt, bei einer Wahlbeteiligung von 53,9%, trotz Boykottaufrufs der Opposition.
Die Oppositionskandidaten Pascal Affi N'Guessan (FPI), Henri Konan Bédié (PDCI-RDA) und Kouadio Konan Bertin als unabhängiger Kandidat erhielten jeweils nur zwischen 1 bis 2%. Sie alle hatten aufgrund des Boykottaufrufs nicht aktiv um Wählerstimmen geworben.
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Marianne E.
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Du hast am 30. Oktober geschrieben, es wäre zu befürchten, dass es nach der Wahl von Quattara zu Unruhen kommen könnte.
Kann das denn jetzt noch zutreffen, da die Oppositionskandidaten nahezu nichts gewonnen haben.
Ich wünsche Dir, dass Du Deine Reise machen kannst, zumal Du ja versprochen hast, wiederzukommen.
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Barbarossa
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Lol, ja, natürlich komme ich wieder.
Es ist jetzt wohl wieder einigermaßen ruhig, obgleich die Situation allgemein immer noch als spannungsgeladen eingeschätzt wird. Aber ich denke, ich werde ab morgen alles für die Reise klar machen. Da ist in der gut einen Woche noch einiges zu arrangieren, inkl. Corona-PCR-Test.
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Marianne E.
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Tschüs Jung.
Sagt man im Rheinland und von da ist die Hälfte von mir. Ich weiß nur nicht, ob es die bessere ist.
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Balduin
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Barbarossa
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Ja, ist mir bekannt. Es ist nach der Wahl aber größtenteils friedlich geblieben - vermutlich auch wegen der starken Präsenz von Polizei und Militär.
Am Flughafen in Abidjan bot sich mir schon seit Jahren ein für europäische Augen eher ungewohntes Bild: Zahlreiche Uniformierte mit Kalaschnikow in der Hand bewachten das gesamte Flughafengelände. Daran muss masn sich wirklich erst gewöhnen.
In meinem Urlaubsort Grand Bassam vor allem in der Hotelanlage ist es aber sicher.
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