Afrika - Kontinent der ungelösten Konflikte

Aktuelle Informationen und Diskussionen

Moderator: Barbarossa

Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15506
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Afrika
Kontinent der ungelösten Konflikte
Donnerstag, 20. November 2008 03:00 - Von Günther Hörbst

Afrikas Herz blutet. Der Kern des Kontinents mit den Staaten Demokratische Republik Kongo, Zentralafrikanische Republik, Sudan und Tschad versinkt seit Jahrzehnten immer wieder in einem Sumpf aus Krieg und Gewalt. Zuletzt flammten die Kämpfe im Osten Kongos wieder auf. 250 000 Menschen sind aktuell auf der Flucht.

- In den drei Kriegen im Kongo und seinen Nachbarstaaten starben seit 1996 insgesamt fünf Millionen Menschen.
Und vor der Küste Somalias, einem Land, in dem jegliche staatliche Ordnung und Autorität in einem Gewirr aus Milizen und Rebellenclans verloren gegangen ist, entführen moderne Freibeuter nach Gutdünken Frachter und Kreuzfahrtschiffe.
weiter lesen: http://www.morgenpost.de/printarchiv/se ... likte.html

Und hier noch eine Karte zu den Konfliktherden:
http://www.medico-international.de/kamp ... karte7.asp
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
Balduin
Administrator
Beiträge: 4213
Registriert: 08.07.2008, 19:33
Kontaktdaten:

Ich fasse nur kurz zusammen:
Es toben Kriege im Sudan und im Kongo.
Es herrschen ernsthafte Krisen in Liberia, Elfenbeinküste, Nigeria, Äthiopien, Somalia und Ruanda.
Außerdem Krisen in Angola, Simbabwe, Rep. Kongo, Zentralafrikanische Republik, Niger und Senegal.

Die positiven Ansätze der Entwicklung in Afrika werden von den schlechten jedoch überwogen.
In den vergangenen Jahren gab es viele positive Entwicklungen in Afrika: Die Staaten haben sich zu einer Afrikanischen Union nach dem Vorbild der EU zusammengeschlossen, um besser auf Krisen reagieren zu können. Der Erfolg blieb aber mäßig. Kleine Länder wie Ghana sind Vorbilder in Sachen Demokratie und Wirtschaftswachstum - mit einem Pro-Kopf-Einkommen von mehr als 3200 Dollar. Mosambik an der Westküste hat die Transformation zu einem stabilen, demokratischen Staat nach einem der fürchterlichsten Bürgerkriege der afrikanischen Geschichte geschafft.
Die großen Probleme sind Bürgerkriege, politische Gewalt, Wirtschaftskrisen und daraus resultierende Armut und Hungersnöte, sowie Krankheiten und Seuchen (Aids). Bei all dem muss ich mir die Frage stellen: Wie kann man den Staaten am effektivsten helfen?
In der Weihnachtszeit wird eifrig für Afrika gespendet, doch sollte man nicht anders ansetzen, indem man die Staaten und die Demokratie stärkt und wenn nötig eine funktionierende Demokratie einführt.

Gibt es bereits solche umfassenden Programme?
Sebastian Materne
Mitglied
Beiträge: 82
Registriert: 03.09.2009, 09:43
Kontaktdaten:

Ich greife das Thema, obwohl der jüngste Beitrag ja auch schon ein Weilchen zurückliegt, einmal auf, da die Aktualität ja praktisch ungebrochen ist.

Nun, "umfassende" Programme scheitern in aller Regel schon an ihrem eigenen Ansatz. "Umfassend" im Sinne von möglichst großen Ansätzen ist eine Idee, die in Afrika einfach scheitern muss. Was einen ganz simplen Grund hat: Afrika gibt es, wie Ryszard Kapuscinski in seinem wunderbaren Buch "Afrikanisches Fieber" treffend feststellt, allerhöchstens als geographische Größe. Zum Beschreiben politischer, sozialer, wirtschaftlicher oder auch einfach gesellschaftlicher Situationen taugt er wenn überhaupt nur sehr beschränkt. Es ist eine, nach meiner Erfahrung, typisch europäische Einstellung und Auffassung, von "Afrika" zu sprechen, als wäre das ein halbwegs homogener Raum. Doch die Probleme Liberias sind nicht oder nur sehr schwer mit den Problemen Somalias, Namibias oder Libyens zu vergleichen oder gar zu erklären. Wir würden in Europa auch kaum auf die Idee kommen Albanien mit Island oder Deutschland mit Malta zu vergleichen. Dererlei Vergleiche hinken immer - aber sie tun es nach meiner Meinung in Afrika noch stärker als anderswo. Was aber, das gebe ich gerne zu, auch daran liegen mag, dass ich durch jahrelanges Arbeiten über den afrikanischen Kontinent dort einen anderen Blick für bekommen habe. Wenn ich zukünftig immer mal wieder von "Afrika" spreche, dann ist das also immer eine grobe, kaum noch zulässige Vereinfachung der Realität und das eben gesagte ist dabei immer im Hinterkopf zu behalten.

Afrikas Leiden liegen oftmals in zwei zunächst offensichtlichen Dingen begründet: Dem plötzlichen Entlassen aus der Kolonialherrschaft und einem anhaltenden Missmanagement. Der erste Punkt mag zunächst ein wenig absonderlich klingen, da er ja doch einige Jahrzehnte zurückliegt. Doch noch immer ist das ein entscheidender Faktor. Vortrefflich kann man das Ganze an der DR Kongo, der ehemals belgischen Kolonie Belgisch-Kongo, bestaunen. Die Kolonialmacht hat mehr oder minder von heute auf morgen entschieden, das Land zu verlassen und den Kongolesen nur wenige Monate Zeit gegeben sich darauf vorzubereiten. Nicht nur, dass in dieser Zeit natürlich weder eine politische Elite noch eine politische Beamtenschicht entstehen konnte. Man erwartete auch, dass Menschen, die mitunter kaum mehr gemein hatten als ihre Armut und die Unterdrückung durch die Europäer, ein Nationalgefühl entwickelten und sich zuständig fühlten, für die Belange anderer. Ein, zumal wenn man die belgische Kolonialgeschichte berücksichtigt, hoffnungsloses Unterfangen. Der Kongo wurde unvorbereitet in die Unabhängigkeit entlassen und in die Hände zunächst hoffnungslos überforderter und später absolut krimineller Verantwortlicher gelegt. Eine Tendenz, die durch verantwortungsloses Handeln des zumeist westlichen Auslandes (Ermordung von Lumumba, Machtkonsolidierungsunterstützung für Mobutu) nocht verstärkt wurde. Ein zugegebenermaßen extremes Beispiel, dass selbst auf dem afrikanischen Kontinent von herausragender "Qualität" ist. Vieles davon lässt sich aber in mehr oder minder abgeschwächter Form in einer Vielzahl von anderen Ländern finden.

Der zweite Punkt wird in Afrika selbst immer wieder kritisch gesehen, wobei durchaus ein kontinentales Umdenken zu beobachten ist. Immer mehr afrikanische Intellektuelle stellen fest, dass eine ganze Reihe von Problemen mittlerweile hausgemacht sind. Korruption, Missmanagement, Elitenkriminalität, Wahlbetrug. All das sind keine Kavaliersdelikte, wenn eine ganze Reihe afrikanischer Führer das auch gerne so verkauft. Auch diese Dinge haben oftmals ihre Wurzeln in den ebenfalls von Korruption, Unterdrückung und Patronagesystemen lebenden Kolonialreichen. Aber nach der vergangenen Zeit macht es sich nach meiner Meinung zu einfach, wenn man es ausschließlich darauf schiebt. Der ehemalige Diplomat Volker Seitz (u.a. Botschafter in Kamerun a.D.) stellt das in seinem Buch "Afrika wird armregiert" schön heraus. Er stellt zugleich eine These auf, wie man den wirtschaftlichen Problemen begegnen könnte: Das Business der Barmherzigkeit (also die Entwicklungshilfe aus Mitleid) muss gestoppt und den Eliten die Kontrolle über den Geldfluss entzogen werden. Eine provokante These, die gerade in Afrika natürlich nicht nur Freunde findet. Trotzdem ist der Ansatz vielversprechend, wie der Erfolg von Mikrokrediten speziell in Ostafrika gezeigt hat.

Kamerun, wo Seitz zuletzt tätig war, ist ein vortreffliches Beispiel dafür, wie endemische Korruption einen durchaus nicht hoffnungslosen Fall bis auf das niedrigste Niveau herabgewirschaftet hat. Weitere Beispiele lassen sich problemlos finden. Speziell wenn Rohstoffreichtum, wie in Angola oder Äquatorialguinea, dazu kommen, ist dies ein häufig zu beobachtendes Phänomen.

Wenn man in Europa über Afirka spricht, trifft man grundsätzlich zweierlei Typen von Menschen. Afirkooptimisten und Afropessimisten. Während erstere häufig in einer Blase romantischer Safariwelt leben, sehen letztere in jedem kleineren Zwischenfall eine Bestätigung für ihre K-Theorie (Afrika als K-Kontinent, der Kontinent der Katastrophen, Kriege und Kranheiten). Beide Positionen kann man, zumindest in ihrer Reinkultur, getrost vergessen. Es gibt kein Grund die Welt, speziell die afrikanische Welt, in Schwarz und Weiß anzumalen. Ja, es gibt mit Somalia und der DR Kongo zumindest zwei Länder wo selbst die überzeugtesten Optimisten und wohlwollendsten Gönner allmälich verzweifeln und den Mut verlieren. Eines meiner Fachgebiete ist die DR Kongo und auch ich bin schon zwei, dreimal soweit gewesen (etwas ausführlichers zum Kongo gibt es auf meiner Seite: "Herz der Finsternis" und wen es interessiert verweise ich auch gerne noch auf einen Somaliabeitrag: "Ein Staat stirbt - und niemanden interssiert es").

Aber es gibt eben auch die anderen Beispiele. Die vortrefflich demokratische Entwicklung in Botswana, Namibia und Mauritius, die durchaus auch wirtschaftlich gesund sind. Auch in Südafrika und Ghana ist die Entwicklung in vielen Bereichen vorbildhast und gibt Anlass für Mut und Courage.

Zweierlei ist nach meiner Meinung zu bedenken: Wer Afrika, ob als Staat, Person oder Institution, helfen will muss sich von ganzheitlichen Ansätzen womöglich komplett verabschieden. Jedes Land hat spezielle Probleme, die eine spezielle Lösung benötigen. Was sonst passieren kann, haben IWF und Weltbank mit ihren gescheiterten Strukturanpassungsprogrammen eindrucksvoll bewiesen. Und mitunter reicht selbst das nicht, mitunter braucht ein und dasselbe Land mehrere verschiedene Lösungsansätze. Und zweitens: Man muss wegkommen von dem Glauben, das der Eurozentrismus in der Theoriengeschichte in der Lage ist, Afrikas Probleme zu lösen. Wer das ernsthaft will, muss Afrikaner aller Coleur und ihre Ideen, Ideologien und Glaubensvorstellungen einbeziehen und nicht auf dem Reisbrett entworfene und möglicherweise in Europa erfolgreich getestete Theorien zur Anwendung bringen. Auch muss man, zumindest als Staat, seinen noblen Worten auch insofern Taten folgen lassen, als dass offensichtliche wirtschaftliche Ungleichberechtigung auf dem Weltmarkt abgebaut jedoch auf keinen Fall auch noch weiter durch Subventionen gefördert wird. Auch von dem Almosen-Prinzip, das Teile der Entwicklungshilfe noch immer prägt, sollte man Abschied nehmen. Den Probleme werden durch solche neu geschaffenen Abhängigkeitsbeziehungen oftmals nicht behoben, sondern verstärkt. Wenn Entwicklungshilfe, dann mit System und einem Ziel Hilfe zur Selbsthilfe zu sein.

:) Jetzt habe ich schon so viel geschrieben - und es ließe sich noch manches anfügen. Aber ich bin mir recht sicher, dass wir dazu im Laufe der Zeit auch noch kommen.
Bild

Sebastian Materne
Gründer und Betreiber von USA-Online
Partnerprojekt von Geschichte-Wissen.de
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15506
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Sebastian Materne hat geschrieben:Wer Afrika, ob als Staat, Person oder Institution, helfen will muss sich von ganzheitlichen Ansätzen womöglich komplett verabschieden. Jedes Land hat spezielle Probleme, die eine spezielle Lösung benötigen. Was sonst passieren kann, haben IWF und Weltbank mit ihren gescheiterten Strukturanpassungsprogrammen eindrucksvoll bewiesen. Und mitunter reicht selbst das nicht, mitunter braucht ein und dasselbe Land mehrere verschiedene Lösungsansätze. Und zweitens: Man muss wegkommen von dem Glauben, das der Eurozentrismus in der Theoriengeschichte in der Lage ist, Afrikas Probleme zu lösen. Wer das ernsthaft will, muss Afrikaner aller Coleur und ihre Ideen, Ideologien und Glaubensvorstellungen einbeziehen und nicht auf dem Reisbrett entworfene und möglicherweise in Europa erfolgreich getestete Theorien zur Anwendung bringen. Auch muss man, zumindest als Staat, seinen noblen Worten auch insofern Taten folgen lassen, als dass offensichtliche wirtschaftliche Ungleichberechtigung auf dem Weltmarkt abgebaut jedoch auf keinen Fall auch noch weiter durch Subventionen gefördert wird. Auch von dem Almosen-Prinzip, das Teile der Entwicklungshilfe noch immer prägt, sollte man Abschied nehmen. Den Probleme werden durch solche neu geschaffenen Abhängigkeitsbeziehungen oftmals nicht behoben, sondern verstärkt. Wenn Entwicklungshilfe, dann mit System und einem Ziel Hilfe zur Selbsthilfe zu sein.
Vielen Dank Sebastian Materne für deinen Beitrag, den ich nicht nur richtig sondern auch wichtig finde. Besonders den letzten Satz, den ich hier noch einmal dick markiert hervor heben möchte. Lebensmittellieferungen sind nur sinnvoll und notwendig bei unvorhergesehenen Katastrophen aller Art - und dann auch nur zeitlich begrenzt. Werden sie zu einer ständigen Einrichtung schaden sie mehr als sie nützen, weil dann ein Abhängigkeitsverhältnis entsteht.
Auch habe ich in einem Bericht im Fernsehen gesehen, daß die derzeitige Fluchtwelle von Menschen aus Afrika teilweise von Europa ausgelöst wurde, so z. B. beim Senegal. Hier fahren Fischereischiffe bis vor die Küste dieses Landes und fischen die Gewässer dieses Landes so leer, daß die einheimischen Fischer keine Chance auf ausreichenden Fang haben, der dann auch zum Überleben reicht, so daß auch hier eine Fluchtwelle ausgelöst wurde. Da stellt sich mir die Frage, was haben Fischer der EU vor der afrikanischen Küste zu suchen? Sicher, es ist nur ein Beispiel, aber mich hat das schon empört, als ich das gesehen habe.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
MarcoZ
Mitglied
Beiträge: 193
Registriert: 17.04.2009, 18:34
Wohnort: Berlin

Jedes Land hat spezielle Probleme, die eine spezielle Lösung benötigen.
Grüß dich Sebastian.
Wir hatten die Probleme von Afrika mal in der Schule besprochen und sind zu der Lösung gekommen, dass Bildung die Antwort auf Afrikas Probleme ist. Ich bin erfreut zu sehen, dass du meiner damaligen Kritik recht gibst und erläuterst, dass die Probleme nicht mit einer Antwort zu lösen sind.
Afrika ist für mich immer so ein zweischneidiges Schwert. Einerseits finde ich das alles furchtbar interessant und faszinierend, andererseits Afrika besuchen ich weiß nicht. :roll:
Sebastian Materne
Mitglied
Beiträge: 82
Registriert: 03.09.2009, 09:43
Kontaktdaten:

Lieber Marco, lieber Barbarossa - Euch zunächst vielen Dank für das positive Feeback und Eure Antworten.

@Barbarossa

Als erstes: Ich bin einfach Sebastian ;) - das genügt!

Ja, die Überfischung (ohnehin ja ein globales Problem) ist vor allen Dingen vor Westafrikas Küsten ein Thema. Gerade der von Dir angesprochene Senegal hat da doch eine gewisse traurige Berühmtheit erlangt. Das Problem kommt jedoch sehr vielschichtig daher. Zum Einen hat die EU mit ihren hochtechnisierten Fangflotten tatsächlich zur massiven Überfischung beigetragen, sich dabei aber häufig an bestehende Gesetze gehandelt, denn ein Großteil wurde mit legalen Fanglizenzen gefangen. Mit dem Senegal wurde bereits 1979 die ersten Fischereiabkommen vereinbart, was den klammen Staatsfinanzen Millionen anbrachte. Ein fataler Anreiz möglichst viele Lizenzen an den Mann zu bringen. Nicht nur an die EU, zeitweise auch an die UdSSR und in modernen Zeiten vermehrt an China. Die EU ist mittlerweile, soweit ich weiß, ausgestiegen, da die kleinen Fänge die weitere Anfahrt nicht mehr rechtfertigen. Verheerend für ein Land, dessen Hauptexporte Fisch und Fischereiprodukte sind.

Komplex wird das Ganze durch zusätzliche Akteure, die sich jenseits der legalen Wege an diesem Spiel beteiligen. Das kleine Äquatorialguinea beispielsweise ist dafür bekannt, dass es eine der größte Basen für ausgeflaggte Schiffe, speziell große Fangboote (24 Meter <), der Welt ist. Schiffe, die unter äquatorialguineischer Flagge betrieben werden (oftmals aber nicht aus dem Land kommen) beteiligen sich überdurchschnittlich häufig an Fischereipiraterie. Sie fangen also ohne Genehmigung in fremden Hoheitsgewässern. Eine strafbare Handlung. Nur: Die Verfolgung dieser Delikte obliegt der Nation unter dessen Flagge die Boote laufen, in unserem Fall also Äquatorialguinea. Wenn Du als Fischerbootbesitzer aber entsprechende Zahlungen an die Regierung veranlasst, verzichtet die auf die Verfolgung - und Du kannst munter weiter Fische fangen, wo das besser niemand sonst tun sollte (wer mehr dazu erfahren möchte, dem sei der Artikel "Business and Politics in criminal State: The Case of Equatorial Guinea" von Geoffrey Wood in der Zeitschrift Affrican Affairs ans Herz gelegt).

Also auch dieses Problem erfordert einen vielschichtigen Ansatz. Aber, und da gebe ich Dir recht, ein Anfang wäre getan, wenn die EU nicht nur im Senegal sondern überall in Afrika das Wildern in fremden Gewässer unterlässt und mit gutem Beispiel voran geht.

@Marco

In der Tat liegt für viele der Weg aus den verschiedenen Krisen Afrikas in der Bildung. Eine Meinung, die durchaus im Großen und Ganzen konsens ist. Leider wird jedoch das Vermitteln von Bildung in westlicher Entwicklungshilfe allzu häufig mit dem Bauen von Schulen gleichgesetzt. Aber auch hier gilt, was ich vorher schon in ähnlicher Weise über staatliche Eliten und Institutionen gesagt habe: Dies sind Bereiche, die wachsen müssen und in denen man Erfolge nicht von heute auf morgen messen kann. Ihr ist Geduld und vor allen Dingen nachhaltiges ehrliches Engagement gefragt. Beides verlässt Entwicklungshelfer ob von außen oder innen leider mitunter sehr schnell - wenn natürlich auch nicht überall. Einer der Gründe, warum nach großen Katastrophen und Kriegen zwar eine Welle der Hilfsbereitschaft losbricht, jedoch allzu selten nachhaltige Veränderungen und Verbesserungen erzielt werden können. Nur mit Geld und Baumaßnahmen ist leider keinem auf lange oder auch nur mittlere Sicht geholfen.

Afrika ist, Du sagst es, absolut faszinierend und schockierend zugleich. Bartholomäus Grill hat das in seinem Buch "Ach, Afrika" sehr schön auf den Punkt gebracht. Der Kontinent verbindet für mich, der ich mich nun schon ein paar Jahre damit beschäftige, das gute und schöne genauso wie das hässliche und schlechte, was wir Menschen hervorbringen können. Absolute Schönheit und totales Leid liegen hier dicht beiander. Ein faszinierender Arbeitsbereich. ;) Aber: Wenn Du irgendwann wirklich mal Interesse hast, Afrika zu besuchen, dann sollte die schlechte Presse, die der Kontinent erfährt, keine Abschreckung sein. Es gibt eine Reihe von Ländern in die man relativ problemlos reisen und viel erleben und lernen kann. Andere, das ist genauso klar, würde ich im Moment nicht mal besuchen, wenn man mich bezahlen würde. ;) Wichtig ist bei Afrika immer nur eines: Man muss sich vorbereiten. Afrika und all seine Länder, angefangen bei Marokko aufgehört bei Swasiland, sind so gänzlich anders, als alles, was man als Europäer kennt, dass Vorbereitung unabdingbar ist. Damit man die Kultur tatsächlich begreifen und Gefahren realistisch einschätzen kann.
Bild

Sebastian Materne
Gründer und Betreiber von USA-Online
Partnerprojekt von Geschichte-Wissen.de
MarcoZ
Mitglied
Beiträge: 193
Registriert: 17.04.2009, 18:34
Wohnort: Berlin

Bei dir Sebastian merkt man echt , dass du ein Afrikafan bist. Gut finde ich, dass du trotz deiner "Liebe" zu Afrika sehr neutral bleibst. Ich habe mich in Vorbereitung auf das Abitur auch sehr viel mit Afrika beschäftigt und war erschüttert, wie erschrocken ein Großteil der Mitschüler erschrocken war über die Verhältnisse in Afrika. Ich habe mich davor nicht viel mit Afrika beschäftigt, aber ich wusste zumindest dass es nicht wie im Barbyhaus ist und das einige Probleme angepackt werden müssen.
Wir haben uns im Unterricht z.B. mit Tomatenfarmern beschäftigt die Probleme hatten gegen importierte Tomaten zu bestehen, ich habe einen Vortrag über Mali gehalten, Menschenrechtsverletzungen in Afrika betrachtet usw. . Was mein Eindruck war, dass die Bevölkerung der afrikanischen Länder bemüht ist etwas zu verändern z.B. mit der Afrikanischen Union. Das Land ist jedoch in einem Teufelskreis gefangen und kommt nur mühsam raus. Wegen den Faktoren die du bereits erläutert hast und auf jedes Land individuell einwirken. In meiner Klausur sollte ich dann eine Rede schreiben als UN-Botschafter aus Burkina Faso über Menschenrechte weltweit, Afrikas Probleme, Globalisierung..... lief recht gut konnte die 5 Schulstunden gut schreiben hatte sogar irgendwelche Sätze aus der Menschenrechtscharta parat die Afrikaner anführen. Also viele möchten ja die globalen Menschenrechte aus Afrika sofern ich mich richtig entsinne.
Mich würde mal interessieren Sebastian auf wieviel Resonanz deine Homepage stößt? Also unser Kreis hier im Forum kommt mir ziemlich klein vor und ich ziehe meinen Hut vor den Admins und elysian, dass sie immer so aktiv sind.
Bist du selber aktiv, um in Afrika zu helfen, abgesehen von deiner Aufklärung, die natürlich auch schon eine enorme Hilfe darstellen kann?
Sebastian Materne
Mitglied
Beiträge: 82
Registriert: 03.09.2009, 09:43
Kontaktdaten:

Vielen Dank, für Deine Antwort Marko. Es ist gut zu hören, dass man sich wenigstens in Teilen der deutschen Bildungslandschaft mit Afrika beschäftigt. Wenn der Kontinent auch immer noch viel zu kurz kommt.

Ja, ich denke auch, dass man mich als Afrikafan bezeichnen kann. Auf der anderen Seite gebe ich mir immer große Mühe auch in den hitzigen Debatten ein Standpunkt zu finden, der auf Verständnis und Akzeptanz aller Seiten hoffen kann. Das klappt nicht immer und in einigen Fällen würde ich mal annehmen, dass es einen solchen Punkt auch gar nicht gibt. Aber leider vergessen die Lager aus Afrika und die, die sich von hier mit Afrika beschäftigen, allzu häufig wenigstens nach dem Punkt zu suchen. Man ist halt gemeinhin Afrikaoptimist oder Afrikapessimist - oder wird zumindest dafür gehalten. Obwohl es hunderte Gründe gibt, beides zu sein.

Das von dir angesprochene Mali ist z.B. ein Land, das Zuversicht und Optimismus durchaus verdient hat. Seit dem Sturz von Traoré 1991 ist das Land auf den Weg der Demokratisierung eingebogen und gilt aus politischer Sicht für die Sahel-Zone aber auch für Westafrika als durchaus vordbildhaft. Wirtschaftlich hat sich das noch nicht wirklich bemerkbar gemacht, aber auch hier gibt es zwischen Bamako, Timbuktu und Goa durchaus hoffnungsvolle Signale. Problematisch ist hingegen immer noch die Region zwischen Taoudenni und Kidal unweit der algerischen Grenze. Die Bandenkriminalität (= Entführungen) durch heimische oder eingesickerte Gruppen machen diesen Teil des Landes immer noch brandgefährlich. Aber es muss auch klar sein, dass Entwicklungen wie die, die 1991 eingeleitet wurde, nicht von heute auf morgen vollzogen werden können. In der Summe bleibt Mali ein Land, in das ich heute durchaus meine Hoffnungen setzen würde.

So und nun zu Deinen Fragen:

Die Resonanz meines Projekts lässt sich schwer messen. Wir haben mittlerweile ein vernünftige Basis an regelmäßigen Besuchern, die ein solch konsequente Umsetzung des Projekts auch erst ermöglicht. Auf der anderen Seite sind die Möglichkeiten, die wir zur Interaktion bieten (Kommentarfunktion, Forum etc.) noch lange nicht ausgeschöpft - da ist noch viel Luft nach oben. Aber auch hier gilt: Das nachhaltige Engagement bringt Erfolg. ;)

Direkt in Afrika bin ich derzeit nicht aktiv. Allerdings plane ich nächstes Jahr eine Forschungsreise nach Namibia. Und bei der Gelegenheit kann es auch sein, dass ich Botsuana und Südafrika besuchen werde. Hilfsprojekte sind das immer noch nicht - das sollte man auch den Experten überlassen, zu denen ich in diesem Bereich ganz sicher nicht zähle. Aber Aufklärung und Informationsbeschaffung und -verbreitung lassen sich damit ganz gut bewerkstelligen.
Bild

Sebastian Materne
Gründer und Betreiber von USA-Online
Partnerprojekt von Geschichte-Wissen.de
Sebastian Materne
Mitglied
Beiträge: 82
Registriert: 03.09.2009, 09:43
Kontaktdaten:

Quasi als Ergänzung zu meinen ersten Posts zu diesem Thema habe ich im Zuge des schrecklichen Terroranschlags beim Afrika-Cup und der danach aufkommenden Sicherheitsdebatte im Hinblick auf die Fußballweltmeisterschaft einen umfangreichen Artikel verfasst.
Afrika ist nicht gleich Afrika

Wer sich häufiger mit afrikanischen Ländern beschäftigt, hat diese Erfahrung in seinem Umfeld sicherlich schon einmal gemacht: Passiert irgendwo auf diesem von Sagen und Halbwahrheiten umhüllten Kontinent irgendwo eine Tragödie, steht der übrige Kontinent unter Generalverdacht Nährboden für ähnliche Ereignisse zu bieten. Jüngstes Beispiel: Nach dem Anschlag einer Separatisten-Gruppe auf die Nationalmannschaft des Togos gerät nicht nur ganz Angola in die Kritik. Nein, manch einer fürchtet gar um die Sicherheit der WM im Sommer in Südafrika und bemüht dafür die fadenscheinigsten Argumente und Verbindungen. Das ist aber nicht nur dem ersten Gastgeber einer WM auf afrikanischem Boden unfair gegenüber, es ist zudem auch schlicht falsch. Ein Kommentar.
weiterlesen ...
Bild

Sebastian Materne
Gründer und Betreiber von USA-Online
Partnerprojekt von Geschichte-Wissen.de
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Afrika“