Gedanken zur Geschichte der Ukraine

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Moderator: Barbarossa

Dietrich
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Problematisch ist die Tatsache, dass es eine ukrainische Identität erst sehr spät gibt und ein ukrainischer Staat eine ganz junge Erscheinung ist. In einem anderen Thread habe ich dazu gesagt:

"Der Begriff Ukraine taucht im 12. Jh. erstmals auf als Bezeichnung für die südlichen Teile der Kiewer Rus. Von einer ukrainischen Nation ist frühestens seit dem 19. Jh. die Rede und es gab auch bis zum 1. Weltkrieg keinen südrussischen Staat, der den Namen Ukraine trug.

Dazu passt, dass sich eine eigenständige ukrainische Sprache erst seit dem 18. Jh. entwickelte, die dann auch als Schriftsprache und in der Literatur Bedeutung gewann.

Demnach hat sich eine eigene ukrainische Identität, die auch im Volk verankert war, erst spät entwickelt und man kann dafür kein genaues Datum festlegen. Ich würde sagen, dass sich eine solche Identität im 19. Jh. herausbildete, was dann 1917/18 zur Unabhängigkeit der Ukraine führte, die freilich nicht lang währte.

Fazit: Eine eigenständige Identität der ukrainischen Bevölkerung gab es frühestens seit dem 17./18. Jh. und auch in dieser Epoche lediglich bei den oberen Gesellschaftsschichten wie dem Adel. Im breiten Volk kann man eine ukrainische Identität wohl erst seit dem 19. Jh. vermuten, möglicherweise sogar noch später, d.h. nach Ausrufung der Ukrainischen Volksrepublik 1917/18, die leider nur kurze Zeit souverän blieb.

Ausgangspunkt der ukrainischen bzw. ruthenischen Ethnie und Identität sind wohl das Kosakentum und die freien Wehrbauern an der südrussischen Grenze, eine Region, die folglich auch Ukraina hieß, d.h. Grenzland. Aufgrund der großen Zerrissenheit des Landes, das über Jahrhunderte zwischen Polen, Russland und dem Osmanischen Reich umkämpft und geteilt war, hat sich diese ukrainische Identität erst spät entwickelt."
Spartaner
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Dietrich hat geschrieben:
"Der Begriff Ukraine taucht im 12. Jh. erstmals auf als Bezeichnung für die südlichen Teile der Kiewer Rus. Von einer ukrainischen Nation ist frühestens seit dem 19. Jh. die Rede und es gab auch bis zum 1. Weltkrieg keinen südrussischen Staat, der den Namen Ukraine trug.

Dazu passt, dass sich eine eigenständige ukrainische Sprache erst seit dem 18. Jh. entwickelte, die dann auch als Schriftsprache und in der Literatur Bedeutung gewann.

Demnach hat sich eine eigene ukrainische Identität, die auch im Volk verankert war, erst spät entwickelt und man kann dafür kein genaues Datum festlegen. Ich würde sagen, dass sich eine solche Identität im 19. Jh. herausbildete, was dann 1917/18 zur Unabhängigkeit der Ukraine führte, die freilich nicht lang währte.
Für den nördlichen Teil der Ukraine gab es im Gegensatz zu den Menschen des übrigen Russland auch schon früh ein klare Unterscheidung. So wurden die Russen im nördlichen Teil im 17. Jhd. von den Polen und Litauern abfällig als Kleinrussen bezeichnet. Im Zarenreich ab 1721 bezeichnete man alle Ukrainer als Kleinrussen. So war schon von Seiten der adligen Führung Unterscheidungen innerhalb der russichen Ethnie gemacht worden. Mit dazu beigetragen hat auch der russische Dialekt der in der Ukraine gesprochen wurde. So sprachen die Ukrainer ein h dort aus, wo die übrigen Russen ein g ausprachen z. B. für Stadt -horod statt russisch gorod . Irgendwann werden die Unterschiede auch in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt sein, sowohl sprachlich als auch durch die Behandlung und Besteuerung durch den Adel.
http://www.retrobibliothek.de/retrobib/ ... ?id=109418
Von den Deutschen wurden die Ukrainer und Weißrussen als Ruthenen bezeichnet, dem lateinischen Namen für Rus.Sie wurden aber auch gleichbedeutend als Reußen(reußisch) bezeichnet
"Der Ausdruck „Ruthenen“ selbst bezeichnet die seit etwa dem 15. Jahrhundert im Großfürstentum Litauen, in Polen-Litauen und dem Königreich Ungarn lebenden Slawen östlichen christlichen Glaubens; die (Groß-)Russen hießen damals bereits Moscovitae oder Russi.
Wegen seiner mangelnden Eindeutigkeit führte die Verwendung des Namens Ruthenien immer wieder zu Missverständnissen, ein Grund dafür, dass er im 20. Jahrhundert, außer in historischen Abhandlungen mit eindeutigem Kontext, ungebräuchlich wurde.
Allerdings findet man Ruthenien als (inoffizielle) Bezeichnung für die Karpatoukraine neuerdings wieder häufiger."
http://de.wikipedia.org/wiki/Ruthenien
Aneri

Ich möchte hier Querverbindung mit schon vorhandenen ähnlichen Themen festhalten:
-Ist die Ukraine eine Nation?
-"Holodomor"-Hungerkatastrophe n der Ukraine
-Abspaltebestrebungen der Ostukraine - Donezk und Lugansk

Zu dem schon gesagten möchte ich nur etwas zufügen, was von anderen nicht erwähnt wurde. Die Wurzeln des ukrainischen Nationalismus waren schon damals verschieden. In ukrainischen Teil, der in der Östtreichischen Reich war, war gefordert und unterstützt "prowestlicher" Nationalismus (um dem feindlichen Russland zu schaden). zaristische Russland pflegte Konzept "der Dreieinigkeit des Russischen Volkes. In gleichen Quelle:
...Allerdings bleibt die Konzeption eines dreieinigen russischen Volkes in verschiedenen Formen in den politischen und publizistischen Sphären Russlands, der Ukraine und Weißrusslands am Leben. Die Russisch-Orthodoxe Kirche macht sich für das Konzept der „russischen Welt“ (русский мир) stark und spricht offen über die Notwendigkeit der „Wiedervereinigung“ des dreieinigen russischen Volkes, die manchmal als das wichtigste Ziel für das 21. Jahrhundert bezeichnet wird. Gleichzeitig wird die Konzeption der Dreieinigkeit als eine Kategorie der vergangenen Jahrhunderte betrachtet, die modernisiert werden muss und eine Suche nach neuen Identitäten und neuen einigenden Impulsen erfordert.
Wobei hier soll auch erwähnt, dass ukrainische Kirche hat sich abgespalten und damit die Bemühungen der orthodoxen Moskauer Kirche zunichte macht. Übrigens in Osten sind Kirche noch weitgehend der Moskauer Patriarchat zuhörig. Ein deutlicher Indiz, wie es mit anderen ideologischen Einstellungen des ansässigen Bevölkerung ist.
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