Russland ist politisch zerrissen

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Barbarossa
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Russland reagiert gespalten
Dienstag, 5. August 2008 02:04 - Von Manfred Quiring

Russland trauert um Alexander Solschenizyn. In Beileidsbekundungen würdigten Präsident Dmitri Medwedjew, Premier Wladimir Putin, Politiker, Vertreter von Parteien und gesellschaftlichen Organisationen eine große Persönlichkeit des russischen Geisteslebens. Die Nachrufe offenbarten zugleich die Zerrissenheit der russischen Gesellschaft bei der Beurteilung der Vergangenheit.
(...)
Solschenizyn habe, wie Millionen seiner Landsleute, schwere Prüfungen überstehen müssen, sagte der ehemalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow in einer Erklärung. Sein Beitrag zur Überwindung des Totalitarismus könne nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er sei einer der ersten gewesen, die "mit lauter Stimme die ganze Wahrheit über die Unmenschlichkeit des stalinschen Systems und über die Menschen ausgesprochen haben, die darunter gelitten haben und doch ungebrochen blieben". Insbesondere mit seinen Büchern "Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch" und "Archipel Gulag" habe er das Bewusstsein von Millionen Menschen verändert und sie dazu bewogen, Vergangenheit und Gegenwart zu überdenken.
"Er hat bis zum Ende seines Lebens dafür gekämpft, dass Russland seine totalitäre Vergangenheit hinter sich lässt, eine würdige Zukunft hat und zu einem freien und demokratischen Land wird. Wir schulden ihm viel", sagte Gorbatschow.
(...)
Roginski würdigte den Mut des Verstorbenen, in die Vergangenheit zu blicken, "wissend, dass ohne die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, der Aufbau der Zukunft nicht möglich ist".

:arrow: Diesen Mut bringt Kommunistenchef Gennadi Sjuganow nicht auf - wie übrigens viele seiner Landsleute. Kritik an Stalin gilt ihnen als Beschmutzung des Sieges über Hitlerdeutschland. Sjuganow würdigt den Schriftsteller und Historiker da, wo der die Reformen der 90er-Jahre rügt. Seine Abrechnung mit dem Sowjetsystem sei dagegen "äußerst tendenziös und einseitig" gewesen. Solschenizyn habe zwar ein sehr bedauernswertes Schicksal erlitten, darüber dürfe man aber nicht "die Heldentaten des ganzen Volkes, das schöpferische Potenzial des großen Landes" verneinen.
:!:

(ohne Worte!)
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Barbarossa
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Ein weiterer Artikel, der gut dazu passt:
RUSSLAND: Skandal um eine Stalin-Ikone
KP will Diktator heiligsprechen lassen

MOSKAU - Warum der Maler wohl die Tabakspfeife unterschlagen habe, die sonst auf keinem Stalin-Bild fehlt, fragte sich, rein rhetorisch, Alexander Budnikow, im Moskauer Patriarchat für Missionstätigkeit zuständig. Die Attacke des Klerikers galt einer Ikone der besonderen Art, die seit Ende Juli in einer Kirche im St. Petersburger Vorort Strelnja hängt. Sie zeigt den Generalissimus, der von der heiligen Olga den Segen empfängt.
(...)
aufgehängt hatte es Ende Juli der Pope höchstpersönlich: Jewstafi Schakow. Der bezeichnete Stalin als seinen geistigen Ziehvater, dessen Heldentaten er in seinen Predigten würdige, „wann immer es angeht“.

Woher die Ikone stammt, will Metropolit Wladimir, der Oberhirt von Vater Jewstafi, jetzt bei einem Disziplinarverfahren klären. Die Petersburger Regionalorganisation der Kommunistischen Partei, die 10 000 Kopien drucken ließ und in ihrer Zentrale verkauft hatte, verlangte vom Patriarchat die Heiligsprechung des Diktators, kaum dass die Ikone in der Kirche hing,. Stalin, so der Petersburger KP-Chef Sergej Malinkewitsch, habe sich für soziale Gerechtigkeit engagiert und sei daher ein Geistesverwandter von Jesus...
weiter lesen: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/ ... -eine.html
Dreister gehts wohl nicht mehr?!
Wann werden solche kommunistischen Massenmörder wie Stalin genauso geächtet sein, wie die faschistischen/nationalsozialistischen?
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Naphae
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Barbarossa hat geschrieben:Stalin, so der Petersburger KP-Chef Sergej Malinkewitsch, habe sich für soziale Gerechtigkeit engagiert und sei daher ein Geistesverwandter von Jesus...
Über diesen Beitrag bin ich auch schockiert. Wie rechtfertigen die nur solche Aussagen?!

Mittlerweile dürfte doch bekannt sein, wie Stalin regierte. Oder ist das nur im Ausland bekannt (was mich aber verwundern würde)?

Solche Aussagen machen einen einfach nur sprach- und fassungslos.
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elysian
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Stalin war kein Geistesverwandter sondern ein Geisteskranker.

@Barbarossa
Das wünsche ich mir zwar auch, aber schau Dir nur mal an, wie man in Spanien(Franco) oder, vor allem!, in Italien(Mussolini) die eigene totalitäre Geschichte behandelt.
Ich sehe außer den Deutschen keine andere Nation, die sich ernsthaft zu einer sog. Aufarbeitung seiner Geschichte entschlossen hätte.
Also hege ich hinsichtlich der Bewertung der russischen Geschichte durch die Russen keine Hoffnung.
sic transit gloria mundi
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Barbarossa
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elysian hat geschrieben:@Barbarossa
Das wünsche ich mir zwar auch, aber schau Dir nur mal an, wie man in Spanien(Franco) oder, vor allem!, in Italien(Mussolini) die eigene totalitäre Geschichte behandelt.
Oh, da muß ich ganz ehrlich zugeben, daß ich darüber gar nicht so viel weiß.
Gib mir doch mal ein paar Infos, wie man in Italien, Spanien oder auch in Ungarn mit der eigenen totalitären Vergangenheit umgeht.
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Maksim
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Ich bitte darum sich einmal zu erinnern, wie es in Deutschlands Osten im Jahre 1989/90 war. Wer hierüber, bedingt durch das eigene Lebensalter, keine eigenen Erinnerungen hat, der möge doch bitte einmal die Eltern oder Großeltern befragen.

Ein System „geht unter“, die Grenzen gehen auf und die ersten „Besucher“ aus dem „goldenen Westen“ sind die Spekulanten, Profiteure und Verkäufer ... vom Versicherungsheini bis zum Handyverkäufer ... die dem „Eingeborenen“ erst einmal erklären wie blöde er doch eigentlich war, dass er sich 40 Jahre lang von einem Regime hat einsperren, bespitzeln und bevormunden lassen. Und als nächstes wird dann das Krokoköfferchen aufgemacht und dem „doofen Ossi“ alles das aufgeschwatzt, was er nie im Leben wirklich braucht.

Den Russen ist es viel schlimmer ergangen. Die Jahre der Jeltsin-Präsidentschaft, die dem russischen Volk als die Jahre der Demokratzija und Privatisatzija ... der Demokratie und Privatisierung ... verkauft wurden, kommen als Dermo'kratzija und Piratisatiza ... der Schei**okratie und Piratisierung ... beim Durchschnittsrussen an. Die Lebensleistung mehrerer Generationen wird, quasi über Nacht, für einen Klicker und einen Knopf, an Spekulanten und Oligarchen verschleudert. Die Spareinlagen auf der Sberbank werden abgewertet und eingefroren, monatelang werden keine Löhne und Gehälter ausgezahlt und das Volk in bittere Armut gestürzt.

Obendrein fliegen auch noch massenhaft junge und überhebliche Bürschlein, mit druckfrischen „Diplomen“ irgendwelcher US- Business Schools, ins Land ein und erklären der Bevölkerung, dass sie sich nun mal schön an die Weihen und den Segen des Kapitalismus gewöhnen sollen.

Zeitgleich gibt die US-Regierung zu hundert tausenden „Cold War Victroy Medals“ ... Siegesmedaillen für „den gewonnenen kalten Krieg“ ... aus, und erklären sich – die Amerikaner - als „Sieger“ in einem „Krieg“, der nur in der amerikanischen Lesart so stattgefunden hat.

Alles in Allem eine schallende Ohrfeige und eine unbeschreibliche Beleidigung für ein Volk, dass unter schwersten materiellen und personellen Verlusten den europäischen Kontinent, wahrscheinlich sogar die ganze Welt, von dem größten Übel des 20 Jahrhunderts ... dem Nationalsozialismus ... quasi im Alleingang erlöst hat.

Wen wundert es, dass dieses Volk sich nicht weiter belehren lassen will, sich nicht vorschreiben lassen will, wie es mit der eigenen Geschichte umzugehen bzw. diese „aufzuarbeiten“ hat. Wenn Russen ihre eigene Geschichte analysieren und bewerten, dann tun sie dies ganz für sich alleine, ohne dabei äußeren Zwang oder Druck zuzulassen oder sich diesem gar zu beugen.

Jeder Staat und jede Regierung, sich bemüßigt fühlend Kritik an der russischen Geschichtsbetrachtung zu äußern, sollten zuerst und vorrangig die eigene Geschichte „abwickeln“. Und dies gründlich.

Dies USA müssten die nächsten 1000 Jahre in Sack und Asche gehen, würden sie sich endlich kritisch mit dem Genozid an der Urbevölkerung auseinander setzen, die den Kontinent bewohnten bevor die ersten weißen Kolonisten eintrafen. Oder aber mit dem Zeitalter der Sklaverei, den ersten (und einzigen) Atombombenabwürfen auf rein zivile Städte im Krieg gegen Japan.

England und Frankreich hätten mit ihrer Kolonialzeit, den damit verbundenen blutigen Kolonialkriegen und der Ausbeutung / Versklavung ganzer Völker, wahrlich genug zu tun. Spanien wurde schon angesprochen, die Zeit des Bürgerkrieges und des Franco-Faschismus (bis 1975 !!!) ist noch lange nicht aufgearbeitet.

Im „Tal der Gefallenen“ wird noch heute der gefallenen Faschisten gedacht, an Francos Grab von der katholischen Kirche Spaniens Messen gelesen und ein unbeschreiblicher Totenkult betrieben – mit Billigung und aktiver Teilnahme des Königshauses, das ohne diese, nach Francos Tod, nie wieder in Amt und Würden gekommen wäre.

All dies, während es immer noch tausende über tausende Vermisste und Verschwundene der „Republik“ gibt, die in Bürgerkrieg und Francozeit per Genickschuss hingerichtet und irgendwo verscharrt wurden. Von denen man sehr wohl weiß wo sie verscharrt liegen, man es aber bis heute – aus Staatsraison – verhindert, dass diese Opfer exhumiert, identifiziert und würdig bestattet werden. Und dies im Europa des 21 Jahrhunderts.

Von Deutschland möchte ich hier gar nicht erst anfangen. Trotz - zugegeben - vorbildlicher Aufarbeitung der jüngeren Geschichte, liegen auch in Deutschland noch sprichwörtlich viele „Leichen im Keller“.

Ich weiß, aus eigener Erfahrung und eigenem Erleben, dass sich Russland und die Russen durchaus kritisch mit der Geschichte des Zarenreiches und der Sowjetunion auseinander setzen. Sie tun es nur nicht öffentlich und nicht in der anscheinend vom „Westen“ geforderten Art und Weise.

Und das ist auch gut so !
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Barbarossa
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Das mag stimmen, was du schreibst. Aber es gibt in jedem Land eben auch Menschen, die aus der (sehr unschönen) Vergangenheit nichts gelernt haben - wie in dem Artikel beschrieben und wenn dann Vertreter der Kirche da noch mitmachen, obwohl gerade auch sie unter Stalin und seinen Nachfolgern zu leiden hatten, dann macht mich das schon sehr nachdenklich.
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Maksim
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Barbarossa hat geschrieben:Das mag stimmen, was du schreibst. Aber es gibt in jedem Land eben auch Menschen, die aus der (sehr unschönen) Vergangenheit nichts gelernt haben - wie in dem Artikel beschrieben und wenn dann Vertreter der Kirche da noch mitmachen, obwohl gerade auch sie unter Stalin und seinen Nachfolgern zu leiden hatten, dann macht mich das schon sehr nachdenklich.
Nachdenken und nachdenklich sein ist lobenswert. Auch hervor zu heben, dass es diese Wirrköpfe in jedem Land gibt. Was die Kirche betrifft, deren Rolle im faschistischen Spanien - und danach - habe ich bereits angedeutet.

Einen "Stalinkult", wie die Artikel ihn unterschwellig andeuten, habe ich in Russland aber so nicht festgestellt. Auch kenne ich keinen Russen, der Stalin in einer solchen Art und Weise verehren würde.
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Naphae
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Maksim hat geschrieben: Einen "Stalinkult", wie die Artikel ihn unterschwellig andeuten, habe ich in Russland aber so nicht festgestellt. Auch kenne ich keinen Russen, der Stalin in einer solchen Art und Weise verehren würde.
In einer Doku über Russland (leider weiß ich den Titel nicht mehr) hab ich wirklich mal ungläubig in die Flimmerkiste gestarrt.

Da war ein - ich sag mal - neureicher Unternehmer, bei dem war das deutsche Kamerateam zu Besuch und die haben ganz schön dumm geschaut, als sie in seinem Haus und Garten Büsten von Stalin stehen sehen haben. Dieser Mann verehrt Stalin und seine Denkweise bzw. Regierungsweise. Doch der Höhepunkt war, als dieser Unternehmer das Kamerateam fragte, ob wir in Deutschland nicht auch Statuen und Büsten von Hitler hätten, da ja auch Hitler Gutes getan hat.

Dazu viel mir vor lauter Schreck gar nichts ein!
Das mag vielleicht nicht übergreifend auf alle Russen passen, aber ist dennoch ein Beispiel für die o. g. Artikel.
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elysian
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@Barbarossa
Zum Beispiel verkauft man in Italien Wein mit dem Konterfei des Duce und des Führers.
Nicht zu vergessen die Neofaschistische Partei!

@Maksim
einige Anmerkungen:
Alles in Allem eine schallende Ohrfeige und eine unbeschreibliche Beleidigung für ein Volk, dass unter schwersten materiellen und personellen Verlusten den europäischen Kontinent, wahrscheinlich sogar die ganze Welt, von dem größten Übel des 20 Jahrhunderts ... dem Nationalsozialismus ... quasi im Alleingang erlöst hat.
Vieles richtig. Aber es kann von einem Alleingang nicht die Rede sein. Russland wurde von Beginn an von den Westmächten in erheblichem Umfang mit militärischen Gütern beliefert.
Zweitens hat Russland die Welt nicht von dem größten Übel befreit, sondern ein Übel durch ein anderes, lange Zeit nicht weniger mörderisches Übel ersetzt. Dieses andere Übel ist auch noch nicht völlig aus der Welt.
Wen wundert es, dass dieses Volk sich nicht weiter belehren lassen will, sich nicht vorschreiben lassen will, wie es mit der eigenen Geschichte umzugehen bzw. diese „aufzuarbeiten“ hat. Wenn Russen ihre eigene Geschichte analysieren und bewerten, dann tun sie dies ganz für sich alleine, ohne dabei äußeren Zwang oder Druck zuzulassen oder sich diesem gar zu beugen.
Das wundert mich in der Tat nicht. Abgesehen von den Deutschen wird, soweit ich das überschauen kann, schlicht verdrängt. Auch die Aufarbeitung der Arpartheit klärt weniger die wahren Sachverhalte auf, als dass diese Tribunale Gräben zu schließen versuchen.
Allerdings muss man auch festhalten, dass sich die Neonazisten in Deutschland in denselben Denkbahnen bewegen. Die denken sich das Dritte Reich auch so, wie es ihnen gefällt...
Den Russen ist es viel schlimmer ergangen. Die Jahre der Jeltsin-Präsidentschaft, die dem russischen Volk als die Jahre der Demokratzija und Privatisatzija ... der Demokratie und Privatisierung ... verkauft wurden, kommen als Dermo'kratzija und Piratisatiza ... der Schei**okratie und Piratisierung ... beim Durchschnittsrussen an. Die Lebensleistung mehrerer Generationen wird, quasi über Nacht, für einen Klicker und einen Knopf, an Spekulanten und Oligarchen verschleudert. Die Spareinlagen auf der Sberbank werden abgewertet und eingefroren, monatelang werden keine Löhne und Gehälter ausgezahlt und das Volk in bittere Armut gestürzt.

Obendrein fliegen auch noch massenhaft junge und überhebliche Bürschlein, mit druckfrischen „Diplomen“ irgendwelcher US- Business Schools, ins Land ein und erklären der Bevölkerung, dass sie sich nun mal schön an die Weihen und den Segen des Kapitalismus gewöhnen sollen.
Man sollte nicht unterschlagen, dass die rücksichtlosesten "Kapitalisten" allesamt selbst Russen waren und sind. Die sogenannten Oligarchen.
In Russland hat sich nach dem Kommunismus keine Demokratie sondern eine Oligarchie entwickelt, die aktuell wiederum von einem m.E. totalitären System zurückgedrängt wird. Dieses bietet im Verhältnis zur Oligarchie wenigstens eine gewisse Stabilität und ist wesentlich deshalb im Volk populär.
Zeitgleich gibt die US-Regierung zu hundert tausenden „Cold War Victroy Medals“ ... Siegesmedaillen für „den gewonnenen kalten Krieg“ ... aus, und erklären sich – die Amerikaner - als „Sieger“ in einem „Krieg“, der nur in der amerikanischen Lesart so stattgefunden hat.
Was man davon auch immer halten mag, aber die Formulierung "kalter Krieg" wurde nicht nur von den Amerikanern verwendet. Man mag einwenden, dass Russland andere Worte benutzte, aber im Verhalten sehe ich faktisch keinen Unterschied. Deshalb ist es vielleicht geschmacklos, aber nicht unberechtigt, von einem Sieg zu sprechen.
Von Deutschland möchte ich hier gar nicht erst anfangen. Trotz - zugegeben - vorbildlicher Aufarbeitung der jüngeren Geschichte, liegen auch in Deutschland noch sprichwörtlich viele „Leichen im Keller“.
Eine vollständige Aufklärung ist wohl nicht möglich, aber man hat sich in der Tat mit der eigenen Geschichte ausgesprochen kritisch auseinander gesetzt und ist wenigstens zu trefflichen Bewertungen gekommen und verteidigt diese auch mit Zähnen und Klauen gegen jede Form von Geschichtsklitterung.
Ich weiß, aus eigener Erfahrung und eigenem Erleben, dass sich Russland und die Russen durchaus kritisch mit der Geschichte des Zarenreiches und der Sowjetunion auseinander setzen. Sie tun es nur nicht öffentlich und nicht in der anscheinend vom „Westen“ geforderten Art und Weise.

Und das ist auch gut so !
Natürlich gibt es auch viele kritische Russen. Das stellt niemand in Frage. Aber es ist alles andere als gut, dass diese Leute ihre Kritik meist nur privat und nicht öffentlich entfalten. Denn daraus resultiert zweierlei:
-sie bieten anderen Russen, die schlecht informiert sind oder sich nicht informieren wollen, keinen Reiz zu einer richtigen Bewertung der Geschichte des Stalinismus
-auf diese Weise wird denen das Feld kampflos überlassen, die (s. KP-Aussage) Geschichtsklitterung öffentlich und mit entsprechender Wirkung betreiben

Man darf nicht vergessen, wir reden hier von schwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Massenmorden. Soll man zwar gegen solche Verbrechen sein, aber nur privat? Und öffentlich hält man besser die Klappe? Statt solche Untaten, geschehene, geschehende oder drohende, mit Nachdruck und öffentlich anzuprangern?
Also an "Kaffeekranzwiderständlern" hat es auch im Dritten Reich nicht gemangelt!
Und wie soll man dann bitte das Thema Menschenrechte glaubwürdig vertreten (wobei hier dem Westen große Vorwürfe zu machen sind!)?
Was ist denn dann mit den Dissidenten in China? Ihre Meinung finden wir toll, aber warum haben sie diese nicht für sich behalten?
Ich kann hieran gar nichts Gutes finden.

Im Ergebnis rechtfertigt m.E. weder der Schock der totalen Niederlage im 2.WK noch der Schock durch den Systemumsturz in der DDR oder in Russland oder aber das schlechte Beispiel anderer Völker (da hast Du viele gute Beispiele gebracht) irgendeine Form der Geschichtsklitterung oder ihre Hinnahme.
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Maksim
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Vieles richtig. Aber es kann von einem Alleingang nicht die Rede sein. Russland wurde von Beginn an von den Westmächten in erheblichem Umfang mit militärischen Gütern beliefert.
Mit den Ursachen, Hintergründen und Auswirkungen der „Lend & Lease – Verträge“, die Du hier andeutest, habe ich mich sehr ausführlich beschäftigt. Hierzu ließen sich ellenlange Ausführungen schreiben, die in der „westlichen Betrachtungsweise“ jedoch stets nur als großzügige, selbstlose und kriegsentscheidende Gaben der USA (in geringerem Umfang auch Kanadas und Großbritanniens) angesehen bzw. bewertet werden. 60 Jahre westliche Geschichtsschreibung sind hier nicht spurlos an der Realität vorbei gegangen.

Trauriger Fakt ist und bleibt jedoch die Tatsache, dass die „Westmächte“ sich 3 Jahre Zeit ließen um „die zweite Front“ zu eröffnen, eine Front auf die die Sowjetsoldaten verzweifelt gewartet und die Stalin wiederholt dringend erbeten hatte. 3 Jahre hat man die Sowjets alleine gelassen, 3 Jahre waren sie die Einzigen, die den Krieg auf dem europäischen Kontinent gegen Hitlerdeutschland gekämpft haben. 25 Millionen Tote alleine auf sowjetischer Seite zeichnen ein überdeutliches Bild der Kriegsanstrengungen der Sowjets.

Sehr empfehlenswert ist das Studium der Äußerungen Churchills, aber auch Roosevelts (und später Trumans) über die Hintergedanken der Westmächte. Ich will hier nicht in Details abschweifen, gebe als Stichworte nur Churchills Vorschlag zu „Operation Unthinkable“ und seine berühmte Aussage „Wir haben das falsche Schwein geschlachtet“.
Zweitens hat Russland die Welt nicht von dem größten Übel befreit, sondern ein Übel durch ein anderes, lange Zeit nicht weniger mörderisches Übel ersetzt. Dieses andere Übel ist auch noch nicht völlig aus der Welt.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Ich kann, für mich, im 20 Jahrhundert kein größeres Übel erkennen, als den Nationalsozialismus und Hitlers Angriffskrieg. Ich bin ganz sicher kein Stalinist, auch kein Apologet des „Stalinismus“, aber Nationalsozialismus und Stalinismus lassen sich ganz sicher nicht miteinander vergleichen. Nicht einmal ansatzweise.

Der Stalinismus hat zu keiner Zeit einen Vernichtungskrieg oder einen industriellen Massenmord inszeniert, kann daher – trotz aller begangen Verbrechen, die ich keineswegs wegdiskutieren möchte – einen Vergleich mit dem Nationalsozialismus standhalten.
Allerdings muss man auch festhalten, dass sich die Neonazisten in Deutschland in denselben Denkbahnen bewegen. Die denken sich das Dritte Reich auch so, wie es ihnen gefällt...
Die „Nostalgie“ in den Köpfen der „Fanatiker“ gibt es also auf beiden Seiten, aber nur Russland ist deswegen zu verteufeln und „das Übel noch nicht völlig aus der Welt“ ? Nennt man dies nicht „die Anwendung doppelter Standards“ ?
Man sollte nicht unterschlagen, dass die rücksichtslosesten "Kapitalisten" allesamt selbst Russen waren und sind. Die so genannten Oligarchen. In Russland hat sich nach dem Kommunismus keine Demokratie sondern eine Oligarchie entwickelt, die aktuell wiederum von einem m.E. totalitären System zurückgedrängt wird. Dieses bietet im Verhältnis zur Oligarchie wenigstens eine gewisse Stabilität und ist wesentlich deshalb im Volk populär.
Ohne den Input der amerikanischen „Think Tanks“ und der so genannten „NGOs“ wäre es nie zu der Oligarchie, im geschehenen Ausmaß, gekommen. Und wenn wir einmal ganz ehrlich zueinander sind, viele schreien heute – auch und besonders in Deutschland – nach der Verstaatlichung der durch „Globalisierung“ und „Liberalisierung“ verloren gegangenen Arbeitsplätze, Werte und Unternehmen. Aber auch dies ist wieder ein abendfüllendes Thema.

Was man davon auch immer halten mag, aber die Formulierung "kalter Krieg" wurde nicht nur von den Amerikanern verwendet. Man mag einwenden, dass Russland andere Worte benutzte, aber im Verhalten sehe ich faktisch keinen Unterschied. Deshalb ist es vielleicht geschmacklos, aber nicht unberechtigt, von einem Sieg zu sprechen.
Es geht weder um die Wortwahl, noch um den verwendeten Begriff. Es geht schlussendlich um die nackte Tatsache, dass sich eine Seite unilateral zum Sieger eines Konflikts erhebt, in dem es nur Gewinner und keine Verlierer gibt. „Gewonnen“ haben alle, die komplette Menschheit, weil aus dem „kalten“ kein „heißer“ Krieg wurde. Dies, zum überwiegenden Teil, weil die Sowjetunion - unter ihrem letzten Vorsitzenden und Generalsekretär Michail Gorbatschow – aus der Spirale ausgestiegen ist. Er hätte auch alles auf eine Karte setzten und die militärische Option wählen können, dann sähe die Welt heute anders aus. Deshalb sind wir, der Sowjetunion im Allgemeinen und Michail Gorbatschow im Besonderen, zu großem Dank verplichtet, nicht zu arroganten und überheblichen „Siegeserklärungen“ und der Ausgabe von „Siegesmedaillen“. Es ist daher sehr wohl unberechtigt von einem „Sieg des Westens“ zu sprechen.

Eine vollständige Aufklärung ist wohl nicht möglich, aber man hat sich in der Tat mit der eigenen Geschichte ausgesprochen kritisch auseinander gesetzt und ist wenigstens zu trefflichen Bewertungen gekommen und verteidigt diese auch mit Zähnen und Klauen gegen jede Form von Geschichtsklitterung.
Erzähle dies bitte den deutschen Politikern und Wirtschaftsgrößen, die sich – gerade in letzter Zeit – wieder so gerne dem entsprechenden Gedanken, und der entsprechenden Wortwahl, annähern. Da werden Oppositionspolitiker mit Goebbels verglichen (Helmut Schmitt über Oskar Lafontaine), oder mit Göhring (Helmut Kohl über Wolfgang Thierse) ... da wird „Managerkritik“ mit der Judenverfolgung gleichgesetzt (Stichwort „Pogrom“) ... und eine Fernsehmoderatorin empfindet den „Autobahnbau“ im 3. Reich als „lobenswerte Errungenschaft des Nationalsozialismus“.

Klar, die rudern alle wieder zu zurück, aber gesagt ist gesagt und es zeugt von einer entsprechenden Denke. Es wäre auch falsch, hier von „Entgleisungen rechter Wirrköpfe“ zu sprechen.
Natürlich gibt es auch viele kritische Russen. Das stellt niemand in Frage. Aber es ist alles andere als gut, dass diese Leute ihre Kritik meist nur privat und nicht öffentlich entfalten. [...]
Warum wird hier die Arbeit der Organisationen, wie z.B. „Memorial“ – und vieler anderer mehr, ausgeblendet ? Und auch in der Duma gibt es entsprechende Erklärungen, nicht umsonst sind die „Stalinisten“ in Russland eine kleinere Randerscheinung als die „NPDler“ in Deutschland.

Wenn ich also schreibe, dass die Aufarbeitung „nicht öffentlich“ erfolgt, dann meine ich damit nicht „außerhalb der russischen Öffentlichkeit“ sondern vielmehr „nicht vor der Weltöffentlichkeit“. Was erwartet man von Russland ? Einen Auftritt vor der UN-Generalversammlung, in Sack und Asche, und eine öffentliche Entschuldigung ? Einen Canossa-Gang nach Washington, verbunden mit einem Kniefall vor dem US-Kongress ?

Die Assoziation „Kaffeehauswiderständler“ ist hier, meiner Meinung nach, völlig fehl am Platze und weit an der Realität vorbei.
Statt solche Untaten, geschehene, geschehende oder drohende, mit Nachdruck und öffentlich anzuprangern?
Welche „Untaten“, und wir sind hier beim Stalinismus, geschehen denn gerade ? Und welche drohen noch ? Welches Gulag soll wieder eröffnet, welche Massenerschießungen finden gerade statt – oder sind in Planung ? Dies ist doch alles ziemlich weit her geholt, oder ?

Nicht weit her geholt sind allerdings folgende Tatsachen ...

Der einzig derzeit noch laufende „Angriffskrieg“ findet im Irak statt, dass einzige Gefängnis – welches der Definition eines Konzentrationslagers am nähesten kommt – ist das Sonderlager Guantanamo Bay auf Kuba ... unter wessen Verwaltung ? ... in dem, ganz „legal“, gefoltert wird (Stichwort: „waterboarding“) und in dem seit Jahren Häftlinge ohne Rechtsbeistand auf Prozesse warten ... wo bleibt der juristische Grundsatz der Unschuldsvermutung ? Unschuldig solange die Schuld nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist ?

Darum sollte man sich kümmern, jetzt und schnell, denn dort werden Untaten begangen ... dort und im Irak – und dies schon seit Jahren, unter den Augen der Öffentlichkeit. Nicht in Russland.

„Geschichtsklitterung“ ist ein schönes Wort, „Realitäts- bzw. Gegenwartsklitterung“ aber auch. Und letztere sind weitaus dringender als alles andere.
elysian
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Es dauerte nicht drei Jahre, bis eine zweite Front entstand.
Denk nur mal an den Kampf in Nordafrika. Allerdings dauerte es einige Zeit, bis die Front nach Europa verschoben werden konnte.
Die erhebliche Zuführung kriegswichtiger Güter an Russland lässt sich auch nicht leugnen.
Der eigentlich traurige Fakt ist aber, und daher ist das Misstrauen des Westens verständlich, die russische Unterstützung des Dritten Reiches zu Kriegsbeginn und noch bis zum Ostfeldzug! Auch agierte Russland nicht weniger aggressiv als Deutschland (Baltikum, Finnland, etc.).

Ob Churchill mit dem falschen Schwein Recht hatte? Denke ich nicht. Aber er hatte Recht, beide als Schwein zu bezeichnen. Denn Hitler und Stalin sind letztlich eines Geistes Kind.
Der Stalinismus hat sehr wohl Massenmorde inszeniert (s. insb. Ukraine) und den Großen Vaterländischen Krieg später ebenso als Vernichtungsfeldzug, begleitet durch entsprechende Propaganda (interessant ist hier insbesondere der Wechsel von der "Arbeiterpropaganda" hin zu einer der NS-Wortwahl nahestehenden Propaganda), geführt, wie die Nazis den Ostfeldzug.
Der Stalinismus hält dem Vergleich in jedem Fall stand.

Den Schuh, dass nur Russland verteufelt würde, zieh ich mir nicht an und er ist auch unberechtigt. Zum einen hatte ich bereits auf Defizite in westlichen Demokratien hingewiesen, zum anderen gibt es ja nach wie vor sozialistische Unrechtsregime in dieser Welt.

Ferner mögen amerikanische "TT" usw. Einfluss gehabt haben, aber die Oligarchie entstand durch das Handeln bestimmter Personen, die nun einmal vornehmlich Russen sind und für deren Verhalten nicht in erster Linie westliche Einflüsse verantwortlich gemacht werden können. Oligarche Ansätze entwickelten sich in den kommunistischen Regimen schon viel früher (schlimmstes Beispiel war wohl Rumänien).
Im Westen wird von einigen Wenigen nach Verstaatlichung geschrien. Aber damit würde nichts gewonnen. Die Staatswirtschaft ist entschieden weniger leistungsfähig. Bei den Banken sind ja nicht umsonst gerade die Staatsbetriebe am dicksten in der Klemme. Durch die Globalisierung sind auch nicht nur Arbeitsplätze verloren gegangen (oder besser verlagert worden) sondern auch viele Arbeitsplätze entstanden. Der Arbeitsmarkt ist allerdings in bestimmten Segmenten rückläufig. Speziell im Bereich niedriger oder nicht vorhandener Qualifikation.
Wenn Du von der Liberalisierung redest, kommt es darauf an, was Du damit meinst. Privatisierungen? Da gibt es positive Beispiele (Telefonmarkt) und negative (Energiewirtschaft), wobei letztere mitunter gerade wegen fehlender Liberalität Probleme verursachen.

Was das mit dem Gewinner angeht, so kann man zwar sagen, dass alle Menschen gewonnen haben, aber ebenso eindeutig hat ein politisches System/ein Machtblock/etc. den Konflikt durch Aufgabe eindeutig gewonnen.
Ich stimme allerdings zu, dass man sich das Siegesgeheul besser verkniffen hätte.

Bei den Entgleisungen teile ich Deine Meinung teilweise. Der entscheidende Unterschied liegt hier aber in der Reaktion der Öffentlichkeit. Wer eine solche Entgleisung zu verantworten hat (hinter der allerdings nicht immer auch eine entsprechende Denke stecken muss), wird gezwungen, seinen Standpunkt zu revidieren.
Das mag man moralistisch nennen, aber so wird die historische Erkenntnis durchaus wirkungsvoll verteidigt.
Und an solchen Reaktionen fehlt es in diesem Fall, denn wir reden hier letztlich um einen Russen (Alexander Solschenizyn), der sich genau darum bemühte, in Russland nur zu oft.

Was das Öffentliche und Private angeht, so schweigt hier niemand z.B. Memorial tot. Allerdings ist privat privat und öffentlich ist öffentlich. Wenn Du die russische Öffentlichkeit als privat bezeichnest, ohne das kenntlich zu machen, liegt die Verantwortung für daraus folgende Missverständnisse dann aber bei Dir. ;)
Rein privaten Widerstand, also "Kaffehauswiderstand", gab es auch im Dritten Reich mehr als man meint.
Dass die Stalinisten eine kleinere Randerscheinung als die NPDler wären, ist mit Blick auf die Wahlergebnisse schlicht falsch.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kommunisti ... ion#Wahlen

Was die Untaten angeht, so ist da nichts weit hergeholt, sondern der von Dir hergestellte Bezug verkehrt.
Hinsichtlich stalinistischer Untaten sind ausschließlich und erkennbar nur vergangene gemeint.
Diese Zeilen sind aber vor allem als Kritik am rein privaten Widerstand im Wohnzimmer zu verstehen.
Es ist wichtig, dass gegen vergangene, aktuelle und kommende Vorfälle öffentlich Stellung bezogen wird.
Alle diese Themen sind absolut gleichwertig.
Ich stimme Dir zu, dass Guantanamo aktuell am ehesten an ein Gulag heranreicht. Aber insoweit wir hier von Verbrechen an der Menschlichkeit reden, sollten wir nicht hinter Nürnberg zurückgehen und alles mit einem simplen "tu quoque" beiseite wischen.
Hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit finde ich persönlich die Entwicklung in den USA (die Gerichte ziehen die Fälle endlich an sich) erfreulicher als die Entwicklung in Russland (Schauprozess gegen den Ölmagnaten, als das Gericht sogar die Rechtschreibfehler der Staatsanwaltschaft abtippte!).
Außerdem möchte ich mal daran erinnern, wie heftig die USA auch in den USA kritisiert worden sind. Oder zur Zeit des Vietnamkrieges wurden, um mal ein anderes Beispiel zu nennen.
Unterm Strich zeigt die russische Öffentlichkeit, bei ggfls. privater Entrüstung, keine entsprechene öffentliche Reaktion.
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elysian hat geschrieben:Was das mit dem Gewinner angeht, so kann man zwar sagen, dass alle Menschen gewonnen haben, aber ebenso eindeutig hat ein politisches System/ein Machtblock/etc. den Konflikt durch Aufgabe eindeutig gewonnen.
Ich stimme allerdings zu, dass man sich das Siegesgeheul besser verkniffen hätte.
Man muß sich dabei aber die Frage stellen, wer denn da gegen wen gewonnen hat.
Der Westen gegen den Osten?
Nein, sondern die Menschen im Osten haben sich ihrer eigenen Unterdrücker entledigt. Letztendlich war es die Unfreiheit in den "Sozialistischen Staaten" selbst, die die eigenen Bürger dazu bewog, sich zu erheben und ihre "Führer" zu stürzen. Der Westen hat dazu - außer moralischem Beistand - kaum etwas beigetragen. Einen Sonderfall nimmt hier allerdings die "DDR" ein, wo es auch massive finanzielle Unterstützungen gab.
Ein "Siegesgeheule" aus Richtung Westen habe ich nicht gehört - oder lag das daran, weil meine eigenen Jubelschreie lauter waren? :wink:
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Maksim
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elysian hat geschrieben:Es dauerte nicht drei Jahre, bis eine zweite Front entstand. Denk nur mal an den Kampf in Nordafrika.
Ich verstehe den Sinn der Gegenrede nicht. Nordafrika liegt nun mal nicht in Europa - und von Europa sprach ich - sondern (wie der Name schon sagt) in Afrika. Auch war der Afrikafeldzug nicht gegen Europa gerichtet, er sollte einen deutschen Vormarsch auf Ägyten und den Suezkanal verhindern.

Selbst die Landungen - auf Sizilien, und später auf dem italienischen Festland - waren nicht dazu geeignet die "Ostfront" zu entlasten. Die alliierten Truppen in Italien haben es gerade einmal bis Österreich geschafft.

Gefordert war aber eine massive Militäroperation in Europa, wie sie dann am 06. Juni 1944 in der Normandie auch stattfand, die deutsche Reserve-Truppen von der Ostfront fernhalten oder Kampfverbände von der Ostfront abziehen sollten.
Die erhebliche Zuführung kriegswichtiger Güter an Russland lässt sich auch nicht leugnen.
Zwischen leugnen und überschätzen ist dennoch ein gewisser Unterschied.
Der eigentlich traurige Fakt ist aber, und daher ist das Misstrauen des Westens verständlich, die russische Unterstützung des Dritten Reiches zu Kriegsbeginn und noch bis zum Ostfeldzug! Auch agierte Russland nicht weniger aggressiv als Deutschland (Baltikum, Finnland, etc.).
Vielleicht sollten wir uns hier einmal über die Politik der Siegermächte des I. Weltkrieges unterhalten, die Deutschland und Sowjetrussland zu Parias erklärten und in die Isolation trieben. Wen wundert es, dass sich diese beiden Parias annäherten und kooperierten. Es ist wieder ein überdeutliches Zeichen der "westlichen Arroganz", dass man die Auswirkungen verteufelt, nicht die Ursachen.
Ob Churchill mit dem falschen Schwein Recht hatte? Denke ich nicht. Aber er hatte Recht, beide als Schwein zu bezeichnen. Denn Hitler und Stalin sind letztlich eines Geistes Kind.
Wenn wir hier schon über "Geisteskinder" sprechen, dann dürfen wir Churchill gerne hinzurechnen.
Der Stalinismus hat sehr wohl Massenmorde inszeniert (s. insb. Ukraine) und den Großen Vaterländischen Krieg später ebenso als Vernichtungsfeldzug, begleitet durch entsprechende Propaganda (interessant ist hier insbesondere der Wechsel von der "Arbeiterpropaganda" hin zu einer der NS-Wortwahl nahestehenden Propaganda), geführt, wie die Nazis den Ostfeldzug.
Der Stalinismus hält dem Vergleich in jedem Fall stand.
Ich sehe keine Notwendigkeit jedes Propagandapferd zu besteigen und zu Tode zu reiten. Ich denke Du spielst mit "Massenmorde, s. insb. Ukraine" auf das Holodomor-Märchen an. Wann kommen die Berichte über Stalins geheimes Weltraumprogramm, mit dem Ziel auf dem Mond ein GuLag einzurichten, wenn wir schon gerade bei utopischen Märchen sind ? ;)
Den Schuh, dass nur Russland verteufelt würde, zieh ich mir nicht an und er ist auch unberechtigt. Zum einen hatte ich bereits auf Defizite in westlichen Demokratien hingewiesen, zum anderen gibt es ja nach wie vor sozialistische Unrechtsregime in dieser Welt.
Na, wenigstens etwas. ;)
Ferner mögen amerikanische "TT" usw. Einfluss gehabt haben, aber die Oligarchie entstand durch das Handeln bestimmter Personen, die nun einmal vornehmlich Russen sind und für deren Verhalten nicht in erster Linie westliche Einflüsse verantwortlich gemacht werden können. Oligarche Ansätze entwickelten sich in den kommunistischen Regimen schon viel früher (schlimmstes Beispiel war wohl Rumänien).
Ok, pack Deine Koffer. Wir fliegen nach Russland und ich bringe Dich mit einigen russischen Geschäftsleuten zusammen, die können Dir dann erzählen wie ihnen die "TTs" und die "Berater" (in besagtem Zeitraum) die Türen eingerannt haben. Wenn Du mir schon nicht glauben willst, vielleicht glaubst Du wenigstens den Zeitzeugen.
Im Westen wird von einigen Wenigen nach Verstaatlichung geschrien. Aber damit würde nichts gewonnen. Die Staatswirtschaft ist entschieden weniger leistungsfähig. Bei den Banken sind ja nicht umsonst gerade die Staatsbetriebe am dicksten in der Klemme. Durch die Globalisierung sind auch nicht nur Arbeitsplätze verloren gegangen (oder besser verlagert worden) sondern auch viele Arbeitsplätze entstanden. Der Arbeitsmarkt ist allerdings in bestimmten Segmenten rückläufig. Speziell im Bereich niedriger oder nicht vorhandener Qualifikation.
Wenn Du von der Liberalisierung redest, kommt es darauf an, was Du damit meinst. Privatisierungen? Da gibt es positive Beispiele (Telefonmarkt) und negative (Energiewirtschaft), wobei letztere mitunter gerade wegen fehlender Liberalität Probleme verursachen.
Danke für Deine Ausführungen, aber als selbständiger Unternehmer und studierter "Wirtschaftswissenschaftler" bin ich mir über den Zustand der Wirtschaft, der Arbeitsmarktlage und der Auswirkungen von "Liberalisierung & Globalisierung" durchaus bewusst.
Was das mit dem Gewinner angeht, so kann man zwar sagen, dass alle Menschen gewonnen haben, aber ebenso eindeutig hat ein politisches System/ein Machtblock/etc. den Konflikt durch Aufgabe eindeutig gewonnen. Ich stimme allerdings zu, dass man sich das Siegesgeheul besser verkniffen hätte.
Es ging hier nicht um einen Boxkampf, oder um kollektives Hallenhalma. Es gab kein "technisches k.o.", keinen "Punktsieg nach Ringrichterentscheidung" oder sonstige Spielereien. Gorbatschows Entscheidung, aus der Spirale auszusteigen, kam vor dem "Zusammenbruch" der Sowjetunion, nicht danach. Aber in ihrem Siegestaumel sind die "Vollbluttransatlantiker" nur schwer von geschichtlichen Realitäten zu überzeugen, besonders da sie langjährige Erfahrung im Fälschen der Geschichtsbücher haben. :)
Bei den Entgleisungen teile ich Deine Meinung teilweise. Der entscheidende Unterschied liegt hier aber in der Reaktion der Öffentlichkeit. Wer eine solche Entgleisung zu verantworten hat (hinter der allerdings nicht immer auch eine entsprechende Denke stecken muss), wird gezwungen, seinen Standpunkt zu revidieren.
Politiker werden heute, aus eigenem Verschulden, an ihren Worten gemessen - wenige an ihren Taten (denn sie tun recht wenig bzw das Falsche). Wenn Deine Theorie stimmt, und hinter dummen Worten nicht unbedingt auch eine entsprechende Denke steht, dann wurde zumindest der Grundsatz "Vor dem Öffen des Mundwerks ist das Hirn einzuschalten" ignoriert, und damit hat man sich politisch disqualifiziert.
Das mag man moralistisch nennen, aber so wird die historische Erkenntnis durchaus wirkungsvoll verteidigt.
Moral ist ein zweischneidiges Schwert.
Und an solchen Reaktionen fehlt es in diesem Fall, denn wir reden hier letztlich um einen Russen (Alexander Solschenizyn), der sich genau darum bemühte, in Russland nur zu oft.
??? Wer redet hier, außer Dir, von Aleksandr S. ??? :roll:
Was das Öffentliche und Private angeht, so schweigt hier niemand z.B. Memorial tot. Allerdings ist privat privat und öffentlich ist öffentlich. Wenn Du die russische Öffentlichkeit als privat bezeichnest, ohne das kenntlich zu machen, liegt die Verantwortung für daraus folgende Missverständnisse dann aber bei Dir. ;)
Komme doch bitte wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Du brachtest das Wörtchen "privat", ich sprach von "nicht öffentlich" ... und habe sogar noch präzisiert was ich mit "nicht öffentlich" gemeint habe. Bitte schiebe mir nicht Deine Formulierungen unter.
Rein privaten Widerstand, also "Kaffehauswiderstand", gab es auch im Dritten Reich mehr als man meint. Dass die Stalinisten eine kleinere Randerscheinung als die NPDler wären, ist mit Blick auf die Wahlergebnisse schlicht falsch.
Nochmals, dies ist / war nicht meine Formulierung. "Kommunisten" sind nicht unbedingt "Stalinisten". Auch in der deutschen "Linken" gibt es ein Sammelsurium von unterschiedlichen "Glaubensrichtungen". Marxisten, Marxist-Leninisten, Syndikalisten, Anarchisten, Kommunisten, Sozialisten, Trotzkisten, Stalinisten .... sogar Maoisten. Genau so ist es in Russland.

Greifen wir aus dieser Suppe die Stalinisten heraus, und bewerten sie hinsichtlich ihrer zahlenmäßigen Ausprägung, dann gibt es in Deutschland mehr "NPDler" als in Russland "Stalinisten". Auch würde ich Wikipedia, wo politische Dinge betroffen sind, nicht unbedingt als "Stein der Weisen" bezeichnen.
Was die Untaten angeht, so ist da nichts weit hergeholt, sondern der von Dir hergestellte Bezug verkehrt.
Tatsächlich ? ;)
Hinsichtlich stalinistischer Untaten sind ausschließlich und erkennbar nur vergangene gemeint.
Aha.
Diese Zeilen sind aber vor allem als Kritik am rein privaten Widerstand im Wohnzimmer zu verstehen. Es ist wichtig, dass gegen vergangene, aktuelle und kommende Vorfälle öffentlich Stellung bezogen wird. Alle diese Themen sind absolut gleichwertig.
Sie scheinen nicht "gleichwertig" zu sein, da die "öffentliche Stellungnahme" zu "vergangenen, aktuellen und kommenden Vorfällen" eben nicht gleichwertig erfolgen, sondern fast ausschließlich mit Augenmerk auf Russland.
Ich stimme Dir zu, dass Guantanamo aktuell am ehesten an ein Gulag heranreicht. Aber insoweit wir hier von Verbrechen an der Menschlichkeit reden, sollten wir nicht hinter Nürnberg zurückgehen und alles mit einem simplen "tu quoque" beiseite wischen.
Aha ! Im Falle der USA blos nicht "hinter Nürnberg" zurückgehen, im Falle Russlands aber wie weit ? Bis zu Iwan dem Schrecklichen ? Den Kiewer Rus ? Dem Fürstentum Nowgorod ? Au Mann ... .
Hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit finde ich persönlich die Entwicklung in den USA (die Gerichte ziehen die Fälle endlich an sich) erfreulicher als die Entwicklung in Russland (Schauprozess gegen den Ölmagnaten, als das Gericht sogar die Rechtschreibfehler der Staatsanwaltschaft abtippte!).
Zum "Schauprozess" ... ich nehme an Du meinst Khodorkowski ... und den "Tippfehlern" lasse ich mich von Dir gerne überzeugen. Du hast die Dokumente offensichtlich gelesen und verglichen, sonst könntest Du nicht die Behauptung mit den "Tippfehlern" aufstellen. Wo genau lagen denn diese Fehler, in welchem Kontext ? Ich kann die Dokumente im Original lesen und verstehen, zeige die Fehler auf und ich werde es überprüfen. Solltest Du im Recht sein, dann werde ich Dir hier öffentlich zustimmen und "widerrufen". Die Bringschuld liegt jetzt also bei Dir.

Abgesehen davon, halte ich den Fall Khodorkowski (Steuerhinterziehung, Betrug, Bestechung, Mord ... ) für mit einem Foltergefängnis à la Guantanamo nicht vergleichbar. Khodorkowski bekam seinen Prozess und wurde von offizieller Seite nicht gefoltert. Das behauptet noch nicht einmal sein Anwalt Robert Amsterdam (und auf dessen Webseite ist in Deutsch und in Englisch der Prozess minutiös dokumentiert).

Die Guantanamo-Häftlinge "brummen" teilweise seit 2001, ohne Prozess ... und die (endlich) anstehenden Prozesse basieren dann auf was ? Auf unter Folter erpressten Geständnissen ? Wie im Mittelalter bei der Heiligen Inquisition ? Auf einem Gottesurteil ? Auf was denn ?

Warum werden diese Häftlinge denn nicht an ein UN-Sondertribunal oder den ICC in Den Haag überstellt ? Genau ... weil die Amerikaner dort nicht manipulieren und betrügen können ... und Freisprüche, wegen erwiesener Unschuld, würden was beweisen ? Die vollkommene Nicht-Rechtstaatlichkeit der USA in "Terrorismusfragen" ... und vielen weiteren mehr. Viele der "Terrorismusvorwürfe" würden genau so verdampfen wie die "Massenvernichtungswaffen" im Irak und Saddam Husseins "Al Quaida - Verbindungen".

Jedermann sei geraten bestimmte Wörter nicht zeitgleich und zusammenhänglich in den Mund zu nehmen. Dazu gehören auch "USA" und "Rechtsstaat".
Außerdem möchte ich mal daran erinnern, wie heftig die USA auch in den USA kritisiert worden sind. Oder zur Zeit des Vietnamkrieges wurden, um mal ein anderes Beispiel zu nennen. Unterm Strich zeigt die russische Öffentlichkeit, bei ggfls. privater Entrüstung, keine entsprechene öffentliche Reaktion.
Die Scheinheiligkeit der USA, und deren "Öffentlichkeit", liegt auch in der Tatsache begründet, dass die USA zwar durch und durch kriegsgeil sind ... man bedenke alleine die ständige Wortwahl "war aginst xxx" ... aber sehr schlechte und nachtragende Verlierer sind. Solange ein Krieg siegversprechend ist, dann steht die "Öffentlichkeit" mit überwältigender Mehrheit hinter der kriegsführenden Regierung. Aber wehe wenn es nicht nach Sieg riecht, dann regt sich der "Widerstand" und die "Kritik".

Ein Sieg hat viele Väter und Mütter, eine Niederlage ist stets ein Waisenkind.

Abschließend noch ein paar Worte zur "Entrüstung der russischen Öffentlichkeit" - bzw. des vermeintlichen Fehlens derselben ... .

Wenn man sich auf die Russlandberichterstattung eines Boris Reitschuster (Focus) oder eines Thomas Roth (ARD) verlässt ... die (z.B. Roth) Interviews (mit Putin) von 1 1/2 Stunden länge auf 30 Minuten zusammenschneiden ... von denen dann wiederum ca 9 Minuten im deutschen Fernsehen gesendet werden ... oder die die russische Sprache derart verhundst übersetzen (lassen) ... dann wundert mich das Russlandbild in Deutschland (und sonstwo) keineswegs.

In den USA ist es nicht anders, wo ein Sender wie "Fox News" ein Life-Interview einfach abbricht, weil das interviewte Mädchen die Suggestivfragen des Interviewers erkannte und wahrheitsgemäß (über den Georgienkonflikt) berichten wollte ... dann spricht das auch Bände.

Jedem, der die Berichterstattung aus / über Russland verfolgt und die Originalquellen lesen / verstehen kann, dem rollen sich die Fußnägel auf.

Seien es hier Übersetzungen der Aussagen Putins, simultan im Fernsehen, wo jeder des Russischen mächtiger Originalwortlaut und Übersetzung miteinander vergleichen kann ... oder ein "Life-Bericht" von CNN aus "Gori" ... wo der Kommentator (als Bildchen rechts oben im Bildschirm eingeblendet) seine Weisheiten zu "russischen Angriffen auf Gori" verbreitet ... das Fernsehbild aber von RTTV stammt ... mit russischsprachigem Disclaimer in dem eindeutig "Bilder aus Tschinvali" steht ... dann darf es niemenden mehr wundern woher das Russlandbild kommt.

Den Russophoben, in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf.
elysian
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Registriert: 09.07.2008, 23:38

@maksim

Du hast behauptet, Russland hätte drei Jahre lang quasi allein gekämpft. Und diese Aussage kritisiere und widerlege ich.
Die Westmächte haben unter anderem in Südosteuropa das Dritte Reich bedroht, weshalb der Feldzug gegen Russland um mehrere Monate verschoben werden musste. Ich könnte noch einige Beispiele nennen, wir können uns Zahlen um die Ohren hauen, aber am Ende fällt die These vom Alleingang der Russen.

Zwischen Leugnen und Unterschätzen gibt es auch einen Unterschied. ;)
Man darf nicht vergessen, wie knapp Russland trotz vieler Handicaps auf deutscher Seite einer Niederlage entging.

Man mag die westliche Politik nach dem 1.WK kritisieren, aber für die Verantwortung für diese Politik auf selbige abzuschieben ist so billig, wie einer Vergewaltigten vorzuhalten, sie habe sich zu sexy angezogen...

Ich sehe Churchill in der Tat kritisch. Er hat sich sowohl von Hitler als auch von Stalin blenden lassen und er zeichnet verantwortlich für den Bombenterror gegenüber der deutschen Zivilbevölkerung.
Allerdings bestehen zwischen Churchill einerseits und Hitler sowie Stalin im psychologischen Profil erhebliche Unterschiede.

Über Deine Leugnung eines Völkermordes (http://de.wikipedia.org/wiki/Holodomor) bin ich allerdings entsetzt. Mit Verlaub, aber schon hinsichtlich des Kaukasuskonflikts hast Du russische Verbrechen schlicht verdrängt. Andererseits nimmst Du eine den USA gegenüber äußerst kritische Haltung ein, die durchaus berechtigt, aber im Vergleich zu Deiner recht unkritischen Haltung bezüglich Russland sehr befremdlich daher kommt. Auch die ersten Beiträge in diesem Thema waren emotional und m.E. unausgewogen.

Was die Zeitzeugen angeht, so brauche ich nur meinen Vater zu begleiten, der derzeit über entsprechende Verbindungen verfügt. ;)
Letztlich bleibt es aber, Berater hin oder her, bei der Verantwortung der handelnden Personen für ihr eigenes Verhalten.

Gorbatschows Entscheidung kam vor dem Zusammenbruch, allerdings als der Zusammenbruch absehbar war. Was Gorbatschows Mut, Weitsicht und Tatkraft nicht schmälert und ihm anhaltende Bewunderung auch und gerade im Westen einbringt.
Dennoch (das gilt auch Dir, lieber Barbarossa) gab es nach dem 2.WK bis 1990 unstreitig einen Wettkampf zweier politischer Lager. Am Ende blieb nur ein Lager übrig. Die logische Konsequenz ist dann die Annahme eines Sieges.
Die Unterstellung der Geschichtsfälschung weise ich entschieden zurück.
Was sollen diese Unterstellungen überhaupt?
Was kommt als nächstes? Die "Lüge von Katyn", dass die ursprüngliche Version der UDSSR (Alleinschuld des Dritten Reiches) die Richtige war?
http://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_v ... d_Russland

Was die Politiker angeht, so ist es wie mit allen Menschen. Jemand kann einen einzelnen antisemitischen Satz einmal in seinem Leben geäußert haben. Deswegen ist noch nicht sofort ein Antisemit.
Von einer entsprechenden Geisteshaltung kann man erst reden, wenn mehrere Aussagen oder entsprechende Handlungen eine entsprechendes Bild ergeben und sich wenigstens zum Indiz für eine solche Geisteshaltung verdichten.
Alles andere kommt einer Vorverurteilung gleich.
Z.B. ist Herr Sinn für seine jüngsten Aussagen scharf attackiert worden. Mit Recht haben die vorrangig Betroffenen Herrn Sinn wegen dieser einen Aussage nicht als Antisemit bezeichnet.

Dass Moral ein zweischneidiges Schwert ist, trifft zu. Hierdurch wird mein Hinweis jedoch nicht entkräftig.

Wenn Du fragst, wer von Aleksandr S. redet, so rate ich Dir, das Thema und die Einleitung zur Debatte noch einmal gründlich zu lesen. In dem verlinkten Beitrag kommt ausdrücklich die Äußerung des Herrn A.S. zur Geltung und sie ist ein klarer Kontrapunkt zu einem wesentlichen Teil des Wirkens des Verstorbenen.

Es gibt öffentlich und privat. Beide sind ihr Gegenstück. Nicht öffentlich ist privat. Eine Konkretisierung dessen, was Du meintest, erfolgte erst später.

Was die Kommunisten und die Stalinisten angeht, so sind die Stalinisten ein Teil der Kommunisten. Das Gedankengut der einzelnen Untersektionen ist dieser Gemeinschaft zuzurechnen.
Andernfalls vergleichst Du nämlich Äpfel mit Birnen und müsstest die in der NPD zusammengefassten Splittergruppen ebenso unterteilen.
Wikipedia ist in keinem Bereich der Stein des Weisen, aber auch keine unzuverlässige Quelle.

Die Gleichwertigkeit der Vorfälle wird nicht dadurch infrage gestellt, dass es in diesem Thema um Solschenizyn und dessen Wirken in und um Russland geht. Die Verfehlungen anderer gehören vielmehr in ein jeweils dafür vorgesehenes Thema. Dies haben wir übrigens dort, wo wir hier die USA kritisierten, ebenfalls getan.
Was öffentliche Stellungnahmen außerhalb dieses Forums angeht, so ist die Behauptung, nur Russland würde kritisiert, gerade mit Blick auf den Irak oder Guantanamo schlicht lächerlich.

Was ich mit "hinter Nürnberg zurückgehen" meinte, sollte Dir als juristisch durchaus gebildetem Menschen durchaus klar sein.
Wir reden hier von der Überwindung des "tu quoque"!
Deine ganze Argumentation ist ein einziges Plädoyer der Ablenkung, der Befürwortung des tu-quoque-Gedankens und getragen von einer, soweit es Russland betrifft, Schwamm-drüber-Rhetorik.

Khodorkowski, Politkowskaya etc. sind unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit sehr wohl vergleichbar. Bei der Rechtsstaatlichkeit geht es darum, ob jemand einen fairen Prozess bekommt.
Dein Einwand mit den Gerichtsprotokollen erinnert mich ehrlich gesagt an die Aufforderung des Irans, die Shoa nochmal zu beweisen.
Wir sind uns alle einig, dass exemplarisch Guantanamo (das ist schließlich nur das, was man auch sieht!), ein Tiefpunkt in der us-amerikansichen Geschichte der Rechtsstaatlichkeit darstellt.
Die Zivilgerichte in den USA sind tatsächlich unabhängig, in Russland sind sie es nur formal. Deswegen erwarte ich, dass diese Gerichte ein faires Verfahren garantieren. Auch wenn es sehr spät geschieht.
In Russland deutet derzeit nichts in diese Richtung.
Unterm Strich gibt es hinsichtlich der Terrorbekämpfung rechtsstaatliche Defizite in den USA, aber noch keinen Widerspruch zwischen Rechtsstaat und USA. Das sieht im Fall Russland anders aus. Dort sind die Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit im gesamten Rechtsgebiet sehr groß. So groß, dass nicht einmal die Führung sie mehr leugnet. Allerdings ist genau diese Führung auch ein Teil des Problems. So wird im Fall Politkowskaya der amtierende Präsident in Tschetschenien gedeckt.

Presse und Medien in den USA auf Fox-News zu reduzieren (ein in der Tat unerträglicher Propagandasender; mit Information hat das nichts zu tun), finde ich unangebracht. In den USA besteht eine viel breiteres Angebot, das auch qualitativ durchaus hochwertig, nicht selten kritisch und mitunter sehr erfolgreich ist (s. Nixon). In Russland leben derweil kritische Journalisten nicht selten sogar lebensgefährlich. Die Presse- und Medienlandschaft wird systematisch gleichgeschaltet.
Wer sich sträubt, muss mit Repressalien leben.

Wie oben schon einmal angemerkt, sehe ich bei Dir eine übermäßig starke Abneigung gegen Amerika einerseits und eine grenzenlose Zuneigung zu Russland andererseits, die hüben wie drüben einer ausgewogenen Betrachtung im Wege stehen.
Ich habe ehrlich gesagt keine Lust, auf dieser Basis mit Dir Themen zu debattieren, die die USA und/oder Russland betreffen.
sic transit gloria mundi
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