Australien – Premierminister zieht in den Busch

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Der australische Premierminister Abbott ist für eine Woche nach Nordaustralien in den Busch gezogen und regiert nun von einem Dorf der Aborigines aus. Viele Australier hoffen, dass er dort bleibt. In einem Interview kommt er zu der, allerdings nicht gerade neuen Erkenntnis, dass es den Ureinwohnern schlecht geht und man mehr für sie tun müsse. Gleichzeitig zeigt er ihnen auch, wie ein richtiger Australier die Probleme löst. Abbott treibt Rinder an, schleppt Steine und Holzbalken durch die Gegend. Die Botschaft ist klar: Richtig zupacken und hart arbeiten, so wird es gemacht! Gelten die Aborigines in den Augen vieler Australier doch als faul und als Sozialschmarotzer.

Abbott, seit 2013 Premierminister mit Unterstützung einer konservativen und liberalen Koalition, hat viele seiner Wahlversprechen noch nicht eingelöst, vor allem hat er die Steuern erhöht, statt zu senken, aber zumindest sein Ausflug in das Outback hat geklappt. Abbott, ein ehemaliger Kandidat für das katholische Priesteramt, daher auch als verrückter Mönch bezeichnet, fiel im Wahlkampf durch seine reaktionären Sprüche auf, vor allem gegenüber Frauen: „ Falls es stimmt, dass Männer mehr Macht haben als Frauen, mal ganz allgemein gesprochen, ist das denn eine schlechte Sache?"

Schwule und Lesben waren für ihn „unaustralisch“, gegen die Klimaforschung führt er einen Privatkrieg, deren Erkenntnisse über eine Erderwärmung, unter der gerade Australien leidet, sind für ihn „Mist“. Die Behörden, die dies näher untersuchen sollen, hat er gleich aufgelöst.

Das Antirassismusgesetz wollte er zugunsten der Meinungsäusserungsfreiheit revidieren. Zurzeit kann in Australien verurteilt werden, wer eine andere Person oder eine Gruppe von Personen aufgrund deren Rasse, Hautfarbe oder Herkunft öffentlich «verletzt, beleidigt, erniedrigt oder einschüchtert» – es sei denn, er tue dies «begründet und in gutem Glauben». Neu soll das Gesetz «herabwürdigende oder einschüchternde» Aussagen unter Strafe stellen, außer diese werden im Rahmen einer öffentlichen Debatte gemacht. Ein Gummiparagraph, der jetzt viele Ausnahmen zulässt, wurde nach heftigen Protesten aber noch nicht durchgesetzt.

Heftig polemisierte er gegen die „Boatpeople“, Flüchtlinge in seeuntüchtigen Booten, die von Indonesien nach Australien fahren. Sie werden nun von der Marine abgefangen, die Passagiere in Rettungsboote verfrachtet und zurückgeschickt. Ein Vorbild für Europa im Mittelmeerraum?

Ob Abbott jetzt wirklich viel für die Aborigines tun wird, bleibt abzuwarten. Die sogenannte „Terra Nullius“ Bestimmung aus dem Jahre 1835 besagte, dass der Kontinent unbewohnt sei und sich deshalb jeder dort Land nehmen kann. Besitzansprüche der Eingeborenen gab es demzufolge nicht. Zwar gilt sie nicht mehr, aber die Aborigines können immer noch nur schwer Ansprüche auf Land durchsetzen. Obwohl es nur knapp über 400.000 Aborigines gibt gegenüber 23 Millionen Einwanderern, ist ihre Integration nicht gelungen.

Australien tut sich schwer mit seiner rassistischen Vergangenheit. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges soll der damalige Premierminister John Curtin gesagt haben: «Dieses Land soll für immer die Heimat der Nachfahren jener Leute bleiben, die in Frieden hierherkamen, um einen Außenposten der britischen Rasse in der Südsee zu etablieren.» Erst 1973 wurde jegliche ethnische Diskriminierung in der Immigrationspolitik aufgehoben, vorher galt die Doktrin des „White Australia“. Nur weiße Europäer durften einwandern und zunächst auch nur Nord- und Westeuropäer. Erst später konnten auch Italiener, Griechen und Spanier kommen. Jetzt kann theoretisch jeder einwandern, aber gerne sieht man die „Coloured“ nicht.
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Balduin
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Danke für den Einblick in die australische Politik - ich bekomme von Down Under nicht so viel mit; du hast da wahrscheinlich dank familiärer Bande einen besseren Einblick.

Nach kurzem Nachlesen: Seine Aussagen zum Klimawandel hat er doch revidiert? Ich denke, er verhält und äußert sich in Regierungsverantwortung anders, als noch zu Wahlkampfzeiten. Inwiefern sind deine Aussagen da neutral?


Soweit ich weiß, gibt es in Australien riesige Farmen, deren Produkte exportiert werden... Eigentumsrechte von Ureinwohnern hier durchsetzen, dürfte sich schwierig gestalten? Ebenso Entschädigungsansprüche? Manch Unrecht, das begangen wurde, kann eben nicht mehr so leicht wieder gut gemacht werden.

Aber die Kultur der Aborigine wird respektiert oder?
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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Ralph hat geschrieben:Danke für den Einblick in die australische Politik - ich bekomme von Down Under nicht so viel mit; du hast da wahrscheinlich dank familiärer Bande einen besseren Einblick.

Nach kurzem Nachlesen: Seine Aussagen zum Klimawandel hat er doch revidiert? Ich denke, er verhält und äußert sich in Regierungsverantwortung anders, als noch zu Wahlkampfzeiten. Inwiefern sind deine Aussagen da neutral?


Soweit ich weiß, gibt es in Australien riesige Farmen, deren Produkte exportiert werden... Eigentumsrechte von Ureinwohnern hier durchsetzen, dürfte sich schwierig gestalten? Ebenso Entschädigungsansprüche? Manch Unrecht, das begangen wurde, kann eben nicht mehr so leicht wieder gut gemacht werden.

Aber die Kultur der Aborigine wird respektiert oder?
Abbott hat seine negative Ansicht über die Klimaforschung nicht ein Deut geändert, auch wenn er nicht mehr so drastische Worte benutzt wie im Verlaufe des Wahlkampfs 2013. Seine ganze Politik zeigt, dass er sich nicht für den Klimaschutz interessiert.

Vor wenigen Woche erreicht er endlich eines seiner Hauptziele aus dem Wahlkampf, die Abschaffung der CO2 Steuer. Diese sollte die Emission der Kohlekraftwerke, auf denen Australiens Energieversorgung beruht, reduzieren. Zwar war die Steuer unverhältnismäßig hoch, doch gehört Australien auch zu den großen Dreckschleudern auf dem Globus. Die Experten gehen davon aus, dass die Emissionen nun wieder zunehmen. Australien wird daher weltweit kritisiert, dass sie nichts gegen den CO2 Ausstoß unternehmen, sondern ihn sogar noch fördern. Abbott will auf diesem Gebiet auch nicht aktiv werden. Seiner Theorie nach sollen die Unternehmen in den nächsten Jahren erst einmal ordentlich Geld verdienen. Dann werden sie vielleicht freiwillig irgendwann Filter einbauen oder andere umweltschonende Maßnahmen ergreifen. Ein frommer Wunsch.

Alternative Energien werden aber auch nicht gefördert, denn solange Kohle noch so günstig ist, haben Solarenergie und andere Technologien keine Chance.

Abbott hält die Aussagen der Wissenschaft für falsch. An dem nächsten Klimagipfel in Warschau wird Australien auch demonstrativ nicht teilnehmen. Schon vorher galten sie als Blocker, jetzt beteiligen sie sich gar nicht mehr an solchen Veranstaltungen. Keine Abkommen werden in Zukunft unterzeichnet, nichts mehr.

Am 13. Februar 2013 verabschiedete das australische Unterhaus The Aboriginal and Torres Strait Islander Peoples Recognition Bill, ein Gesetz, das die Aborigines als erste Bewohner Australiens anerkennt. Dies muss noch in die Verfassung aufgenommen werden. Damit werden sie erstmals anerkannt, während in der früheren Terra Nullius Verordnung davon ausgegangen wurde, dass der Kontinent unbewohnt sei, also die Aborigines eigentlich gar nicht existieren.

Mit dem Aboriginal Land Rights (Northern Territory) Act 1976 wurde erstmals die Möglichkeit, Landrechte zu beanspruchen, eingeräumt und große Gebiete wurden wieder zum Eigentum von Aborigines. 1993 erkämpften Organisationen wie Native People of Australia unter Führung von Eddie Mabo mit dem Urteil Mabo v. Queensland (No. 2) den sogenannten Native Title, der Eigentumsrechte an Kronland (Land im Staatsbesitz) vergibt, das historisch einem gewissen Stamm zuzuordnen ist. Teilweise sind allerdings die Bergbau- und die Wasserrechte, außer für den eigenen Gebrauch, ausgeschlossen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Aborigines

Ihre Kultur wird inzwischen auch anerkannt und gewinnt zusehends an Interesse in der weißen Bevölkerung. Sie erscheint aber vor allem als Folklore. In den großen Städten wohnen auch fast keine Ureinwohner, man hat mit ihnen deshalb kaum Kontakt. Die meisten weißen Bewohner kennen Aborigines, genau wie wir, nur aus dem Fernsehen.
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Titus Feuerfuchs
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Karlheinz hat geschrieben:

Heftig polemisierte er gegen die „Boatpeople“, Flüchtlinge in seeuntüchtigen Booten, die von Indonesien nach Australien fahren. Sie werden nun von der Marine abgefangen, die Passagiere in Rettungsboote verfrachtet und zurückgeschickt. Ein Vorbild für Europa im Mittelmeerraum?
Ja, denn es gibt imho keine andere Alternative, um diesem Problem langfristig Herr zu werden.

Karlheinz hat geschrieben:
[...] Erst später konnten auch Italiener, Griechen und Spanier kommen. Jetzt kann theoretisch jeder einwandern, aber gerne sieht man die „Coloured“ nicht.
Einwanderungspolitik, die die Hautfarbe der Migranten als Kriterium heranzieht, ist mit den Grundsätzen eines Rechtsstaates nicht vereinbar.
MfG,
Titus Feuerfuchs
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