Spannungen zwischen den Volksgruppen in Südtirol?

Diskussionen über die Mitgliedsstaaten der EU

Moderator: Barbarossa

Renegat
Mitglied
Beiträge: 2045
Registriert: 29.04.2012, 19:42

Barbarossa hat geschrieben: Da fallen mir auf Anhieb gleich 2 ein: GB und Spanien. Sowohl in Katalonien als auch in Schottland wird es Volksabstimmungen über eine staatliche Unabhängigkeit geben ohne, daß ich dort etwas von bürgerkriegsähnlichen Auseinadersetzungen gehört hätte.
Unter dem Dach der EU alles kein Problem.
Barbarossa hat geschrieben:Die Grenze zwischen Pommern/Neumark/Schlesien und Polen war über Jahrhunderte stabil. Die Grenze zu Frankreich hingegen nicht.
Welche Grenze? Gerade im Osten mit dem jahrhundertelangen Nebeneinander von slawischen und deutschen Sprachen änderte sich doch ständig die Territorialzugehörigkeit. Mal waren es polnische Fürsten und Könige, dann böhmische, dann preußische. Den Leuten war das ziemlich egal, solange sie sprechen konnten, wie sie wollten, einigermaßen gerecht behandelt wurden und ihre Religion leben konnten. In Brandenburg leben ja heute noch slawisch-sprachige Deutsche. Oder gehört der Spreewald nicht zu Brandenburg?
RedScorpion

Barbarossa hat geschrieben:
RedScorpion hat geschrieben:Ich will das Land irgendwo auf der Welt sehen, welches nicht dagegen angeht, dass sich seine Republiken als selbständig erklären.
Da fallen mir auf Anhieb gleich 2 ein: GB und Spanien. Sowohl in Katalonien als auch in Schottland wird es Volksabstimmungen über eine staatliche Unabhängigkeit geben ohne, daß ich dort etwas von bürgerkriegsähnlichen Auseinadersetzungen gehört hätte.
:wink:
...
In Katalonien wird's wohl keine geben, und in Schottland ist das Ergebnis eh klar.

Ausserdem hat Katalonien den Bürgerkrieg bereits hinter sich. Wer hat schon Bock auf 'nen Upgrade davon.

Barbarossa hat geschrieben: ...
RedScorpion hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:... Selbst Stalin wußte schon, daß Staatsgrenzen, die zugleich auch Völkergrenzen sind, immer die beständigsten sind. Das war schon immer so, auch schon vor der Zeit der Nationalstaaten.
...
Dann nenn uns doch 'mal ein paar, mir fällt grad' keine ein.
Die Grenze zwischen Pommern/Neumark/Schlesien und Polen war über Jahrhunderte stabil. Die Grenze zu Frankreich hingegen nicht. Auch die zwischen Frankreich und Spanien hat sich nie wesentlich verändert.
...
Du meinst, vor den polnischen Teilungen und so? Naja. Dafür war nicht klar, wo das Reich anfing.
Und der Roussillon war nicht immer schon französisch, Katalonien hingegen auch schon 'mal. Von den Kolonien ganz zu schweigen.

Barbarossa hat geschrieben: ...
RedScorpion hat geschrieben:Nur weil Stalin (und andere) dies dachten, stimmt's noch lang nicht.
Das hat sich aber in der Umbruchzeit 1989/90 genau so erwiesen. Die Grenzen Polens zu den Nachbarstaaten blieb unangetastst und wurde auch von allen ohne Diskussionen anerkannt. Hätte es nicht diese Umsiedlungs- bzw. Vertreibungsaktionen von 1945 ff. gegeben, wäre die Grenzfrage mit großer Sicherheit auf die Tagesordnung gekommen, da bin ich mir ziemlich sicher.
...
Oha. Damit schlägst Du also auch den Pfad ein, dass Vertreibungen also Sinn machen, wie Titus, oder?

Angenommen, die damalige deutsche Bev. in den 1946 annektierten Gebieten oder auch nur in Posen und Westpreussen hätten weiter mit polnischem Pass in Polen gelebt bis 1989, dann hätte das Problem doch nur bestanden, wenn nicht klar gewesen wäre, dass Polen auf dem Weg in die westliche Demokratie war, oder aber wenn Deutschland nicht demokratisch regiert worden wäre 1989. Denn DDR und das alte Ostdeutschland zusammen, bei gleichzeitig geringerer Bev.zahl (und damit Wirtschaftsleistung) aufgrund mangelnder Ostflüchtlinge nach WWII hätte die alte BRD wohl kaum stemmen können.

Wesentlich realitätsnäher der Fall Moldawien/Rumänien und Kosovo/Albanien z.B.

Barbarossa hat geschrieben: ...
RedScorpion hat geschrieben:Belgien ist 180 Jahre alt, wirtschaftlich und sozial fortschrittlicher als Deutschland und mit Sicherheit als Brandenburg. All in all wissen das die Belgier, sogar die Flamen. Depardieu ist nicht umsonst Neurusse und Neubelgier. :wink:
Daß er das ausschließlich aus steuerlichen Gründen gemacht hat, weißt du aber?
:eh:
...
Welcher Franzose kann schon ausserhalb Frankreichs leben, bittschön? :wink:

Barbarossa hat geschrieben: ...
RedScorpion hat geschrieben:... die Neingeschmackten...
Was bedeutet das Wort? Komme ich gerade nicht mit klar...
:oops:
Hineingeschneite, Hineingschmackte eben. Ausländer, Fremdlinge. :wink:

Aber: Wir müssen Gott für alles danken, auch für Schwaben und für Franken. :wink:



LG
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Renegat hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben: Da fallen mir auf Anhieb gleich 2 ein: GB und Spanien. Sowohl in Katalonien als auch in Schottland wird es Volksabstimmungen über eine staatliche Unabhängigkeit geben ohne, daß ich dort etwas von bürgerkriegsähnlichen Auseinadersetzungen gehört hätte.
Unter dem Dach der EU alles kein Problem.
Theoretisch müßten beide Teilstaaten dann einen den Beitritt zur EU beantragen - hab ich mal gehört.
Barbarossa hat geschrieben:Die Grenze zwischen Pommern/Neumark/Schlesien und Polen war über Jahrhunderte stabil. Die Grenze zu Frankreich hingegen nicht.
Renegat hat geschrieben:Welche Grenze? Gerade im Osten mit dem jahrhundertelangen Nebeneinander von slawischen und deutschen Sprachen änderte sich doch ständig die Territorialzugehörigkeit. Mal waren es polnische Fürsten und Könige, dann böhmische, dann preußische. Den Leuten war das ziemlich egal, solange sie sprechen konnten, wie sie wollten, einigermaßen gerecht behandelt wurden und ihre Religion leben konnten. In Brandenburg leben ja heute noch slawisch-sprachige Deutsche. Oder gehört der Spreewald nicht zu Brandenburg?
Das sind aber alles sehr kleine Minderheiten. Im Wesentlichen waren auch die Ostprovinzen nach der Ostexpansion deutschsprachig.
Die Fürstenhäuser muß man da ein wenig heraushalten. Die waren sowieso alle miteinander verwandt und verschwägert.
:wink:
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
Titus Feuerfuchs
Mitglied
Beiträge: 1632
Registriert: 07.05.2012, 21:42

Barbarossa hat geschrieben:Ja gut, das findest du, aber es gibt ja nun mal die Beispiele, die zeigen, daß die meisten Menschen noch nationalstaatlich denken und wo dann Vielvölkerstaaten auseinanderbrechen. Wenn es dann so friedlich abläuft, wie in der CSR, dann ist es nochmal gut gegangen, wenn es so abläuft, wie in Jugoslawien, dann ist es die größte Barbarei.
Es ist tatsächlich so, daß eine gemeinsame Sprache etwas Verbindendes hat - bei unterschiedlichen Sprachen ist immer eine Barriere da. So entstand wohl die Nationalstaatsidee.

[ Post made via Android ] Bild

Ein paar Worte zur abgeblich so reaktionären Nationalstaatsidee.

Die Geschichte hat gezeigt, dass nicht grundsätzlich die Existenz von Nationalstaaten das Problem war, sondern im Gegenteil vielmehr deren Fehlen.

Ein paar Beispiele (ein paar hast du ja auch schon genannt):

Reichseinigungskriege, Österreich-Ungarn (WK1), Sowjetunion, mit Abstrichen auch Wk2, Balkankriege,...etc.


Wesentlich für stabile Verhätnisse ist eine nationale Identifikation, ein Zugehörigkeitsgefühl der Bürger mit Staat, in dem sie leben.
Das muss nicht zwangsläufig auf der Basis einer Kulturnation erfolgen, es funktioniert auch mit einer Willensnation.

Und genau dieses Zugehörigkeitsgefühl fehlt bei den meisten Südtirolern aus naheligenden Gründen, was sie mit anderen Minderheiten, wie z.B. den Kosovoserben, den Katalanen, den slowakischen Ungarn, oder den Flamen/Wallonen teilen, während zb. die italienischsprachigen Schweizer sehr wohl eine Starke Indentifikation mit ihrem Staat aufweisen, und nie im Leben mit einer staatlichen Zugehörgikeit Italiens liebäugeln würden. (Ungekehrt gab's von italienischer Seite sehr wohl mal Begehrlichkeiten auf das Tesien...)

Das Fehlen dieses staatlichen Zueghörigkeitsgefühls, für das der "Beuteitaliener" des sonst so super politisch korrekten Lanz symptomatisch ist, ist der eigentliche Punkt der Debatte. Kaum ein deutschsprachiger Südtiroler fühlt sich selbst als Italiener.


Fast überall, wo's mit dem staatlichen Zugehörigkeitsgefühl breiter Bevölkerungsschichten hapert, gibts manifesten oder latenten Konflikstoff.
Manchmal ist er harmlos, wie etwa in Belgien, manchmal führt er zum Massengenozid wie in Ruanda.

Ein Problem, dass z.B. in Afrika, das großteils aus kolonialen Kunststaaten besteht, manifest ist.
MfG,
Titus Feuerfuchs
Renegat
Mitglied
Beiträge: 2045
Registriert: 29.04.2012, 19:42

Barbarossa hat geschrieben:Die Grenze zwischen Pommern/Neumark/Schlesien und Polen war über Jahrhunderte stabil. Die Grenze zu Frankreich hingegen nicht.
Renegat hat geschrieben:Welche Grenze? Gerade im Osten mit dem jahrhundertelangen Nebeneinander von slawischen und deutschen Sprachen änderte sich doch ständig die Territorialzugehörigkeit. Mal waren es polnische Fürsten und Könige, dann böhmische, dann preußische. Den Leuten war das ziemlich egal, solange sie sprechen konnten, wie sie wollten, einigermaßen gerecht behandelt wurden und ihre Religion leben konnten. In Brandenburg leben ja heute noch slawisch-sprachige Deutsche. Oder gehört der Spreewald nicht zu Brandenburg?
Barbarossa hat geschrieben:Das sind aber alles sehr kleine Minderheiten. Im Wesentlichen waren auch die Ostprovinzen nach der Ostexpansion deutschsprachig.
Die Fürstenhäuser muß man da ein wenig heraushalten. Die waren sowieso alle miteinander verwandt und verschwägert.
:wink:
Da machst du es dir aber ein bißchen einfach, heute mögen das kleine Minderheiten sein, weil die meisten aus praktischen Gründen deutsch sprechen. Gerade das Zusammenleben im slawisch-deutschen Raum ist ein gutes Beispiel für das Zeitalter vor der Nationalstaatsidee. Und gerade dort wurde erst unter preußischer Herrschaft versucht, Einheitlichkeit durch Schulen etc zu erreichen.
Wenn ich es mir recht überlege, passen ethnische Säuberungen, Umsiedlungen und Vertreibungen überhaupt nicht zu Demokratien. In einer Demokratie sollte jeder Bürger das Recht haben, da zu bleiben oder dahin zu gehen, wo er sein will.
Benutzeravatar
Titus Feuerfuchs
Mitglied
Beiträge: 1632
Registriert: 07.05.2012, 21:42

Renegat hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:Die Grenze zwischen Pommern/Neumark/Schlesien und Polen war über Jahrhunderte stabil. Die Grenze zu Frankreich hingegen nicht.
Renegat hat geschrieben:Welche Grenze? Gerade im Osten mit dem jahrhundertelangen Nebeneinander von slawischen und deutschen Sprachen änderte sich doch ständig die Territorialzugehörigkeit. Mal waren es polnische Fürsten und Könige, dann böhmische, dann preußische. Den Leuten war das ziemlich egal, solange sie sprechen konnten, wie sie wollten, einigermaßen gerecht behandelt wurden und ihre Religion leben konnten. In Brandenburg leben ja heute noch slawisch-sprachige Deutsche. Oder gehört der Spreewald nicht zu Brandenburg?
Barbarossa hat geschrieben:Das sind aber alles sehr kleine Minderheiten. Im Wesentlichen waren auch die Ostprovinzen nach der Ostexpansion deutschsprachig.
Die Fürstenhäuser muß man da ein wenig heraushalten. Die waren sowieso alle miteinander verwandt und verschwägert.
:wink:
Da machst du es dir aber ein bißchen einfach, heute mögen das kleine Minderheiten sein, weil die meisten aus praktischen Gründen deutsch sprechen. Gerade das Zusammenleben im slawisch-deutschen Raum ist ein gutes Beispiel für das Zeitalter vor der Nationalstaatsidee. Und gerade dort wurde erst unter preußischer Herrschaft versucht, Einheitlichkeit durch Schulen etc zu erreichen.
Wenn ich es mir recht überlege, passen ethnische Säuberungen, Umsiedlungen und Vertreibungen überhaupt nicht zu Demokratien. In einer Demokratie sollte jeder Bürger das Recht haben, da zu bleiben oder dahin zu gehen, wo er sein will.

Die VR Polen, die Sowjetunion und CSR waren auch alles andere als Demokratien.
MfG,
Titus Feuerfuchs
RedScorpion

Titus Feuerfuchs hat geschrieben: ...
Ein paar Worte zur abgeblich so reaktionären Nationalstaatsidee.

Die Geschichte hat gezeigt, dass nicht grundsätzlich die Existenz von Nationalstaaten das Problem war, sondern im Gegenteil vielmehr deren Fehlen.
...
Stimmt manchmal, manchmal aber auch nicht.

Titus Feuerfuchs hat geschrieben: ...
Wesentlich für stabile Verhätnisse ist eine nationale Identifikation, ein Zugehörigkeitsgefühl der Bürger mit Staat, in dem sie leben.
Das muss nicht zwangsläufig auf der Basis einer Kulturnation erfolgen, es funktioniert auch mit einer Willensnation.
...
Ist aber sehr konstruiert. Es gibt keinen Willen des Volkes, und auch Begriffe wie "Zugehörigkeitsgefühl", "Identifikation", "gesellschaftliche Semantik" und "soziale Autoreferenz, Autodescription" und der ganze Mist sind sehr ominös.
Niemand entscheidet, in eine Gesellschaft in einem Staat(sgebilde) hineingeboren zu werden, die und die Sprache im Kindesalter zu erlenen und so fort.

Nach Kishon ist man dort zuhause, wo man sich über die Beamten ärgert; wenn man das als "Identifikation" auslegt, bitte (m.E. ist's eher das Gegenteil; wobei's von der Liebe zum Vaterland zeugen kann, vorm Rathaus ne eingemottete Guillotine aufzubauen).

Titus Feuerfuchs hat geschrieben: ...
Kaum ein deutschsprachiger Südtiroler fühlt sich selbst als Italiener.
...
Wahrscheinlich nicht als Italiener, wie ihn mitteleuropäische (bzw. im Fall Oesterreichs osteuropäische) Vorurteile gern sehen.

Titus Feuerfuchs hat geschrieben: ...
... während zb. die italienischsprachigen Schweizer sehr wohl eine Starke Indentifikation mit ihrem Staat aufweisen, und nie im Leben mit einer staatlichen Zugehörgikeit Italiens liebäugeln würden. (Ungekehrt gab's von italienischer Seite sehr wohl mal Begehrlichkeiten auf das Tesien...)
...
Aha.

Titus Feuerfuchs hat geschrieben: ...
Fast überall, wo's mit dem staatlichen Zugehörigkeitsgefühl breiter Bevölkerungsschichten hapert, gibts manifesten oder latenten Konflikstoff.
Manchmal ist er harmlos, wie etwa in Belgien, manchmal führt er zum Massengenozid wie in Ruanda.

Ein Problem, dass z.B. in Afrika, das großteils aus kolonialen Kunststaaten besteht, manifest ist.
Deutschland und Oesterreich sind ja Superbeispiele dafür, wie's zum Genozid kommt, ohne dass ein Nationalstaat fehlt. Von daher wär' ich etwas vorsichtiger mit dem Induzieren von Korrelationen.



LG
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Renegat hat geschrieben:...
Wenn ich es mir recht überlege, passen ethnische Säuberungen, Umsiedlungen und Vertreibungen überhaupt nicht zu Demokratien. In einer Demokratie sollte jeder Bürger das Recht haben, da zu bleiben oder dahin zu gehen, wo er sein will.
Da gebe ich dir absolut recht. In einer echten Demokratie darf so etwas nicht vorkommen, weil dort Probleme auf demokratisch-rechtsstaatlichem Wege gelöst werden.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
RedScorpion

Deswegen ist's ja ein Hammer, wenn ausgerechnet von Deutschland Vorwürfe in die Richtung lanciert werden, dass die Sudentendeutschen in der Tschechoslowakei verfolgt wurden und deutschsprachige Südtiroler in Italien bis heute, usw. und so fort. Denn man hat nicht nur wesentlich mehr Dreck am Stecken in besagten Jahren, sondern die schmierigen Fettgriffel tief mit drin bzw. war Verursacher, Mitmischer, Komplize oder Verantwortlicher gerade für bejammerte Probleme.
Nicht zuletzt deshalb ist die "Debatte" von vorn bis hinten unehrlich.



LG
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Und das ist das, was ich nicht verstehen kann oder will (such' dir was aus):
Deutsche haben an Angehörigen anderer Völker Genozide, Progrome usw. verübt, das ist richtig und wird auch nicht bestritten. Das macht doch aber den Umgang der Russen, Polen und Tschechen mit den Deutschen auf der anderen Seite nicht besser. Das zeigt mir doch nur, daß andere Völker in derselben Situation genau dasselbe getan haben, sowie sie die Möglichkeit bzw. die Macht dazu hatten. Du tust aber manchmal sehr gerne so, als wären die Deutschen nun ein besonders schlimmes Volk. Das ist aber mitnichten so. Und dagegen verwahre ich mich auch.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
RedScorpion

Barbarossa hat geschrieben:Und das ist das, was ich nicht verstehen kann oder will (such' dir was aus):
...
Ich tippe aufs "kann". Denn es ist mir völlig unbegreiflich, wie man nicht sehen kann,

dass es sehr wohl noch eine Stufe höher ging im Deutschen Reich als Vertreibungen, bei denen halbwegs oder auch ganz und gar billigend in Kauf genommen wurde, dass die Bev. dabei draufging durch Erfrieren, Verhungern, Zwangsarbeit, Krankheiten usw. (wobei sich die Wehrmacht aber auch mal ganz gern die von deutschen Trecks verstopften Strassen freischoss und eben nicht anhielt wie der von Dieters Mutter gestoppte Panzer),

nämlich systematische Entrechtung, Vernichtungskrieg, Verschleppung, KLs/KZs und bis ins Detail organisierter Massenmord.


Das wäre der eine Punkt, den ich nicht verstehe.


Der zweite ist,

dass Du (und noch stärker Titus) Dir Stalins Logik zueigen gemacht hast, nach der es ausschlaggebend ist, welche Bev.teile auf welchen Terrirorien wohnen, damit man Zugriff auf besagtes Territorium hat, dass ethnisch klar voneinander abgesetzte Territorien besser wären,

und dass sich deshalb Vertreibungen lohnen würden (dabei zeigen ja gerade die Ostvertreibungen, dass es andersherum ist: Der Braindrain aus den ursprünglichen Gebieten war der neugegründeten Bundesrepublik ein Segen und ein Fluch für die Ostgebiete, die Sudeten, btw. auch die DDR).


Der dritte Punkt ist, dass hier das Hauptthema ja Südtirol ist, wohlgemerkt eine Region (bzw. eben autonome Provinz), der ja eben gewaltsame (und verbrecherische, wie ich oben in anderen Posts mehrfach geschrieben hatte) Vertreibungen grosso modo erpart blieben, abgesehen von wenigen Jahren Ende des Faschismus bzw. während der Besatzungszeit durch die Wehrmacht. Und an besagten schlimmen Jahren war Deutschland aktiver Teilnehmer bzw. Täter. Sich also jetzt hinzustellen und so zu tun, als sei die Tatsache, dass Südtirol das schlimme Schicksal Schlesiens, Pommerns, Ostpreussens, der Sudeten usw. einzig dadurch erspart geblieben ist, dass sich Deutschland und Oesterreich immer für eine demokratische und humanitäre Handlungsweise eingesetzt hätten und Druck auf das diktatorische italienische Regime ausgeübt hätten, ist mehr als nur dummdreist, imho.

Barbarossa hat geschrieben: ...
Du tust aber manchmal sehr gerne so, als wären die Deutschen nun ein besonders schlimmes Volk. Das ist aber mitnichten so. Und dagegen verwahre ich mich auch.
Es ist kein besonders schlimmes Volk. Es ist bzw. war ein besonders schlimmer Staat. Nämlich erst überhaupt keiner, dann ein zusammmengewürfelter Haufen im Zeichen des Ultrakonservatismus, dann des Imperialismus und schliesslich des NS in der ersten Hälfte, dann ein unverhofftes Erfolgsmodell (BRD) mit daneben einem weiteren kleinen Schrotthaufen (DDR; ohne Wermutstropfen geht's wohl nicht) in der zwoten, und i.M. weiss man es nicht so ganz genau.





LG
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

RedScorpion hat geschrieben:... es ist mir völlig unbegreiflich, wie man nicht sehen kann,

dass es sehr wohl noch eine Stufe höher ging im Deutschen Reich als Vertreibungen, bei denen halbwegs oder auch ganz und gar billigend in Kauf genommen wurde, dass die Bev. dabei draufging durch Erfrieren, Verhungern, Zwangsarbeit, Krankheiten usw. (wobei sich die Wehrmacht aber auch mal ganz gern die von deutschen Trecks verstopften Strassen freischoss und eben nicht anhielt wie der von Dieters Mutter gestoppte Panzer),

nämlich systematische Entrechtung, Vernichtungskrieg, Verschleppung, KLs/KZs und bis ins Detail organisierter Massenmord.


Das wäre der eine Punkt, den ich nicht verstehe.
Nö, ich sehe da keine "höhere Stufe" zu den Vertreibungen von Deutschen aus ihrer Heimat, die ebenso auf ihrer Flucht verhungert und erfrohren sind und ganze Flüchtlingstrecks von sow. Panzern überrollt wurden und viele Frauen vergewaltigt worden sind und die Männer sich ebenso in den Gulags zu Tode schuften mußten. Und genauso mußten die Sudetendeutschen eine Armbinde tragen, damit sie für die anderen erkennbar waren und wer wollte, durfte sie schlagen, treten oder was weiß ich und es gab auch Progrome an Sudetendeutschen - genau, wie es die Deutschen zuvor mit den Juden gamacht haben. Aber wer mit vermeintlichen Tätern ganz genauso umgeht, wie die Täter zuvor, der darf hinterher aber auch nicht mit dem Finger auf den Täter zeigen.
Darum: Es bringt nichts, wenn man hier irgendetwas aufzurechnen versucht. Man sollte es lieber ganz lassen und sagen: Nie wieder!
:wink:
RedScorpion hat geschrieben:Der zweite ist,

dass Du (und noch stärker Titus) Dir Stalins Logik zueigen gemacht hast, nach der es ausschlaggebend ist, welche Bev.teile auf welchen Terrirorien wohnen, damit man Zugriff auf besagtes Territorium hat, dass ethnisch klar voneinander abgesetzte Territorien besser wären,

und dass sich deshalb Vertreibungen lohnen würden (dabei zeigen ja gerade die Ostvertreibungen, dass es andersherum ist: Der Braindrain aus den ursprünglichen Gebieten war der neugegründeten Bundesrepublik ein Segen und ein Fluch für die Ostgebiete, die Sudeten, btw. auch die DDR).
Ich will das gar nicht beurteilen, was nun "besser" ist - ich behaupte nur, daß einigermaßen homogene Staaten politisch stabiler sind und habe Beispiele gebracht, wo Vielvölkerstaaten nicht funktioniert haben oder nicht gewollt wurden.
Vertreibungen sind hingegen völlig inakzeptabel. Statt dessen würde ich eine Volksabstimmung favorisieren, welcher Bevölkerungsteil zu welchem Staat gehören will.
Und auch wenn du Volksabstimmungen ablehnst: Das gab es übrigens sogar hier in Brandenburg, wo an den Grenzen abgestimmt wurde, wer zu welchem Bundesland gehören will. Es gab danach mehrere Gebietstausche mit Meck-Pomm und Sachsen.
:wink:
RedScorpion hat geschrieben:Der dritte Punkt ist, dass hier das Hauptthema ja Südtirol ist, wohlgemerkt eine Region (bzw. eben autonome Provinz), der ja eben gewaltsame (und verbrecherische, wie ich oben in anderen Posts mehrfach geschrieben hatte) Vertreibungen grosso modo erpart blieben...
Na ja, die Option war schon nah dran an einer Vertreibung, an der Hitler und Mussolini gleichermaßen die Akteure waren.
Ich weiß zwar jetzt nicht, warum du immer auf die deutschen Besatzung herumreitest, denn da ist ja eigentlich nichts weiter passiert, als daß die Südtiroler zur Wehmacht eingezogen wurden. Hätte Hitler sie 1938 nicht so im Stich gelassen, dann wären sie das vermutlich sogar mit Begeisterung in die deutsche Wehrmacht gegangen.
Das war übrigens bei meinem Stiefopa ganz genauso, der als sogenannter "Volksdeutscher" bis 1939 irgendwo im "polnischen Korridor" lebte und dann zur Wehmacht eingezogen wurde. Und dafür durfte auch er nach relativ langer Kriegsgefangenschaft nicht mehr in seine Heimat zurück.
RedScorpion hat geschrieben:Es ist kein besonders schlimmes Volk. Es ist bzw. war ein besonders schlimmer Staat...
Ich würde sagen, er war auch nicht "schlimmer", als Japan, Italien oder die SU. Alle hatten Großmachtsambitonen, nur daß D. und auch Japan zudem noch besonders leistungsfähig waren, um der Verwirklichung dieser Großmachtsambitionen zumindest eine Zeit lang relativ nahe zu kommen.

Vielleicht einigen wir uns lieber auf den Satz: Es war eine besonders schlimme Zeit.
:wink:
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
Titus Feuerfuchs
Mitglied
Beiträge: 1632
Registriert: 07.05.2012, 21:42

Ein vehementer Vertreter für die Selbstbestimmung Südtirols war unter anderem der ehemalige italienische Staatspräsident Francesco Cossiga. Er plädierte mehrmals für ein Referendunm über die staatliche Zugehörigkeit Südtirols. Seine Bemühungen wurden jedoch jedes Mal von der SVP konterkariert - der eigene Machterhalt ist halt im Zweifel doch wichtiger als die Interessen der Wähler. :roll:

Cossiga war seit 1992 Senator auf Lebenszeit und sorgte gelegentlich noch durch diverse politische Wortmeldungen für Aufsehen. So hatte er etwa drei Entwürfe für ein Verfassungsgesetz zur Abhaltung eines Referendums über die Unabhängigkeit Südtirols und eine etwaige Rückgliederung nach Österreich im italienischen Parlament eingereicht, die jedoch von der Südtiroler SVP-Landesregierung abgelehnt wurden und daher im Sande verliefen.[...]

http://de.wikipedia.org/wiki/Francesco_Cossiga
MfG,
Titus Feuerfuchs
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Das ist ja ein Ding. Das ist mir neu. Da waren bestimmt viele sauer. Andereseits soll Südtirol auch eine Art Steueroase sein. Könnte auch damit was zu tun haben.
:wink:
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Barbarossa hat geschrieben:Das ist ja ein Ding. Das ist mir neu. Da waren bestimmt viele sauer. Andereseits soll Südtirol auch eine Art Steueroase sein. Könnte auch damit was zu tun haben.
:wink:
Lieber Barbarossa,
nichts wie hin mit dem Schwarzgeld. :wink: :mrgreen: (Vorsicht, Ironie)
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Europäische Mitgliedstaaten“