Wahlverweigerung als Protest?

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Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Tekker hat geschrieben:...Tja und dann hab ich irgendwann gemerkt, was für'n Quatsch das alles eigentlich is. Seither schau ich keine Nachrichten mehr, über die ich mich ohnehin stets aufgeregt hatte, gehe aus Überzeugung nicht mehr wählen und bin letztlich immer mehr von einer konstitutionellen Monarchie als der für uns geeignetesten Staatsform überzeugt.
Das finde ich auch ein interessantes Thema, über das man mal diskutieren sollte.
Ich bin ja in der "DDR" aufgewachsen, in der die "Wahlen" der reinste Hohn waren, da man keine Auswahl hatte:
Es wurde lediglich eine "Einheitsliste" ausgehändigt, auf der ausschließlich eine Reihe von Namen standen, ohne die Möglichkeit irgendwo ein Kreuz dahinter oder davor zu setzen. Der Wahlschein wurde dann einfach gefaltet und in die Urne gesteckt.
Ich glaube, eine direkte Wahlpflicht gab es nicht, aber um die "Norm" von 99,nochwas % zu erfüllen, gingen die Wahlhelfer schon um 15 Uhr auf "Stimmenfang" zu Leuten, die bis dahin noch nicht im Wahllokal waren - jedenfalls war das bei meinem Onkel und meiner Großmutter so.
Als man dann am 18. 3. 1990 wirklich demokratisch wählen konnte, ging man dann zum ersten mal wirklich gerne zur Wahl - die Wahlbeteiligung von über 92 % in dieser Wahl spricht für sich. Ich habe mich zur Zeit der friedlichen Revolution im "Demokratischen Aufbruch" engagiert und war am 18. 3. 1990 sogar selbst Wahlhelfer.
Seit dieser Zeit bin ich der Überzeugung, daß man auf jedenfall zur Wahl gehen sollte, denn nicht zur Wahl zu gehen bedeutet, daß man andere Leute für sich entscheiden läßt, was gewählt wird. Selbst wenn man sich mit keiner der Parteien, die sich zur Wahl stellen, wirklich identifizieren kann, so gibt es doch bestimmt eine, die zumindest einige der eigenen Ansichten politisch vertritt.
Übrigens: Wird jedes mal vor einer Wahl auf der Webseite vom ZDF oder so ein "Wahlomat" angeboten, wo man genau das herausfinden kann.
:wink:

Und übrigens @Tekker:
Auch in einer konstitutionellen Monarchie gibt es Wahlen. Der einzige Unterschied zur Republik ist nur, daß es keinen Bundespräsidenten mehr gäbe, sondern (für Deutschland wäre es ja dann wohl wieder ein) Kaiser.
8)
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Tekker
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Barbarossa hat geschrieben:Auch in einer konstitutionellen Monarchie gibt es Wahlen.
Schon, über das zu wünschende Wahlsystem können wir uns zu gegebener Zeit gern unterhalten. Was du beschreibst, ist wohl die parlamentarische Monarchie, ich meinte aber tatsächlich die konstitutionelle Monarchie, vgl. auch Wikipedia. :D
Demokratie ist lenkbare Masse.
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Barbarossa
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Tekker hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:Auch in einer konstitutionellen Monarchie gibt es Wahlen.
Schon, über das zu wünschende Wahlsystem können wir uns zu gegebener Zeit gern unterhalten. Was du beschreibst, ist wohl die parlamentarische Monarchie, ich meinte aber tatsächlich die konstitutionelle Monarchie, vgl. auch Wikipedia. :D
Aua! :x
Damit haben wir aber sehr verschiedene Standpunkte, denn ich hätte gern eher mehr Demokratie statt weniger.
:wink:
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Tekker
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Barbarossa hat geschrieben:ich hätte gern eher mehr Demokratie statt weniger.
:wink:
Noch mehr (fehl)gelenkte Masse? :wink:
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Barbarossa
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Tekker hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:ich hätte gern eher mehr Demokratie statt weniger.
:wink:
Noch mehr (fehl)gelenkte Masse? :wink:
Nö.
Mehr gut (und objektiv) informierte und damit weniger fehllenkbare Masse.
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Tekker
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Barbarossa hat geschrieben:Mehr gut (und objektiv) informierte und damit weniger fehllenkbare Masse.
8)
Was ist objektiv?
Wer informiert?

:wink:
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Barbarossa
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Tekker hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:Mehr gut (und objektiv) informierte und damit weniger fehllenkbare Masse.
8)
Was ist objektiv?
Wer informiert?

:wink:
Informieren tut man sich über die Medien, wobei natürlich auch hier die Gefahr besteht, daß man einseitig und nicht sehr objektiv informiert wird. Besser zur objektiven Information geeignet sind da dann schon Diskussionssendungen im Fernsehen, in denen verschiedene Meinungen aufeinanderprallen und wo man dann die Möglichkeit hat, sich anhand von den verschiedenen subjektiven Ansichten seine eigene (hoffentlich dann objektive) Meinung zu bilden.
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JetLeechan
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Barbarossa hat geschrieben:
Tekker hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:Mehr gut (und objektiv) informierte und damit weniger fehllenkbare Masse.
8)
Was ist objektiv?
Wer informiert?

:wink:
Informieren tut man sich über die Medien, wobei natürlich auch hier die Gefahr besteht, daß man einseitig und nicht sehr objektiv informiert wird. Besser zur objektiven Information geeignet sind da dann schon Diskussionssendungen im Fernsehen, in denen verschiedene Meinungen aufeinanderprallen und wo man dann die Möglichkeit hat, sich anhand von den verschiedenen subjektiven Ansichten seine eigene (hoffentlich dann objektive) Meinung zu bilden.
Wie kriegst du die BILD Leser (höchste Auflage einer Tageszeitung in Europa) dazu sich über "besser geeignete Medien" zu informieren?
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Barbarossa
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JetLeechan hat geschrieben:Wie kriegst du die BILD Leser (höchste Auflage einer Tageszeitung in Europa) dazu sich über "besser geeignete Medien" zu informieren?
Tja......... - vielleicht hört oder schaut ja auch mal einer von denen Nachrichten im Radio bzw. Fernsehen.........................
Denn sonst............................... hm - .......................
.........................................hast du recht, daß die jenigen für seriöse Information verloren sind...........................
:twisted:
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Balduin
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Barbarossa hat geschrieben:
JetLeechan hat geschrieben:Wie kriegst du die BILD Leser (höchste Auflage einer Tageszeitung in Europa) dazu sich über "besser geeignete Medien" zu informieren?
Tja......... - vielleicht hört oder schaut ja auch mal einer von denen Nachrichten im Radio bzw. Fernsehen.........................
Denn sonst............................... hm - .......................
.........................................hast du recht, daß die jenigen für seriöse Information verloren sind...........................
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Zum Thema:
Wahlverweigerung ist für mich keine Option, eigentlich zeigt sie schlussendlich die Meinung, dass es einem "scheißegal" ist, was die Herren im Parlament beschließen. Dementsprechend dürfen Nicht-Wähler am wenigsten über höhere Steuern und Co. beschweren.

Zur Demokratie:
Demokratie bedeutet Freiheit, Freiheit ist des Menschen wichtigstes Gut.
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Balduin hat geschrieben: Zum Thema:
Wahlverweigerung ist für mich keine Option, eigentlich zeigt sie schlussendlich die Meinung, dass es einem "scheißegal" ist, was die Herren im Parlament beschließen. Dementsprechend dürfen Nicht-Wähler am wenigsten über höhere Steuern und Co. beschweren.
Die Parteien sind austauschbar genauso wie Koalitionen, wer nicht wählt setzt damit ein klares Zeichen das es so nicht weitergehen kann - so könnte man es auch interpretieren :wink: .
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Barbarossa
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JetLeechan hat geschrieben:
Balduin hat geschrieben: Zum Thema:
Wahlverweigerung ist für mich keine Option, eigentlich zeigt sie schlussendlich die Meinung, dass es einem "scheißegal" ist, was die Herren im Parlament beschließen. Dementsprechend dürfen Nicht-Wähler am wenigsten über höhere Steuern und Co. beschweren.
Die Parteien sind austauschbar genauso wie Koalitionen, wer nicht wählt setzt damit ein klares Zeichen das es so nicht weitergehen kann - so könnte man es auch interpretieren :wink: .
Eine Art des Protestes ist es zwar schon, wenn man gar nicht wählen geht, aber eine, die für mich selbst nie in Frage käme, denn wenn ich nicht wählen gehe, lasse ich im Grunde genommen andere Leute über mich bestimmen. Eine "Nichtwähler-Fraktion" gibt es in einem Parlament nicht - die Wahlbeteiligung wird oft nur ganz am Rande erwähnt und interessiert sonst niemanden. Statt dessen halte ich es für besser, eher eine "kleine Partei" zu wählen, die dann die Möglichkeit hat, den Laden ein bischen aufzumischen.
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Barbarossa
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Übrigens mache nicht nur ich mir Sorgen um die seit mindestens 15 Jahren zu beobachtende steigende "Politikverdrossenheit", wie das Phänomen, einfach nicht zur Wahl zu gehen, ganannt wird:
TEILHABE:
Es geht um die nächste Generation
Niedrige Wahlbeteiligung bei märkischen Landratswahlen ist ein Alarmsignal: Vor allem die Jugend könnte für die Demokratie verloren gehen

Klimawandel, demografische Veränderung, Zukunft unserer Demokratie – in den letzten Jahrzehnten hat Deutschland entscheidende Probleme verschlafen und verschleppt. Langfristige Fragestellungen sind politisch unattraktiv, da sie sich nicht kurzfristig in Wahlergebnissen niederschlagen. Doch gewissenhafte Politiker denken nicht nur an die nächste Wahl, sondern an die nächste Generation.

Politikverdrossenheit kann mit Zahlen, aber auch mit den eigenen Erfahrungen beschrieben werden. Die nackten Zahlen lauten, dass in Brandenburg 90 Prozent aller Jugendlichen nicht mit der demokratischen Regierungsform zufrieden sind und dass die Wahlbeteiligung an den Bundestagswahlen den niedrigsten Stand seit Gründung der Republik erreicht hat...
weiter lesen: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/ ... ignal.html

Und das ist wirklich gefährlich für die Demokratie, denn Demokratie lebt vom Engagement möglichst vieler Bürger. Eine Demokratie hingegen, für die niemand auch nur einen Finger rührt, ist kaum zu retten.
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segula2
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Zum Thema Wahlverweigerung als Protest möchte ich ein (sicher hinkendes) Beispiel anführen.
Wahlverweigerung - in diesem Fall als Teilnahmeverweigerung.

Man stelle ich vor, eine Firma lädt zur alljährlichen Weihnachtsfeier ein. Um aber dieses Jahr mal eine Abwechslung zu bieten wurde beschlossen, dass als Hauptgericht statt Braten und Rotkohl mit Klößen Karpfen serviert werden sollte. Alternativ natürlich Snacks und Imbiss.
Nun gibt es in dieser Firma aber nur sehr wenige Fischesser, und diese verspüren wenig Lust, sich die Feier mit Karpfen zu "versauen". Sie beschließen großenteils, nicht mit dahin zu gehen.
Somit erscheinen nur wenige Firmenmitarbeiter zur Weihnachtsfeier. Diese bestellen natürlich das Fischgericht und kaum einer nimmt ein anderes. Denen gefällt es nun dort hervorragend, vor allem auch weil kein Widerspruch aufkommt und dadurch die Stimmung hoch steigt. Die Stimmung wird so gut, dass man beschließt, ab jetzt immer Karpfen auftragen zu lassen. :wink:

Und so ist es bei den Wahlen. Wer nicht wählen geht bestätigt, ohne es zu wollen, das Endergebnis so, wie es dann ausfällt. Es wird nicht nachgefragt: "Warum hat denn der Herr XYZ nicht gewählt und was könnten wir tun, dass wir diesem Bürger XYZ auch gefallen?"
Am Wahlsonntag gehts erst in die Kirche und anschließend ins Wahllokal - das ist die eine Gruppe. Die Anderen gehen ohne Kirche wählen. Wenn überhaupt. Und wer gar nicht erst aufsteht, weil ihn die Wahl nicht interessiert und er sich für einen kuhlen Wahlverweigerer aus Protest hält, der ist schon vor der ersten Hochrechnung "Wahlsieger wider Willen", denn er hat das Ergebnis ja mit ermöglicht.
Dem Grundgesetz sei Dank haben wir nun mal die Möglichkeit, aller paar Jahre durch Wahlen unseren Unmut oder Zustimmung kundzutun. Mehr Demokratie haben wir gar nicht! Und wenn wir die nicht nutzen, werden wir auch bald das nicht mehr haben.
Um beim hinkenden Beispiel zu bleiben: Wären viele Firmenmitarbeiter doch zur Weihnachtsfeier erschienen und hätten statt Karpfen Bockwurst und Fleischspieß und Snacks bestellt und damit zu erkennen gegeben, dass ihnen die Neuerung mit Fisch nicht schmeckt, wäre man sicher davon wieder abgerückt.
Und das ist das richtige Verhalten auch bei einer Wahl. Hingehen, eine Partei wählen, die der regierenden entgegenwirkt, und wenn einem gar keine Partei gefällt, oder vielleicht zu radikal ist, dann ist eine üngültige Stimme noch immer der bessere Protest als das Fernbleiben.
MfG Heiner!
An irgendeiner anderen Stelle dieses Forums habe ich den "klammheimlichen Wunsch" geäußert, die Merkel möge genauso einen blamablen Abgang haben, wie seinerzeit das Politbüro der SED.
Sie ist auf dem besten Wege dahin! :mrgreen:
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Barbarossa
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Ich bin immer wieder angenehm verblüfft, wie anschaulich du Dinge darstellst. Das ist wirklich ok. :)

Du hast in einem anderen Pfad geschrieben:
Wer NICHT WÄHLEN geht, hat letztendlich das Wahlergebnis mit bestätigt. Besser ist immer eine GEGENSTIMME und wenn man niemand passendes wählen kann, dann erbringt man eben eine UNGÜLTIGE STIMME.
Wahlverweigerer fallen natürlich klar unter den Tisch und es kann kaum festgestellt werden, warum die Leute nicht zur Wahl gehen. Ungültige Stimmen tauchen im Wahlergebnis auch als "ungültige Stimmen" auf, aber beeinflussen sie auch die prozentuale Verteilung der Stimmen auf die Parteien oder ist es nicht doch besser, irgendeine Splitterpartei zu wählen, von der man genau weiß, daß sie ohnehin keine Chance hat, die 5-%-Hürde zu überspringen?
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