Selbsttötung - Sterbehilfe

Gesundheitssystem, Schutz, Recht, Reformen

Moderator: Barbarossa

Renegat
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Triton hat geschrieben:
Dabei ist es mir völlig klar, dass es immer zu Fehlern und Fehleinschätzungen kommen kann, wenn Menschen einen (stressigen) Beruf ausüben. Vielleicht sollte sich die Gesellschaft hier vom Trugbild der "Götter" in Weiss lösen und den Beruf als Handwerk ansehen, in dem Fehler menschlich und normal sind.
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Bei jedem Handwerk holt man ein 2. Angebot ein, wenn man Produkt, Preise und Kalkulation nicht nachvollziehen kann. Bei harmlosen Gesundheitsproblemen, wo man selber "Herr der Lage" ist, wie etwa bei Zahnarztbesuchen, sieht man den Arzt/Zahnarzt nur noch selten als Halbgott bzw. man sieht ihn kritisch und läßt sich woanders beraten.
Wenn man aber lebensbedrohlich oder psychisch erkrankt ist, wird es schwierig, denn dann ist man selbst oft hilflos und braucht jemanden, dem man vertrauen kann.
In D sichern sich die Ärzte neuerdings gern mit der Patientenverfügung ab oder es wird kurzfristig ein amtlicher Betreuer bestellt.
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Triton
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Wie bei Umfragen so üblich, es kommt immer das raus, was gewünscht ist...
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
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dieter
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Conzaliss hat geschrieben:http://www.thueringer-allgemeine.de/sta ... 1100620255

Nach Ermittlungen der DAK haben sich etwa zwei Drittel der Bundesbüger für die Sterbehilfe ausgesprochen.

Das ist mehr als ich erwartet habe. Die Angst, qualvoll sterben zu müssen, ist offensichtlich stark verbreitet - trotz vorhandener Schmerzmittel... :!:
Lieber Conzaliss,
wer will schon unter Schmerzen sterben, das mußte ich leider bei meiner Mutter erleben. :wink:
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Triton
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Es geht aber nicht darum, ob Leben mit unerträglichen Schmerzen oder schmerzloser Tod. Das ist einfach Unfug, schmerzhemmende Mittel in vernünftiger Dosierung sind nicht lebensbedrohlich. Selbst Morphium, ein Opiat, macht in medizinisch sinnvoller Dosierung nicht einmal abhängig. Die bekannten Nebenwirkungen von Opiaten (z.B. Heroin) wie Abmagerung und Abhängigkeit, Angstzustände, Wahnvorstellungen, Wesensänderung treten nur bei vorsätzlicher Überdosiereung auf.

Es geht darum, ob Ärzte Menschen, die medizinisch nicht unmittelbar vom Tod bedroht sind, den schmerzlosen Tod ermöglichen sollen dürfen.
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Renegat
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Triton hat geschrieben:
Es geht darum, ob Ärzte Menschen, die medizinisch nicht unmittelbar vom Tod bedroht sind, den schmerzlosen Tod ermöglichen sollen dürfen.
Kannst du das näher ausführen? Es kann doch bei dieser Sachlage nur im Menschen gehen, denen ein Suizid aus eigener Kraft nicht mehr möglich ist. Die aber noch so klar bei Verstand sind, dass sie ihren Willen dazu noch eindeutig äußern können.
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Renegat hat geschrieben:
Triton hat geschrieben:
Es geht darum, ob Ärzte Menschen, die medizinisch nicht unmittelbar vom Tod bedroht sind, den schmerzlosen Tod ermöglichen sollen dürfen.
Kannst du das näher ausführen? Es kann doch bei dieser Sachlage nur im Menschen gehen, denen ein Suizid aus eigener Kraft nicht mehr möglich ist. Die aber noch so klar bei Verstand sind, dass sie ihren Willen dazu noch eindeutig äußern können.

Ich habe vor etlichen Jahren im unmittelbaren Umfeld einen Doppelselbstmord "Schweizer Modell" erlebt. Von der medizinischen Prognose eines der beiden durchaus verständlich.
Das ist aber auch keine Lösung.
Insbesondere die Angehörigen die plötzlich mit dieser Situation konfrontiert werden, geraten da in fürchterliche Nöte.
Das darf man auch niemandem antun!
Renegat
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Conzaliss hat geschrieben:http://www.hna.de/lokales/korbach-walde ... 40016.html

Die Hintergründe sind noch nicht bekannt.

Ich bleibe dran...
Sollte es sich um einen gemeinschaftlichen Suizid handeln, hat das nichts mit Sterbehilfe zu tun, denn außer den 3 Selbstmördern scheint sonst niemand beteiligt gewesen zu sein.
Natürlich ist Selbsttötung immer tragisch, bes. für die Angehörigen, die sich wahrscheinlich lebenslang fragen, ob sie Anzeichen/Signale übersehen haben und es irgendwie hätten verhindern können.
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Orianne
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Ich bin für die aktive Sterbehilfe, weil ein Mensch nicht unnötig leiden sollte. Ich kenne zwei alte Leute die das gemacht hatten, beide hatten es satt zur Dialyse zu gehen, ich denke, dass man mit 83 Jahren das Recht hat zu gehen. Es wird immer Kreise geben, die sich daran stören. Ich bin ja katholisch und es gilt ja bei uns als Sünde, aber ich sehe das eben nicht so, Gott hat uns einen Verstand gegeben, der sich dann hoffentlich richtig entscheidet, denn was nachher kommt, wer weiss das schon, es ist ja noch niemand zurück gekommen, und an dieses weisse Licht, daran glaube ich nicht.
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Lia

Prinzipiell gestehe ich jedem Menschen die Entscheidungsfreiheit zu, ob und wann er gehen möchte.
Wenn jemand nicht mehr entscheidungsfähig ist? Kann man Krebskranken im letzten Stadium die letzten Wochen und Tage erleichtern, vor allem die letzten Stunden.
Dabei bewegt sich ein Palliativ-Mediziner immer noch auf schmalem Grat, denn es kann durchaus sein, dass eine Gabe von Medikamenten nicht nur den Schmerz lindert, sondern auch das "Leben" verkürzt. Um vielleicht Stunden, vielleicht um Tage.
Des Risikos müssen sich auch die Angehörigen bewusst sein- und es mit tragen.
@ Triton: Was ist die Definition von
Es geht darum, ob Ärzte Menschen, die medizinisch nicht unmittelbar vom Tod bedroht sind, den schmerzlosen Tod ermöglichen sollen dürfen.
Reden über Sterbehilfe ist leicht- selbst einen unheilbar kranken Menschen allerdings das tödliche Mittel zu bringen oder zu verabreichen, ist dann, so sehr man mitleidet, eine andere Sache.
Oft genug im Leben hatte ich Anlass, darüber nachzudenken.
Sterbehilfe: Ja. Doch nur unter sehr sehr strengen Vorgaben.
Selbsttötung:
Ich kann sehr oft sehr gut verstehen, warum Menschen gehen wollen ohne vorher zu fragen.
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Triton
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Also wenn jemand wegen Krankheit selbst einschätzt, dass er keine Lebensqualität mehr hat und deshalb aus dem Leben scheiden möchte, dann müssen nicht andere drüber entscheiden. Es muss aber absolut klar sein, dass der Entschluß aus eigenem Antrieb erfolgt und nicht, weil er von irgendjemand dazu überredet wurde. Hier sollte der Staat ähnlich wie bei Schwangerschaftsabbrüchen ein obligatorisches Beratungsgespräch mit einem unabhängigen Experten vorsehen. Man kann sich sonst die Motive für Missbrauch schon vorstellen.

In England sollen Ärzte bereits Prämien von Krankenkassen erhalten, wenn sie teuren Patienten ihr Einverständnis zur Sterbehilfe abringen...

Also wenn andere Menschen darüber entscheiden, ob für jemand die Zeit gekommen ist, finde ich das sehr grenzwertig. Es gibt Fälle wie den oben beschriebenen eines Komapatienten, aber was ist mit der scheinbar senilen Oma, die Angehörigen lästig ist? Wo ist die Grenze, wann andere Herrgott spielen dürfen?

Die Gabe von Schmerzmitteln ist nur in höchsten Dosen lebensverkürzend. Solche Mengen verabreicht man Krebspatienten und da dreht es sich um Tage. Normale Morphium-Dosierung gefährdet wohl selbst auf lange Sicht nicht einmal ansatzweise die Gesundheit. Göring war m.W. über 20 Jahre Morphinist und er nahm Dosen, die abhängig machten. Also zuviel.

Bei spiegel-online habe ich einen interessanten Kommentar gefunden:
"Ich muss vorausschicken, das ich noch vor zwei Jahren über das Thema Sterbehilfe anders gedacht habe als ich es jetzt tue. Vor mehr als einem halben Jahr wurde ich mit heftigen Oberbauchschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert. Was niemand wusste: Bauchspeicheldrüsenkrebs - nicht erkannt und nicht behandelt. Noch bevor die erste etwas machen konnten, setzte bei mir die Atmung aus und ich fiel ins Koma. Gut, ich hatte keine Hirnverletzung, aber ich war im Koma. Weder meine Angehörigen noch die Ärzte wussten, ob ich überleben werde und ob ich jemals aus dem Koma erwache. Während ich für meine Angehörigen nur da lag, habe ich von meiner Umgebung viel mitbekommen, allerdings wurden externer Eindrücke mit Traum und Wahn vermischt. Es war wie ein endloser Albtraum. Obwohl ich die Augen geschlossen hatte, habe ich Krankenschwestern und Krankenpfleger wahrgenommen, und war nach dem Erwachen erstaunt, wie dieses passieren konnte. ich habe meine Frau wahrgenommen, ihre Liebe und ihre Nähe gefühlt, gesehen und darauf reagiert. Die Interpretation der französischen Ärzte, der Patient wolle sterben, kommt einem Gottspielen gleich. Ich weise darauf hin, dass ich mich nicht im künstlichen Koma, sondern im sogenannten echten Koma befand. Von den endlosen träumen allerdings habe ich mich bis heute nicht erholt. Mein Appell lautet: gegen Sterbehilfe! Ich bin sicher dass die Patienten leben wollen und alles mitbekommen. Und der Patient darf hier kein Kostenfaktor werden."

Meiner Mutter (Arthrose-Patientin) wollte man (Schwestern) auch den Willen zum Leben ausreden, selbst ich war verwundert, wie vehement sie da widersprochen hat. Das war sonst gar nicht ihre Art, aber ich verstehe es heute sehr gut, dass man über sein Leben schon selbst entscheiden möchte.
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Ihr Lieben,
über sein Leben sollte man schon allein entscheiden können. :roll:
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dieter hat geschrieben:Ihr Lieben,
über sein Leben sollte man schon allein entscheiden können. :roll:
Das meine ich eben auch, darum bin ich dafür, man wird ja auch nicht gefragt, :? ob man geboren werden will.
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Triton
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Wenn der Wunsch zu sterben vom Patienten ausgeht und nicht von Ärzten oder Angehörigen "nahegelegt" wird, ist das auch etwas völlig anderes. Es muss völlig klar sein, dass jeder über sein eigenes Leben vollständig selbst bestimmt.
Es gibt und gab noch nie Gesetze, die Menschen den Suizid verbaten, das wäre sowieso Nonsens.

Der Wunsch zu Sterben muss allerdings permanent da sein und nicht nur eine Laune, weil man gerade eine schwere Phase durchmacht. Hier sind vor allem die Angehörigen gefragt, zu unterstützen und nicht den einfachen Weg zu suchen. Ich spreche da aus ganz bitterer, eigener Erfahrung.

Als ich einmal sehr hohes Fieber hatte, hätte ich ohne Zögern Todespillen geschluckt, nur um mich aus meinem Elend zu erlösen.
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Triton
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Conzaliss hat geschrieben:Hattest du außer hohem Fieber auch Schmerzen?
Ist sehr lange her. Ich musste mich dauernd übergeben und viel mehr weiß ich nicht, nur dass es mir so elend ging, dass man im Krankenwagen Angst hatte, mich überhaupt lebend einliefern zu können. Die Temperatur war wohl sehr, sehr hoch.
Nach 2-3 Tagen war ich wieder obenauf, wie man halt als junger Mensch einfach alles abschüttelt. Ich weiß bis heute nicht, was ich damals hatte, aber ich erinnere mich halt, dass ich mir nichts mehr wünschte, als zu sterben.

Hohes Fieber ist doch immer das Letzte. Das mit der Euphorie habe ich noch nie gehört.
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Triton
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Mit Tropenkrankheiten kenne ich mich zum Glück nicht aus.
Was ich gefunden habe:
http://www.zeit.de/2000/11/200011.stimmts_fieber_.xml
Wenn das stimmt, war ich wohl wirklich an der Kante. Vielleicht ist es auch eine gute Sache, dass man sich den Tod wünscht, wenn man so elend ist. Von Bergsteigern weiß man, dass sich der Körper und Geist zuerst mit aller Macht gegen den Tod (Erfrierung, Erschöpfung) stemmen, aber irgendwann eine Art "Einverständnis" eintreten soll.
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