Stechen von Ohrlöchern wird juristisch überprüft

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Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Was wir im Zuge der Diskussion um die religiös motivierte Beschneidung von Jungen beiläufig erwähnt hatten, ist nun Realität geworden: Es wird das Stechen von Ohrlöchern juristisch überprüft.
Die Meldung:

22.08.2012
Nach Beschneidungsurteil:
Justiz prüft Stechen von Ohrlöchern
von Jost Müller-Neuhof

Nach dem umstrittenen Beschneidungsurteil des Landgerichts Köln kommt jetzt das Stechen vor Ohrlöchern bei Kindern vor die Justiz. Das Amtsgericht Lichtenberg will den Fall einer Dreijährigen prüfen lassen...
hier: weiterlesen

Ich weiß nicht warum, aber ich hatte sowas tatsächlich schon geahnt...
:oops:

Sollte die Justiz das wirklich als problematisch einstufen und für Minderjährige verbieten, dann könnte sich die skurile Situation ergeben, daß Ohrlöcher, Piercings und Tattoos erst ab 18 erlaubt sind, Beschneidungen aber eventuell schon im Babyalter (?).
Ich schwöre euch, dann lache ich mich tot - versprochen!
:wink:
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Sophia3562
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Das ist ja auch wieder ein Beispiel der Haarspalterei! Ohrlöcher und Beschneidung gleichzussetzen ist ein absolutes Unding.
Es ist natürlich auch sehr vergleichbar, wenn man Kinder einer OP unterzieht, ihm STÜCKE seines Imtimbereiches entfernt bzw. einem Kind Ohrlöcher sticht (die natürlich jeder Zeit wieder zuwachsen). Kann man sich die Vorhaut dann einfrieren lassen und wenn das Kind dann entscheidungsfähig ist und nicht beschnitten werden wollte, sie wieder annähen ?

Ich hoffe Ironie ist bekannt!
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dieter
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Liebe Sophia,
das wenn es ohne Einwilligung des Kindes oder Jugendlichen gemacht wird, ist auch eine Köperverletzung. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Sophia3562
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Dann dürfte man dem Kind weder Haare schneiden, noch Fingernägel, etc... Wie viele Kinder schreien übrigens, wenn die Mutti die Haare zu sehr kämmt ? Das sind dann alles KÖRPERVERLETZUNGEN.

Und es absolut NICHT vergleichbar mit der Beschneidung.
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dieter
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Liebe Sophia,
Haarschneiden ist etwas ganz Anders, das passiert bei Jedem und muß keine Schmerzen bereiten. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Sophia3562
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Dann gehen Sie doch mal aufs Haare kämmen ein ;) Das ist es nicht ganz so einfach für Sie sich rauszureden.
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Peppone
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Sophia3562 hat geschrieben:Dann gehen Sie doch mal aufs Haare kämmen ein ;) Das ist es nicht ganz so einfach für Sie sich rauszureden.
Bleibt doch mal ruhig bei den Ohrlöchern. Ich kenne Mädchen, denen wurden mit 1 (!) Jahr die Ohrlöcher durchstochen. Die Mäderls waren übrigens furchtbar stolz darauf und tragen noch heute voller Ehrfurcht ihre Orrringe.

Körperverletzung? Oder Vorwegnahme kindlichen Willens? Die jüngere von beiden wollte übrigens unbedingt ihre Ohrlöcher, weil die größere Schwester sie ja auch schon hatte... (sie konnte schon recht gut reden zu dem Zeitpunkt, war nicht mehr weit zum 2.Geburtstag...)

Beppe
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dieter
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Sophia3562 hat geschrieben:Dann gehen Sie doch mal aufs Haare kämmen ein ;) Das ist es nicht ganz so einfach für Sie sich rauszureden.
Liebe Sophia,
ich rede mich nie raus, sondern schreibe immer nur meine unmaßgebliche Meinung. :wink: Was hast Du gegen das Haarekämmen :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Barbarossa
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dieter hat geschrieben: Liebe Sophia,
(...) Was hast Du gegen das Haarekämmen :?:
Sie meint vermutlich das "ziepen" beim Kämmen, vor allem bei längeren Haaren.
Stimmts?
:wink:
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norvegia
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Haare kämmen ist Körperverletzung.
Wir sollten uns alle eine Glatze anschaffen...
Und die Glatze hätte natürlich auch noch den Vorteil, daß keiner die grauen Haare sieht.
Ich bin Ossi und ich darf so reden. ;-)
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Balduin
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Der Artikel des Tagesspiegel (Eingangsartikel) ist mehr als dürftig. Zum einen haben die Eltern zivilrechtliche Schritte gegen das Tatoo-Studio unternommen, weil es zu handwerklichen Fehlern kam (Schmerzensgeld!).
Diese handwerklichen Fehler & die eventuelle Verletzung der Fürsorgepflicht durch die Eltern (nämlich Schaden vom Kind abzuhalten) führen zu möglichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Das ist ein normaler Vorgang in unserem Justizsystem.

Der Tagesspiegel setzt das jetzt in einen Zusammenhang mit dem Beschneidungsurteil und der aktuellen Debatte, um eine neue Schlagzeile zu kreieren.

Man kann es nicht oft genug betonen: Die Beschneidung ist kein "kleiner" Eingriff, sondern führt zu erheblichen Schmerzen. Dazu ist noch die negative Glaubensfreiheit des Kindes betroffen.
Das Stechen von Ohrlöchern ist nicht vergleichbar.

Fängt man mit dieser Argumentation an, dann wird die Erziehung den Eltern unmöglich gemacht. Denn jegliche Handlungweise der Eltern betrifft Grundrechte des Kinders (im Übrigen immer Art 2 als Auffanggrundrecht).
Art 6 II sagt: Pflege und Erziehung der Kind sind das natürliche Recht der Eltern. Ich zitiere im Folgenden aus dem Maunz/Dürig:
Das Grundrecht des Art. 6 Abs. 2 garantiert den Eltern gegenüber dem Staat den Vorrang als Erziehungsträger. Dieses Elternrecht enthält als wesensbestimmenden Bestandteil die Pflicht zur Pflege und Erziehung der Kinder; denn die elterlichen Rechte finden ihre Rechtfertigung allein in dem Bedürfnis des Kindes nach Schutz und Hilfe
Badura in Maunz/Dürig GG-Kommentar Art. 6 Rn. 107
Diese Pflicht obliegt „zuvörderst“ den Eltern, eine Klausel, mit der die Verfassung unterstreicht, daß es zuerst Sache der Eltern – und nicht des Staates oder gesellschaftlicher Kräfte – ist, über die Erfüllung der Pflicht zu bestimmen.
Rn. 133 a.a.O.
Die Berücksichtigung des Kindes in seiner Individualität als Grundrechtsträger profiliert auch die Elternverantwortung in der Weise, daß mit abnehmender Pflege- und Schutzbedürftigkeit sowie zunehmender Selbstbestimmungsfähigkeit des Kindes die im Elternrecht wurzelnden Rechtsbefugnisse zurückgedrängt werden, bis sie schließlich mit der Volljährigkeit des Kindes erlöschen. zur Fussnote
Rn. 135 a.a.O.

Einwilligung der Eltern bei Eingriffen in die allgemeine Handlungsfreiheit des Kindes (Haare schneiden, Ohrlöcher stechen):

Die Einwilligung hängt an sich nicht von der Volljährigkeit, sondern von der Reife- und Einsichtsfähigkeit des Kindes ein. Bei Kindern unter 14 Jahren wird diese im Üblichen nicht angenommen. Dann müssen die Eltern als gesetzliche Vertreter (§1629) einwilligen.
Der BGH hat hierfür die 3-Stufen-Theorie entwickelt: Routinefälle, ärztliche Eingriffe schwererer Art mit nicht unbedeutenden Risiken und große Operationen mit schwerwiegenden, weitreichenden Entscheidungen und erheblichen Risiken. Bei Routinefällen darf sich der Arzt auf die Einwilligung der Eltern verlassen! (Erlinger/Bock in Widmaier, Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 1. Auflage 2006, Rn 77 - 84)

Im Ergebnis ist das Ohrlöcher-Stechen somit ein Routinefall, widerspricht nicht dem Kindeswohl (gesellschaftliche Akzeptanz)... Anders im obigen Fall, der anders gelagert ist.
Man sollte nicht aus jeder Mücke einen Elefanten machen und dem überwiegenden Anteil der Eltern auch zutrauen, dass sie wissen, was für ihr Kind gut ist. Es ist nunmal so, dass die Eltern den Grundstock für ein erfolgreiches Leben ihrer Abkömmlinge legen oder eben auch nicht legen.
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Barbarossa
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Aha. Da hast du aber gut recherchert. Danke Ralph!
:wink:
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:
dieter hat geschrieben: Liebe Sophia,
(...) Was hast Du gegen das Haarekämmen :?:
Sie meint vermutlich das "ziepen" beim Kämmen, vor allem bei längeren Haaren.
Stimmts?
:wink:
Lieber Barbarossa,
da ich kueze Haare habe und teilweise Glatze, sind bei mir noch keine Haare gezogen worden.Werde meine liebe Frau fragen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Peppone
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dieter hat geschrieben:Werde meine liebe Frau fragen. :wink:
Die kannst du ja dann auch gleich nach ihren Ohrlöchern fragen... :wink:
...oder hast du selber welche?

Beppe
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dieter
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Lieber Beppe,
meine liebe Frau hat keine Ohrlöcher und ich natürlich auch nicht. Habe auch keinen Brilli im Ohr. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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