Privilegien oder normale Freiheiten für Geimpfte?

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Moderator: Barbarossa

Marianne E.
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Mit einer Scheindebatte wird die Frage aufgeworfen, ob, wie und in welchem Umfang für Geimpfte Privilegien eingeräumt werden können.
Was soll dieser komplette Unfug? Vorteile für die derzeit schon Geimpften?

Für die Herrschaften in den Pflegeheimen und die Freilaufenden über 80 könnte das bedeuten, sie können tanzen gehen, in Kinos gehen, Restaurants aufsuchen, Kulturveranstaltungen besuchen usw. Alles Dinge, die derzeit nicht stattfinden dürfen, da ja die Veranstalter noch nicht geimpft sein können.

Und der andere, der weitaus größte Personenkreis? Mit viel Glück werden alle vielleicht 2022 geimpft sein.
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Barbarossa
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Marianne, du meinst sicher die heutige Empfehlung des Deutschen Ethikrates für Covid-19-Geimpfte.

In dieser Empfehlung lehnt der Ethikrat eine generelle Rückgabe aller bürgerlichen Freiheiten (so ist die Formulierung richtig - es geht nicht um irgendwelche ,,Privilegien'') für bereits Geimpfte ab. Insbesondere wird die Befreiung von den Covid-Vorschriften deswegen abgelehnt, weil zum Einen derzeit noch nicht geklärt ist, ob Geimpfte das Virus übertragen können - zum Anderen könne eine solche Befreiung von den Menschen als ungerecht empfunden werden, die bisher noch keine Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen. Auch bestehe die Gefahr, dass die entsprechenden Maßnahmen aufgrund sinkender Akzeptanz nicht mehr befolgt werden könnten.
Nach Ansicht des Ethikrates seien die Covid-Maßnahmen, wie die Abstandsregeln oder das Maske tragen auch den Geimpften zuzumuten. Die Maßnahmen sollten für alle zur gleichen Zeit aufgehoben werden - aber so bald wie möglich. Dieser Zeitpunkt sei erreicht, so bald die Versorgung von schwer erkrankten Covid-19-Patienten das Gesundheitssystem nicht mehr akut zu überlasten drohten bzw. wenn das Ziel der Impfstrategie erreicht sei.

Aber es könnte nach Meinung des Ethikrates aber auch Ausnahmen geben: Für Bewohner von Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen oder Hospiz-Patienten könnten die dort geltenden Ausgangsverbote oder Besuchs- und Kontakteinschränkungen in dem Moment aufgehoben werden, so bald sie geimpft sind. Der Ethikrat begründet dies mit den besonderen Belastungen dieser Menschen.
Auch privaten Anbietern von Veranstaltungen räumt der Ethikrat einen gewissen Spielraum ein, der auch die Möglichkeit umfasse, die Besucher nach Geimpfte und Nichtgeimpfte zu unterscheiden. Eine Grenze dieses Spielraumes sei aber dann erreicht, wenn der Zugang zu den Angeboten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unerlässlich sei.
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/ethikr ... e-101.html

Wie gesagt - es geht nicht um ,,Privilegien'' irgendeiner Art, sondern um die Rückgabe von völlig normalen Freiheiten, die alle so rasch wie möglich zurück wollen.
Ein Privileg wäre es dagegen, wenn ich aufgrund meiner ,,hochwohlgeborenen Herkunft'' :-D mal eben kostenlos in den Urlaub nach Dubai fliegen könnte. (Ich übertreibe jetzt mal mit Absicht, um die Sache anschaulich zu machen. ;-) )

Persönlich: Ich stelle gerade bei diesem Thema fest, wie wichtig Sprache ist und wie besonders dabei schon bestimmte Formulierungen die Einstellung des Diskussionsteilnehmers zum Thema erkennen lassen.
--> Ich habe den Titel des Themas leicht abgeändert.
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Marianne E.
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Mein Beitrag hieß Privilegien für Geimpfte und bezog sich ausschließlich auf die zum Teil recht dümmlichen Diskussionen der vergangenen Tage.

Die Empfehlung des Ethikrates war mir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt, denen ich mich aber ohne wenn und aber anschließen kann.

Der Begriff Privilegien ist ganz gewiss vieldeutig, im Falle der Corona-Pandemie, Beschränkungen und Lockerungen allerdings von mir so gewollt. 
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Barbarossa
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Ich muss zugeben, dass ich bei bestimmten Formulierungen etwas sensibel reagiere. Und hierbei stelle ich immer wieder selbst fest, dass es auch dazu gehört, wenn normale und temporär ausgesetzte Freiheiten als ,,Privilegien'' deklariert werden. Das suggeriert nämlich (und brennt sich im schlimmsten Fall auch im Gefächtnis ein!), dass diese Freiheiten eben nicht mehr normal sind. Das halte ich sogar für bedenklich, weil sowas im schlimmsten Fall vielleicht sogar zu einer dauerhaften Freiheitsberaubung führen könnte.
Das ist genau das Problem, das ich damit habe.
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Marianne E.
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Deine Bedenken teile ich vollkommen und ich würde mit Dir in den Widerstand gehen. Aber in diesem Fall sehe ich Deine Sorgen als unbegründet an.

Wenn wir einmal die Freiheiten betrachten, die uns vermeintlich durch diese Pandemie genommen oder beschränkt wurden.
Wir können nicht reisen, nicht hingehen, wohin und wie wir wollen. Unsere Kinder dürfen nicht zu Besuch kommen. Wir müssen Abstand halten und eine Maske tragen.
Lieber Freund, diese Einschränkungen haben nichts, aber auch gar nichts mit Freiheit oder Freiheitsberaubung zu tun.
Das sind Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der eigenen Gesundheit und der anderer Menschen.

Was wäre denn, wenn uns diese Unannehmlichkeiten nicht zugemutet worden wären? Ich wage nicht, mir dieses Horrorszenario vorzustellen.
Covid19 ist eine Todesmaschine.

Um zu den Freiheiten zurückzukommen. Von unserem Grundrecht auf demokratische Freiheiten sind wir in keinem einzigen Punkt ausgeschlossen.
Wir können zwar keine Massendemonstrationen abhalten, aber wir können die Inhalte weltweit kommunizieren.
Wir können nicht in einem Restaurant essen, aber wir können alles kaufen.
Wir können keine Kultureinrichtung, Theater, Konzert, Museum besuchen, aber wir können alles Lesbare und Anschaubare kaufen.
usw. usw.
Alles, was uns ärgert, stört und lästig ist, wird wieder verschwinden.
Und wenn alle unsere Mitbürger und Mitbürgerinnen sich endlich an die Corona-Maßnahmen halten, verschwinden die Beschränkungen / Einschränkungen noch schneller.
Wir verdanken diese missliche Situation nicht etwa unfähigen Poltikern. Wir verdanken sie u.a. den Corona-Leugnern, den Verschwörungsfuzzies und den Politikern, die keine Argumente haben, aber gerne im Trüben fischen.
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Barbarossa
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Klar, es sind nicht politisch motivierte Freiheitsbeschränkungen, wie sie in einer Diktatur herrschen. Über jeden, der das behauptet, kann ich nur den Kopf schütteln. Aber Freiheiten wurden pandemiebedingt eingeschränkt: (Präsenz-)Schulpflicht -recht wurde ausgesetzt, die Maskenpflicht, Schließungen von Läden, Kinos, Theater, Museen, Spielplätze, Strände usw. und nicht zuletzt Begrenzungen von privaten Feiern - also Eingriffe auch in zutiefst private Angelgenheiten. Das sind Maßnahmen, die unbestritten dazu führen sollen, dass sich das Virus nicht immer stärker verbreitet, aber es produziert Lebensverhältnisse, wie ich sie selbst aus der DDR nicht kannte.
Dass das Virus gefährlich ist, bestreite ich nicht.

Übrigens lehnte auch der Ethikrat in seiner Presseerklärung den Begriff ,,Privileg'' für eigentlich selbstverständliche Freiheiten ausdrücklich ab. Damit bin ich mit meiner Ansicht auf einer Linie mit dem Ethikrat.

Ein Argument wurde aber meines Erachtens noch gar nicht beleuchtet.
Hintergrund: Die ersten von den Zwangsschließungen betroffenen Läden, Friseure, gastronomischen Einrichtungen müssen bereits für immer schließen, weil sie Pleite sind (die Mieten u. a. Nebenkosten laufen ja trotz fehlender Umsätze weiter).
Durch ein ,,gleiches-Recht-für-alle-Prinzip'' verlängert sich zwangsläufig auch der Shutdown für alle.

Mein Argument hat genau dieses Problem im Blick.
Derzeit gibt es noch keinen nennenswerten Bevölkerungsanteil, der bereits zweimal geimpft ist - aber es werden im Laufe der Zeit immer mehr werden. Wenn die Einschränkungen und die Maskenpflicht auch für Geimpfte aufrecht erhalten bleiben sollen, dann geschieht das auch laut des Ethikrats neben der als ungerecht empfundenen Ungleichbehandlung vor allem deswegen, weil noch nicht endgültig geklärt ist, ob Geimpfte noch ansteckend sein können oder nicht.
Dieses Argument kann aber nur dann gelten, wenn eventuell infizierte Geimpfte (ggf. noch mit Ansteckungsgefahr) mit Ungeimpften zusammen kommen. Geimpfte Personen untereinander können dagegen aufgrund ihrer Impfung nicht mehr erkranken. Sie sind immun und könnten im Grunde genommen wieder ohne jegliche Einschränkungen und Maskenpflicht leben. Sie müssten dann allerdings in den Läden, Friseursalons, gastronomischen Einrichtungen, Kinos, Museen usw. unter sich bleiben - Ungeimpfte müssten bis zum Erreichen einer sog. Herdenimmunität draußen bleiben.
Das mag manch ein Ungeimpfter als ungerecht empfinden, nur eine noch längere Schließung aller genannten Einrichtungen ist auch ungerecht den Betreibern gegenüber, von denen womöglich um so mehr für immer aufgeben müssten, je länger die Schließungen für alle dauern. Die allgemeine Arbeitslosigkeit würde dann um so höher werden und wenn es erst einmal so weit ist, dann dauert es sicherlich Jahrzehnte, bis sich unsere Wirtschaft davon erholt.
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Marianne E.
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Hallo Barbarossa, ich werde Deinen Beitrag nicht als Zitat wiederholen.
Dafür ist er zu lang, aber insgesamt voll und ganz zutreffend.Jeder sollte ihn deshalb im Original lesen können.
Meinen Begriff "Privilegien" können wir zu den Akten legen. Er wird hin und wieder so verwendet, je nach Sachlage des Schreibenden. Aber, so wichtig ist es ja auch nicht.

Mich beschäftigt in diesem Zusammenhang die Frage, wann wir denn überhaupt geimpft werden können. In meinem Landkreis ist das Impfzentrum am Ende der Welt und wie die Impfwilligen dahin kommen, ist deren Angelegenheit (so ein Sprecher der Behörde). Niemand weiß darüber hinaus, wie man an einen Impftermin kommen kann. Die Telefonnummern sind entweder besetzt oder sagen "Kein Anschluss unter dieser Nummer". Selbst unser Testzentrum ist nur mit dem Taxi zu erreichen, da es dort keine Parkplätze für private PKW gibt. Wir haben uns privat testen lassen, hat ein bisschen gekostet, ging aber schnell und nervenschonend.

Die Einschränkungen in unserem Alltagsleben sind gravierend, aber am meisten tun mir die Kinder leid. Vor allem diejenigen, deren Eltern sich und ihren Kindern nicht so gut helfen können. Ich überlege allen Ernstes, ob ich nicht nach Aufhebung der Beschränkungen ein oder zwei Kindern kostenlose Schulhilfe anbieten sollte.

Was den Einzelhandel, Friseure, Gastronomie angeht, werden viele wohl wieder ganz von vorne anfangen müssen.
Maßlos erstaunt bin ich darüber, dass bei den meisten die Mieten in alter Höhe verlangt werden. So etwas Kurzsichtiges von den Vermietern. Denn, wenn das Unternehmen und viele andere pleite gehen, wird es wohl angesichts der Pleitewelle auch keine Nachmieter geben.
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