Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

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Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Kunjing » 06.06.2021, 09:56

Es war eine Aufregende Zeit, und ich selbst würde gern die ganzen Segelschiffe gesehen haben, die im Hafen entstanden, um später in den Krieg zu gehen. Der Anblick mußte erhaben gewirkt haben.

Das Leid der Menschen hat mich tief gebrochen, wo die Eltern mit Ihren Kindern auf einer Brücke standen, sich die Eltern umarmten und geküsst hatten. Dann vor den Augen ihrer Kinder in den Tod sprangen. Was wohl die Kinder zu dem Zeitpunkt fühlten.

Das einer klaute, um Kohle kaufen zu können, das er es warm hatte, und wo der Soldat ihm folgte, und am nächsten Tag ihm was gutes tun wollte, aber nur seine Leiche fand.

All das ist sehr leidvoll, und man erfährt es nicht, in den heutigen Wissenschaftlichen Berichten. Aber dies macht es aus, warum ich die Zeitungen lese. Auch der Junge, der Veräzt wurde, als er etwas, wohl aus Unwissenheit, was aufsammelte, dann vom Pferd fiel und im Fluss landete, und es zur Reaktion kam.

Das Lustigste war meiner Meinung nach der entführte Maurer, der eine Leiche einmauern musste.

Wie empfandet Ihr es ? Habt Ihr was gelernt, was ihr noch nicht gewusst habt.

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Kunjing » 06.06.2021, 09:47

Paris den 28. Juni 1789
Seit gestern ist enflich, dem Himmel sei Dank ! die Vereinigung aller 3 Stände vor sich gegangen; gestern Abend um 4 Uhr sind die Deputierten des Adels, und der Geistlichkeit in Nationalsaal, wo die vom Burgerstand schon versammelt waren, erschienen, aber diejenigen unter ihnen, die bisher sich der Vereinigung am heftigsten wiedersetzt hatten, traten mit niedergeschlagenen Augen in den Saal. Gewiß, es war die höchste Zeit, daß einmal diese Vereinigung geschähe. Das Volk war aufs höchste aufgebracht, und die Regimenter, vorzüglich die Schweizerregimenter erklärten laut, daß sie auch bei dem strengsten Befehl gegen keinen Bürger Gewalt brauchen würden. Äußerst rührend waren unter dessen die Auftritte vor dem königl. Pallast in Versailles. Denn das Volk, auf die Nachricht, daß die 3 Stände sich vereinigt hätten, strömte von Freude trunken vor den Pallast, und rief unaufhörlich: Es lebe der König ! Es lebe die Königin ! Man schätzt die Menge auf 25000 Menschen. Auf dieses Jubelgeschrei erschien der König, mit der Königin auf dem Balkon. Beiden strömten Wonne Thränen aus den Augen. Die Königin war im Pudermantel, mit ausgekämten Haaren, und lehnte ihren Arm auf die Achsel des Königs. Von da gieng der Strom des Volks vor den Pallast des Herrn Neckers. Anfänglich winkte er immer mit der Hand, und gab dem Volk durch Zeichen zu verstehen, daß dem Volk durch Zeichen des verstehen, daß dem König diese Ehre erwiesen werden müßte. Als aber einer mit lauter Stimme schrie: daß man so eben vom königl. Pallast herkäme, so ließ sich Herr Necker den Zuruf des Volks gefallen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00659_u001/1

Paris den 30. Juni 1789
Heute, da alle Stände vereint beisammen sitzen, hört man schon Wirkungen ihrer Verhandlungen. Eine der ersten war der Befehl alle Kornwucherer in Frankreich aufzusuchen und sie zur Strafe zu ziehen. Schon sind alle Strafen mit Korn besetzt, die von den Getreidebesitzern der Nachbarschaft auf die Märkte geliefert werden.
Man sagt, die Französische Garde habe sich verschworen, bei keiner Gelegenheit ihr Gewehr wider die Nation zu gebrauchen. Die andern um Paris liegenden Regementer haben gleichen Eid geschworen, und von den Besatzungen der übrigen Stände will man gleiche Nachricht habe. Der Graf von Affri bot sich gegen den Grafen von Artois erklärt, die 13 Schweizer-Kantons wollten nicht leiden, daß ihre in französischen Solde stehenden Regimenter gegen das Volk, von welchem sie bezahlt werden, Krieg führten, zumal da es in ihrem Vertrage stünde, daß sie im Fall eines Bürgerkriegs abgehen sollten.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00667_u001/1

Paris den 30. Juni 1789
Eine ganze Nation, die gewohnt war, einem einzigen Oberhaupte zu gehorchen, übernimmt die oberste Gewalt; ein Monarch, der zwischen dem Interesse seines Volkes, und seiner eigenen Macht wankte, zieht das erstere dem letzteren vor; ein Volk erhält seine so lange Zeit unterdrückte Spannkraft wieder, dieß ist vielleicht das Wichtigste in unserer Geschichte. Die Zeitungen haben der Vorfälle erwähnt, die innerhalb 5 bis 6 Tagen mit einer ausserordentlichen Geschwindigkeit auf einande gefolgt sind, und die uns den Gräueln eines Bürgerkriegs hätten aussetzen können, wenn wir einen einen Monarchen gehabt hätten, der nicht so der ???? seines Volks gewesen wär, wie unser jetziger Souverain…..
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00671_u001/1

1. Juli 1789
…. 30. Juni… An eben diesen Tage, den 30sten, war allhier ein großer Lärm; das Volk lief gegen 7 Uhr Abends haufenweise nach dem Gefängnisse der Abtei St. Germain des Pres; über 4 tausend Menschen forderten die Kerkermeister auf, die Thüre zu eröffnen, und, da sich dieser weigerte, so holten sie Hacken, Brecheisen und andere Instrumente herbei; schlugen und brachen alles entzwei,
und befreiten alle Gefangene, worunter sich auch Deserteur befanden. Endlich erschien ein Kommando Dragoner, um Ruhe zu schaffen, dem die Bürger aber antworteten: Ihr sehet ja, daß wir uns wegbegeben. Das Volk hatte seinen Zweck erreicht, folglich war alles ruhig….
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00675_u001/1

Paris, den 3. Juli
Die von der Nationalversammlung an den König abgesandte Deputation in Betreff der aufwieglerischen gefangen genommenen, nachher aber mit Gewalt befreiten französischen Gardisten ist von dem König sehr gut aufgenommen worden, mit dem Beifügen: er werde seine Willensmeinung darüber zu erkennen geben. Man glaubt überhaupt, daß die französiche Garderegimenter in Provinzen werden verlegt werden….
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00681_u001/1

5. Juli 1789
Zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe hat der Herr Marschall von Broglin die Oberbefehlshabung der in der Isle de France vertheilten Kriegsvölker erhalten. Nur die innere Schloßwache zu Versailles ist davon ausgenommen. Man zählet gegenwärtig bei 30000 Mann lauter Deutsche und Schweizer, welche in der Nähe von Paris und Versailles versammelt sind.
Nach gewissen Berechnungen kostet die Versammlung dem Staate monatlich 62 Millionen Livres. Es ist daher sehr zu wünschen, daß alle Hindernisse gehoben, und die Geschäfte derselben eben so leicht und beschwind als glücklich beendiget werden mögen. Indessen ist der königl. Schatz bis auf weitere Befehle geschlossen, so daß weder die Pensionisten, noch diejenigen, welche Leibrenten ziehen, etwas erhalten. Ohne ein neues Aufnehmen von 80 Millionen weis sich der Hr. Finanzdirector nicht mehr zu helfen, nachdem für die letzten 8 Monate dieses Jahres schon 172 Millionen zum voraus eingenommen worden sind.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00689_u001/1

Paris den 8. Juli 1789
In der vorgestrigen Sitzung der Nationalversammlung ward ein Ausschuß ernannt, welcher sich blos damit beschäftigen soll, daß er patriotische Artikel zur Beschaffung einer feierlichen Konstituzionsakte in eine Denkschrift zusammenträgt. Aus dieser Konstitutionsakte werden vermuthlich in der Folge die größten Ereignisse entspringen, welche das Wohl oder Weh Frankreichs auf ewig bestimmen dürften. Man sagt nicht, daß die Minister in diesem Betrachte mit der Nationalversammlung übereinstimmen. Auch will man nicht, das Paris, so wie eine große Anzahl anderer Städte das Recht wieder erhalte, die Bürgerkompagnien in Thätigkeit zu setzen, weil dieser neue Gebrauch die Nation zu militärisch stimmen würde. Indessen steigt unter unserm Soldatenstande die Unordnung aufs höchste. Täglich ereignen sich bei demselben die ärgerlichsten Auftritte. So schlugen sich am 6sten 12 Grenadiere von der französischen Leibgarde mit 16 Husaren von Berchini im Angesichte einer Menge Volkes. Einige Bürgersleute, denen die ungleiche Zahl der Streitenden auffiel, mengten sich unter die Gardisten; daher kam es also, daß ein Schreinerpursch durch einen Säbelhieb die Hand verlohr, und ein anderer Handwerker zwerch durch den Leib gehauen ward. Dagegen wurden 3 Husaren getödtet und verschiedene verwundet. Tages vorher hatten die berchiner Husaren einen Mann von der französischen Garde niedergehauen, und das mag wohl in dem Streite Anlaß gegeben haben. Übrigens sind diese leichte Truppen zu Versailles ganz verhaßt, seitdem sie nämlich 2 verkleidete Soldaten arretirt und dieselbe in den Kerker geführt haben. Das Regiment sah sich also gezwungen, gestern abzumarschieren, weil es Gefahr lief, entweder durch das Garderegiment oder durch das Volk selbst aufgerieben zu werden. Gestern sollten 5 Regimenter in dem Martisfelde bei der königl. Militairschule ein Lager beziehen. Ein zweites steht in der Ebene von Grenelle und ein dies auf dem Sablonsplatze. Die 3 Lager machen ein Korps von 16.000 Mann aus, und werden durch eine fürchterliche Artillerie gedeckt. Es heißt, jedermann habe die Freiheit, in den Linien spazieren zu gehen, um zu sehen, daß eine fürchterliche Macht in Bereitschaft stehe, den dem mindesten Aufruhr mit gewaffneter Hand zu erscheinen. Das Ministerium streuet aus, diese militairische Aussichten sein blos dazu bestimmt, jenen aufrührischen Haufen zu bändigen, welcher nichts zu verlieren hat, sondern vielmehr in dem großen Unordnungen alles zu gewinnen sucht. Bei dem allem giebt es hier Leute, welche sich von den 3 Lagern viel Vergnügen versprechen. Dem sei nun, wie ihm wolle, so wird doch eine Menge Pulver und Kugeln dahin geführet. Es scheint, als wolle der König mitten unter einem großen Kriegsherr einen Gerichtstag halten, um seinen Vorträgen destomehr Gewicht zu geben; man behauptet aber, die Abgeordneten des dritten Standes sein fest entschlossen, sich lieber aufzuopfern, als dem aristocratischen Einflusse nachzugehen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00695_u001/1

Schreiben aus Paris vom Sonntag den 12. Juli 1789
Was jeder Vernünftige, und Sachverständige schon lange befürchtete, ist endlich gestern eingetroffen. Der Liebling des Volks, die Hoffnung aller, die französischen Leibrenten ziehen, Necker (https://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Necker) – ist nicht mehr Minister der Finanzen. Gestern Nachmittags erhielt er einen königlichen Verbannungsbrief, und reißte noch in der Nacht von Versailles ab. So bald diese Nachricht heute Früh in Paris sich verbreitete, entstand in allen Gegenden der Stadt ein fürchterlicher Auflauf des Volks, und seit einigen Stunden hat es bereits traurige Auftritte zwischen dem Militaire und dem Pöbel gegeben. Man befürchtet hier, und in den Provinzen, schreckliche Szenen. Die Scoutierkasserste sich unter diesen Umständen nicht mehr lange halten. Die Staatspapiere sinken mit jeder Stunde. Die Post geht ab. Ich muß schließen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00699_u001/2

Frankreich.
(Von den fürchterlichen Auftritten in Paris und Versailles, welche die Aufmerksamkeit von ganz Europa auf sich ziehen, und die in der französischen Geschichte ein Hauptepoche machen werden, sind wir heute im Stande, vom 10. bis 16. Jul. ein sehr interessantes Journal zu liefern, um das zu ergänzen, was bereits in unsern Zeitungs-Blättern davon gemeldet worden.)
Den 10. Jul. Der König hält verschiedene Konferenzen, wobei seine Brüder sich einfinden.
In der Reichsversammlung wird der Entschluß gefaßt, alle Ausgaben und Einnahmen des Reichs einem eigenen Finanzkollegium von 64 Männern zu unterwerfen. Dazu sollen nemlich 1 Abgeordneter aus jeder Kammer und zu diesen 30 Abgeordnete von jeder der 34 Generalitäten, worein Frankreich in Absicht auf seine Finanzen getheilt ist, 1 Abgeordneter erwählt werden. Diese 64 Männer sollen nach einem bleibenden Fuß alle Finanzen verwalten. Ein wohl getroffener aber schmelzender Schlag für alle die, so die Reichs Einkünfte um ihres eigenen Vortheils willen gerne in der Verwirrung sahen.
Den 11. Jul. Necker erhält den Befehl sogleich das Land zu verlassen, unmittelbar nach einem Zwist, der sich wegen seiner Weigerung, die rückständigen Zinsen und Schulden des Grafen von Artois unter die ausserordentliche Ausgaben des Staates aufzunehmen, erhob.
Den 12. Jul. Man erfährt Mittags, daß Necker entlassen und Graf Artois Bruder des Königs daran Schuld sei. Ein allgemeiner Unwille des Volks erhebt sich gegen diesen und die ihm gleich gesinnte Ministers und zugleich gegen die Schweizer und deutsche Soldaten die man um den Thron zu umlagern und gegen die Nation zu schüzen herbei gerufen hatte. Um 7 Uhr Abends hörte man die ersten Kanonenschüsse von dem Platz Ludwig XV. In weniger als einer Stunde waren mehr als 100.000 Menschen mit Säbeln, Flinten, Prügeln, brennenden Fackeln usw. bewaffnet. Sie liefen gleich Rasenden durch die Strassen, erhoben ein fürchterliches Geschrei und zwangen junge Leute sich zu ihnen zu gesellen. Sie fielen über das Reiterregiment Royal Allemand her, erschlugen mehr als 30 derselben nicht sowohl aus Haß gegen diese deutsche Reiter, als vielmehr gegen ihren Obristen den Herzog Karl Eugen von Lotheringen und Fürsten von Lambesc, der es sich zum Geschäft macht, Alles was nicht hoher Adel heißt, als Kanallie zu behandeln. Schon wollte man Feuer in seiner Wohnung legen, als man erfuhr, daß solche nicht dem Prinzen sondern dem König gehöre, und deshalb es unterließ. Fällt seine Person in die Hand der Unzufriedenen, so ist er verloren. Jedermann war im größten Schrecken wegen des unabläßlichen Kanonenfeuers.
Den 13. Jul. Alle Kassen, Kaufmannsbuden und mehrere Marktplätze sind geschlossen.
Die Bestürzung ist allgemein.
Die Menge Volks will mitten durchbrechen, um das Schloß zu Versailles anzuzünden. Sie erwartet 30,000 junge Bretagner, ohne die Normannier zu zählen, welche letztere, kommen um die Nationalversammlung zu beschützen, die sich nicht getrennt hat.
Man erbricht das Kloster St. Lazarus, findet sehr viel Mehl darin, führt es auf den Kornmarkt und auf jedem Wagen 2 Geistliche des Klosters zur Begleitung.
Wer nicht eine grüne Kokarde, die von dem rasenden Haufen zum Nachtheil und Verdruß der Gutdenkenden aufgebrachte Farbe des Bürgerstandes, trägt, wird mishandelt. Alle Prinzen, selbst auswärtige Gesandten und ihre Dienerschaften, stecken zur Sicherheit ihres Lebens grüne Kokarden auf.
Die Dragoner und die Reiter des Regiments Royal Allemand werfen die Waffen weg. Die Empörer tragen die Hüte der erschlagenen deutschen Reiter auf ihren Köpfen.
De la Galaiziere wurde von dem König zum Generaldirektor der Finanzen, Breteuil zum Chef des königl. Raths der Finanzen ernannt. Bidond de la Tour erhält das Contentiose, Herzog de la Baugunondte auswärtige Geschäfte, von Broglis das Kriegsfach, Foulon ist ihm untergeordnet, und de la Porte erhält das Seewesen.
Der Bürger, dem Prinz von Lothringen Lambesc den Kopf spaltete war ein 75jähriger Greis.
Den 14. Jul. Von allen Seiten gehen aus Provinzen Nachrichten von fürchterlichem Aufstand, und Bewafnung der Bürgerschaften ein. Die Bastille in Paris wird gestürmt, und der Gouverneuer derselben de Launan, und der Prevot der Kaufleute, der Graf von Fleselle auf öffentlichem Gerüst, als Verräther der Nation enthauptet.
Den 15. Der König, von dem schrecklichen Zustand seiner Hauptstadt Paris, seiner Residenzstadt Versailles, und der ganzen Monarchie benachrichtigt, von den treulosen Rathgebungen seiner Hofleute überzeugt, von der fürchterlichen Gefahr, die über ihm, der königl. Familie und dem ganzen Hofe schwebt, beunruhigt, und gemartert, faßt auf Eingeben einiger redlicher Männer, die keine Hofleute sind, den Entschluß sich selbst in die Reichsversammlung, oder Versammlung der Generalstaaten zu begeben. Er geht Mittags ganz allein, ohne alle Pracht, in einem fimolen Auszug nach dem Reichssaal. Der König tritt in die Versammlung wieder alles Erwarten ein, er setzt sich auf den Thron, und hält due unten folgende Rede. Kaum ist sie geendigt, so erhebt sich unter der ganzen Versammlung die einhellige Stimme: Es lebe der König. Die Glieder der Reichsversammlung eilen, dem Volk, das vor dem Saal in unzählbarer Menge harrt, die fröhlichen Aeusserungen des Königs, zu hinterbringen. Der König geht aus dem Reichssaal heraus, ohne Wache, ohne Höflinge, zu Fusse, begleitet von den Reichsständen. (Generalstaaten) das Volk ist vor Freude ausser sich, die Luft ertönt von Vive le Roi ! der Zug des Königs dauert anderthalb Stunden. Der Monarch wird durch die Aeusserungen der Liebe und der Zuneigung seines Volks bis zu Thränen gerührt. Von der heftigen Rührung ermattet, stützt er sich anfänglich auf die Arme einiger Glieder der Generalstaaten, dann aber wird er im Triumph in die Höhe gehoben, und bis vor das königl. Schloß (in Versailles) auf den Händen getragen. Die Königin ist mit ihren 2 Kindern auf dem großen Balkon des Schlosses, sie hält dieselbe auf den Armen benetzt mit Thränen und weint laut vor Freuden bei dem Anblick des Königs. Der Monarch kommt im Schlosse an, wird die Treppen hinauf getragen, begiebt sich auf den Balkon, und genießt noch eine Stunde lang am der Seite der Königin den Anblick eines vor Wonne taumelnden, und Freudetrunkenen Volkes.

Rede des Königs, gehalten am 15. Jul. Mittags in dem Saal der Generalstaaten.
Ich habe Sie, meine Herren, versammelt, um über die wichtigsten Staatsangelegenheiten Ihren Rath zu vernehmen. Kein Gegenstand beklemmt und betrübt mehr mein Herz, als die in der Hauptstadt entstandene Unordnungen. Der Chef der Nation komt mit Zutrauen mitten unter die Representanten seines Volks, entdeckt ihnen seinen Kummer, und ladet sie ein, die Mittel ausfindig zu machen, um Ordnung und Ruhe wieder herzustellen. Ich weiß, man hat ungerechte Meinungen gefaßt, man hat sogar vorgegeben, daß selbst eure eigene Personen nicht mehr sicher seien; aber solche strafbare Gerüchte, die schon durch meinen bekannten Charakter widerlegt sind, verdienen keine weitere Widerlegung, Wohlan, meine Herren, ich mache mit der Nation nur ein Ganzes aus! Ihnen vertraue ich mich an ! helfen Sie mir in der gegenwärtigen Lage das allgemeine Beste berathen. Ich erwarte dieß von der Nationalversammlung. Der Eifer der Repräsentanten meines Volkes für das allgemeine Beste vereinigt, ist mir Bürge dafür. Und weil ich auf die Liebe, und auf das Zutrauen meiner Unterthanen rechne, so habe ich den Truppen Befehl gegeben, sich von Paris und Versailles zu entfernen (welches bekanntlich die Reichsstände zuvor durch eine Deputation verlangt hatten.) Ich gebe Ihnen auch Vollmacht diese meine Gesinnung meiner Hauptstadt Paris bekannt zu machen.
So hätte ich also der König in die Arme der Reichsstände geworfen. In dieser, als der Volks-Repräsentanten, Händen, ist das Schicksal Frankreichs. Der Schritt, den der König that, macht seinem Herzen, und seinen Rathgebern Ehre; und er war das nächste und treffendste Mittel, um Frankreich vom drohenden Untergang zu retten. Aber noch ist weiter nichts gethan, als die Ruhe wieder hergestellt, die vielen und großen Gegenstände, welche die Berathschlagung der Reichsstände ausmachen sollen, sind noch nicht erörtert: Neckers Schicksal und Verbannung von diesen noch nicht gut geheissen, die Rebellion in den Provinzen, noch nicht gefüllt, lauter Punkte, dies erst die Zukunft aufklären wird.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00711_u001/1

Weitere Berichte zum 14. Juli 1789:
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00715_u001/2
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505364_00673_u001/1
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10018170_00051_u001/1

Hiermit beende ich nun diese Interessante Reise durch die Vorläufer der Revolution. Ich hoffe Ihr hattet Spaß !

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Kunjing » 01.06.2021, 00:07

Endlich geht es weiter:
Ich wollte erst einmal mein anderes Projekt beenden, und zwar Rezepte aus der ganzen Welt. D.h. über 4800 Rezepte aus meinem ersten Kochbuch-Programm ins neue kopieren und alles einstellen. Das hat auch mehrere Monate gedauert, da man ja nicht immer Lust und Zeit hat.
Wer Interesse hat: https://geschichte-wissen.de/foren/memberlist.php?mode=viewprofile&u=2350 unter Website: Besuchte Website

Paris, 18 Juni 1789
Gestern um halb 2 Uhr des Nachmittags hat sich der Tiers-Etat ??? auf die schon gemeldete Motion des Abbe Sner, die mit aller Beredsamkeit der Hrn. Torget unterstützt wurde, wörtlich constrituiert und sich zur Kammer des Volks, Repräsentanten , aber hier die alheimige Nationalversammlung erklärt. Während diese große Sache auf dem Taper Vorschlag zu thun, daß den Provinzen des Adels, um den Vorschlag zu thun, daß die Provinzen wegen der Bedrodtheurung (Bedrohungen) geholfen werden solle; man ließ sie warten biß die Constitultung zu Stande war; Nun traten diese Herren herein; sie fanden den Hn. Bailn, Präsident der Gemeinen allein an seinem Tische, der zu ihnen sagte:
“Meine Herren; Mir ißt von Seiten und Namen der Nationalversammlung aufgetragen, ihnen zu erklären, daß alle adeliche Mitbürger (nobles citoyens), die mit ihren Vollmachten in der Hand sich einstellen werden, unter dieselbe aufs willfahrigste ???? sollen aufgenommen werden.”
Er sprach, und die Herren giengen ab ohne ein Wort zu sagen. Von da begaben sie sich zum König, der sie, wie man sagte, nicht so wie sie erwartet, aufgenommen hat. Seine Majestät stellten ihnen vor, daß ihr letzter Schluß so voll Widersprüche wäre, daß alle Aussöhnung durch ihre Schuld unmöglich geworden sei.
Der große Volksfreund, Herzog von Orleans, sprach in der Versammlung des Adels, um diesen Stand auf bessere Grundsätze zu bringen, mit solchem Nachdruck, und einer solchen Heftigkeitt und Hitze daß er krank wurde, man mußte ihn in seinen Wagen tragen. Sein Stand legt auf ihn den öffentlichen Fluch, wenn er sich einfallen ließe, sich zu dem Tiers zu schlagen; man mißhandelte ihn gräßlich in Reden; er bleibt unerschüttert in seinen Grundsätzen; er fürchtete sich nicht. Man gewährte alle Augenblick zu vernehmen, daß er, sobald er sich wieder erhohlt, mit 40 biß 50 Edelleuten die von gleichen Gesinnungen, wie er sind, zu den Repräsentanten der Nation übergegangen sein wird, mit welchen vorgestern über 25 Pfarrer sich vereinigt haben. Die übrigen Pfarrer werden diesem Beispiel ihrer Amtsbrüder schlechterdings folgen müssen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, den der Zurückkunft ??? in ihrer Pfarrspiele von ihren Committenten sehr übel empfangen zu werden.
Die erste Aere der Gouverainetät, welche in der Nationalversammlung durchgegangen, war die Aufhebung aller Auflagen; und angeblich darauf wurde deren Fortdauer wieder beschlossen, aber nur biß zu Ende der gegenwärtigen Versammlung, die während ihrer Sitzung andere, constitutionsmäßige, sicherere und weniger drückende ausmitteln wird……
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505364_00589_u001/1

Paris, 21 Juni 1789
Der Herzog von Orleans hat am Donnerstag eines erhabenen Augenblicks genossen. Alle Welt, welche um die Zeit der Promenade sich im Garten (von Palais Ronal) befand, umand ihn so bald er erblickt wurde, und schrie: Bravo! Es lebe der Herr Herzog von Orelans! Man begleitete ihn biß an die große Treppe seines Pallastes , indem man ihm Glück und Segen dafür wünschte, daß er in der Versammlung seines Standes, dem Tiers-Etat ??? das Wort geredet und sich unglaubliche aber leider vergebliche Mühe gegen dem Adel Gesinnungen der Eintracht beizubringen. Alles ist Feuer und Flammen. Der Eifer des Herzogs ist übel aufgenommen und er dafür mit schrägen Worten behandelt worden. Um ihn dafür zu trösten, und den stolzen Adel noch mehr zu ärgern, empfing das Volk diesen Prinzen so wohl.
Er ist noch immer entschlossen, zu der Nationalversammlung mit 50 bis 60 Deputierte seines Standes überzugehen. Der Himmel gebe, daß seine mißliche Lage ihn nicht hindere, den Eingebungen seines großmüthigen Herzens zu folgen; Denn ist der Herzog von Orleans einmal mit der Majorität der Deputierten der Nation vereinigt, und sitzt er einmal unter ihnen; so können unfehlbar die andern nicht länger sich sträuben abwesend zu bleiben. Er hat seinem Stand des Montags Zeit sich zu entschliessen gegeben; nach diesem Tag wird er seinen Entschluß fallen, und der wird sein, wie man’s wünscht….
…. N .S. Diesen Augenblick erhalten wir von Versailles die angenehme Nachricht, daß die Geistlichkeit durch eine Mehrheit von 141 Stimmen gegen 127 sich mit dem Tiers-Etat ??? vereinigt hat. Diese Ereigniß hat in der Versammlung die lebhafteste Freude verursacht; man umarmte, küßte und herzte sich, und sagte einander alles Verbindliche; man benachrichtigte den Adel hiervon, und lud ihn ein, einem so schönen Beispiel zu folgen, und hoffte man jetzt alles von seiner Edelmuth….
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505364_00593_u001/1

23. Juni 1789
General Lieutenant Graf Rochenbean ist zum Oberbefehlshaber der Provinz Elsas ernannt worden. Man sagt: Baron Flarlanden werde zweiter Befehlshaber werden. - Der König hat den seinem Hofstaat für jährliche 3 Millionen und 786.000 Livres hofämter abgeschaft, z.B. den Groß Falkenier mit 300.000 Livre Besoldung, 3. Kapitains der Reiger-Geier z. Jagd mit 110.000 mit 90.000 und 50.000 Livres jährlicher Besoldung.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00639_u001/1

24. Juni 1789
Gestern, gegen halb zwölf Uhr, kam der König mit dem Prinzen vom Geblüte unter einer Bedeckung von 800 Mann und der Leibwache nach dem Versammlungssaale der allgemeinen Stände. Seine Majestät eröffneten die Sitzung, indem Sie den Herren von Barentiu und von Villedeuil den Auftrag gaben, den anweisenden 3. Ständen Ihre Befehle und Vorträge kund zu machen, nemlich: daß Allerhöchstdieselbe alles, was seit dem 6. Mai bis zum 23sten dieses durch die 3 Stände geschehen ist, für null und nichtig erklären; Sie befehlen, daß die Vollmachten gemeinschaftlich untersucht werden, und in allem, was die Gesetzgebung und den Geldantheil aller und jeder Deputierter betrifft, Mann für Mann, hingegen in jenen Sachen, welche auf die Ehre und Vorrächte einigen Bezug haben, jeder Stand für sich bestimmen soll.
Ferner verbieten Seine Majestät den Ständen, sich mit der Armee und demjenigen, was die Pflichten und die Zucht des Soldatenstandes betrifft, abzugeben, und erklären zugleich, daß Sie von allem, so in den Berathschlagungen der Stände ausgedrückt wäre, Einsicht genommen hätten…
Dieser Vortrag hat der Nationalversammlung deutlich genug zu verstehen gegeben, daß man Willens ist, dieselbe aufzuheben, falls sie nicht gehorchen wollte. Die Sitzung dauerte nicht volle 20 Minuten, indem der König um die Mittagszeit wieder auf dem Schloße zurückgekommen war. Als der Monarch aus dem Versammlungssaale trat, befahl Er, die Sitzung aufzuheben. Der Adel und die mindere Anzahl der Kleriken folgten Ihm; die Nationalversammlung hingegen setzte die Sitzung fort, und, als der Marquis von Breze ihr den Befehl des Königs überbrachte, daß sie auseinander gehen sollte, so erhielt er zur Antwort, daß, da sie sich über die Angelegenheiten der Nation befürchten, sie nicht gestört werden dürften. Gleich darauf kam der Graf von Agonit mit dem nemlichen Auftrage; er erhielt aber auch die nämliche Antwort und nachgehends ward sogar beschlossen, das derjenige, welcher irgend einem von den Deputierten in dieser Eigenschaft etwas in den Weg legen würde, für insam, und als ein Verräther des Vaterlandes gehalten und als ein solcher ihm von der Nationalversammlung die Strafe zuerkannt werden sollte. Als der König gegen 5 Uhr Abends von Marln zurückkahm, wo Er einige Briefschaften geholt hatte, zeigte sich ihm eine ungeheure Menge Volkes, welcher Recker ! Recker ! Recker ! rief. Dieser hatte zuvor seine Entlassung genommen, und man glaubte, der Prinz Conti würde erster Minister werden. Nun ließ die Königin den Herrn Recker rufen, welcher sich in seinem Hotel mitten unter einer Menge von Abgeordneten des 3ten Standes befand. Der Minister gehorchte. Von der Königin gieng er in das Kabinet des Königs, wo er sich von 7 bis halb 9 Uhr mit dem Monarchen unterhielt Nach dieser Audienz kam er wieder zu denjenigen, welche ihn in seinem Saale jenigen, welche ihn in seinem Saale erwarteten, und sagte: “Meine Herren, seid nur ruhig, ich bleibe Minister, so eben hat mich der König mit Güte überhäuft.” Der Monarch sah wohl ein, daß der Schritt, wozu man ihn bewogen hatte, sehr unangenehm war.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00647_u001/1

Schreiben aus Paris, 25. Juni 1789
Ich weiß die Ausdrücke nicht zu finden, um Ihnen die Niedergeschlagenheit, Schmerz, und beinahe Verzweiflung zu schildern, welche die nach der gehaltenen königlichen Sitzung vorgestern Abend aus Versailles angekommenen Nachrichten verursacht haben. Innerhalb einer Stunde versammelten sich mehr als 1000 Menschen an dem Palais-Royal, welche sich äussersr dringend um das Resultat dieser Sitzung befragten, und da sie es vernahmen, ein so schreckliches Mißvergnügen äusserten, daß man den Augenblick des Ausbruchs eines allgemeinen Aufruhrs in der ganzen Stadt zu sehen glaubte. Glücklicherweise erfuhr man bald, daß die Sachen nicht in einer so verzweiflungsvollen Lage seien, wie man sie anfänglich angegeben hatte; denn wie die ersten Nachrichten lauteten, so war von nichts weniger die Rede, als von Verbannung der Deputierten des dritten Standes, Gefangenennehmung einiger von ihnen, Cassierung aller ihrer Entschlüsse, Abdankung des Herrn Reckers, Erhebung des Herrn von Espremenil ??? zur Großsiegelbewahrerstelle, zu Gunsten des Prinzen von Conti, nebst noch mehreren mehr oder weniger unangenehmen Veränderungen.
Aber von allem diese, hatte sich nichts bestätigt, und so, wie immer nach und nach mehrere Personen von Versailles ankamen, so wurde man eines besseren belehret, die Gährung verschwand nach und nach, und man tröstete sich, als man um Mitternacht vernahm, daß Herr Recker seine Stelle behalte…..
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00651_u001/2

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Barbarossa » 04.05.2021, 16:04

So habe ich das auch verstanden. Ich finde das durchaus interessant, auch wenn mir aufgrund der vielen Dinge, die ich gerade zu erledigen habe, manchmal die Zeit fehlt, alles durchzulesen. Aber ich werde das nachholen. Mach bitte ruhig weiter.

Übrigens, neben den politischen Bedingungen, kam noch eine andere wichtige Komponente hinzu, die zur Französischen Revolution führte. Es gab 1783 starke Eruptionen auf Island, wodurch sich in ganz Europa die klimatischen Bedingungen stark verschlechterten und die einfache Bevölkerung aufgrund von Missernten hungerte. Und das über mehrere Jahre.
siehe dazu: https://scilogs.spektrum.de/geschichte- ... laki-1783/

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Kunjing » 04.05.2021, 13:29

Am 14.7.1789 wird es zur Französischen Revolution kommen, der große Aufstand. Bis jetzt war es ja nur die Vorgeschichte, wie die Geschehnisse waren.

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Balduin » 04.05.2021, 11:52

Ich finde das schon recht interessant zu lesen und die Wiedergabe hier ist auch hilfreich, weil das Lesen der alten Schrift nicht einfach ist. Teils fehlt mir aber der Hintergrund, sodass ich die Meldungen nicht mit den Geschehnissen verknüpfen kann.

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Marianne E. » 04.05.2021, 09:55

Welchen Sinn hat das Abschreiben von Zeitungsberichten oder Lexikonartikel, die danach über den angegebenen Link noch einmal im Original gelesen werden sollen?

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Kunjing » 03.05.2021, 23:49

Paris, den 15. Dezember 1788
Man sieht in mit Ungeduld den Nachrichten aus Bretagne entgegen; der Adel- und der Bürgerstand sind sehr emtzerrt einander und man befürchtet wieder große Unruhen. Eine plötzliche Veränderung der bisherigen Verfassung von Frankreich scheint unverändert zu sein.
Vor einigen Tagen kam ein Mann zu einem Ritter vom heil. Ludwigsorden, in der Straße St. Honore und verlangte dessen Börse oder Leben. Der Ritter bot ihm sogleich 4 Louisd’er an, alhin der Mann nahur nur 6 Liv. und ging fort. Der Ritter schleicht ihm nach, sieht ihn in das Haus eines Beyers gehen, von da in einen Laden, wo er Kohlen kaufte und dann in ein abgelegenes kleines Haus. Nun sah der Ritter, daß die Not den Elenden zu dieser verzweiflungsvollen Tat gebracht hatte und ging am folgenden Morgen hin, um des Mannes Not zu lindern; allein er fand ihn nebst Frau und Kindern tot. Seit dieser begebenheit Spenden unsere Geistlichen viele Allmosen aus.
Auch unsere Spitzbuben hat die Not erfinderisch gemacht. Sie tragen Mäntel in deren einem Zipfel sich eine schwere bleierne Kugel befindet. Gehen sie am jemand vorbei, bei dem sie etwas zu erhaschen könnten, so schlagen sie demselben mit diesem schweren Zipfel vor die Stirn, daß er niederfällt. Der Täter entschwindet, allein seine in der Nähe befindenden Gehilfen springen herbei und berauben den angegriffenen unter dem Schein ihm beizustehen…..
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_01258_u001/1

Paris, 21. Dezember 1788
Keine Mühle kann mahlen; alles ist zugefroren. Die Herrn Perrier haben eine Mahlmühle errichtet, die durchs Feuer getrieben wird: und liefert täglich für 30.000 Menschen Mehl. Mehr als 20.000 Wagen sind von der Adminitration angenommen worden, um Früchte, Mehl und andere Bedürfnisse in die Hauptstadt führen.
Die Schuhmacherzunft zu Rennes hat sich verschworen dem Adel schlechtersings keine Schuhe mehr zu machen, soweit greift der Parteigeist daselbst.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00011_u001/1

Paris den 4. Januar 1789
Man hätte der Stadt Paris kein angenehmeres Neujahrsgeschenk geben können, als den Schluß des Staatsrats der zur Zusammenberufung der Reichsversammlung auf den 20. April, welcher am Neujahrstag Abends öffentlich gedruckt erschienen ist; und wenn 100.000 Abdrucke wären fertig gewesen, so würden sie auch an dem Tag verkauft worden sein, der Bürgerstand hat gewonnen und damit ist alles nun in Jubel und ausgelassen Freude versetzt worden. Verschiedene Häuser illuminierten, andere schossen Freudensalven. Die Fischweiber und was zur üblichen Zunft gehört, wollten das Hotel der Controle, (in welchem Recker als Finanzminister wohnt) durchaus auch illuminiren und man mußte alle Beredsamkeit auffordern, der Freude dieser Leute eine andere Wendung zu geben…..
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00047_u001/1

22. Januar 1789
….Der Herzog und die Herzogin von Würtemberg verweilen sich noch immer in unserer Stadt, sehen viele Merkwürdigkeiten und befinden sich wohl.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00123_u001/1

Rennes, den 28. Januar 1789
Hier ist alles in Furcht und Schrecken und Entsetzen. In unserer ganzen Provinz ist der Adel und die Geistlichkeit gegen den Bürgerstand, der den Herrn Necker unterstützt….. Am 26. und 27. dies ist von Mißvergnügen in fürchterliche Streitigkeiten übergegangen…..
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00147_u001/1

Paris, den 9. Februar 1789
Dem königl. Ausschreiben in Folge der Stände auf dem 27. künftigen Ostermonats zu Versailles festgesetzt. Se. Majestät wollen keine Ausnahme in den Personen gemacht wissen, es mögen dieselben Güter besitzen oder nicht, reich oder arm sein, wenn sie nur rechtschaffene Männer und Glieder des Staates sind und zum Besten desselben zu raten wissen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00175_u001/1

21. Februar 1789
Heute früh sind der regierende Herzog und die Herzogin von Wittenberg von hier über Calais nach England abgereist. Nächst Ihrem mitgebrachten Gefolge begleitet Sie auch der hiesige Würtembergische Gesandte von Rieger dahin….
Der harte Winter hat die Austern an unseren Seeküsten getötet.
Die Provinz Bretagne wird wieder ruhig; jeder Teil gibt etwas nach.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00219_u001/1

14. März 1789
Der Dauphin kränkelt noch immer. In verflossener Woche warf er Blut aus. Zu Versailles werden eine Menge Zimmer zu Beherbergung der Deputierten der 3 Stände, welche die Generalversammlung ausmachen sollen, zu bereitet. In den Provinzen ist noch immer hartnäckiger Streit zwischen dem Adel und dem Bürgerstand auf der anderen Seite, woraus man der nächsten Versammlung nicht viel gutes Prophezeit…..
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00291_u001/2

18. März 1789
Schade, daß der Körper unsers Dauphins nicht so gesund ist als sein Verstand. Auch sein Herz ist voller Gütem wovon er täglich Beweise gibt. Er liebt alle, die um ihn sind, vorzüglich aber seinen Kammerdiener, zu welchem er vor einigen Tage folgende merkwürdige Worte sagte, indem er eine Locke von seinen Haaren abschnitt, solche in ein Papier wickelte und sie ihm gab: das ist alles, was ich geben kann; wenn ich tod bin, so gebt es meinem Papa und meiner Mama. Sie werden sich dabei meiner erinnern, und gewiß auch an euch denken.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00311_u001/1

9. April 1789
Die Gährung ist fast überall allgemein; zu Aulps soll der Bürgermeister erwürgt worden sein. Zu hier soll der erste Bürgermeister aus dem Fenster flüchten müssen. Inzwischen ist doch wieder alles ziemlich ruhig. Der gröbste Radelsführer zu hir ist aufgehangen worden, weil er, nicht zufrieden die Korn- und Mehlmagazine zu plündern, auch noch Feuer anlegen wollte…..
… Vor einigen Tagen wurde hier ein junger Mensch gehängt, der die Zimmer des Schlosses der Thuillerien eingebrochen war. Dieser Unglückliche stieg ganz munter und instig die Leiter hinauf, später mit seinem Beichtvater und in dem Augenblick, da er von der Leiter sollte gestoßen werden, schrie er mit lauter Stimme den Zuschauern ein Adieu zu. Die herumstehenden sagten er sei auf englische Weise gestorben.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00387_u001/1

8. Mai 1789
Hier findet Ihr die komplette Rede des Königs bei der Eröffnung der Reichsversammlung, wer möchte kann sie gerne Lesen:
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00483_u001/1

24. Mai 1789
Herr Marquet, Generaleinnehmer des Königs zu Bordeaur, (ein Schwager des berühmten Herrn von Colonne! ) hat die Flucht genommen. Sein fürchterlicher Banquerot soll die Summe von 4 Millionen übersteigen! Man hat in seiner Kasse nur 25. Livres 10 Goldbaar Geld und ein Billet der Caisse d. Estompte von 1000 Livres gefunden, und letzteres wahrscheinlich nur, weil es der saubere Herr übersehen haben mochte. Er bleibt dem König nur 1 Million und 800.000 Livres, also fast 2 Millionen schuldig. Der König ist seit einigen Jahren um viele Millionen beschuppt worden….
…. Die Klage des Volks über Hungersnot und Preiserhöhungen häufen sich mehr und mehr, ungeachtet die schönen Felder eine reiche Ernte hoffen lassen…..
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00531_u001/1

Paris, den 27. Mai 1789
Vorgestern versammelte sich der Adel in der Königl. Bibliothek und protestierte gegen verschiedene Einrichtungen, insbesondere aber gegen den Vorschlag, daß nach Köpfen vetict ??? werden solle. So wie die Uneinigkeit hier in der Hauptstadt herschen, so ist es in den Provinzen noch viel Ärger. Acht tausend Mann sollen befehligt werden, Nabura ??? zu bewachen…..
…. Gestern hat man 6 Aufwiegler der Unruhen vom 28. April unter Aufstellung einer sehr starken militärischen Wache, teils gehangen, teils gepeitscht und gebrandmarkt.
Der Tod des alten Siegelbewahrers, Herrn von Lamogson, ist mit bedenklichen Umständen verstorben. Man fand diesen Herrn entfreit ??? in seinem Garten, neben ihm ein entladenes Gewehr, welches sehr leicht loszudrücken war, auf dem Tisch einen Topf mit Wollen und ein Glas, auf der Bank ein Buch. Die Kugel ist unter dem Kinn durch den Kopf und durch das Gehirn gegangen. So viel man weiß, sollte er binnen 6 Tagen eine Million, die er den Erben des verstorbenen Herrn von Beaujon schuldig war, bezahlen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00543_u001/1

30. Mai 1789
Der französische Reichstag ist noch um keinen Schritt weiter und die beiden ersteren Stände fahren noch immer in ihrer Weigerung fort, mit dem Bürgerstand gemeinschaftlich zu beratschlagen. Am 27. Mai schickte der Bürgerstand an die Geistlichkeit eine Deputation um dieselbe einzuladen, im Ramen des Gottes des Friedens und der Wohlfahrt der Nation, sich mit ihm in dem allgemeinen Versammlungssaal zu vereinigen, um gemeinschaftlich die Mittel ausfindig zu machen, wodurch Friede und Eintracht bewerkstelligen werden könnte. Der Präsident der Geistlichkeit hat hierauf geantwortet, eine Solche wichtige Sache erfordert vorher eine reife Überlegung und Zeit. Sogleich hat auch die Geistlichkeit den Vorschlag des Bürgerstandes in Erwägung gezogen, und es demselben durch eine Deputation wissen lassen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00559_u001/1

4. Juni 1789
Gestern ist Seine königl. Hoheit der Dauphin verschieden. Man hat diese traurige Nachricht nicht gleich bekannt gemacht; allein Abends wurde das Schauspiel dei dem ersten Akte unterbrochen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00575_u001/1

9. Juni 1789
Als man den Körper des verstorbenen Dauphins öffnete, so fand man die Lunge ausgetrocknet, 3 Gelenke des Rückrades angefressen und die Eingeweide des Unterleibes verdorben. Der Herzog von Harcourt, Gouvaneur des verstorbenen Prinzen wird so lange nach seinem Gouvernement der Normandie gehen, bis der nunmehrige, noch nicht 4 Jährige Douphin aus den Händen des Frauenzimmers genommen werden kann……
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00599_u001/1

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Kunjing » 03.05.2021, 22:41

Inwieweit Einordnen ? Das sind wie schon vielleicht gemerkt hast, Zeitungsausschnitte aus der Zeit. So, meine ich zumindest, kann man mehr Hintergrundwissen zur vorgeschichte zur Französischen Revolution. Was damals so passierte, wie ein hin und her war, und das Königreich Frankreich reagierte. Die normalen Umstände kennt man im Groben.

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Balduin » 03.05.2021, 21:06

Hallo Kunjing,

kannst Du das für mich etwas einordnen? Da fehlt mir das Hintergrundwissen, um die Berichte nachvollziehen zu können. Danke für Deine Mühe.

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Kunjing » 02.05.2021, 19:30

Paris, den 26. Juli 1788
Bretagne hat wieder eine neue Deputation von 18 Personen aus Bretagne an den König geschickt, mit dem ausdrücklichen Auftrag: Um Vorbeikommen, damit sie mit Ihm sprechen können ?? (Der obere Teil fehlt, da die Uni sie nicht richtig gescannt hatte), oder sich in die Bastille schicken zu lassen; zu erklären: Die Bretagner seien zwar immer dem König treu, aber an ihren Provinzialrechten liessen sie sich auf keine Weise nur ein Haar krümmen.
Wirten in den Bemühungen des Adels in der Dauphine, eine zweite Revolte zu verhüten, die schrecklicher wäre als die erste, erhielt diese Provinz durch einen Courier aus Versailles die Ministerial-Erklärung: daß die dauphinische Nation ihre alten Staaten wieder hergestellt erhalten solle, mit der Bedingung, daß die Nationen sich nicht auf den 21. dieses wie festgesetzt war, versammeln sollte….
Das Parlament zu Pau versammelt sich eigenmächtig, und hat sogar 2 Missetäter hinrichten lassen. Der Herr von Suffren soll erilirt sein. Alle Lage werden neue Personen nach der Bastille gebracht. Alle Gefängnisse sind voll und die Marcheaussee hat Befehl ihr Gewehr geladen zu halten, um die Beklagten nach den Gefängnissen zu bringen…..
Die Nachricht bestätigt sich, daß die Provence durch wilde Tiere in Schrecken gesetzt wird. Kaufleute, welche auf die Messe nach Beaucaire reisten, hatten diese Tiere, nämlich 1 Löwen, 1 Tiger, 1 Leopard, 1 Bären und 1 Hyäne in Kästen auf einem Wagen bei sich, der Wagen fiel um, die Kästen zerbrachen und die Tiere liefen davon. Man hat die Kaufleute arretiert. Die Hyäne hat am meisten Blut vergossen, sie ist aber bereits getötet, denn da sie einem 15jährigen Knaben, der mit seinem Vater auf dem Felde arbeitete, mit dem ersten Pfotenschlage den Hirnschädel wegriß, so warf sich der Vater, nebst einigen Personen auf das schreckliche Tier und tötete es.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00762_u001/1

Paris, den 3. August 1788
Der Sturm vom 13. Juli in der Gegend von Paris soll 50 Millionen Livres geschadet haben. Überall wird für die Verunglückte gesammelt: alle Schauspieler geben Vorstellungen derselben zum Besten.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00794_u001/1

12. August 1788
….In die Gegend unserer Stadt kommen 20.000 Mann zu stehen. Man sagt, um einen Aufruhr zu verhütten, wenn das Brot teurer wird: In Rennes haben die Einwohner die Truppen nicht in Quartier genommen, sie mußten sich in Klöster legen. Fünfzehn Tausend Mann kampieren vor der Stadt und 5 Regimente liegen in derselben….
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00818_u001/3

19. August 1788
Die Gesandten des Tippoo Saib haben am 10. dieses den Gr. Allerchristlichen Majestät die erste Audienz gehabt. Die Geschenke die sie mitbrachten, als: ein Collier und eun Medaillon von Perlen und Diamanten. 2 Diamantringe und etliche Stücke Mousselin, Sacktücher, Stoffe werden nicht auf 100.000 Livres geschätzt.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00850_u001/1

Versailles, den 25. August 1788
Es ist richtig, daß der vornehme Minister, der Herr von Brienne, Erzbischof von Gent, seine Stelle am Hofe verlassen muß, und daß Herr Necker die Finanzverwaltung mit Sitz und Stimme in dem königl. Rat wieder übernommen habe.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00870_u001/1

29. August 1788
Alles jubelt über Rekers Aufstellung; man hat hier die Häuser illumiuirt, aus Flinten und Böllern geschossen und die Fischweiber tanzten vor Nekers Fenstern eine ganze Nacht durch. Neker war durch ein Schreiben der Königin zu ihr eingeladen worden, traf da den König und kehrte als General-Komunistartor der Finanzen zurück. Sogleich eilten alle Standes-Personen, ihm Glück zu wünschen. Alle Verordnungen und Geschäfte seines Departments bedarfen nur seiner alleinigen Unterschrift…..
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00890_u001/1

4. September 1788
….Man glaubt allgemein, die Stände des Reichs werden auf den Jenner schon zusammen kommen und die Parlamente werden nächster Tage unter gewissen Bedingungen ihre Geschäfte wieder antreten. Auch sollen alle wegen Parlamentsachen Gefangene nächstens ihre Freiheit erlangen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00914_u001/1

Paris, den 21. September 1788
In dem Lager bei St. Dmer in Flandern, wo 20.000 Mann unserer Truppen stehen, hat sich am 9. September ein fataler Zufall ereignet. Es wurde in der Eile ein Theater, das 2.000 Menschen fassen kann, von Holz beim Lager errichtet, und darauf das Stück Richard Löwenherz aufgeführt. In demselben wird ein Thurn von 50 Soldaten gestürmt und von eben so vielen verteidigt. Während nun die Soldaten Sturm liefen, so viel der Thurn und die Sturmleitern und Soldaten und alles zusammen und nicht weniger als 22 Soldaten wurden durch diesen unglücklichen Einsturz verwundet….
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00966_u001/1

Aus Frankreich, den 30. September 1788
Papst Pius VI. soll an Sr. Majestät den König von Frankreich neulich unter andern also geschrieben haben.
Wie haben den Brief empfangen, den uns der Graf von Montmorin in deinem Namen übersandt hat, und fast zugleich ist uns die sehr befremdende Nachricht durch unsern Bruder den Erzbischoff von Rhodus, unsern gewöhnlichen Nindius, zu Ohren gekommen, daß der Minister, den du mit dem Purpur von uns bekleidet sehen mögest, sich gegen dich des schwärzesten Undanks schuldig gemacht, daß du die Regierung des Königreichs in seine Hände übergeben, wo er alles umgekehrt; daß du ihm die Sorge der Wohlfahrt deines Volks aufgetragen und er es ins Unglück gestürzt habe, daß er den ihm jene Liebe, jenes Zutrauen, jene Empfindungen einer großmütigen Nation gegen einen Monarchen, den sie anbetet, suche auszulöschen: daß er sich nicht gescheut hat, das Blut seiner Mitbürger zu vergiessen und ihnen anzukündigen, daß du deiner Verpflichtungen aufgehoben.
Hierüber ungemein betrübt, glaubten wir, du würdest dein Ansuchen widerrufen, welche Vermutung und auch bisher abhielt, dir den Hut zu schicken, den du für unsern Bruder den Erzbischof von Gent, von uns verlangest; allein dein Stillschweigen beweißt, daß du dem Schuldigen nicht vergiebst, sondern ihn auch noch mit Wohltaten überhäufst. Den Bewunderung deiner Güte müssen wir dir vorstellen, daß, wenn das schönste Vorrecht der Könige darin besteht, Gande zu erweisen, die Gerechtigkeit ihre Pflicht ist. Zwar wollen wir deinen Unwillen gegen ihn nicht rege machen. Er gehört zu unserer Herde, obschon er vom Schafstall ein wenig entfernt ist. Die Schande, womit er beladen ist, die allgemeine Verwünschung, werden in seinen bußfertig gedemütigten Augen noch zu gelinde Strafen sein. In einen Sack gehüllt, in Staub und Asche gebückt, wird er Gott und Menschen, wegen so vielen Übertrettungen und Beleidigungen um Vergebung anflehen. Und wenn er in einer ??? Stunde, aus Hochmut sich den Purpur gewünscht hat, so wird er nun, da er den Herrlichkeiten des Satans entsagt, die Hand des Allmächtigen küssen, die ihn für sein Heil bemüthigt. Du aber, lieber Sohn, wirst es und nicht verargen, wenn wir durch unser Weigerung, deiner unbegrenzten Großmut Schranken setzen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00986_u001/1

Schreiben aus Paris, 12 Oktober 1788
Herr Necker fährt in seiner Arbeit unermüdet fort, hat aber eine Starke Partei wider sich.
Der Dauphin ist noch immer sehr kränklich und nimmt täglich ab. Er wog vor einigen Tagen nur 28 Pfund.
Herr Necker bezahlt wöchentlich 3 Millionen für die Renten und 1 Million 600.000 Franken monatlich für die Pensionen. Alles geht auf dem ordentlichen Fuß fort….
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_01034_u001/1

7. November 1788
Die Versammlung der Notables hat gestern ihren Anfang genommen.
Die Geistlichen vom zweiten Rang verlangt auch den der künftigen Versammlung der Reichsstände Sitz und Stimme zu erhalten.
Es scheint die Gesundheit des Dauphin werde sich bessern.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_01138_u001/1

10. November 1788
Der Herzog von Penthievre ist gefährlich krank; deshalb ist die 7te Kammer der Norables wo er den Vorsitz hatte, unter die andere 6 verteilt worden…..
….. Über die Bevölkerung ist man bereits vorläufig ziemlich eins, indem sie auswärtigen Colonien ausgenommen, doch im Inbegriff von Corsica 26 Millionen Menschen betragen soll. Aber wenn Herr Necker den Zustand der sämmtlichen Auflagen vorlegt, so wird er wahrscheinlich auch die Totalsumme aller Kronschulden und das jährliche Disket, (oder um wie viele Millionen die jährliche königlichen Ausgaben die Einnahmen übersteigen) angegeben müssen. Über das Difizit ist man noch gar nicht eins. Dpch wurde in der vorigen Versammlung der Notables desselbe auf 146 Millionen Livres jährlich angesetzt. Aber wie soll siese so gewaltige Lücke gehoben werden ?
Durch weitere Reformen im königlichen Hofstaat ? Deres sind schon genug zum Ruin vieler tausend Familien gemacht worden. Durch neue Auflagen ? Ob der ausgemergelte Zustand der meisten Stände, vorzüglich des Landmanns neue Auflagen erlaubt? Besteuerung der Geistlichkeit ? Diese ist bereits nicht gering angelegt. Durch Verminderung der Armee und der Flotte ?
Dies geht im 18. Jahrhundert nicht mehr an. Das hiesse, sich selbst entwaffnen, um den Feind die größere Mühe zu ersparen. Die Generalpächter abzuschaffen und ein ganz anders System zur Einsammlung der königl. Gefälle einzuführen ?
Dies ist der Punkt, auf den, wie man glaubt, Necker das künftige Glück von Frankreich gründen will.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_01150_u001/1

20. November 1788
Es wird versichert, Necker stehe im Begriff, den Norablen anzuzeigen, daß er ein Anlehen von 1000 Millionen gegen das leidliche Interesse von 3. vom hundert zu finden die gegründete Hoffnung habe….
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_01170_u001/1

Paris, den 28. November 1788
Prinz Heinrich von Preußen bleibt bis auf den 1. April hier. Er hat mit seinem Wirt einen Accord gemacht, der ihm für monatlich 400 Louisd’or ein schönes Logis, täglich 7 Gerichte, in jedem Theater eine bequeme Loge, und täglich 2 Kutschen zur Bedienung halt.
Gestern sah man auf der neuen Brücke ein äußerst trauriges Schauspiel. Ein Vater und eine Mutter, von Hunger und Sorgen abgezehrt, standen mit ihren 5 Kindern auf dieser Brücke. Um das menschliche Mitleiden wenigstens für ihre Kinder rege zu machen, umarmten sich beide und stürzten sich in die Seine, wo sie ertranken, bevor man zu Hilfe eilen konnte. Die 5 Kinder erhoben ein klägliches Geschrei und mitleidige vorübergehende beeiferten sich diese 5 unglücklichen Kinder zu trösten und führten sie mit sich nach Hause. Überhaupt ist hier aus Mangel an Verdienst die Armut sehr groß. Am schlimmsten sind die schamhaften Armen daran, die auch deswegen auf die Wohltätigkeit der Menschenfreunde des erste Recht haben.
Am 26. November hat der Astronom der französischen Wache, Herr Meßter, einen neuen Kometen in der Constillation des großen Bären, nahe am Stern Pisi entdeckt, sein Schweif, dessen Licht sehr schwach ist, erstreckt sich auf 2 bis 3 Grade; dieser Komet geht nicht unter, und seine Bewegung in der geraden Afcension ist sehr langsam.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_01202_u001/1

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Kunjing » 02.05.2021, 11:40

Paris, den 19. Mai. 1788
Der bekannte Graf Mirabeau, (den man in Berlin nur vulgo Himmelsturm nennt) gab kürzlich eine Schrift heraus, wo drin er der nun gedemütigte Patrioten Partei in Holland Trost zuspricht, und des Stafthalters und seiner Partei gar nicht in Ehren gedachte, auch den Preussen eine derbe Lektion gab darüber beschwerte sich der Preussische Gesandte, Graf von der Gol ???? aus eigenem Antrieb den unseren Hof. Ihm wurde zur Antwort gegeben: “Schrift, deren Verfasser sich nennt, kann den uns als kein Pasquill angesehen werden. Solche Wische muß man verachten, und nicht dadurch daß man davon spricht, wichtig machen. Eine Menge Schriften und Zeitungsartikel wurden in den preussischen Staaten ausgeheckt und darin unser Hof ganz nicht geschont. Wir verachten sie. Eine gleiche Mäßigung raten wir Ihrem Hof.
Bestraft man diese Schriftsteller nicht, da er unsere Bundesgenossen, einen Kaiser, den Bruder unserer Königin, einen unentschlossener Avantürier nannte.”
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00526_u001/3

8. Juni 1788
….Weil die Advokaten nicht mehr ins Chatelet gehen wollten, so erhielten die Prokuratoren Befehl, sich dorthin zu begeben. Sie erschienen am 3. Juni und trafen eine Menge junger Leute an die den Rechtsgelehrten arbeiten. Dem ersten Prokurator, so vor Audienz reden wollte, wurde sogleich die Peräte ??? genommen und daß Kleid zerrissen, ohne daß er zum Reden kommen konnte….
….In Bretagne dauert die Gährung noch immer fort, freilich noch nicht unter dem gemeinen Volk, sondern blos unter den Vornehmen; allein das Betragen der Großen war von jeher ansteckend. Der Adel äussert Gesinnungen, die dem königlichen Ansehen so sehr zuwieder sind, daß man sich genötigt sieht, Truppen nach Bretagne zu schicken. Die Brigade von Poitou, und 3 oder 4 Deutsche- und Schweizerregimentr und 2 Regimenter Dragoner sind auf dem Marsch. Sie werden sich mit denen bereits vor Ort befindlichen Truppen vereinigen, und ein Lager von 15.000 Mann beziehen. Der Marshall de Baur, der auch in Deutschland von dem siebenjährigen Krieg her bekannt ist, und der in Corsika den Pavli zur Flucht brachte, wird dieses Korps kommandieren und zugleich Gouverneur an des Grafen von Thiers Stelle werden, der abgedankt hat.
Ein Unterleutnant wurde bei der Einregistrierung der Edikete zu Rennes durch einen Steinwurf beschädigt. Er sagte zu seinen Soldaten, die ihn rächen wollten, es ist besser, daß mein Blut fließt, als daß das Blut der Nation vergossen werde. Er ist deswegen Leutnant geworden, und hat das St. Ludwigskreuz erhalten…..
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00586_u001/1

10. Juni 1788
Der Kommandant der Provinz Bretagne und der Intendant, dürfen ohne Macht von wenigstens 50 Mann nicht öffentlich erscheinen. Täglich gibt es neue beleidigende Auftritte…..
Den 3. dieses Morgens wurden die Verhaftbriefe, wodurch das Parlament erilirt war, durch Dragoner und Mareschausee-Reiter, jedem Mitglied insbesondere Überbracht. Der Premierpräsident, seine 2 Söhne und 4 Räte waren nur die einzigen die man antraf. Eben als die Magistratspersonen abreisen wollten, vernahmen sie, daß ihre Kollegen, die von dem Vorgang unterrichtet waren, sich bei dem Präsidenten I’Ecuillier versammelt hatten, und die gingen hinzu. Der Kommandant schickte sogleich die ganze Mareschaussee und 400 Soldaten hin, um sie zu verjagen, und das Hotel zu besetzen. Das Volk und 500 Edelleute waren da, um den Truppen die Spitze zu bieten. Da das Parlament sich so unterstützt sah, erklärte es, daß es weder den Verhaftbriefen, noch jedem willkührlichen illegalen Befehl gehorchen, sondern seine Deliberationen fortsetzen und nicht auseinander gehen würde, es werde dann mit aller Gewalt dazu gezwungen…..
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00606_u001/1

18. Juni 1788
Unser Königreich ist in der bedenklichen Lage; und wir werden nächstens wichtige Auftritte erleben. Die Verbannung der Parlamenter in den Provinzen Dauphins und Bretagne hat in diesen beiden Ländern die bedenklichsten Unruhen hervorgebracht. Der Adel, die Geistlichkeit, das Volk, alles ist gegen die gemachten Neuerungen aufgebracht. Nach beiden Provinzen marschiren noch mehr Truppen. Gott gebe, da bei Erscheinen derselben nicht das Signal zum Bürgerkrieg gegeben werde. In Grenoble ist bereits zwischen den Bürgern und Soldaten Blut vergossen worden.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00626_u001/1

22. Juni 1788
Man befürchtet in alle Eruste, Bourgogne, die Franckerowre und Lamgueboe würden sich mit den Provinzen Dauphine und Bretagne vereinigen, und das die Rebellion sich mehr und mehr den übrigen Provinzen nähert und sich über das ganze Königreich erstrecken werde. Eine Veränderung des Ministeriums hält man noch für das einzige Mittel allen Unheil vorzubeugen. Bis jetzt hat man bloß Gewalt gebraucht, allein auch das Militär weigert sich die Vollzieher strenger Befehle zu sein. Ein Schweizerregiment ging zwar nach Toulouse, aber die Offiziere erklärten: Sie würden niemals ihr Gewehr gegen das Volk richten, von dem sie Bezahlt werden.
Die Gebirgsbauern, welche Grenoble umringt haben, haben den größten Anteil an dem Unfug, der in dieser Stadt begangen worden. Ihre Anzahl beläuft sich auf 10.000. Auch die Lyoner fangen an unruhig zu werden. In Dijon wird es wieder ruhig; ein Offizier von der Marechaussee hat daselbst viele Personen mit seinem Säbel verwundet; er sitzt in Arrest und der Pöbel verlangt ihn auszuliefern….
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00638_u001/1

Paris, den 15. Juli 1788
Die Franzosen wollen von Pondichern aus, den König von Cochinchina wieder auf den Thron setzen. Wir haben alles mögliche getan, um zu verhindern, daß Schweden Rußland nicht beunruhige, aber alle unsere Bemühungen waren vergebens. Die nordische Macht, unsre einzige alten Alliierten, ist also für uns verloren. Es ist wahr, wir haben nichts gemacht, um sie zu erhalten und es ist schon sehr lang daß wir aufgehört habenihr die jährliche Subfidien aufzuzahlen, welche sie seit Gustav-Adolph von uns erhalten haben.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00722_u001/1

Paris, den 18. Juli 1788
Unsere ganze Stadt ist über die gewaltsame Einsperrung der 12 adlichen Depurirten von Bretagne in der Bastille aufgebracht und prophezeichnet nichts als Unglück über diesen Vorfall. In diesen Deputierten sahe man nur Kinder, die ihrem gemeinsamen Vater ihre Klagen vorlegen wollte.
Friedensstifter, die um den Olivenzweig baten, um solchen ihren Landsleuten zu bringen.
Leute, die nur natürliche Rechte in Anspruch brachten:
enflich Unterthanen die alles hofften, wenn sie das Glück gehabt hätten ihren Gouverain zu sprechen.
Dies ist noch nicht alles: der König verfährt auch aufs strengste gegen diejenigen Personen seines Hofes, die die Protestationen des Adels in Bretagne unterschrieben hatten….
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505154_00738_u001/2

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Marianne E. » 02.05.2021, 11:19

Eine eigene Analyse ist nicht zwangsläufig unseriös, nur, weil sie anderen widerspricht. Sie machen ja gerade den Reiz aus und ermöglichen Diskussionen.
Gutachten und Studien im Internet sind  - manchmal gut versteckt - , massenhaft vorhanden. Oftmals finden sich hervorragende Beiträge in den Veröffentlichungen der verschiedensten Universitäten.

Und noch etwas: Auf dieser Plattform unter dem Menü "Lexikon" sind viele hervorragende Beiträge zu finden; stöbern lohnt sich (mit viel Zeit).

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Kunjing » 02.05.2021, 11:03

Studie habe ich im Internet leider noch nicht gefunden bzw. Gesucht und da ich kein Geschichtsgelehrter bin, nur ein ganz gewöhnlich interessierter Mensch bin, der sich mehr mit Wissen aus deren Zeit Interessiere, wie die Menschen damals lebten und dachten. Wäre eine Analyse vielleicht zu unseriös, da es immer die Ansicht des Betrachters wiederspiegelt und vielleicht doch noch etwas übersehen könnte. Wie jemand mal sagte: "Ich glaube nur jenen Statistiken, die ich selbst Gefälscht habe!" Wäre eine gute Quizfrage in Wen meine ich !

Lustig fand ich in den Zeitungen den Text vom 8. Mai 1788 mit dem Maurer, war das eine Zeitungsente ???

Re: Das Leben: Frankreich 1781 bis 1789

von Marianne E. » 02.05.2021, 09:49

Das 18. und vor allem das 19. Jahrhundert war in Frankreich eine ganz besonders unruhige Zeit mit wechselnden Herrscherhäusern und Rebellion der Bürger.
Hast Du vielleicht eine sozialkritische Studie aus dieser Zeit, oder könntest Du eine eigene Analyse vornehmen?

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