Friedrich II – Der erste moderne Staat

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Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von dieter » 01.11.2014, 10:03

Peppone hat geschrieben:
Ich würde das keine Erfolgsgeschichte nennen, aber beachtenswert ist das doch, in Anbetracht der "Vernichtung" des Reichs durch Friedrich II.

Beppe
Lieber Beppe,
das Heilige Römische Reich deutscher Nation hat noch recht und schlecht bis ins Jahr 1806 funktioniert oder auch nicht. Bis der Habsburger Franz I. den Kaisertitel abgegeben hat. :wink:

Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von Dietrich » 31.10.2014, 17:06

Peppone hat geschrieben:...und die nach ihm noch weiter ging. Letzten Endes könnte man Friedrichs Maßnahmen sogar als stabilisierend bezeichnen. Nicht in Bezug auf die Kaiserherrschaft, aber in Bezug auf das Reich als solches.
Das kommt auf den Blickwinkel an. In Frankreich wurden z.B. alle Ansätze einer Landesherrschaft schon frühzeitig erstickt. Die Folge war ein sehr stabiler zentralistisch regierter Staat.

Die Voraussetzungen in Deutschland bzw. dem HRR waren allerdings andere. Hier gab es von Beginn an starke Stammesherzogtümer mit mächtigen Herzögen, sodass bereits die erste nichtkarolingische Dynastie der Ottonen keine zentralistische Herrschaft durchsetzen konnte - und es auch nie ernsthaft versuchte. Als äußerstes gab es eine Koalition mit den geistlichen Reichsfürsten, wofür moderne Historiker den Begriff ottonisch-salisches Reichskirchensystem geprägt haben. Auch das brach im 11. Jh. aufgrund des Investiturstreits auseinander.

Somit stieg die Macht der Landesfürsten zu Ungunsten der kaiserlichen Gewalt, sodass sich die Herrscher des HRR nur noch aufgrund einer ansehnlichen Hausmacht etwas Respekt verschaffen konnten. So, wie das die Habsburger und die Luxemburger taten. Aber ein kaiserliches "Durchregieren" wie in Frankreich war im Reich kaum möglich.
Peppone hat geschrieben:Ich würde das keine Erfolgsgeschichte nennen, aber beachtenswert ist das doch, in Anbetracht der "Vernichtung" des Reichs durch Friedrich II.
Beachtenswert finde ich es, dass dieses merkwürdige Gebilde "Heiliges Römisches Reich", das verfassungsrechtlich in keine Schublade passt, rund 900 Jahre überdauerte - auch wenn es zum Schluss, wie Spötter sagten, nur noch ein "lebender Leichnam" war. Erstaunlicherweise hat kein Landesfürst, und sei er noch so mächtig, jemals den Austritt seines Landes aus dem Verband des HRR erklärt. Demnach müssen die Beharrungskräfte und auch die Tradition doch sehr stark gewesen sein.

Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von Peppone » 31.10.2014, 15:18

...und die nach ihm noch weiter ging. Letzten Endes könnte man Friedrichs Maßnahmen sogar als stabilisierend bezeichnen. Nicht in Bezug auf die Kaiserherrschaft, aber in Bezug auf das Reich als solches.
Fiel in England oder Frankreich ein Herrscher "aus", wegen Unfähigkeit, Jugend oder sonstiger widriger Umstände, waren diese Reiche fast automatisch in der Krise, wenn sich nicht ein Fürst fand, der die Sache in die Hand nahm - meist eigennützig.
Im Reich gab es so viele mächtige Fürsten, die einander belauerten, dass es einer allein gegen alle unmöglich schaffen konnte, die Gesamtherrschaft zu erringen. Er musste entweder Kompromisse eingehen, was die Partikulargewalten weiter stärkte, oder er musste zurückstecken bzw. unterliegen (z.B. Ottokar II. von Böhmen). Das Reich als Ganzes aber blieb bestehen. Erst seit dem 30jährigen Krieg war es nur noch eine Hülse, zuvor war es immer noch ein Machtfaktor - nach immerhin 800jährigem Bestand! Es hat die Religionskriege des 16.Jhs. überstanden, die diversen Dynastiewechsel des 15.Jhs., die Pestwellen und das Dynastiensterben des 14.Jhs., das Interregnum des 13.Jhs. - und sich immer wieder (erfolgreich) in die inneren Belange Frankreichs, Englands, Polens, Ungarns, Italiens eingemischt.

Ich würde das keine Erfolgsgeschichte nennen, aber beachtenswert ist das doch, in Anbetracht der "Vernichtung" des Reichs durch Friedrich II.

Beppe

Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von Dietrich » 31.10.2014, 14:51

Harald hat geschrieben:Man darf nur eins nicht vergessen, was Federigo secundo auch noch geschafft hat:
die Vernichtung des HRR.
Das Heilige Römische Reich bestand nach Friedrich II. immerhin noch rund 550 Jahre - keine Kleinigkeit!

Richtig ist allerdings, dass die Reichsfürsten im Statutum in favorem principum („Statut zu Gunsten der Fürsten“) und in der Confoederatio cum principibus ecclesiasticis („Bündnis mit den Fürsten der Kirche“) zahlreiche Privilegien erhielten. So wurden den Fürsten wichtige Regalien zugestanden wie z.B. das Münz-, Markt-, Zoll- und Befestigungsrecht sowie der Blutbann. Sie trugen damit wesentlich zum Ausbau der Landesherrschaft bei. Allerdings ist festzuhalten, dass Friedrich II. damit lediglich einen Zustand besiegelte, der sich bereits unter seinen kaiserlichen Vorgängern entwickelt hatte.

Es ist also Unsinn davon sprechen, dass Friedrich II. das Heilige Römische Reich "vernichtet" habe. Seine Zugeständnisse an die weltlichen und geistigen Reichsfürsten markieren lediglich den Endpunkt einer staats- und verfassungsrechtlichen Entwicklung, die lange vor ihm begonnen hatte.

Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von dieter » 19.07.2014, 14:25

Harald hat geschrieben:Ja, wie hat es Federigo secundo geschafft, das HRR zu vernichten? Indem er sich praktisch überhaupt nicht um das Kernland Deutschland kümmerte, sondern nur um Italien und die endlosen Streitigkeiten mit dem Papst, die seine Macht zermürbten. Nach seinem und seines Sohnes Konrad IV. Tod war es für Karl von Anjou ein Leichtes, die Stauferherrschaft in Italien zu beseitigen. Konradins mißglückter Versuch wurde von Deutschland nicht unterstützt.
Zurück von dieser scheinbar so mächtigen Herrschaft blieb ein Chaos, genannt Interregnum.

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Du hast recht, lieber Harald. :)

Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von dieter » 19.07.2014, 14:22

Harald hat geschrieben:Wer ist Manfred? Es gab einen Sohn Friedrich II., nach dem die süditalienische Stadt Manfredonia benannt wurde. Aber der beteiligt sich hier nicht im Forum.
Auf Reisen führte Fr. II. immer seinen großen Harem mit sich. Schon dadurch unterscheidet er sich sehr von Fr. II. von Preußen.

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Lieber Harald,
ich bitte um Entschuldigung, ich habe Dich verwechselt. Ja, Ja, die Verkalkung schreitet munter fort. Ist wohl der Hitze geschuldet. :wink: :mrgreen:
Natürlich kann man ihn nicht mit Friedrich den Großen von Preußen vergleichen. :wink:

Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von Harald » 19.07.2014, 12:30

Ja, wie hat es Federigo secundo geschafft, das HRR zu vernichten? Indem er sich praktisch überhaupt nicht um das Kernland Deutschland kümmerte, sondern nur um Italien und die endlosen Streitigkeiten mit dem Papst, die seine Macht zermürbten. Nach seinem und seines Sohnes Konrad IV. Tod war es für Karl von Anjou ein Leichtes, die Stauferherrschaft in Italien zu beseitigen. Konradins mißglückter Versuch wurde von Deutschland nicht unterstützt.
Zurück von dieser scheinbar so mächtigen Herrschaft blieb ein Chaos, genannt Interregnum.

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Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von Harald » 19.07.2014, 12:18

Wer ist Manfred? Es gab einen Sohn Friedrich II., nach dem die süditalienische Stadt Manfredonia benannt wurde. Aber der beteiligt sich hier nicht im Forum.
Auf Reisen führte Fr. II. immer seinen großen Harem mit sich. Schon dadurch unterscheidet er sich sehr von Fr. II. von Preußen.

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Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von dieter » 19.07.2014, 10:31

Harald hat geschrieben:Man darf nur eins nicht vergessen, was Federigo secundo auch noch geschafft hat:
die Vernichtung des HRR.

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Lieber Manfred,
wie sollte er das geschafft haben :?:

Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von ehemaliger Autor K. » 18.07.2014, 13:34

Harald hat geschrieben:Nein, Karlheinz, keine Verwechslung. Ollefritz hat das HRR nicht vernichtet.
Friedrich II. hat das HRR derart demoliert, daß nach dem Tode seines unbedeutenden Sohnes und Nachfolgers ein Interregnum herrschte, das erst mit der Wahl von Rudolf Habsburg notdürftig überbrückt wurde. Aber das HRR alter Prägung gab es dann nicht mehr.

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Das hättest du dann aber dabei sagen sollen. Das HRR existierte immerhin noch bis 1806. Ob deine These stimmt, ist wieder eine andere Frage. Die müsste man dann gesondert diskutieren, aber auf dieses Thema habe ich derzeit keine Lust.

Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von Harald » 18.07.2014, 12:36

Nein, Karlheinz, keine Verwechslung. Ollefritz hat das HRR nicht vernichtet.
Friedrich II. hat das HRR derart demoliert, daß nach dem Tode seines unbedeutenden Sohnes und Nachfolgers ein Interregnum herrschte, das erst mit der Wahl von Rudolf Habsburg notdürftig überbrückt wurde. Aber das HRR alter Prägung gab es dann nicht mehr.

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Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von ehemaliger Autor K. » 17.07.2014, 15:06

Harald hat geschrieben:Man darf nur eins nicht vergessen, was Federigo secundo auch noch geschafft hat:
die Vernichtung des HRR.

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Hier liegt ja wohl eine Verwechslung vor. Es geht um den Hohenstaufen, nicht um den Hohenzollern.

Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat

von Harald » 17.07.2014, 13:09

Man darf nur eins nicht vergessen, was Federigo secundo auch noch geschafft hat:
die Vernichtung des HRR.

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Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat - absolutistisch

von Marek1964 » 19.05.2014, 19:54

Danke Karlheinz, Mittelalter ist nicht mein starkes Gebiet.

Also Zentralisierung, stehendes Heer, wirtschaftliche Integration und Gewaltmonopol.

Danke für die Zusammennfassung.

Re: Friedrich II – Der erste moderne Staat - absolutistisch?

von ehemaliger Autor K. » 19.05.2014, 11:48

Marek1964 hat geschrieben:Die Frage ist, warum sein Staat "modern sein sollte"? Wie ich gesehen habe, hat er immerhin eine einheitliche Währung geschaffen, was sicher eine gute Sache war. Was kann man sonst zusammenfassend als modern bezeichnen?
Die wesentlichen Kriterien eines modernen Staates hatte ich in dem Thread ja bereits herausgearbeitet. Fassen wir also noch einmal zusammen:

1. In Süditalien entwickelte sich unter Friedrich II das Gewaltmonopol, das für Max Weber das entscheidende Kriterium zur Definition moderner Staatlichkeit wird. Eng damit zusammen hängt die Durchsetzung der Idee der Souveränität, mit welcher der Staat zur alleinigen obersten Macht in der Gesellschaft wurde. Ihm allein kam das Recht zu, Gesetze zu erlassen und durchzusetzen, Steuern zu erheben oder diplomatische Beziehzungen aufzunehmen. Die bisher weitgehend unabhängigen Territorialherren und die die Macht der Kirche wurden zurückgedrängt, was den Konflikt mit dem Papst erklärt.

2. Die Konzentration von Macht beim Herrscher zeigt sich darin, dass dieser die wesentlichen Machtmittel übernahm. Dazu gehörte der Aufbau eines stehenden Heeres und Auflösung der Privatarmeen der Feudalherren. Staatliche Herrschaft stützte sich auf einen Verwaltungsstab (Bürokratie), aus dem sich nach und nach eine umfangreiche Regierungs- und Verwaltungsorganisation entwickelte, sowie Gerichte, die allein zur Entscheidung in Rechtsstreitigkeiten befugt waren. Damit wurde die Gesetzlosigkeit und die Zeit der privaten Fehden beendet und es begann die Entstehung des positiven Rechts, also ein vom Staat gesetztes Rechtssystem, welches überall im Land allgemeine Gültigkeit hatte.

3. Drittens wurde der Staat zur wichtigsten Instanz zur Steuerung wirtschaftlicher Prozesse, Er übernahm Versorgungsaufgaben, schuf eine einheitliche Währung und griff korrigierend in Wirtschaftsprozesse ein. (Erste Formen des späteren Merkantilismus bei Friedrich II.)

4. Viertens erstreckte sich nach der Auflösung der mittelalterlichen Personenverbände staatliche Herrschaft auf das gesamte Territorium und nicht mehr nur auf die Gebiete, die dem Herrscher persönlich gehörten. Der moderne Staat ist ein Territorialstaat, dessen Souveränität sich auf ein genau abgegrenztes Gebiet bezieht und dessen Binnenstruktur ebenfalls durch eine territoriale Gliederung geprägt ist. Die Selbstständigkeit der Gebiete (Provinzen) und der Städte wurde eingeschränkt und der Kontrolle des Zentralstaates unterworfen, dessen Anordnungen durch Beamte durchgesetzt wurden.

Der Staat von Friedrich II zeigt also alle Merkmale, die für den späteren Absolutismus in Europa typisch waren. Insofern war er aber seiner Zeit weit voraus und blieb eine flüchtige Episode.

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