von Ruaidhri » 11.11.2015, 14:11
1962:
Eh das Jahr meiner ersten frühen politischen Wahrnehmungen- Die Flut in Hamburg und die Spiegel-Affäre.
Sollte ich die poltische Orientierung meiner Erziehenden einordnen:
Liberal im besten Sinne, und in vielen Punkten Teilen der SPD viel näher als der schwarz- konservativen CDU, wobei es auch in der SPD heftig miefte- auch in NRW.wirklich Partei- gebundenes "Denken" und Wählen gab es eher nicht.
Schmidt genoss immer Respekt, wahrscheinlich, weil er so klar und schnörkellos auftrat. Pathos ud Pose hatten meine Oldies genug erlebt.
1969 fand der alles entscheidende Wahlkampf statt, der endlich die Herrschaft der Betonköpfe aus der CDU beenden sollte. Diese hatten sich konsequent gegen eine rationale Politik gegenüber dem Ostblock verschlossen und blockierten alle innenpolitischen Reformen. Es war höchste Zeit für einen Wechsel, sollte die BRD nicht in ihrem eigenen Mief ersticken und sich international isolieren.Politik, Politiker und Diskussionen über beides gehörten in meinem Elternhaus zum täglichen Leben die die 2 Tages- und zwei Wochenzeitungen aus unterschiedlichen "Lagern".
Wahlberechtigt war ich 1969 nicht, bekam aber die mit, dass meine Eltern, Vater Unternehmer/ Mittelstand, es wagen wollten, für eine SPD / FDP Koalition zu stimmen. Eben, weil es im Hintergrund einen Helmut Schmidt gab, von dem man wusste, dass er rechnen konnte.
Schmidt war kein Mensch, der einem damals sympathisch sein konnte. Er hatte die Herzlichkeit eines Eisblocks, ein reiner Verstandesmensch, eine bloße Rechenmaschine und offensichtlich ohne Emotionen. Ich kann mich an seine blitzenden Augen erinnern, die keinerlei Freundlichkeit ausstrahlten. Vor allem störten mich seine Arroganz und seine Selbstherrlichkeit, er ließ alle Kontrahenten wie Dummköpfe aussehen und machte sie verbal nieder, oft nicht gerade fair.
Das ging mir, nur einige Jahre jünger als Du, ähnlich. Trotzdem war seine messerscharfe, strukturierte Art der Rede , oder der Rhetorik, als Vorbild nicht schlecht. Besser als das Geschwurbel, das andere zu seiner Zeit abließen.
So waren aber früher überall die Chefs in Hamburg gewesen, mit ihren Mitarbeitern gingen sie nicht gerade freundlich um und waren in sich selbst verliebt. Unter Schmidt zu arbeiten, soll nicht angenehm gewesen sein. Das kann ich mir gut vorstellen. Gestern Björn Engholm in ndr, der bestätigte, mal geäußert zu haben:
" Unter Schmidt arbeitete man nicht, man diente!"
Nur, dass Schmidt selbst bis an die Grenzen ein Pflicht- und Arbeitsmensch war und vorlebte, was er von anderen verlangte.
Seine Arroganz hatte er nun weitgehend abgelegt, er konnte anderen zuhören, ohne sie sofort niederzumachen, er zeigte Verständnis für abweichende Positionen und diskutierte darüber. In seiner Rolle als Welterklärer und Sachverständiger in Sachen Politik wurde er mir ausgesprochen sympathisch, ich las seine Bücher und habe viel aus ihnen gelernt.
So ist geht es mir ebenfalls.. Zumindest war er einer, der sehr klar und sehr fundiert Zusammenhänge darstellen konnte. Manchmal kam es anders, doch noch immer stimmt, trotz anderen Ablaufs, vieles in seinen Analysen. Lohnt sich, seine älteren Bücher nochmal zu lesen.
Ich erfuhr auch, dass er sich sehr für Kultur interessierte, was mir so nicht bekannt war, mir aber auch sehr gefiel.
Beide Schmidts gingen auf die Lichtwark-Schule in Hamburg, sicherlich prägend. Prägend auch für die Offenheit unterschiedlichen Musikstilen gegenüber. Das leicht Elitäre mag da nicht so ins Bild manches Genossen passen, denen Arbeiterlieder oder Schlagerwelten besser gefallen mögen/ mochten.
Dass er ein hervorragender Klavierspieler war, er und Loki überhaupt die "Klassik" liebte, wusste ich merkwürdigerweise 'immer schon'.
Hatte er mit Ted Heath gemeinsam, dem englischen Premier- Minister.
Helmut Schmidt war mit vielen herausragenden Musikern bekannt- Christoph Eschenbach, Justus Franz, Sergiu Celibdache und Lennie Bernstein, und drum haben wir "nebenan" ihm tatkräftige Hilfe bei der Etablierung des SHMF zu verdanken.
So lange er konnte, segelte der Kanzler.
Mit Conger- Jolle auf dem Brahmsee oder auch mal auf größeren Charter- Yachten oder mit Freunden auf der Ostsee.
Passt auch nicht so ins Bild vom Sozi, das manch einer hat.
Auch da blieb Schmidt bescheiden, der Conger ist wahrlich nie ein Luxus-Boot gewesen, so wenig wie die Hütte am Brahmsee, die erst sehr langsam zu einem Wohnhaus wurde.
Alles in allem war er ein hervorragender Politiker und wahrscheinlich einer der größten Persönlichkeiten der Stadt Hamburg, wenn nicht von ganz Deutschland.
Stimmt schon, Wallenstein, einer der größten Persönlichkeiten, die Deutschland hervorgebracht hat, stammt aus Hamburg, war hanseatisch- norddeutsch geprägt.
Was vielen, die Klarttext nicht mögen, oft als kühl erschien, war oft von Schmidt sicherlich bewusst gemeint, doch wurde seine präzsie Art im Westen und Süden noch eher falsch gedeutet.
Die einen schwurbeln mit viel Lärm und nichts, Schmidt brachte viel Inhalt mit knappen Worten rüber.
1962:
Eh das Jahr meiner ersten frühen politischen Wahrnehmungen- Die Flut in Hamburg und die Spiegel-Affäre.
Sollte ich die poltische Orientierung meiner Erziehenden einordnen:
Liberal im besten Sinne, und in vielen Punkten Teilen der SPD viel näher als der schwarz- konservativen CDU, wobei es auch in der SPD heftig miefte- auch in NRW.wirklich Partei- gebundenes "Denken" und Wählen gab es eher nicht.
Schmidt genoss immer Respekt, wahrscheinlich, weil er so klar und schnörkellos auftrat. Pathos ud Pose hatten meine Oldies genug erlebt.
[quote]1969 fand der alles entscheidende Wahlkampf statt, der endlich die Herrschaft der Betonköpfe aus der CDU beenden sollte. Diese hatten sich konsequent gegen eine rationale Politik gegenüber dem Ostblock verschlossen und blockierten alle innenpolitischen Reformen. Es war höchste Zeit für einen Wechsel, sollte die BRD nicht in ihrem eigenen Mief ersticken und sich international isolieren.[color=#0000BF]Politik, Politiker und Diskussionen über beides gehörten in meinem Elternhaus zum täglichen Leben die die 2 Tages- und zwei Wochenzeitungen aus unterschiedlichen "Lagern".
Wahlberechtigt war ich 1969 nicht, bekam aber die mit, dass meine Eltern, Vater Unternehmer/ Mittelstand, es wagen wollten, für eine SPD / FDP Koalition zu stimmen. Eben, weil es im Hintergrund einen Helmut Schmidt gab, von dem man wusste, dass er rechnen konnte.[/color]
Schmidt war kein Mensch, der einem damals sympathisch sein konnte. Er hatte die Herzlichkeit eines Eisblocks, ein reiner Verstandesmensch, eine bloße Rechenmaschine und offensichtlich ohne Emotionen. Ich kann mich an seine blitzenden Augen erinnern, die keinerlei Freundlichkeit ausstrahlten. Vor allem störten mich seine Arroganz und seine Selbstherrlichkeit, er ließ alle Kontrahenten wie Dummköpfe aussehen und machte sie verbal nieder, oft nicht gerade fair.
[color=#0000BF]Das ging mir, nur einige Jahre jünger als Du, ähnlich. Trotzdem war seine messerscharfe, strukturierte Art der Rede , oder der Rhetorik, als Vorbild nicht schlecht. Besser als das Geschwurbel, das andere zu seiner Zeit abließen.[/color]
So waren aber früher überall die Chefs in Hamburg gewesen, mit ihren Mitarbeitern gingen sie nicht gerade freundlich um und waren in sich selbst verliebt. Unter Schmidt zu arbeiten, soll nicht angenehm gewesen sein. Das kann ich mir gut vorstellen. [color=#0000BF]Gestern Björn Engholm in ndr, der bestätigte, mal geäußert zu haben:
" Unter Schmidt arbeitete man nicht, man diente!"
Nur, dass Schmidt selbst bis an die Grenzen ein Pflicht- und Arbeitsmensch war und vorlebte, was er von anderen verlangte.[/color]
Seine Arroganz hatte er nun weitgehend abgelegt, er konnte anderen zuhören, ohne sie sofort niederzumachen, er zeigte Verständnis für abweichende Positionen und diskutierte darüber. In seiner Rolle als Welterklärer und Sachverständiger in Sachen Politik wurde er mir ausgesprochen sympathisch, ich las seine Bücher und habe viel aus ihnen gelernt.
[color=#0000BF]So ist geht es mir ebenfalls.. Zumindest war er einer, der sehr klar und sehr fundiert Zusammenhänge darstellen konnte. Manchmal kam es anders, doch noch immer stimmt, trotz anderen Ablaufs, vieles in seinen Analysen. Lohnt sich, seine älteren Bücher nochmal zu lesen.[/color]
Ich erfuhr auch, dass er sich sehr für Kultur interessierte, was mir so nicht bekannt war, mir aber auch sehr gefiel.
[color=#0000BF]Beide Schmidts gingen auf die Lichtwark-Schule in Hamburg, sicherlich prägend. Prägend auch für die Offenheit unterschiedlichen Musikstilen gegenüber. Das leicht Elitäre mag da nicht so ins Bild manches Genossen passen, denen Arbeiterlieder oder Schlagerwelten besser gefallen mögen/ mochten.
Dass er ein hervorragender Klavierspieler war, er und Loki überhaupt die "Klassik" liebte, wusste ich merkwürdigerweise 'immer schon'.
Hatte er mit Ted Heath gemeinsam, dem englischen Premier- Minister.
Helmut Schmidt war mit vielen herausragenden Musikern bekannt- Christoph Eschenbach, Justus Franz, Sergiu Celibdache und Lennie Bernstein, und drum haben wir "nebenan" ihm tatkräftige Hilfe bei der Etablierung des SHMF zu verdanken.[/color]
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So lange er konnte, segelte der Kanzler.
Mit Conger- Jolle auf dem Brahmsee oder auch mal auf größeren Charter- Yachten oder mit Freunden auf der Ostsee.
Passt auch nicht so ins Bild vom Sozi, das manch einer hat.
Auch da blieb Schmidt bescheiden, der Conger ist wahrlich nie ein Luxus-Boot gewesen, so wenig wie die Hütte am Brahmsee, die erst sehr langsam zu einem Wohnhaus wurde.
[quote]Alles in allem war er ein hervorragender Politiker und wahrscheinlich einer der größten Persönlichkeiten der Stadt Hamburg, wenn nicht von ganz Deutschland.[/quote]
Stimmt schon, Wallenstein, einer der größten Persönlichkeiten, die Deutschland hervorgebracht hat, stammt aus Hamburg, war hanseatisch- norddeutsch geprägt.
Was vielen, die Klarttext nicht mögen, oft als kühl erschien, war oft von Schmidt sicherlich bewusst gemeint, doch wurde seine präzsie Art im Westen und Süden noch eher falsch gedeutet.
Die einen schwurbeln mit viel Lärm und nichts, Schmidt brachte viel Inhalt mit knappen Worten rüber.