@ Karlheinz
Zu deinem Eröffnungsbeitrag. Ich versuche mal von Ende zum Anfang:
Sie entsteht aus der Fähigkeit des Menschen, Kausalbeziehungen herzustellen und dies ist ein Produkt seiner Intelligenz.
Jedes Lebewesen hat die Fähigkeit die Kausalbeziehungen herzustellen. Eine Zelle entdeckt ziemlich schnell die Kausalität der molekularen Gefälle in der Umwelt, weil die wachsende Dichte eines Stoffes ist ihr unangenehm bzw. lebensgefährlich und andere das Gegenteil. Die Sinne der Tiere würden durch die vorh. Fähigkeit der Feststellung der kausalen Beziehungen entwickelt. Sie würden nur konzentriert und optimiert auf dem verändernden Organismus (Größe, Mobilität)
Die frühen Menschen unterscheiden nicht zwischen Fiktion und Wirklichkeit.
Es ist kein Merkmal der frühen Menschen Es gilt für die Gegenwart ebenfalls. Und überhaupt, was ist Fiktion, was ist Wirklichkeit in gesellschaftlichen Beziehungen? Der nationale Stolz ist eine Wirklichkeit. Wie oft – auch in diesem Forum – haben wir besprochen, dass es auf die Fiktionen oft aufgebaut ist. Das gleiche gilt für Ideologien, auch die mit Religionen nicht zu tun haben. Sie beruhen auf die Wertschätzung bzw. ein System der Werte und sprechen die Emotionen an. Daran sind sie den Religionen ähnlich.
Diamond definierte Religion zunächst wie folgt: „Religion ist der Glaube an eine postulierte übernatürliche Kraft, für deren Existenz uns unsere Sinne keinen Beleg liefern können, die aber zur Erklärung von Dingen herangezogen wird, für die unsere Sinne uns Belege liefern.“
Wenn man es zur atheistischen Überzeugung abgrenzen will, ist dieser Definition richtig. Aber wenn man es als
eine Weltanschauung sieht, wenn man es in einer Kategorie mit atheistischer Weltanschauung sieht, dann sieht es etwas anders. Ich finde es auch wichtig, dass man sich in der Lage versetzt, in der man sich von eigenem Weltbild
abstrahiert, egal ob man gläubig oder Atheist ist. Dann stellt man fest, dass das Gemeinsame ist: die Erklärung
des Anfangs der Welt.
Gerade
dieser Aspekt war aus meiner Sicht das Entscheidende in der Entstehung der Religionen. Mit der Entstehung des Selbstbewusstseins, hat man eben eine höhere Perspektive angenommen: man sah sich in einer Kategorie seiner Mitmenschen – seiner Gemeinschaft, die man von anderen Gemeinschaften unterschied.
Übrigens der Vorfall (die Bildung einer Gemeinschaft) hat sich mehrmals in der biologischen Evolution ereignet, nur war es auf anderem Mechanismus aufgebaut: da war die Semantik des genetisches Guts, die das sagen hatte (z. B. Insekten-Staaten). Wir haben mit der Semantik der Weltanschauungen zu tun.
Also die Fähigkeit zur sich-Abstraktion, die übrigens schon ansatzweise auch Tiere besitzen, führte erstens zur Frage, woher stamme
ich, wohin gehöre
ich, die ziemlich leicht durch das Vorhandensein der Familie beantwortet werden kann. Der nächste Schritt war, sich als Teil der Gemeinschaft zu fühlen. Daraus entstehende Frage: woher stammt
meine Familie. Da die tierische und eigene Positionierung in der Weltanschauung noch sehr nah war, war es einleuchtend die tierische Vorfahren als Stammgründer anzunehmen. Als nächstes entwickelten sich die Beziehungen
zwischen den Familien, übrigens
das wichtigste Merkmal, der beginnende Zivilisation von dem tierischen Reich unterscheiden lies. Tiere pflegen keinen Kontakt zur anderen sozialen Gruppen.
Mit der wachsenden Zivilisation wurde der Horizont der Weltanschauung immer weiter gerückt. Es nimmt auch die unbelebte Welt ihrem Anteil in den weltanschaulichen Überlegungen. Die Träume und Wirklichkeit wurden nicht grundsätzlich unterschieden. Wichtige Rolle spielen Drogen, sich in Trance zu versetzen und die Verbindung mit der anderen geistigen Welt anzunehmen. Auch das Sterben muss eine Erklärung haben. Die Erklärungen dessen hatten die Weltanschauungen revolutionisiert, bzw. hatten die Weltanschauungen eben zu dem gemacht, was wir unter der verstehen: sie erklären die Welt in
ihrer Ganzheit. Diese Ganzheit wurde immer Größer und Erklärungen immer komplizierter.
So, wenn wir die Weltanschauung in seiner Ganzheit betrachten, ist es zu komplex, es in Vergleich analysieren zu können. Daher scheint mir der Weg der Betrachtung der Wurzeln, der Abstammung erfolgversprechend zu sein. Man kann auch nachvollziehen, wie entwickelnde gesellschaftliche Beziehungen sich auf die Weltanschauung (damals allein durch Religion betreten) auswirkten. So zur Allianz gezwungene Stämme, müssten sich verbrüderlichen durch die Erklärung gemeinsamen Abstammungen. Die Entstehung einer abstrahierte Ebene der Geister – der Götter scheint mir hier folgerichtig zu sein. Die anfängliche Götter-Pluralismus hat hier ihre Wurzeln. Die Götter werden von dem eigentlichen Stamm – als seine Gründer – allmählich isoliert und werden in einem Göterrgeflechtsystem eingearbeitet. So wird die Götterleinwand die Spiegelung der gesellschaftlichen Beziehungen, die aber ihrerseits auf gesellschaftliche Ereignisse bzw. Beziehungen zurück wirkten.
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Na ja , zurück zu Diamond:
1.)Sie erklärt übernatürliche Phänomene
Ich habe hier meine logische Schwierigkeiten. Die Religion bzw. Menschen damals unterschied nicht zwischen natürlichen und übernatürlichen Phänomenen. Für sie waren alle gleich. Sie unterschieden die beiden Kategorien nicht. Daher auch das Nutzen, gerade in anfänglichem Stadium der Religion, ist ja sehr fragwürdig.
2.)Sie lindert Angst durch Rituale, versucht mit ihnen die übernatürliche Welt positiv zu beeinflussen, damit diese in der realen Welt Vorteile einbringt
Auch hier sehe ich anders. Da muss man annehmen, dass die Tiere leben in einer Angst. Ist es so?! Man kann zwar durch das Gemeinschaftsgefühl, die durch Rituale entstehen, vorhandene Ängste lindern. Nur denke ich, dass für die Großteil der Ängste die Religion verantwortlich ist.
3.)Sie tröstet angesichts von Schmerz und Tod
Es mag sein. Dennoch denke ich, dass man hier zu stark das Christentum vor Augen hat. Wenn man den Schmerz als Strafe der Götter darstellt, dann ist es kein Trost.
4.)Sie organisiert die Menschen in Gruppen
Ja, organisiert sie Menschen in Gruppen oder ist es ein Ergebnis einer Organisation? Ich denke eben, dass es
ein paralleler rückkoppelnder und sich gegenseitig verstärkender Prozess war. Und immer noch ist bei der Entstehung der religiösen Strömungen.
5.)Sie schafft eine politische Verfassung. Standardisiert Verhaltensweisen, entwickelt einen Moralkodex, rechtfertigt Herrschaft in einem späteren Stadium
Früher war es eben alles in Einem. Vergisst man auch nicht die Forschung, die von Religion angetrieben war. Ich denke eher, dass Moralvorstellungen war für
die Erhaltung der entstehenden Gemeinschaft (als einer zivilisatorischen Einheit) wichtig. Die
Funktionalität dieser Gemeinschaft war ausschlaggebend für das Nutzen seiner Mitglieder. Wenn diese evolutive Einheit sich in der Umwelt (auch gleichartigen: der anderen Gemeinschaften) durchsetzte, dann hatten auch ihre Mitglieder Nutzen davon.
Wenn man die Evolution der Zellkolonien vor geistigen Augen vorführt, dann sieht man ähnlichen Prozess. Die Zellen entdecken die schützende Wirkung des Zusammenseins und arbeiten daran, das Zusammensein zu stärken. Es wird in ihrem genetischen Gut immer tiefer verankert.
Bis auf einmal die Waage kippt. Das übergeordnete Ganze hat jetzt zu sagen, wie die Zellen sich verhalten sollen. Die Faszination (für mich!) besteht daran, dass es gibt nicht
außerhalb der Zelle, was für die übergeordnete Ganzheit sorgt. Das was wir in diesem Neuen beobachten können, ist eine – noch- anfängliche Differenzierung, die jetzt immer stärker angetrieben wird. Wenn auch einzelne Teilnehmer beginnen sich zu wehren, es wurden Mechanismen schon geschafft diesen in Schach zu halten.
Sieht ihr nicht eine Analogie zur gesellschaftlichen Entwicklung?