Peppone hat geschrieben:Typischerweise sind es gerade auch immer die Intelligenten, die derart verbohrt sind.
...
Um Intelligenz steht es in Angelegenheiten der Psyche ähnlich wie mit der Psychoanalyse auf dem Gebiet der Wissenschaften; wer weiss denn, ob's das überhaupt gibt bzw. auch nur in den Ansätzen plausibel die Realität widergibt?
Und dann: Bezugspunkt zum Thema genau wo? Dass Charakter (auch so ein Waber- und Laberwort) "hohe" Intelligenz voraussetzt, und nur solche Leute in den Staatsdienst sollten? Oder nur die Besten? Hatten darüber die alten Griechen nicht schon entschieden?
Peppone hat geschrieben:
...
Sie sind offenbar so von sich überzeugt, dass sie denken, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben und anderen, die gegen sie argumentieren, schlicht intellektuell überlegen zu sein (sonst hätten diese anderen ja auf die gleichen Ideen kommen müssen wie sie) und daher per se recht zu haben.
...
Könnte genausogut sein, dass sie denken, dass andere zwar gute Ideen haben können, sie selbst aber im Umsetzen besonders gut sind. Oder andersherum. Oder sich unterlegen und verkannt fühlen, weil andere die Lorbeeren für ursprünglich auf ihrem Mist gewachsene Einfälle einheimsen.
Wer weiss das schon, und wozu sollen solche Spekulationen führen (aber das Thema beschäftigt Dich, das liest man z.T. deutlich in manchen Deiner Posts heraus)?
Tommy hat geschrieben:
...
Schließlich hätten die nur die damals bestehenden Gesetze befolgt, dafür könne man niemanden verurteilen.
...
All in all ja als Prämisse auch nicht falsch; die Frage ist, ob sie unumstösslich ist.
Tommy hat geschrieben:
...
Außerdem werden heute noch an der Grenze zwischen den USA und Mexiko Mexikaner von amerikanischen Beamten beim illegalen Grenzübertritt erschossen und kein Hahn kräht danach.
Ich war kurz sprachlos, fasste mich dann jedoch. Mein Argument, dass man Flüchtlinge der DDR nicht mit illegal einreisenden Mexikanern vergleichen kann, ließ er nicht gelten. Auch den Hinweis, dass, würde das Argument der zur Tatzeit geltenden Gesetze greifen, man auch den einen oder anderen Kriegsverbrecher nach dem 2. WK kaum hätte verurteilen können, wollte er vom Tisch wischen. Denn dies sei ja "etwas ganz anderes".
...
Da kann ich ihm sogar eher folgen als Dir,
denn der Unterschied zwischen Mauerschützen und Bewachern der US-Grenzen ist in meinen Augen deutlich kleiner als der zwischen Mauerschütze/Mauerbewacher und Kriegsverbrecher (insbesondere des NS).
Tommy hat geschrieben:
...
Die Anwendung der sog. Radbruch'schen Formel verstellte den Tätern sowohl nach dem 2. WK als auch nach dem Zusammenbruch der DDR die Möglichkeit, sich hinter zur Tatzeit geltenden Gesetzen oder Anordnungen von Entscheidungsträgern zu verstecken. All diese Argumente konnten nicht zu ihm durchdringen.
...
Wahrscheinlich auch deswegen, weil's keine sind. Jedenfalls keine überzeugenden. Zumindest nicht dann, wenn noch gar nicht geklärt ist, ob denn ein Mauerschütze überhaupt Menschen tötete, ob er die Freiheit hatte, nicht zu schiessen, ob das - böse Frage - überhaupt einen so grossen Unterschied gemacht hätte bei Selbstschussanlagen und Minenfeldern, ob seine Verantwortlichkeit stärker gewichtet wird als jene der Verantwortungs- und Entscheidungsträger, wenn ja, warum, und und und.
Ich sehe eher einen Vergleich, wenn wir schon den NS bemühen wollen, zwischen Mauerschützen und Wehrmachtsangehörigen, als zwischen Mauerschützen und Kriegsverbrechern. Wobei der durchschnittliche Wehrmachtsangehörige für wesentlich mehr Opfer und Leid verantwortlich war als ein Mauerschütze, zumindest von der Zahl der betroffenen Opfer augehend.
Und: Ist ein Mauerschütze, der sich zwar für den Dienst an der Mauer gemeldet hatte, abkommandiert war oder was auch immer, aber nie geschossen (oder nie getroffen?) hat,
einem NS-Funktionär gleichzusetzen, der an der Planung und Durchführung von Kriegsverbrechen zuständig war (also eigentlich, zumindest in Sachen Zwangsarbeiter, Deportation usw., jede piefige Stadtverwaltung), der auch nie einen Schuss abgab?
Ich denke, wohl kaum.
Oder einem NVA-Angehörigen, der dazu abkommandiert war, im "Ernstfall" die Demokratie gewaltsam niederzurringen und die freie Welt zu erobern, mit allen Mitteln?
Oder Wachpersonal in Bautzen? Grenzbeamte an den offiziellen Durchlässen, deren Aufgabe u.a. war, Flüchtlinge aufzuspüren?
Ich will damit nicht sagen, dass ein Mauerschütze automatisch ein Engel ist/war/sei/wäre,
aber man sollte vllt doch die Kirche im Dorf lassen und Fall für Fall gesondert betrachten,
denn sonst entsteht nicht gänzlich unbegründet der Eindruck, man liesse sich an den Kleinen aus und die Grossen laufen.
P.S. Ich finde gut, dass Ihr/Du Euch/Dir solche Fragen stell(s)t,
aber es sind imho sehr schwierig zu beantwortende, gerade realpolitisch gesehen.
LG
[quote="Peppone"]Typischerweise sind es gerade auch immer die Intelligenten, die derart verbohrt sind.
...[/quote]
Um Intelligenz steht es in Angelegenheiten der Psyche ähnlich wie mit der Psychoanalyse auf dem Gebiet der Wissenschaften; wer weiss denn, ob's das überhaupt gibt bzw. auch nur in den Ansätzen plausibel die Realität widergibt?
Und dann: Bezugspunkt zum Thema genau wo? Dass Charakter (auch so ein Waber- und Laberwort) "hohe" Intelligenz voraussetzt, und nur solche Leute in den Staatsdienst sollten? Oder nur die Besten? Hatten darüber die alten Griechen nicht schon entschieden?
[quote="Peppone"]
...
Sie sind offenbar so von sich überzeugt, dass sie denken, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben und anderen, die gegen sie argumentieren, schlicht intellektuell überlegen zu sein (sonst hätten diese anderen ja auf die gleichen Ideen kommen müssen wie sie) und daher per se recht zu haben.
...[/quote]
Könnte genausogut sein, dass sie denken, dass andere zwar gute Ideen haben können, sie selbst aber im Umsetzen besonders gut sind. Oder andersherum. Oder sich unterlegen und verkannt fühlen, weil andere die Lorbeeren für ursprünglich auf ihrem Mist gewachsene Einfälle einheimsen.
Wer weiss das schon, und wozu sollen solche Spekulationen führen (aber das Thema beschäftigt Dich, das liest man z.T. deutlich in manchen Deiner Posts heraus)?
[quote="Tommy"]
...
Schließlich hätten die nur die damals bestehenden Gesetze befolgt, dafür könne man niemanden verurteilen.
...[/quote]
All in all ja als Prämisse auch nicht falsch; die Frage ist, ob sie unumstösslich ist.
[quote="Tommy"]
...
Außerdem werden heute noch an der Grenze zwischen den USA und Mexiko Mexikaner von amerikanischen Beamten beim illegalen Grenzübertritt erschossen und kein Hahn kräht danach.
Ich war kurz sprachlos, fasste mich dann jedoch. Mein Argument, dass man Flüchtlinge der DDR nicht mit illegal einreisenden Mexikanern vergleichen kann, ließ er nicht gelten. Auch den Hinweis, dass, würde das Argument der zur Tatzeit geltenden Gesetze greifen, man auch den einen oder anderen Kriegsverbrecher nach dem 2. WK kaum hätte verurteilen können, wollte er vom Tisch wischen. Denn dies sei ja "etwas ganz anderes".
...[/quote]
Da kann ich ihm sogar eher folgen als Dir,
denn der Unterschied zwischen Mauerschützen und Bewachern der US-Grenzen ist in meinen Augen deutlich kleiner als der zwischen Mauerschütze/Mauerbewacher und Kriegsverbrecher (insbesondere des NS).
[quote="Tommy"]
...
Die Anwendung der sog. Radbruch'schen Formel verstellte den Tätern sowohl nach dem 2. WK als auch nach dem Zusammenbruch der DDR die Möglichkeit, sich hinter zur Tatzeit geltenden Gesetzen oder Anordnungen von Entscheidungsträgern zu verstecken. All diese Argumente konnten nicht zu ihm durchdringen.
...[/quote]
Wahrscheinlich auch deswegen, weil's keine sind. Jedenfalls keine überzeugenden. Zumindest nicht dann, wenn noch gar nicht geklärt ist, ob denn ein Mauerschütze überhaupt Menschen tötete, ob er die Freiheit hatte, nicht zu schiessen, ob das - böse Frage - überhaupt einen so grossen Unterschied gemacht hätte bei Selbstschussanlagen und Minenfeldern, ob seine Verantwortlichkeit stärker gewichtet wird als jene der Verantwortungs- und Entscheidungsträger, wenn ja, warum, und und und.
Ich sehe eher einen Vergleich, wenn wir schon den NS bemühen wollen, zwischen Mauerschützen und Wehrmachtsangehörigen, als zwischen Mauerschützen und Kriegsverbrechern. Wobei der durchschnittliche Wehrmachtsangehörige für wesentlich mehr Opfer und Leid verantwortlich war als ein Mauerschütze, zumindest von der Zahl der betroffenen Opfer augehend.
Und: Ist ein Mauerschütze, der sich zwar für den Dienst an der Mauer gemeldet hatte, abkommandiert war oder was auch immer, aber nie geschossen (oder nie getroffen?) hat,
einem NS-Funktionär gleichzusetzen, der an der Planung und Durchführung von Kriegsverbrechen zuständig war (also eigentlich, zumindest in Sachen Zwangsarbeiter, Deportation usw., jede piefige Stadtverwaltung), der auch nie einen Schuss abgab? :shock: Ich denke, wohl kaum.
Oder einem NVA-Angehörigen, der dazu abkommandiert war, im "Ernstfall" die Demokratie gewaltsam niederzurringen und die freie Welt zu erobern, mit allen Mitteln?
Oder Wachpersonal in Bautzen? Grenzbeamte an den offiziellen Durchlässen, deren Aufgabe u.a. war, Flüchtlinge aufzuspüren?
Ich will damit nicht sagen, dass ein Mauerschütze automatisch ein Engel ist/war/sei/wäre,
aber man sollte vllt doch die Kirche im Dorf lassen und Fall für Fall gesondert betrachten,
denn sonst entsteht nicht gänzlich unbegründet der Eindruck, man liesse sich an den Kleinen aus und die Grossen laufen.
P.S. Ich finde gut, dass Ihr/Du Euch/Dir solche Fragen stell(s)t,
aber es sind imho sehr schwierig zu beantwortende, gerade realpolitisch gesehen.
LG