Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

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Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Spartaner » 14.12.2014, 01:07

Zur Entstehung der Urbulgaren gibt es folgende Versionen:
"Die Altyn Oba Horde umfaßte mit den Oguren nicht nur die eigentlichen Hunnen sondern auch die Volksstämme der Sabiren Chasaren und den späteren Balkaren . Schon damals spielte der Don eine Grenzrolle: Westlich von ihm lebten die als "Akh (Weiße Bulgaren) bezeichneten Stämme die schließlich von Bleda Khan beherrscht wurden und östlich von ihm die Stämme der "Khara Bulkhar" (Schwarze Bulgaren) in dem dessen Bruder Attila herrschte. Unter ihnen erreichte die Altyn Oba Horde ihre größte Ausdehnung: Im Norden reichte sie nun bis an die Wolga-Kama-Mündung im Osten bis an den Ural im Süden bis an den Kaukasus und im Westen bis ans Donaudelta. Insgesamt umfaßte die Altyn Oba Horde 4 5 Mio. km².
Nach dem Tode Attilas er wurde in dieser Horde wohl geboren wurde sie zum Rückzugsgebiet der europäischen Hunnen und unter dessen Söhnen wurde sie geteilt. Dabei spielte der Don als Grenze zwischen beiden Reichen eine große Rolle: Westlich von ihm entstand das Khanat der Kutriguren östlich von ihm das der Utriguren . Diese Volksstämme bildeten nun zwei mächtige Bulgarenreiche.
640 vereinigte Kubrat Khan beide Teilreiche zum später " Großbulgarischen Reiche ". Er wurde zum Stammvater der Bulgaren . Nach dessen Tode (642/651) zerfiel die Altyn Oba Horde in fünf verschiedene Teilhorden die nach den Söhnen Kubrats benannt wurden.

Die Nachfolge-Horden der Altyn Oba Horde
Die Bayan-Horde lag in der Gegend um Azow und ging später im Chasarenreich auf.
Die Kotrag-Horde zog in die Wolga-Kama-Region und dort wurde das Wolgabulgarische Reich begründet.
Die Asparuch-Horde zog ins Donaudelta und begründete das Donau-Bulgarische Reich .
Die Kuber-Horde zog ins spätere Ungarn und galt ab 805 als Teil des europäischen Awarenreiches . Die Reste wurden nach der Niederlage der Awaren gegen die Franken und Asparuch-Bulgaren in die Asparuch-Horde eingegliedert.
Die Altsek-Horde zog nach Italien und ging im 7. Jahrhundert in den Langobarden auf."
http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Al ... Horde.html
http://quellebom.com/kategorie/wissensc ... iguren.php
https://books.google.de/books?id=2xELAw ... en&f=false

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Spartaner » 12.12.2014, 22:33

-Donaubulgarien 681 - 1014-

Um 675
"Khan Asparuch lässt sich im Donaudelta nieder und nennt sein Land Bulgarien (=Donau-Bulgarien) Er erobert die heutige Dubrudscha (ehemalige Provinz Mösia) und schließt ein Bündnis mit 7 slawischen Stämmen. Dieses Bündnis gilt als Geburtsstunde des slawisch-bulgarischen Staates. Das Bündnis zwischen den ethisch und kulturell verschiedenen Urbulgaren und Slawen wurde geschlossen, um sich gemeinsam gegen Byzanz und andere anstürmende Steppenvölker zu wehren. Die Pflichten der Slawen, die vornehmlich Bauern waren und der Urbulgaren (Viehzüchter) zur Verteidigung des gemeinsamen Territoriums unter dem Oberbefehl des Khans waren genau reglementiert Die Urbulgaren erhielten die zentrale Gewalt, tasteten aber die Autonomie der Slawen nicht an.
Während die Urbulgaren im sogenannten Inneren Gebiet in der Umgebung Hauptstadt Pliska lebten, waren die Slawen auch weiterhin in ihren Stammesverbänden zusammenschlossen, der Clanchefs die bulgarische Zentralmacht anerkannten. Trotz des andauernden Verwaltungsdualismus, kam es ein der Folgezeit zur Annährung der protobulgarischen und slawischen Gruppen, die sich schließlich zum Volk der "Blauen Bulgaren" (Khökh Bulkhar/Qöq Bolqar/Donaubulgaren) vereinigen sollten.

681
Nachdem die bulgarische Kavallerie zusammen mit slawischen Fußtruppen dem Heer und der Flotte Kaiser Konstantin IV. Pogonats im Donaudelta verheerende Niederlagen zufügt, erkennt dieser in einem Friedensvertrag den neuen slawo-bulgarischen Staat, an den er zudem jährliche Tribute zahlen muss, an. An dessen Spitze steht der Khan, dessen Macht erblich ist und der Rat der 12 Großen Boilen, Vertretern aus adligen Geschlechtern, die jeweils für ein bestimmtes Staatsressort zuständig sind. Bei wichtigen Entscheidungen ist die Zustimmung der "Volksversammlung", der Vertreter aller bulgarischen Adelsgeschlechter und die Fürsten der slawischen Stämme angehören, erforderlich.

Khan Asparuchs Bruder, der vom Khagan der Awaren eingesetzte Archon der "Sermésionoi" Kuber löst sich aus der Vasallenschaft der Awaren. Er entschließt sich, sein bulgarisches Gefolge und die von den Awaren 60 Jahre zuvor aus dem nördlichen Ilyricum und aus Thracien verschleppten Einwohner "Sermésionoi" in ihre alte Heimat zurückzuführen. Bei der Verfolgung der aufständischen Auswanderer müssen sich die Awaren mehrmals geschlagen geben. Bei diesen Kömpfen könnte Kuber in Besitz des Awarenschatzes gelangt sein. Auf Straße Naissus (Nîs)-Scupi (Skopje) erreichen Kuber und sein Gefolge schließlich die zwischen Stobi und Heraclea Lyncestis/Bitolj gelegene Ebene von Ceramiai, wo sie sich mit Billigung des byzantinischen Kaisers Konstantin IV. niederlassen und dadurch das erste westbulgarische Gemeinwesen gründen

700
Khan Asparuch wird bei einem Gefecht getötet.

717
Khan TervelNachdem ein arabisches Heer die byzantinische Armee in Kleinasien geschlagen hat, überschreitet Maslama, der Bruder des Omajjaden-Kalifen Suleiman, die Dardanellen und belagert die Reichshautstadt mit einer 180 000 Mann starken Armee.
Nur mit Hilfe des griechischen Feuers konnten die Byzantinern dem ersten Ansturm, der von 2500 arabischen Schiffen unterstützt wurde, wiederstehen.
Vollkommen unverhofft für Kaiser Leo III. kommt Khan Tervel mit 30.000 Panzerreitern den Byzantinern zur Hilfe. Die Araber stellen sich den Bulgaren jedoch nicht zum offenen Kampf.

718
Nachdem die Araber nun ihrerseits zu Belagerten der Bulgaren geworden sind, und vom Nachschub abgeschnitten, infolge des harten Winters, Hunger und Epidemien bereits angeschlagen waren, stellen sie sich den Bulgaren schließlich doch zur Schlacht. und werden in kurzer Zeit niedergemacht.
Die vereinten bulgarisch-byzantinische Truppen, zu denen auch Kontingente der Khasaren, Armenier und andere Kaukasier gehören, schlagen die Araber schließlich aus Europa bis an die Reichsgrenzen in Kleinasien zurück. Dadurch stoppen sie die Ausbreitung des Islams an der Ostgrenze Kleinasiens für die nächsten 6 Jahrhunderte.
Dem Sieg Khan Tervels kommt ähnliche Bedeutung zu, wie Karl Martells Sieg bei Tours & Potiers 14 Jahre später. Während dem fränkische Hausmeier und seinen 7000 Kämpfern lediglich 6000 Araber gegenüberstehen sollten, hatte es Khan Tervel, als Herrscher seines noch nicht einmal christianisierten Reiches mit 180.000 Gegner zu tun. Zum Dank für die Rettung von Byzanz wird Khan Tervel von Kaiser Justinian II. der Titel „Kessar“ verliehen.
Mit dem einzigartigen Felsenrelief des "Reiters von Madara wurde Khan Tervel ein Denkmal gesetzt (heute UNESCO Weltkulturerbe)."
http://www.timediver.de/Bulgarien_1._Bu ... n.html#675

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Spartaner » 11.12.2014, 17:02

Spartaner hat geschrieben: Der zugehörige Titel Boila taucht z. B. auf in einer Inschriift einer Granitplatte in Bjal Brjag bei Preslaw.
Dort steht u.a. geschrieben der Name Sitkoi Itsrigu Boihla und Tortuna Pile Zopan . Boihla bedeutet soviel wie "Der Erste der Nobelste" und ist identisch mit dem Titel Boljarin . Auch in byzantinischen Quellen wird dieser Titel genannt. Zopan auch Zupan geschrieben, bedeutet soviel wie "Herr, Vorsteher".
Kleine Korektur: Der Name Sitkoi Itsrigu sollte richtig lauten Sitkoi Itsurgu Boila .

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Aneri » 11.12.2014, 14:19

Protobulgaren sind aus Protoslawen und Prototürken entstanden :P
Renegat hat geschrieben:Untersucht man heute nicht eher die DNA statt Schädel zu vermessen und zu klassifizieren?
DNA sagt nur mit bestimmte Wahrscheinlichkeit über das Aussehen. So haben wir durch Knochen zuverlässigere Aussagen als DNA (abgesehen von Haut-,Augen-Haaren-Farbe, Anfälligkeit für bestimmten Krankheiten etc.)

DNA ist noch offenes Buch. Der Eindruck, dass dort schon alles erforsch ist, ist falsch. Aber auch in Zukunft fraglich, ob es sehr viel verlässlichere Aussagen gemacht werden können. Ich meine Epigenetik. Durch die Entwicklung des Embryo und auch späterer kann bestimmte Gene aktiviert werden oder eben nicht, oder nur in einem bestimmten Maß. Das alles bewirkt auch das Aussehen.

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Spartaner » 11.12.2014, 13:27

Hier eine Liste von modernen und altbulgarischen Wörtern, die ihren Ursprung in den pamiriranischen Sprachen(z.B. Paschtu) und der türkischen Sprache haben sollen. Inwiefern die Wörter tatsächlich damit in Verbindung stehen, kann ich nicht beurteilen. Viele türkische Wörter die im moderen bulgarisch bekannt sind, können auch ihren Ursprung in der osmanischen Besetzung haben, wie z. B. das Wort Bunak für Trottel
http://groznijat.tripod.com/b_lang/bl_a_v.html
http://groznijat.tripod.com/b_lang/bl_zh_i.html
Der altbulgarische Titel Boljarin (was nichts mit ener weiblichen Person ,sondern ein allgemeinen Adelstitel ausdrücken soll ) wird von Vasmer auf ein türkischen Ursprung zurückgeführt.
"Max Vasmer hält unter allen zweifelhaften Theorien eine Herleitung aus alttürk. bai ‚reich, edel‘ + är ‚Mensch, Mann‘ unter Einfluss von slaw. bol- ‚besser, mehr‘ für am wahrscheinlichsten"
http://de.wikipedia.org/wiki/Bojaren
Der zugehörige Titel Boila taucht z. B. auf in einer Inschriift einer Granitplatte in Bjal Brjag bei Preslaw.
Dort steht u.a. geschrieben der Name Sitkoi Itsrigu Boihla und Tortuna Pile Zopan . Boihla bedeutet soviel wie "Der Erste der Nobelste" und ist identisch mit dem Titel Boljarin . Auch in byzantinischen Quellen wird dieser Titel genannt. Zopan auch Zupan geschrieben, bedeutet soviel wie "Herr, Vorsteher".

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Spartaner » 02.12.2014, 01:48

Ein Überbleibsel der Türkenherrschaft der frühen Turkbulgaren war auch der Tiltel für eines hohen Fürsten, mit denen sich die Slawen später schmückten ,die des Bojaren. Dieser Titel geht auf den urbulgarischen Adelstitel Boll zurück. Frühste Form der Bennenung bei den Slawen war dann Boljar bzw. Boljarin. Bei den Russen nahm man später einen tatarischen Adelstitel auf und zwar den Titel des Ataman.
http://de.wikipedia.org/wiki/Bojaren
http://de.wikipedia.org/wiki/Ataman

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Dietrich » 01.12.2014, 15:17

Spartaner hat geschrieben: Hierzu muss ich noch etwas ergänzen, bevor die von türkischen oder ostiranischen Völkern abstammenden Bulgaren in in das Gebiet der Donau eingewandert sind, sind wahrscheinlich schon Slawen in nicht unbedeutender Zahl eingewandert .
Das ist eine seit jeher von der Forschung akzeptierte Tatsache. Die Südslawen überschwemmten bereits im 6. Jh. den Balkan, während die türkischen Bulgaren erst zu Beginn des 7. Jh. in diesen Raum einwanderten. Dort überschichteten sie die bereits ansässigen Slawen.

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Spartaner » 29.11.2014, 17:22

Spartaner hat geschrieben: Meine persönliche Meinung dazu ist eigentlich das, was schon feststeht und erforscht ist. Ich bin der Meinung, dass die Proto- Bulgaren ein Turkvolk waren und keine Iraner .
unterschiedlichen Völkern vermischtes Volk waren und der Name Bulgare vom türkischen Verb bulg - vermischen abstammt und den häufig bei diesen Völkern und Personennamen vorkommenden Suffix -ar . Vieleicht hatten die Protobulgaren dann auch kein Problem damit sich mit den Slawen zu vermischen bzw. nahmen auch ihre Kriegsdienste dankend an. Bei den Awaren muss es sich nicht viel anders zugetragen haben .
Hierzu muss ich noch etwas ergänzen, bevor die von türkischen oder ostiranischen Völkern abstammenden Bulgaren in in das Gebiet der Donau eingewandert sind, sind wahrscheinlich schon Slawen in nicht unbedeutender Zahl eingewandert .
Zitat:
"Über die Bulgaren an der Donau berichtet die älteste russisch Chronik ( die Nestor Chronik), dass sie die Gewalttäter an den Slawen an der Donau gewesen seien . Bis zu der Zeit, da die Bulgaren auf den Balkan kamen dürfte es dort nicht mehr als 250000 bis 300000 Slawen gegeben haben. Unter Asparuch kamen dann aber über 800000 Bulgaren; und 763 hat Kaiser Konstantin V. 208000 Slawen nach Kleinasien umgesiedelt."
Auch eine engere Veflechtung der türkischen Bulgaren mit den iranischen Kriegervölkern, die vom Pamir und Ostiran kamen ist durchaus denkbar .
http://books.google.de/books?id=CUu3kdl ... re&f=false

Das goldene Reich der Pamirbulgaren an Donau und Wadar Hans Wilhelm Haefs S. 85 ,86

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Dietrich » 26.11.2014, 18:00

Spartaner hat geschrieben: Probleme hatte ich immer damit, die Awaren von den Turk - Bulgaren auseinanderzuhalten. Was macht die Awaren so viel anders, als die Turk - Bulgaren ?
Das ist überhaupt nicht verwunderlich. Die turkstämmigen Steppenreiter sind sich in ihrer Lebensweise und Kultur so ähnlich wie ein Ei dem anderen. Daher gab es im zentralasiatischen Raum auch ein ständiges Auflösen und Neuformieren der Stammesgruppen, sodass Instabilität ein Kennzeichen nomadischer Stammesföderationen ist. Denn mit solchen haben wir es in der Regel zu tun, wobei es heute oft kaum noch möglich ist, die verschiedenen ethnischen Splitter und Gruppen solcher Nomadenstaaten zu identifizieren.
Spartaner hat geschrieben:Umso erstaunter war ich als ich las, dass die Awaren unter den Türken Untertanen waren, sich in einen geigneten Moment aus der Knechtschaft der Türken befreien konnten und an der Donau auftauchten. Beide Völker waren von ihre Lebensweise gar nicht mal so verschieden. Bei den Kriegervölkern wurden eine geringe Anzahl von Individien festgestellt, die mongolide Merkmale trugen, aber nicht alle. Warum war das so? Es hängt mit der Lebensweise der Turkvölker zusammen und ihre starken Vermischung.
Die Awaren waren Untertanen der Gök-Türken, dem ersten in Quellen belegten alttürkischen Reich, das im Raum der heutigen Mongolei im 6. Jh. begründet wurde. Auch nachdem die Awaren Richtung Westen geflüchtet waren, betrachteten sie die Herrscher der Gök-Türken als ihre Untertanen. Mehrfach verbanden sie Bündnisgesuche der byzantinischen Kaiser mit der Forderung, den Awaren jede Ansiedlung in Osteuropa zu verweigern und sie nach Osten zurückzuschicken.
Spartaner hat geschrieben:Es kam wiederum zur Vermischung . Frauen fremder unterdrückter Völker wurden verklavt und mit Ihen wurden zahlreiche Nachkommen gezeugt . Der Krieg ernährte den Krieg . So ähnlich muss es wohl auch bei den vielen Turkvölkern am schwarzen Meer zugegangen sein . Gegner wurden besiegt ihre Krieger wurden ins eigene Kontigent aufgenommen . Bündnisse wurden geschmiedet und zerfielen wieder. Eigentlich ein ständiger Prozess der Vermischung und
Wir müssen uns wirklich davon freimachen, die nomadischen Steppenreitervölker als einheitliche Ethnie zu sehen. Es waren stets Stammesföderationen, die zum Teil völlig unterschiedliche ethnische Gruppen und Stämme zusammenbanden. Was die Protobulgaren betrifft, so werden neben Turkstämmen auch iranische und slawische Gruppen unter ihnen vermutet, obwohl sich das nicht beweisen lässt. Nicht anders ist das bei der mongolischen Goldenen Horde in Russland, die bereits im 14. Jh. als völlig turkisiert galt, denn die mongolische Herrenschicht war dünn. Aber auch die Türken der Goldenen Horde zerfielen in zahlreiche Stämme oder Völker, u.a. Kumanen, Uiguren, Kirgisen und weitere unbekannte Hilfsvölker aus Innerasien. Wie bei den germanischen Stämmen der Völkerwanderung gab es aber stets einen Traditionskern, der die Herrscherdynastie und die Umgangssprache bestimmte. Sozusagen ein "Firmenschild".

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Spartaner » 25.11.2014, 21:43

Dietrich hat geschrieben:
Und wie ist denn nun deine eigene Meinung dazu - fröhlich und frei von aller Wiki-Paste? :wink:
Meine persönliche Meinung dazu ist eigentlich das, was schon feststeht und erforscht ist. Ich bin der Meinung, dass die Proto- Bulgaren ein Turkvolk waren und keine Iraner . Probleme hatte ich immer damit, die Awaren von den Turk - Bulgaren auseinanderzuhalten .
Was macht die Awaren so viel anders, als die Turk - Bulgaren ? Umso erstaunter war ich als ich las, dass die Awaren unter den Türken Untertanen waren, sich in einen geigneten Moment aus der Knechtschaft der Türken befreien konnten und an der Donau auftauchten. Beide Völker waren von ihre Lebensweise gar nicht mal so verschieden. Bei den Kriegervölkern wurden eine geringe Anzahl von Individien festgestellt, die mongolide Merkmale trugen, aber nicht alle. Warum war das so? Es hängt mit der Lebensweise der Turkvölker zusammen und ihre starken Vermischung.
Die Mongolen hatten unter Dschingis Khan Jahrhunderte später vergleichsmäßig ähnlich operiert. Es hatten sich in der mongolischen Steppe Allianzen gebildet. Man verdiente neben der Tierzucht auch durch Raub - und Kriegszüge sein Unterhalt. Bündnisse wurden gebildet und zerfielen wieder . Andere Volksgruppen, die sich den Kriegszügen verdingen wollten und anschlossen, wurden problemlos integriert . Es kam wiederum zur Vermischung . Frauen fremder unterdrückter Völker wurden verklavt und mit Ihen wurden zahlreiche Nachkommen gezeugt . Der Krieg ernährte den Krieg . So ähnlich muss es wohl auch bei den vielen Turkvölkern am schwarzen Meer zugegangen sein . Gegner wurden besiegt ihre Krieger wurden ins eigene Kontigent aufgenommen . Bündnisse wurden geschmiedet und zerfielen wieder. Eigentlich ein ständiger Prozess der Vermischung und so wundert es uns nicht, dass die Protobulgaren vielleicht schon ein von vielen unterschiedlichen Völkern vermischtes Volk waren und der Name Bulgare vom türkischen Verb bulg - vermischen abstammt und den häufig bei diesen Völkern und Personennamen vorkommenden Suffix -ar . Vieleicht hatten die Protobulgaren dann auch kein Problem damit sich mit den Slawen zu vermischen bzw. nahmen auch ihre Kriegsdienste dankend an. Bei den Awaren muss es sich nicht viel anders zugetragen haben .

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Dietrich » 25.11.2014, 19:25

Spartaner hat geschrieben: Zitat:
" Die proto- bulgarische Komponente läßt sich gut durch eine Reihe mongolider Merkmale indentifizieren, und auch die künstliche Deformation einiger Schädel ( Balan und Postnikowa 1962) Wir kennen die Protobulgaren auch aus einigen Grabfunden in ihrer alten Hauptstadt Pliska, Kreis Sumen (Balan und Boev 1955d), und auch von dem altbulgarischen Staatsmann Mostic , der spätestens 972 im Alter von 80 Jahren starb, sind Skelettreste erhalten(Balan und Boev 1955a), Mongolider Beimischungen weisen auch hier auf die turkotatarische Abstammung hin."
Bei späteren Funden sind die protobulgarische und slawische Komponente schon stark miteinander vermischt.
" Der Durchschnitt der bulgarischen Bevölkerung dieser Zeit erweist sich als mesokran, europid, doch lassen sich leicht mongolide Beimischungen in den meisten Serien feststellen. Am deutlichsten sind sie in Preslav und Madara. Es ist wohl kein Zufall, dass Preslav die zweite Hauptstadt des altbulgarischen Reiches war."

Rassengeschichte von Bulgarien P.Polev , Sofia U.Schwidetzky Mainz
Wirklich interessant, was die Schwidetzky da herausgefunden hat. In diesem Fall übersteigen die anthropologischen Ergebnisse alle anderen. Zwar gibt es Schriftquellen zur frühbulgarischen Geschichte, aber über das Verhältnis von Turk-Bulgaren und Slawen sowie über den Prozess der Verschmelzung beider Ethnien wissen wir nichts. Selbst im Bulgarischen hat sich kein sprachliches türkisches Substrat erhalten, was man eigentlich annehmen müsste.

Immerhin ist das Firmenschild "Bulgarien" eindeutig türkischer Herkunft. Die alte Tante Wiki sagt: "Über die Bedeutung des Volksnamens „Bulgaren“ (griech. Βούλγαροι) gibt es zahlreiche Theorien. Man leitete ihn oft vom Flussnamen der Wolga (Wolgaren) ab. Am verbreitetsten ist die Theorie, dass sich der Name „Bulghar“ aus dem protobulgarischen „bulganmış“ ableitet, was „vermischt“ bedeutet und auf eine Föderation ethnisch heterogener Verbände hindeutet."

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Spartaner » 25.11.2014, 19:06

Renegat hat geschrieben:Nur mal so als Zwischenfrage, Spartaner?
Von wann ist denn deine oft zitierte Quelle Polev, Schwidetzky?
Untersucht man heute nicht eher die DNA statt Schädel zu vermessen und zu klassifizieren?
Die Quelle ist im Zeitraum von 1965 bis 1975 publiziert worden in einer wissenschafltichen Buchreihe .
Diese Forschungen ergänzen die archäologische Funde nur und bestätigen sie . Sie sind nicht zu vergleichen oder zu verwechsenn mit der absurden Rassenkunde der Nazis .
Sie bezieht sich nur auf ältere Funde, wo es eine Bevölkerungskontinuität über einen längeren Zeitraum gab oder Zuwanderung anderer Völker, die teilweise anthropologisch greifbar sind. DNA -Studien über alte Funde liegen leider noch nicht vor . In wie weit diese dann interpretierbar wären, bleibt auch dahingestellt.

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Dietrich » 25.11.2014, 18:58

Spartaner hat geschrieben: Zu der regionalen Verteilung der Bevökerungsschichten im 7/8. Jahrhundert kann man folgende Aussage treffen:
Zitat: ......
Und wie ist denn nun deine eigene Meinung dazu - fröhlich und frei von aller Wiki-Paste? :wink:

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Dietrich » 25.11.2014, 18:56

Renegat hat geschrieben:Nur mal so als Zwischenfrage, Spartaner?
Von wann ist denn deine oft zitierte Quelle Polev, Schwidetzky?
Untersucht man heute nicht eher die DNA statt Schädel zu vermessen und zu klassifizieren?
Die bereits in der Nazi-Zeit tätige Ilse Schwidetzky hat zahlreiche "rassenkundiche" Studien veröffentlicht. Sie war nach dem Krieg zunächst sehr angesehen, doch wird sie aufgrund ihrer Herkunft und überhaupt wegen ihrer gedanklichen Nähe zur rassenkundlichen Nazizeit heute nicht mehr sonderlich erwähnt. Dennoch haben ihre Analysen hinsichtlich der Bevölkerungsgeschichte und der Ausbreitung ethnischer Gruppen ihre Meriten.

Re: Herkunft der Protobulgaren – Slawen oder Turkvolk?

von Renegat » 25.11.2014, 18:39

Nur mal so als Zwischenfrage, Spartaner?
Von wann ist denn deine oft zitierte Quelle Polev, Schwidetzky?
Untersucht man heute nicht eher die DNA statt Schädel zu vermessen und zu klassifizieren?

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