Zur Lage in Somalia

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Re: Zur Lage in Somalia

von dieter » 04.04.2015, 16:30

Lieber Paul,
Du hast recht, Kenia darf sich das nicht gefallen lassen. :wink:

Re: Zur Lage in Somalia

von Paul » 04.04.2015, 13:23

Al Sabaab muß ja auf jedem Fall bekämpft werden und Kenia kann solche Angriffe nicht tollerieren. Wenn die Übergangsregierung in Ordnung ist, dann kann Kenia diese ja massiv unterstützen unter der Bedingung, das die Grenzregion auch gesichert wird, um diese Angriffe zu verhindern. Natürlich kann auch Kenia auf seiner Seite den Grenzschutz verstärken. Das wäre ja der erste Schritt.

Re: Zur Lage in Somalia

von WDPG » 04.04.2015, 13:13

Paul hat geschrieben:Dieser Anschlag müßte für Kenia eigentlich das Signal sein, seine Truppen in Somalia zu verstärken und mit einer gemäßigten demokratischen Organisation in Somalia zusammen zu arbeiten und diese zu stärken. Sie könnten auch eine eigne Miliz aus somalischen Flüchtlingen aufbauen, die in ihrer Heimat wieder für Rechtstaatlichkeit sorgen und mit einer demokratische Grenzregion anfangen, in der die Terroristen abgefangen werden. Diese Zone könnte dann immer weiter vergrößert werden.
Wie schon in meinem sehr Posting zur aktuelle Lage von Somalia beschrieben ist die Lage dort extrem kompliziert. Wenn jetzt Kenia mit einer eigenen Miliz angreifft, vielleicht bestehend aus geflohenen Somalis, wäre ich mir nicht sicher ob das nicht einfach nur zu einer weiteren Front im Kampf dort werden würde. Also das es dann neben Unabhängigen Gebieten, der (nicht besonders mächtigen) Übergangsregierung, den (scheinbar schwer unter Kontrolle zu bringenden) Al-Shabaab Milizen und etlichen Klanführern einfach nur eine weitere Front gibt, sonst nichts und somit der Zustand Somalias noch unübersichtlicher wird. Außerdem weiß ich nicht wie die Bevölkerung Somalias zu Kenia steht, die Gefahr besteht das selbst wenn sie was erreichen würden, die Kenianer auch wieder nur als Besatzer, die von ihnen unterstützte Regierung nur als Marionettenregierung angesehen wird - mein Eindruck ist es das man das Eingreiffen Äthiopiens so gesehen hat.

Grundsätzlich ist die Lage schwer, man müsste eines machen: Sich hinsetzen eine Regierungsform die alle berücksichtigt finden und einen funktionierenden Staat aufbauen (ähnlich hat das in Somaliland scheinbar funktioniert). Doch das klingt wohl einfacher als es ist und wenn das gelingen würde wäre das auch erst ein Anfang nicht mehr, denn Somalia liegt total am Boden. Außerdem würden das die Al-Sabaab wohl erst nicht akzeptieren und müssten dann erst wieder bekämpft werden. Eine echt verworrene Lage.

Re: Zur Lage in Somalia

von Paul » 04.04.2015, 09:33

Dieser Anschlag müßte für Kenia eigentlich das Signal sein, seine Truppen in Somalia zu verstärken und mit einer gemäßigten demokratischen Organisation in Somalia zusammen zu arbeiten und diese zu stärken. Sie könnten auch eine eigne Miliz aus somalischen Flüchtlingen aufbauen, die in ihrer Heimat wieder für Rechtstaatlichkeit sorgen und mit einer demokratische Grenzregion anfangen, in der die Terroristen abgefangen werden. Diese Zone könnte dann immer weiter vergrößert werden.

Miliz aus Somalia verübt Terroranschlag in Kenia

von Barbarossa » 04.04.2015, 08:56

Die islamistische al Shabaab-Miliz aus Somalia hat Donnerstag Morgen auf eine Universität in Kenia einen Terroranschlag verübt. Schwer bewaffnete Männer der Miliz drangen in die Universität der Stadt Garissa im Südosten des Landes ein um gezielt Christen zu töten. 147 Menschen kamen bei dem Massaker ums Leben und mindestens 79 Menschen wurden verletzt. Unter den Todesopfern sind auch die 4 Terroristen, die auch einige Stunden lang Geiseln genommen hatten, bevor es den Sicherheitskräften gelang, die Situation unter Kontrolle zu bringen.
Die Al Shabaab verübt seit Jahren immer wieder Anschläge in Kenia, um das Land zu zwingen, seine Truppen aus Somalia abzuziehen, die dort gegen die Miliz im Einsatz sind.

Artikel lesen: >> Massaker in Kenia - Gezielter Anschlag auf Christen << (faz.net)

Kurze Lageübersicht und Analyse:

von WDPG » 22.02.2015, 10:14

Finde die Materie „Somalia“ sehr interessant und habe in der letzten Zeit etliches über dieses zerfallene Land gelesen. So weit ich weiß hat es ja die sogenannten Übergangsregierung nun doch geschafft wenigsten Mogadischu unter Kontrolle zu bringen. Was das im Konkreten heiß (ob die Clans und ihre Milizen in der Stadt noch so präsent sind, wie einst oder ob da endlich ruhe Herrscht), weiß ich nicht. Scheinbar herrscht in der großteils von Bomben und Gefechten beschädigten Stadt ein bisschen so etwas wie Aufbruchsstimmung. Ein weltweit agierender Getränkekonzern soll seine Fabrik wieder aufgebaut haben und auch ein Postwesen gibt es wieder. Zumindest die al-Shabaab Milizen dürften in der Stadt ihre Macht verloren haben, dazu Anschläge durchzuführen reicht sie aber noch.

Ich war noch nie in Mogadischu (ehrlich gesagt auch noch nie in Afrika), aber von dem was ich so gelesen habe stelle ich mir die Stadt, selbst wenn’s etwas besser läuft noch immer als unvorstellbaren Albtraum für einen Europäer vor (soll jetzt keine falsche Arroganz sein, aber mir fällt in Europa keine Vergleichbare Stadt ein).

Im Norden gibt es ein selbstständiges Gebiet namens Somaliland. Dieses ist irgendwie zu bewundern. Sicher man kann hier wohl auch nicht von einem Staat mit Demokratie und Recht so funktionierend wie im Großteil Europas ausgehen, aber im Vergleich zu vielen afrikanischen Staaten ist es doch eine halbwegs gut organisierte Demokratie. Politische Stabilität wird hier groß geschrieben, dem Clanwesen wird man hier mit einem 2 Kammern-System gerecht. Das Staatsbudget ist gering, aber es scheint hier tatsächlich gelungen zu sein, mitten in einem „gescheiterten Staat“ einen halbwegs funktionierenden Staat aufzubauen. Doch international anerkannt ist Somaliland nicht, warum ist mir ein Rätsel. Oft hört man auch das gerade die „Nicht-Einmischung“ von Außen zu dieser Stabilität beigetragen hat.

Über Puntland hört man deutlich weniger als über Somaliland. Hier dürfte, was ich so gelesen haben ein Gebiet sein das stark von der Piraterie profitiert. Für die Besatzung gekaperter Schiffe muss so eine Entführung der „Horror“ sein, aber für die Leute am Horn Somalias ist das ganze ein Wirtschaftszweig. Für die Ärmsten die Hoffnung auf etwas Arbeit. Wirklich profitieren tun aber eher die Anführer solcher Unternehmungen und deren Finanziers. Mein Eindruck ist das es keineswegs nur die Islamisten der Al-Shabaab sind die da profitieren.

In den Medien sieht es oft so aus als sein die Al-Shabaab Milizen das Problem im Land, ich würde eher sagen sie sind eines von vielen, vielleicht sogar das größte. Aber neben diesen, so mein Eindruck, gibt es zahlreiche Clans, Warlords usw. die ihrer Unabhängigkeit wahren wollen und von der schwachen Regierung Profitieren. Die (Übergangs-) Regierung kann sich kaum durchsetzen und wird außerdem wohl auch vielerorts skeptisch betrachtet. Auch deshalb weil sie ausgerechnet Äthiopien die Übergangsregierung immer wieder unterstützte. Vor allem um den radikalen Islamisten das Handwerk zu legen, bevor sie für Äthiopien eine Bedrohung darstellten. Doch dieses Eingreiffen Äthiopiens ist selbst in der Übergangsregierung umstritten, die beiden Staaten waren in der Vergangenheit alles andere als Verbündete.

Was die Islamisten betrifft scheinen sie außer den beiden unabhängigen Regionen und der Übergangsregierung trotz allem der größte Machtfaktor in der Gegend zu sein, wohl stärker als einzellne Clanchefs. Doch immer wieder gibt’s aus dem Ausland auch offensiven gegen sie. Militärisch, so mein Eindruck waren sie schon mal stärker, deshalb greifen sie zu ihrem üblichen Mittel, dem Terrorismus.

Terrorismus, totale politische Instabilität, so gut wie keine Regierungsgewalt, eine zusammengebrochene Wirtschaft, verfallene Bauten, die Lage scheint verheerend. Somaliland ist noch das was am ehesten Hoffnung macht, auch die Hoffnung das man sich irgendwie doch zusammensetzt und eine andere Lösung findet als den Krieg. Diesen dann „nur noch“ gegen die Terroristen führen muss und das man schlussendlich zumindest ein Staat mit Strukturen aber zahlreichen Problemen wird. Dem Entgegen stehen natürlich profiteure die gar nicht wollen das dieser Zustand endet.

Re: Zur Lage in Somalia

von dieter » 12.05.2013, 10:04

Harald hat geschrieben:Vor kurzem habe ich im Fernsehen einen Beitrag gesehen , wie die Russen, die zu den UNO-Truppenu gehören, die Piraterie bekämpfen: Sie besetzen ein Piratenschif, fesseln die Mannschaft, übergießen das Schiff mit Benzin, zünden es an und schauen zu, wie alles verbrennt. Das war alles im Fernsehen zu sehen!

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Lieber Harald,
das ist absolut grausam. :roll:

Re: Zur Lage in Somalia

von Harald » 11.05.2013, 12:49

Ja, ich habe dasim Fernsehen gesehen und da war bestimmt nichts gestellt.

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Re: Zur Lage in Somalia

von Barbarossa » 20.04.2013, 18:54

Echt? Gehen die Russen so bestialisch vor?
Da wird mir gleich ganz anders...
:shock:

Re: Zur Lage in Somalia

von Harald » 20.04.2013, 13:41

Vor kurzem habe ich im Fernsehen einen Beitrag gesehen , wie die Russen, die zu den UNO-Truppenu gehören, die Piraterie bekämpfen: Sie besetzen ein Piratenschif, fesseln die Mannschaft, übergießen das Schiff mit Benzin, zünden es an und schauen zu, wie alles verbrennt. Das war alles im Fernsehen zu sehen!

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Re: Zur Lage in Somalia

von Barbarossa » 07.02.2011, 23:24

Alles klar und danke!
:)

Re: Zur Lage in Somalia

von Sebastian Materne » 07.02.2011, 22:58

Ein spannender Punkt, den ihr da aufwerft. Ich verweise mal auf diesen Artikel.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal auf ein etwas älteres Thema verweisen (wen zitierte Artikel interessieren, bitte bei mir melden; ich suche die dann noch einmal heraus) und was speziell die Fischereipolitik betrifft einen alten Beitrag von mir hervorkramen. Da habe ich gesagt, dass die Überfischung westafrikansicher Gewässer z.T. (auf eine perverse Art und Weise) legal ablaufen. Und hier ist der Unterschied zu Somalia zu sehen, wo das praktisch komplett illegal über die Bühne geht. Klar: Welche Regierung sollte das auch erlauben können. Allerdings: Schon aus einer gewissen geographischen Logik, ist der Anteil der EU-Fangflotte vor Somalis Küsten nicht so gewaltig, wie im Westen. Hier spielt insbesondere China eine bedeutende Rolle.

Außerdem möchte ich in dem zitierten Beitrag noch einmal kurz auf den Absatz mit Äquatorialguinea verweisen --> solche Staaten sind daneben natürlich ein gewaltiges Problem. Wobei auch hier aus geographischer Konsequenz gilt: Der konkrete Fall lässt sich wohl kaum anwenden.

Übrigens an dieser Stelle noch einmal an alle: Ich bin einfach Sebastian, das genügt vollkommen! Und ich bin gerne bereit, Euch Eure Fragen in meinen Arbeitsschwerpunkten (siehe Profil ... oder fragts einfach nach ;)) zu beantworten. Na ja ... zumindest will ich es gerne versuchen. ;)

Re: Zur Lage in Somalia

von Sanherib » 07.02.2011, 19:58

Da bin ich ganz deiner Meinung Barbarossa!
Ich habe auch schon von einigen französischen Fischern gehört, die EU wolle alle ihr unterlagen sehen, wo es was zu Fischen gibt, wieviel sie verdienen.....
Du weißt gar nicht was die für einen Groll auf die EU hegen, die hat halt positive und negative Seiten.

Re: Zur Lage in Somalia

von Barbarossa » 07.02.2011, 19:51

Danke @Sebastian Materne, deine Artikel aus deiner alten Seite habe ich immer gern gelesen und du kannst sie ruhig hier "herüber retten". :wink:

Erst letzte Woche habe ich im Fernsehen eine Info erhalten, die mir zumindest für Somalia neu war:
Nämlich, daß die Piraterie vor der somalischen Küste begann, als die europäische Fischerei die dortigen Gewässer so leer gefischt hatte, daß die einheimischen Fischer nicht mehr überleben konnten. Von da an gingen zunächst die somalischen Fischer dazu über, fremde Schiffe zu überfallen und auszurauben. Inzwischen ist die Piraterie ein regelrechter "Wirtschaftszweig" in Somalia geworden.
Das heißt, was ich auch schon in früheren Jahren für die westafrikanische Küste gehört hatte, was die Fluchtbewegung nach Europa ausgelöst hatte, fand auch an der ostafrikanischen Küste statt, was die Piraterie auslöste. Ich muß feststellen, daß wir Europäer an vielen Mißständen in Afrika noch heute schuld sind, weil wir derart gravierende Fehler machen. Was nützt da die sogenannte "Entwicklungshilfe"? Die beste Entwicklungshilfe für die afrikanischen Staaten wäre, die dortigen Märkte nicht durch unsere EU-subventionierten Agrarprodukte zu überschwemmen und nicht deren Gewässer leer zu fischen.
Was haben europäische Fischerboote vor Afrika zu suchen?

Re: Zur Lage in Somalia

von Sebastian Materne » 07.02.2011, 14:30

Selbst als eingefleischter Afrika-Fan und, wie ich einfach mal behaupten würde, auch verhältnismäßig guter Kenner des Kontinents, ist man angesichts Somalias schlicht und einfach rat- und hilflos. Es ist furchtbar, was sich dort an jedem einzelnen Tag abspielt.

Da meine alte Seite ja mittlerweile nicht mehr online ist, habe ich mal einen älteren Artikel zu Somalia herausgesucht. Man kann ihn meines Erachtens nach heute nahezu unverändert gelten lassen:
Von vielen Konflikten kriegt man als durchschnittlicher deutscher Tagesschauseher mehr als genug mit. Vom Irak etwa, von Afghanistan, von Pakistan, den israelisch-palästinensischen Konflikt, von Georgien und seinen abtrünnigen Provinzen und auch die sudanesische Krisenregion Dafur erfreute sich mit zunehmender Brutalität der Kämpfe einer steigenden medialen Aufmerksamkeit. Kaum vorstellbar also, dass uns etwas im Zeitalter von Highspeed-Internet und Satelliten-Telefonen entgeht. Zumindest nichts von Belang. Und doch täuscht das Bild.

Können sie sich eine Staatshauptstadt vorstellen, die praktisch zur rechtsfreien Zone erklärt worden ist und wo Rebellen wie Regierung auf alles schießen, was sich noch bewegt? Eine Stadt, die vielerorts einer Geisterstadt gleicht und in der kaum eine Nacht vergeht, in der keine Explosionen das abendliche Firmament erhellen oder Gewehrschüsse die Nachtruhe zerreißen. Selbst berühmt-berüchtigte Beispiele wie Bagdad, Grosni oder Kabul haben nie zu diesem Maße erreicht, was sich heute am Horn von Afrika abspielt. Die Rede ist von Mogadishu, der Hauptstadt Somalias.

Heute hört man nur von Somalia, wenn einmal mehr Piraten ein westliches Handelsschiff gekapert haben und Millionen als Lösegeld fordern. Schon wird in Europa über die Entsendung von militärischen Gegenmaßnahmen debattiert. Ein berechtigter und nötiger Schritt. Doch wie sooft in den letzten Jahren verkennen westliche Herrscher beim Griff zum Schwert, dass das eigentliche Problem damit nicht gelöst werden wird. Wenn sich die Dimensionen auch nicht vergleichen lassen, so ist es doch ein Indiz, dass auch Europa aus dem Irak-Fiasko der USA keine praktischen Schlüsse gezogen hat. Denn wer somalische Piraten als militärische Bedrohung versteht, hat nur vordergründig recht und das Problem noch lange nicht verstanden.

Denn zuallererst sind sie der offensichtlichste Ausdruck für das Scheitern eines ganzen Staates. Nur in einem "failed State" wie Somalia, also einem Staat in dem es der Regierung nicht mehr möglich ist, über ihr Territorium souverän zu herrschen, findet sich der Nährboden für ein derart perfektioniertes System von Piraterie und Menschenraub. Und wenn Europa Lösungen für die Handelsschifffahrt finden will, dann muss es hier ansetzen. An der Wurzel des Übels, nicht an seinem Blattwerk.

Der Zerfall Somalias begann mit der Absetzung des mehr als zwei Dekaden herrschenden Diktators Siad Barre im Jahr 1991. Das Scheitern bei der anschließenden Regierungsbildung markiert gleichzeitig den Beginn der aufflammenden Kämpfe in dem ostafrikanischen Staat, der fortan bestenfalls regional von einzelnen Warlords oder sonstigen kriminellen Kriegstreibern regiert wird. Das Scheitern der UN-Mission, eindrucksvoll für die heutige Generation in dem Film "Black Hawk Down" verfilmt, bedeutet nicht nur das Ende ausländischer Inteventionen, sondern auch weitestgehend das Ende westlichem Interesses.

Heute nach verschiedenen Versuchen zur Bildung von nationalen Regierungen, zu denen auch die radikalislamische "Union islamischer Gerichte" zu zählen ist, ist die Lage verwirrender und komplizierter denn je. Während die Separatisten des Somaliland weiterhin den Nordwesten des Landes und die eben erwähnte "Union islamischer Gerichte" trotz äthiopischer Militärintervention weite Teile des Südens hält, beschränkt sich der Einflussbereich der Übergangsregierung unter Abdullahi Yusuf Ahmed auf den Nordosten des Landes, sowie einzelne Inseln im Süden und Teile (!) der eigentlichen Hauptstadt Mogadishu.

Wenig verwunderlich ist, dass die humanitäre Lage sich binnen weniger Jahre noch einmal massiv verschlechterte. Die Lebenserwartung beträgt selbst bei Menschen, die die Konflikte überleben mittlerweile nicht einmal mehr 50 Jahre. Das Durchschnittsalter ist auf unter 18 Jahre gefallen. Die Wirtschafts abseits des Krieges ist in einigen Regionen nahezu vollständig zusammengebrochen. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

Und der Westen? Der hat aufgrund der Finanzkrise keine Zeit sich über ein derart "unwichtiges" Land, wie Somalia den Kopf zu zerbrechen. Ab und an wird in der UN zwar freundlich darüber debattiert, aber die Bereitschaft zur Lösung ist bestenfalls gering. So schiebt man der Afrikanischen Union die Rolle des eingreifenden Akteurs zu. Dass diese angesichts verschiedener regionaler Engagements und ohnehin eher durchschnittlicher Ausbildung kaum in der Lage sein wird, dieses Problem zu lösen, steht auf einem anderen Blatt.

700 Milliarden bringen alleine die USA zur Bekämpfung der Kreditkrise auf. Mit ähnlichem Eifer werden auch Europäer, Japaner und andere reiche Staaten auf ihre Finanzprobleme reagieren. Für eine solche Summe könnte man den derzeitigen somalischen Haushalt verzehnfachen und trotzdem noch zwölf Jahre begleichen. Aber solche Zahlenspiele sind sicherlich auch nicht ganz fair. Fest jedoch steht: Wenn der Westen nicht endlich bereit ist, seinem edlen Ruf nach mehr Wohlstand und Freiheit (speziell in Afrika) auch Taten folgen zu lassen, ist die ohnehin ramponierte Glaubwürdigkeit in akkuter Gefahr. Und es stellt sich einmal mehr die Frage, wie häufig sich Ruanda und Dafur noch wiederholen müssen, ehe man hierzulande und im Rest des "westlichen Kulturkreises" begreift.

In Ostafrika stirbt ein Staat. Das es wieder ein vereintes Somalia geben wird, ist heute wohl mehr als unwahrscheinlich. Vielleicht gibt es irgendwann ein unabhängiges Somaliland, ein Puntland und wie die Gebiete, die nach Unabhängigkeit streben, sonst heißen mögen. Ob das aber auch Frieden bringt? Skepsis muss erlaubt sein. Möglich, dass die Probleme dort nicht ohne ausländische Hilfe, ob durch UN oder AU, gelöst werden können. Möglich auch, dass das den Einsatz von Menschenleben erfordert, die dort nicht heimisch sind.

Die Weltgemeinschaft schaut nicht ohne Grund lieber woanders hin. Sie hat allen Grund sich für ihr Desinteresse und ihre Ignoranz zu schämen. Aber sie muss lernen, dass man gerade hinzuschauen hat, wenn es weh tut. Ob UN, AU, USA oder EU - sie alle treten für Freiheit, Gerechtigkeit und Wohlstand ein. Zumindest ihren Doktrinen nach. Aber wenn dem in Somalia nicht in baldiger Zeit Taten folgen, die über das Entsenden von Kriegsschiffen zur Bekämpfung der Piraterie hinausgehen, dann stirbt in Somalia bald nicht mehr "nur" ein Staat, sondern abermals Millionen Menschen. Für das Wegschauen ein ziemlich hoher Preis.

(c) Sebastian Materne

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