Danke Paul...
Mein lieber Dietrich, du orientierst dich an dem was in 20 jahre alten Geschichtsbüchern drin steht.
Inzwischen hat man jede Menge einiges Neues herausgefunden...
Vor allen Dingen die Populationsgenetik schmeisst ein Standartwissen nach der anderen über den Haufen.
Stonehenge nicht von Kelten erbaut, die Anfänge der Astronomie nicht im Orient, Pferde von Nomaden der Steppe domestiziert usw.
Die Linguistik hinkt meiner Meinung nach völlig hinterher. Es gibt ein paar Leute die vorpreschen und
dafür viel Prügel beziehen. Aber die bringen neue Impulse.
Der Phönizische Einfluss auf Europa war zweifellos vorhanden, keltisch dagegen halte ich eher für eine Mode,
so wie Kaugummi, Fastfood und Jeans. Nicht jeder der eine Jeans an hat, ist ein Ami.
Die Frage ist nur, wie interpretiert man das richtig? Folgt man einer "allgemeinen Meinung" oder stellt
man sich die Frage: "Was spricht dafür und was dagegen?"
Das ist wie bei den Medien: Glaub ich das, weil es Profis geschrieben haben, oder les ich auch
Blogs von anderen, um mir mein Urteil zu bilden.
Wie man der Karte entnehmen kann, sind die Glockenbecher überwiegend in West- und Mitteleuropa und dort vorwiegend nördlich der Alpen im Südgermanischem oder Rheingermanischem Sprachraum, daneben in England, Rhönegebiet und Iberien verbreitet.
Das Glockenbecherphänomen entsteht archäologisch im äußersten Südwesten von Iberien, wird aber offenbar von Iberien über Südfrankreich an Mitteleuropa weiter gegeben. Da liegt noch einiges im Argen, z.B. wie sie nach Iberien gelangten und woher sie kamen.
Daneben entsteht in England eine große Präsenz, wo zuvor geringfügig Schnurkeramiker und sogar schon Trichterbecher einsickerten. (z.b. sind in England Bohlenwege aufgetaucht, die selben wie in Niedersachsen) Die Mitteleuropäer begannen also gerade England zu erschließen, als sie von Glockenbechern abgelöst wurden. Aber jemand aus Iberien war schon vor ihnen da.
Belegt ist auch z.B. das Stonehenge nicht von Glockenbecher, sondern einer vorhergehenden Kultur angelegt wurde, die (vermutlich) aus Mitteleuropa kam, wo Kreisgrabenanlagen schon seit den Linearbandkeramikern existierten.
Gerade in letzter Zeit gibt es aufregende Entdeckungen dazu. Der Bogenschütze der gefunden wurde kam ja aus dem Alpenraum. Das sind relativ neue Erkenntnisse.
Auch im Großraum Germanien wurden solche Anlagen punktuell von Glockenbechern übernommen. Ähnlich fasziniert waren Glockenbecher an Traditionen der Megalithzeit, belegt durch Nachnutzung mehrerer Megalithanlagen oder sie stellten selbst welche auf. England ist ja übersäht mit Zeugnissen der Megalithik. Die waren da echt fleissig.
Wir wissen dank Genetische Studien das Schnurkeramiker-Gruppen und Glockenbecher sich im Großraum Germanien mischten. Siehe "Tatort Eulau"
Glockenbecher übernahmen dabei zahlreiche Gebiete auf denen zuvor Schnurkeramiker saßen. In Mitteleuropa überlappen sich also Glockenbecher und Schnurkeramiker, benutzen die selben Kreisgrabenanlagen, erbauten oder nutzten die selben Megalithgräber und vermischten sich offenbar. Sie setzten einheimische Tradition an Kultorten fort, die sie selbst nicht angelegt haben, entwickelten sie weiter.
Das spricht für Kooperation und Integration der Glockenbecher in die bereits ansässigen Kulturen die sie dann nach und nach dominieren. Sicher nicht immer ganz friedlich.
Insofern ist anzunehmen das diese mitteleuropäische Glockenbecherkultur die Sprache der Schnurkeramiker übernommen und warscheinlich um ihre eigene Sprache erweitert haben. Und das verbreiteten sie.
Zur selben Zeit tauchen Pferde in Europa auf.
Meiner Meinung nach sind Glockenbecher daher vor allen Dingen eines - fahrende Händler.
Es tauchen Produkte von England (z.b. Zinn) und Iberien in Mitteleuropa auf, andersrum gelangen Produkte Mitteleuropas nach Iberien und England. Die enorme Verbreitung der Glockenbecher innerhalb kurzer Zeit spricht für ein Handelsnetz basierend auf neuartige Wagen und Pferde.
Gleichzeitig etabliert sich aber auch in Osteuropa ein Handelsnetz das von Schnurkeramikern getragen wird und von Mitteleuropa bis zum Schwarzem Meer und der Volga reicht, wo es auf Asiaten trifft und dort wenig später durch indoiranische Skythen ein Asiatisches Handelsnetz entsteht. Es überlagert auch die alte Donaukulturen, die sich nun ihrerseits entlang der Adria nach Italien, ins östliche Mittelmeer und Richtung Schwarzes Meer ausbreiten.
Die Genetik der Schnurkeramiker verbreitet sich in Osteuropa und bleibt bis zur Hallstattzeit relativ stabil.
Es gibt eine regelrechte Blüte von Höhenanlagen die offenbar Handelswege überwachten.
Händler transportieren Sprache, Neuigkeiten, Mythen, Erfindungen, Technologien. Und durch Lehnworte und Handelsniederlassungen, Bevölkerungszuwachs usw. entsteht in mitten in Europa ein indoeuropäischer Sprachraum der immer größer wird, je weiter die Handelsnetze wachsen.
Europa ist also in ein Ost- und ein Westliches Handelsnetz organisiert, das sich in Germanien überlappt und im Südosten an das Handelsnetz des östlichen Mittelmeeres stößt, wo die Protogriechen (Minoer, Mykener) Ideen aus der Levante und Anatolien übernehmen und das östliche Mittelmeer zum kulturellen Erblühen bringen. Vielleicht hatte auch Iberien seine Blüte denn es gibt Hinweise auf Handelskontakte mit Nordafrika.
Dietrich hat geschrieben:
Slawisch ist ein eigenständiger Hauptzweig der indoeuropäischen Sprachfamilie. Die Ethnogenese der Slawen liegt genauso im Dunkeln wie die der Germanen, Griechen oder Kelten. Vermutlich entwickelte sich die slawische Sprache in den letzten Jahrhunderten vor der Zeitenwende. Mit den Schnurkeramikern hat das allerdings wenig zu tun, die lebten etwa 1500 Jahre vor der vermuteten Entstehung slawischer und germanischer Identitäten.
Ich bezweifle nicht das slawisch ein eigenständiger Hauptstamm der indoeuropäischen Sprachfamilie ist, davon gibts einige
Ich versuche nur Licht ins Dunkel zu bringen, wie, wo und wann diese Hauptstämme entstanden. Und weil - wie du erwähnst - Slawen 2500 Jahre nach den Schnurkeramikern auftauchen, sind sie ein ausgesprochen junger Ast am indogermanischem Sprachbaum aus einer Zeit als es Indogermanisch gar nicht mehr gab.
Dietrich hat geschrieben:
james hat geschrieben:
Das fällt genau mit der Hallstatt-Kultur, den Seevölkern, der Phönizisch und griechischen Kolonisierung und dem Zusammenbruch der Großreiche im Orient zusammen. Ein bisschen viel Zufall finde ich.
Vielmehr gehe ich von einer massiven Veränderung der Sprachwelt des damaligen Europas aus.
Das heisst es gab vor der 1. Germanischen Lautverschiebung noch mehrere davor, die mit großer kulturellen Veränderung einher gingen.
Es ist wirres Zeug, was du hier erzählst.
Na wenn du das so genau weisst, wirds natürlich stimmen...
Phönizier, griechische Kolonien, Seevölker, Zerstörungshorizonte - alles nur ausgedacht
Dietrich hat geschrieben:
Die indoeuropäischen Sprachen gliederten sich seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. aus dem Proto-Indoeuropäischen aus, wobei ihr Eintritt in die schriftliche Überlieferung sehr unterschiedlich ist. Als früheste schriftliche Quelle einer indoeuropäoschen Sprache finden wir das Hethitische etwa um 1600 v. Chr., wenig später das mykenische Frühgriechisch, überliefert in den Täfelchen in Linear-B-Schrift.
Was natürlich beweist das sich Romanische, Keltische, Slawische und Indoiranische Sprachen im 3. Jahrtausend ausgliederten...Kannst du mir dafür einen Anlass, einen Grund, eine Ursache nennen?
Kannst du die Existenz verschiedener Sprachenstämme in Europa zu dieser Zeit eindeutig beweisen oder ist
der Beweis nur eine Theorie? Und wo siedelst du denn diese Ursprach-Regionen an?
Wissen ist nur der aktuelle Stand der Unwissenheit. Wissenschaft hat eine lange Tradition von Irrtümern.
Was "alle" glauben zu wissen, ist noch lange kein Beweis, sondern eher Glauben.
Ich denke das der wesentliche Schub der zur Aufspaltung des Indogermanischem in Europa führte, durch das massive Auftauchen neuer Völker ausgelöst wurde.
Dietrich hat geschrieben:
Archäologisch wird die keltische Kultur frühestens mit der Hallstatt-Kultur ab etwa 800 v. Chr. fassbar, obwohl es sich dabei noch nicht um eine typisch keltische Kultur handelt. Die entwickelt sich erst ab etwa 450 v. Chr. mit der Latène-Kultur. Die früheste germanische Kultur wird mit der Jastorf-Kultur etwa um 600 v. Chr. in Norddeutschland identifiziert. Indoeuropäische italische Völker werden seit etwa 1300 v. Chr. auf der Apennin-Halbinsel angenommen (obwohl das umstritten ist). Erste Schriftzeugnisse liegen im Latein der latinischen Bevölkerungsruppe vor. Die früheste Form des Lateinischen, das Frühlatein, ist nur in einigen Inschriften wie dem Lapis Niger oder der DUENOS-Inschrift aus dem 6. oder 5. Jh. v. Chr. greifbar.
Das ist aber alles überwiegend im 1. Jahrtausend. Ich denke die sollen im 3. Jahrtausend entstanden sein?
Dietrich hat geschrieben:
Was die Seevölker betrifft, so ist deren Identität unbekannt und umstritten. Ihr Einfall in die östliche Mittelmeerwelt fällt zusammen mit dem Zusammenbruch einiger Reiche und Kulturen wie vor allem dem Untergang des Reichs der Hethiter und dem Ende der mykenischen Stadtstaaten und ihrer feudalen aristokratischen Kultur. Die Ursachen, die zum Untergang dieser Staaten führten, sind umstritten und werden kontrovers diskutiert. Genannt werden Bürgerkriege, klimatische Ursachen verbunden mit Dürreperioden, Implosion staatlicher Strukturen, Aufstände unterdrückter Bevölkerungen, Einbruch fremder Völker usw. Heute nimmt die Forschung an, dass ein komplexes Bündel dieser Faktoren den Untergang besiegelt hat. - Einige vermuten, dass die Umwälzungen in Anatolien Ursache für die Flucht einiger Bevölkerungsgruppen waren, die später als "Etrusker" in Italien siedelten. Diese Hypothese lässt sich allerdings nicht erhärten und wird durchaus bestritten.
Das ist mir bekannt. Und deshalb glaube ich das dies die Ursache für die massive Aufspaltung des Indogermanischem ist.
Weil es einfach passt. Zudem taucht jede Menge Genetik aus diesen Regionen plötzlich überall in Europa auf.
Dietrich hat geschrieben:
james hat geschrieben:ein bronzezeitlicher Bauer kam vermutlich locker mit der Hälfte oder noch weniger aus. Prä-Germanisch muss also in dem Teil der Sprache stecken, der von anfang an Teil der Umwelt war.
Welche Sprache ein "bronzezeitlicher Bauer" in Mitteleuropa sprach, ist völlig unbekannt. Vermutlich sprach er ein indoeuropäisches Idiom, doch wie sich das zusammensetzte, weiß niemand. Alle diesbezügliche Spekulationen sind Kaffeesatzleserei. Wie und wann sich Proto-Keltisch oder Proto-Germanisch aus dem indoeuropäischen Kontinuum herauskristallisierten, ist unbekannt.
Und trotzdem weisst du das sich die indogermanischen Sprachstämme im 3. Jahrtausend in Proto-Keltisch, Proto-Germanisch, Proto-Romanisch, Proto-Slawisch usw. aufspalteten. Hast du das auch im Kaffeesatz gelesen?
Dietrich hat geschrieben:
Welche germanische Sprache die älteste ist, vermag niemand zu sagen. Sie reichen alle in graue Vorzeiten zurück, aus denen keine schriftliche Überlieferung vorliegt.
Ah ja, stand das auch im Kaffeesatz?
Ich bin erstaunt was du so alles weisst. Ich glaube eben das es etwas anders war.
Das ist natürlich nur meine Theorie, geboren aus der Idee das alles eine Ursache haben muss - so auch Sprache.
Also nicht Rekonstruktion sondern archäologische Kulturausbreitung gekoppelt mit genetischem Austausch.
Wir können aufgrund der Sprachgesetze ein bisschen Urgermanisch restaurieren, aber das stellt
eine "Käseglocken-Idealversion" dar. Manche dieser Rekonstruktionen sind kaum auszusprechen...
Grundsätzlich gehen Linguisten von einer allmählichen Veränderung der Sprache aus, ein "Auseinander entwickeln"
nach Gesetzmäßigkeiten. So unterteilt man sie in Sprachstufen.
Sie schmeissen also alle indogermanischen Worte in einem Topf, rühren kräftig mit ihren Sprachgesetzen um
und fischen sich das das aus, was am ehesten dazu passt. Kling nach einem gutem Rezept...
In diesem Indogermanischem Topf landet z.B. jede Menge Romanisch. Gab es das schon?
Die römische Überlieferung beginnt mit einer Reise übers Mittelmeer und einer Ankunft bei den Latinern.
Das ist die Geschichte die uns von Menschen überliefert wurde, die vor mehr als 2000 Jahren Teil dieser Kultur waren.
Und eine mathematisch korrekte Sprachabstandsberechnung kann auch nur dann stimmen,
wenn man alle Sprachen einbezieht. Und genau darin liegt das Problem. Oft sind es nur Trümmer
von Sprachen vorhanden und es ist noch nicht mal sicher ob das Sprachen sind.
Beim Thrakischem wurde schon alles mögliche gefunden, vom albanisch, skythisch, griechisch und nun eben polnisch.
Und Rekonstruktionen nach dem Topfprinzip einzubeziehen verfälscht das Ergebnis weiter.
Die Schwaddish-Liste die für derartige Berechnungen des Sprach-Abstandes benutzt wird,
sieht nur ein einziges deutsches Wort für "Rad" vor.
Aber wir haben im Deutschen mehrere Möglichkeiten ein Rad zu beschreiben.
Es ist rund, es rollt, es kullert, ein überdimensionaler Diskus, ein Reifen, ein Ring usw.
Die slawische "Kuller" ist problemlos mit der griechischen und der germanischen Kuller zu verbinden.
Aber die ist in der Schwaddish-Liste nicht enthalten.
Stattdessen wird das deutsche Rad mit dem englische Wheel und der griechischen Kuller verglichen.
Und dann kommt eventuell sowas wie Kwellra heraus. Wendet man noch Sprachgesetze an, wirds noch
weiter verbogen.
Es gibt also durchaus Gründe diese Standartmethoden der Linguistik anzuzweifeln.
Neue Linguistische Methoden gibt es kaum, nur das Computer die Berechnungen übernehmen.
Sprache kann sich sehr sprunghaft verändern und dann lange Zeit relativ stabil bleiben.
So entwickelt sich das Tschecheslovakische erst seit 25 Jahren zu einem Slowakisch und Tschechisch auseinander.
Prompt werden sie als zwei Sprachen wahrgenommen und behandelt. Aber die verstehen sich genauso gut wie Österreicher und Deutsche und die gibt es schon einige Jahrhunderte länger und ist stabil.
Komischerweise sagt niemand "Österreicher sprechen Österreichisch".
Die deutsche Sprache hat regelrecht invasive Einbrüche von fremden Sprachen erlebt, von Jüdisch, von Hugenotten, von Römern, von Slawen und jeder dieser Einbrüche ist fast immer mit dem Auftauchen neuer Einwanderer verbunden.
Sie alle haben Deutsch zu dem gemacht was es heute ist, eine gigantische Ansammlung von Lehnworte die mittels einem Basiswortschatz miteinander verbunden werden. Das bedeutet aber nicht das die herum rannten und jedem Bach in Ostdeutschland ihren slawischen und jedem Bach in Süddeutschland ihren keltischen Namen drauf drückten und die armen Eingeborenen dann ihren Bach umbenennen mussten.
Und wieso sich das Wort "Ural" ausgerechnet aus Latein entwickelt haben soll, von dem die Römer praktisch keine Vorstellung hatten, ist mir äußerst dubios.
Also Ethymologie, Hydrotopographie usw. ist auch recht fehlerbehaftet.
Sicher gibt es da interessante Erkenntnisse aber auch viel Schwachsinn.
Diesen Methoden der Linguistik sind die Basis für eine glaubwürdige Rekonstruktion.
Nunja, ich weiss nicht ob das alles so stimmt...Ich bin kein Linguist. Aber es gibt zahlreiche
moderne Worte, würde man diese Methoden dort anwenden, käme man zu äußerst merkwürdigen Ergebnissen.
Aber nett das wir mal drüber geplaudert haben...