Magazin-Ausgabe: Der Untergang der Weimarer Republik

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Moderator: Barbarossa

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Balduin
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Bild Die erste deutsche Demokratie - zerstört durch einen Judenhasser, der die Welt ins Unglück stürzte... Wie konnte es soweit kommen? War die Weimarer Republik eine Demokratie ohne Demokraten? BildAm 30. Januar 2013 jährte sich die Machtübertragung an Adolf Hitler zum 80. Mal.
Das Ende der Weimarer Republik und anschließende NS-Diktatur bedeutete eine folgenschwere Zäsur in der deutschen Geschichte und führte Deutschland in die größte nationale Katastrophe seiner Geschichte. Das Beispiel des Nationalsozialismus führt uns eindrucksvoll vor Augen, zu welchen Gräueltaten Menschen fähig sind, wenn sie ideologisch verblendet sind und jeglichen Sinn für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Humanismus verloren haben.
Aber wie konnte es dazu kommen, dass eine bestehende Demokratie, wie die Weimarer Republik, ohne Not mit scheinbar legalen Mitteln beseitigt und eine totalitäre Diktatur errichtet werden konnte?
In diesem Magazin möchten wir gern auf die Ursachen und Hintergründe eingehen und versuchen, auf diese Frage eine Antwort zu geben. Gilbert Jacoby, der die Artikel verfasst hat, hat sich ausführlich mit den Geschehnissen dieser Zeit beschäftigt.

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Zuletzt geändert von Balduin am 25.06.2013, 17:28, insgesamt 4-mal geändert.
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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Balduin
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Nach wie vor, wie ich finde, eine der interessantesten Zeiten der deutschen Geschichte.
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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dieter
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Die Weimarer Republik hatte zu wenig Demokraten. Nur die SPD, Teile des Zentrums, wobei der Zentrumsmänner Brüning und von Papen Wegbereiter der Nazis waren, :evil: dann noch die zersplitterten Liberalen, sonst waren keine Parteien für die Republik. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Barbarossa
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Ralph hat geschrieben:Nach wie vor, wie ich finde, eine der interessantesten Zeiten der deutschen Geschichte.
Das ja. Wenn es nur nicht einen so tragischen Ausgang gehabt hätte. Manchmal habe ich den Eindruck, diese 12 Jahre überschatten die gesamte restliche über 1000-jährige deutsche Geschichte.
:(
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Balduin
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Barbarossa hat geschrieben: Das ja. Wenn es nur nicht einen so tragischen Ausgang gehabt hätte. Manchmal habe ich den Eindruck, diese 12 Jahre überschatten die gesamte restliche über 1000-jährige deutsche Geschichte.
:(
Das halte ich für völlig normal - es ist noch nicht einmal ein Jahrhundert vergangen und die Zeit war sehr schrecklich und hat die Menschen geprägt.
Da braucht man dann auch nicht auf die 1000jährige Geschichte verweisen, die gibt es und das leugnet ja niemand.
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RedScorpion

Nicht böse sein; aber das ist hier in zentralen Punkten wieder die alte Leier (wobei Barbarossa da durchaus wieder auf der Höhe der Zeit ist, wird sie doch insbesondere von der Reg. Merkel geteilt, die genau aus Angst vor der Wiederholung derselben eine total verkorkste Politik fährt), u.a.:
dieter hat geschrieben:Die Weimarer Republik hatte zu wenig Demokraten. Nur die SPD, Teile des Zentrums, wobei der Zentrumsmänner Brüning und von Papen Wegbereiter der Nazis waren, :evil: dann noch die zersplitterten Liberalen, sonst waren keine Parteien für die Republik. :roll:
Kann man so nicht sagen. Zumal diesem Punkt die falsche Prämisse zugrundeliegt, es gäbe 100%ige Kongruenz zwischen Wahlergebnis bzw. Parlamentssitzen und demokratischer Ueberzeugung der Bev. oder der Wähler.

Nur so als Beispiel.

Ralph hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben: Das ja. Wenn es nur nicht einen so tragischen Ausgang gehabt hätte. Manchmal habe ich den Eindruck, diese 12 Jahre überschatten die gesamte restliche über 1000-jährige deutsche Geschichte.
:(
Das halte ich für völlig normal - es ist noch nicht einmal ein Jahrhundert vergangen und die Zeit war sehr schrecklich und hat die Menschen geprägt.
Da braucht man dann auch nicht auf die 1000jährige Geschichte verweisen, die gibt es und das leugnet ja niemand.
Ich glaub' nicht, dass das "Schreckliche" wirklich noch so eine starke Rolle spielt. Ja, es war der erste grosse Krieg, bei dem die Medien noch heute erschreckende und eindrücklich grausame bewegte Bilder liefern konnten, und man hat noch den einen oder anderen Zeitzeugen von damals.

Das echte Problem ist aber ein anderes: Nämlich ein heutiges; denn das Europa von heute muss sich immer noch mit den Ergebnissen des Krieges, welche all in all auf dem Hitler-Stalin-Pakt beruhen, herumschlagen; die Teilung nicht nur Deutschlands ist bis heute nicht gänzlich überwunden, jene Europas schon gar nicht. Sprich die 40 Jahre Eiserner Vorhang haben u.a. dazu geführt, dass wir eben noch keine Vereinigten Staaten von Europa haben und die EU institutionell zu schwach ist, um die verflixten Nationalstaaten und ihr "Klein-Klein was sind wir doch schön doof" in Schach zu halten.




LG
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Barbarossa
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RedScorpion hat geschrieben:...
Das echte Problem ist aber ein anderes: Nämlich ein heutiges; denn das Europa von heute muss sich immer noch mit den Ergebnissen des Krieges, welche all in all auf dem Hitler-Stalin-Pakt beruhen, herumschlagen; die Teilung nicht nur Deutschlands ist bis heute nicht gänzlich überwunden, jene Europas schon gar nicht.
Eigentlich im wesentlichen schon. Ich denke tatsächlich, daß seit 1990 die Folgen des 2. Weltkrieges überwunden worden sind - zumindest politisch. Der Ostblock war zerfallen und Deutschland wieder in einem Stück, wenn auch kleiner als nach dem 1. WK. Die sozialen Folgen der kommunistischen Herrschaft zu überwinden, das dauert natürlich etwas länger. Ich hab kurz nach 1990 mit 15 Jahren gerechnet, bis sich auch diese Unterschiede erledigt haben - das war anscheinend noch etwas zu optimistisch geschätzt.
:?
RedScorpion hat geschrieben:Sprich die 40 Jahre Eiserner Vorhang haben u.a. dazu geführt, dass wir eben noch keine Vereinigten Staaten von Europa haben und die EU institutionell zu schwach ist, um die verflixten Nationalstaaten und ihr "Klein-Klein was sind wir doch schön doof" in Schach zu halten.
Was meinst du mit "Vereinigten Staaten von Europa"?
Was schwebt dir da vor? Ein ganz ähnliches Konstrukt, wie die USA?
Das wird es so in Europa wohl nicht geben - imho.
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Titus Feuerfuchs
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Barbarossa hat geschrieben:[....] Ein ganz ähnliches Konstrukt, wie die USA?
Das wird es so in Europa wohl nicht geben - imho.

Doch, leider, auch wenn's wohl noch ein bisserl dauern wird. Der Zug fährt Vollgas in diese Richtung. Ist ja auch praktisch, da man so (politische) Macht und Kontrolle viel einfacher, zentralistischer und konzentrierter ausüben kann.

Eure Politiker sind ganz offen dafür.

http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... ion-europa

http://www.focus.de/politik/weitere-mel ... 57425.html

http://www.faz.net/aktuell/politik/euro ... 20870.html
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Titus Feuerfuchs
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Ralph hat geschrieben:Bild Die erste deutsche Demokratie - zerstört durch einen Judenhasser, der die Welt ins Unglück stürzte... Wie konnte es soweit kommen? War die Weimarer Republik eine Demokratie ohne Demokraten? BildAm 30. Januar 2013 jährte sich die Machtübertragung an Adolf Hitler zum 80. Mal.
Das Ende der Weimarer Republik und anschließende NS-Diktatur bedeutete eine folgenschwere Zäsur in der deutschen Geschichte und führte Deutschland in die größte nationale Katastrophe seiner Geschichte. Das Beispiel des Nationalsozialismus führt uns eindrucksvoll vor Augen, zu welchen Gräueltaten Menschen fähig sind, wenn sie ideologisch verblendet sind und jeglichen Sinn für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Humanismus verloren haben.
Aber wie konnte es dazu kommen, dass eine bestehende Demokratie, wie die Weimarer Republik, ohne Not mit scheinbar legalen Mitteln beseitigt und eine totalitäre Diktatur errichtet werden konnte?
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Demokratie kann man nicht von heute auf morgen implementieren, besonders, wenn sie so auf Sand gebaut ist, wie die WR.
Man hat die demokratischen Kräfte die Suppe der OHL auslöffeln lassen, damit hat's schon mal begonnen. Dazu gab's kaum ein demokratisches Bewußtsein, eine Kriegsniederlage (nachdem einem ein Leben lang eingeimpft wurde, wir sind die Größten und Besten) und -das ist m.E. der Hauptgrund- Armut.

Dazu kamen noch zwei in weiten Teilen der Bev verankerte Voraussetzungen, auf denen Hitler aufbauen konnte: Militarismus und Antisemitismus
MfG,
Titus Feuerfuchs
Renegat
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RedScorpion hat geschrieben:...
Das echte Problem ist aber ein anderes: Nämlich ein heutiges; denn das Europa von heute muss sich immer noch mit den Ergebnissen des Krieges, welche all in all auf dem Hitler-Stalin-Pakt beruhen, herumschlagen; die Teilung nicht nur Deutschlands ist bis heute nicht gänzlich überwunden, jene Europas schon gar nicht.
Barbarossa hat geschrieben:Eigentlich im wesentlichen schon. Ich denke tatsächlich, daß seit 1990 die Folgen des 2. Weltkrieges überwunden worden sind - zumindest politisch. Der Ostblock war zerfallen und Deutschland wieder in einem Stück, wenn auch kleiner als nach dem 1. WK. Die sozialen Folgen der kommunistischen Herrschaft zu überwinden, das dauert natürlich etwas länger. Ich hab kurz nach 1990 mit 15 Jahren gerechnet, bis sich auch diese Unterschiede erledigt haben - das war anscheinend noch etwas zu optimistisch geschätzt.
Die 40 Jahre lassen sich in den Köpfen nicht so leicht überwinden, ich hatte mir das 1990 auch viel einfacher vorgestellt. Wahrscheinlich müssen, die in der DDR und zu kalten Kriegszeiten geborenen und geprägten Menschen erst rauswachsen durch den Zeitablauf. Ähnlich wie wir erst in diesen Tagen sagen können, dass die Generation, die noch von Nazideutschland geprägt wurde, nun mehrheitlich gestorben oder ohne Einfluss ist. Die jüngere Generation ist da meist weiter und deshalb ein wichtiger Entwicklungstreiber, das war 1968 so und könnte heute in D und Europa so sein, jedenfalls dort, wo es noch ausreichend junge Menschen gibt.
Das klingt für mich negativ, dass es offensichtlich so schwer ist, die inneren Prägungen der einzelnen Individuen zu überwinden, bin ich doch immer davon ausgegangen, dass Menschen sich ändern können, wenn sie nur wollen.



RedScorpion hat geschrieben:Sprich die 40 Jahre Eiserner Vorhang haben u.a. dazu geführt, dass wir eben noch keine Vereinigten Staaten von Europa haben und die EU institutionell zu schwach ist, um die verflixten Nationalstaaten und ihr "Klein-Klein was sind wir doch schön doof" in Schach zu halten.
Barbarossa hat geschrieben:Was meinst du mit "Vereinigten Staaten von Europa"?
Was schwebt dir da vor? Ein ganz ähnliches Konstrukt, wie die USA?
Das wird es so in Europa wohl nicht geben - imho.
Das muß kein Konstrukt wie in den USA sein, besser trifft es die Bundesrepublik D als Modell, mit 3 politischen Ebenen, Aufgaben und Zuständigkeitsbereichen. Zu viele Ebenen können auch problematisch sein, bes. wenn die einzelnen Länder so unterschiedliche Voraussetzungen haben wie in D, siehe die Diskussionen um Länderfinanzausgleich.
(Das ist aber schon wieder ein anderes Thema und gehört eher in einen Europastrang, wenn die Diskussion weitergeht)
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:
Ralph hat geschrieben:Nach wie vor, wie ich finde, eine der interessantesten Zeiten der deutschen Geschichte.
Das ja. Wenn es nur nicht einen so tragischen Ausgang gehabt hätte. Manchmal habe ich den Eindruck, diese 12 Jahre überschatten die gesamte restliche über 1000-jährige deutsche Geschichte.
:(
Lieber Barbarossa,
so sehe ich das auch. :roll:
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben: Was meinst du mit "Vereinigten Staaten von Europa"?
Was schwebt dir da vor? Ein ganz ähnliches Konstrukt, wie die USA?
Das wird es so in Europa wohl nicht geben - imho.
Lieber Barbarossa,
ohne die Vereinigten Staaten von Europa, mit Präsident, gemeinsame Wirtschafts-, Finanz-und Sozialpolitik, Gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik und einem Parlament, was tatsächlich etwas zu sagen hat, wird es keinen Fortschritt in Europa geben. :wink:
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Renegat
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Der Titel der Ausgabe war der Untergang des WR, politisch ist sie erst einmal gescheitert durch die Nazizeit, soweit richtig.

Viel interessanter erscheint mir, was von der WR geblieben ist, woran in der Nachkriegszeit oder noch später angeknüpft wurde. Schließlich lebten da ja noch die Menschen, die den Aufbruch der 20er Jahre noch in ihrer Jugend erlebt hatten und die sie auch, trotz aller wirtschaftlichen Probleme, als eine spannende, hoffnungsvolle Zeit empfunden hatten. In der Nachschau könnte man die Aufbruchstimmung der 20er vielleicht mit den späten 60ern der Enkelgeneration vergleichen.

Einiges wie die Genossenschaften hat sich erhalten und erlebt vielleicht sogar ein drittes Revival. Viele Aspekte der älteren Lebensreformbewegung kamen erst in der WR bei der Masse der Bevölkerung an und manches wurde bes. von den Grünen in der BRD wieder aufgenommen.
Spurlos ist die Weimarer Republik also nicht untergegangen.
ehemaliger Autor K.

Zunächst einmal vielen Dank für dieses neue Magazin!

In den vergangenen Jahrzehnten haben die wichtigsten deutschen Historiker eine Reihe von neuen Standardwerken über die Weimarer Republik und deren Untergang verfasst. Hier eine kleine Auswahl der wichtigsten Werke, die den gegenwärtigen Stand der Geschichtsschreibung widerspiegeln:

Kolb, Eberhard: Die Weimarer Republik, München 1993
Mommsen, Hans: Die verspielte Freiheit-Der Weg der Republik von Weimar in den Untergang 1918-1933, Frankfurt/M – Berlin 1990
Peukert, Detlev J.K.: Die Weimarer Republik. Krisenjahre der klassischen Moderne, Frankfurt/M. 1987
Schulze, Hagen: Weimar. Deutschland 1917-1933, Berlin 1994
Wehler, Hans Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Band 4, München 2003
Winkler, Heinrich August: Weimar 1918-1933, Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie, München 1993

Diese Bücher sind die Grundlagenliteratur für Studenten der Geschichtswissenschaft.

Typisch für die neueren Arbeiten ist vor allem, dass sie versuchen, sich von der altertümlichen Ereignisgeschichtsschreibung zu lösen, um vor allem die tieferliegenden sozialen und wirtschaftlichen Prozesse zu analysieren.

Weimar wird begriffen als eine Republik, in der sich verschiedene Gesellschaftsstrukturen überschnitten: es war eine Gesellschaft, in der nicht mehr traditionale, aber auch noch nicht entwickelte moderne soziale Strukturen vorherrschten, eine mehrfach gespaltene Gesellschaft, die zugleich eine katastrophale militärische und politische Niederlage unter Verlust ihres bisherigen nationalistischen Selbstverständnisses zu gewärtigen hatte und darüber hinaus mit ökonomischen Krisenentwicklungen und Massenarbeitslosigkeit konfrontiert war, die bis dahin unbekannt waren. Die vielfältigen Überschneidungen traditionaler und moderner kapitalistischer Normen und Orientierungsmuster in Ökonomie, Politik und Gesellschaft werden von den Autoren herausgearbeitet und damit politische Verhaltensmuster und Blockbildungen erklärt.

In den zwanziger Jahren begann sich die moderne Gesellschaft langsam durchzusetzen: Rationalisierung, Fließbandtechnologien, Taylorismus, Kaufhäuser, neuartige Massenkonsumgüter, Revolution des Verkehrswesens-Auto, Schnellbahnen, Flugzeug-und der Kommunikationsformen-Radio,Rotationsromane,Massenpresse,Filmindustrie-,neue Architektur-Bauhaus, moderne Wohnsiedlungen.

Verstädterung, Vier-Personen-Haushalte, neue Definitionen der Geschlechterrollen einschließlich der Frauenerwerbstätigkeit nicht mehr aus purer Not, sondern als Form der neuen Selbständigkeit der Frau, zunehmende „Atomisierung“ der Gesellschaft, Individualisierung.

Gleichzeitig gab es aber noch einen großen Bereich mittelständischer und bäuerlicher Produktion, starre Statushierarchien, militärisches Denken, monarchistische Traditionen, nationalistisches und imperialistisches Denken.

Auf die Veränderung der Normen und Werte reagierten die Menschen in Fluchtbewegungen, z.B. „Einigeln“ in „Lagern“ (Arbeiterbewegung, nationales Lager) und der Rückzug auf letzte Identitäten (Klasse, Rasse, Nation) und daraus abgeleitete Utopien („klassenlose Gesellschaft“, „rassisch reine Volksgemeinschaft“).

Es werden später die Nationalsozialisten sein, die den Schnittpunkt dieser extremen gesellschaftlichen Entwicklungsperspektiven aufgreifen, die modernste Technik-sei es der Propaganda, sei es des Militärs- mit ihrer reaktionären Blut- und Bodenideologie verbinden, die Nationalismus und „Sozialismus“ (so wie sie ihn verstehen) zugleich auf ihre Fahnen schreiben, die die Polarisierungen scheinbar überwinden und so die Nutznießer dieser widersprüchlichen Situation werden.

So sind ungefähr grob skizziert die heutigen Betrachtungsweisen der Historiker, die versuchen mit einer Kombination tradierter Betrachtungsweisen und modernen Sozialwissenschaften das Kaleidoskop der Weimarer Republik zu erfassen.
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Barbarossa
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Wohnort: Mark Brandenburg

Danke Karlheinz für deine Zusatzinfos.


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