Magazin-Ausgabe: Friedrich II. der Große von Preußen

Kommentare und Meinungen zu epochenübergreifenden Themen

Moderator: Barbarossa

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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Lieber Barbarossa,
dann muß man ja Napoleon dankbar dafür sein, dass er Preußen gezwungen hat moderner zu werden. :wink: :mrgreen:
Ja so gesehen...
:roll:

Vor allem gab es sicher einen erneuten Schub in Sachen deutscher Patriotismus. Was unter Friedrich II. zwar schon in Ansätzen in der Bevölkerung vorhanden war (siehe Magazin "1742: eine denkwürdige Kaiserwahl"), erlebte unter der Fremdherrschaft einen enormen Aufschwung.
:wink:
Lieber Barbarossa,
so ist das immer mit einer Fremdherrschaft. :wink:
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Der Germane
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Moin,

eine Ansprache vom Alten Fritz
http://www.youtube.com/watch?v=b-PKa99a ... plpp_video
O heilig Herz der Völker, des hohen Gesanges und der göttlichen Ahnung.
Ernste und holde Heimat, Du Land der Liebe - O laß mich knien an Deinem
erschütternden Grabe.


Zum Gruße
Der Germane
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Peppone
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Der Germane hat geschrieben:Moin,

eine Ansprache vom Alten Fritz
http://www.youtube.com/watch?v=b-PKa99a ... plpp_video
Lustgi vor allem die schwach befahrene Landstraße im Hintergrund. Zwischen (vom Alten Fritz gepflanzten?) Alleebäumen...
:mrgreen:

Beppe
Harald
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Als Friedrich II. 1740 Schlesien besetzte fanden in einem Vierteljahr mehr Reformen statt als vorher in den 200 Jahren österreichischer Herrschaft.
Die Bevölkerung hat sofort die neue Herrschaft akzeptiert. Die Katholiken konnten so weiterleben wie bisher, für die Evangelischen endete die Unterdrückung.

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Peppone
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Ich les grad ein Buch über Friedrich ("Kartoffeln mit Flöte", eine Anekdotensammlung).
Friedrich hat offenbar keine neuen Chausseen (Überlandstrassen) bauen lassen, weil er so den Handel besser steuern konnte...

Voltaire hat so einige Andeutungen in seine "Berichte" über den Alten Fritz einfließen lassen, er sei homosexuell gewesen, einb fürchterlicher Diktator und außerdem so was von schmutzig...auch habe er sich ausgenutzt gefühlt. Als es dem König nicht mehr genehm war, seine Gesellschaft zu genießen (wofür Voltaire ach so geizig bezahlt worden sei), habe er sich wie ein Esel gefühlt, den man zum Arbeiten nicht mehr brauchen kann...

Über das Zimmer, das in Sanssouci für Voltaire eingerichtet worden ist, hat ein späterer Beobachter berichtet, es habe an den Wänden nur so gewimmelt von Abbildungen "niederträchtiger" Tiere...
Die beiden scheinen sich in den paar Jahren, in denen Voltaire "Hausgast" von Friedrich gewesen ist, auch gehörig beharkt zu haben. Voltaire berichtet von einigen gemeinen Späßen, die ihm Friedrich gespielt habe. Er berichtet aber auch davon, dass er bei viel mehr gemeinen Späßen selber mitgemacht habe...

Wie seht ihr das Verhältnis zwischen Friedrich und Voltaire?

Beppe
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dieter
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Peppone hat geschrieben:Ich les grad ein Buch über Friedrich ("Kartoffeln mit Flöte", eine Anekdotensammlung).
Friedrich hat offenbar keine neuen Chausseen (Überlandstrassen) bauen lassen, weil er so den Handel besser steuern konnte...

Voltaire hat so einige Andeutungen in seine "Berichte" über den Alten Fritz einfließen lassen, er sei homosexuell gewesen, einb fürchterlicher Diktator und außerdem so was von schmutzig...auch habe er sich ausgenutzt gefühlt. Als es dem König nicht mehr genehm war, seine Gesellschaft zu genießen (wofür Voltaire ach so geizig bezahlt worden sei), habe er sich wie ein Esel gefühlt, den man zum Arbeiten nicht mehr brauchen kann...

Über das Zimmer, das in Sanssouci für Voltaire eingerichtet worden ist, hat ein späterer Beobachter berichtet, es habe an den Wänden nur so gewimmelt von Abbildungen "niederträchtiger" Tiere...
Die beiden scheinen sich in den paar Jahren, in denen Voltaire "Hausgast" von Friedrich gewesen ist, auch gehörig beharkt zu haben. Voltaire berichtet von einigen gemeinen Späßen, die ihm Friedrich gespielt habe. Er berichtet aber auch davon, dass er bei viel mehr gemeinen Späßen selber mitgemacht habe...

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Beppe
Lieber Beppe,
Friedrich sah Votaire als Freigeist und Votaire konnte nicht verstehen, dass Friedrich als König auch praktische Politik ausüben mußte. :wink:
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ehemaliger Autor K.

Peppone:
Wie seht ihr das Verhältnis zwischen Friedrich und Voltaire?
Ich kenne mich zwar nicht so gut aus, was das Verhältnis zwischen Voltaire und Friedrich II betrifft, aber philosophische oder andere Überzeugungen spielten offensichtlich keine große Rolle bei dem Zerwürfnis zwischen den Beiden. Sie haben wohl gerne diskutiert, aber dies war alles lediglich theoretisch und Friedrich liebte solche Dispute um ihrer selbst willen. Der Grund für ihre Trennung hatte vermutlich in erster Linie private Gründe. Voltaire zeigte einen fragwürdigen Charakter in der Hirschel- Affäre, als er sich durch, heute würde man sagen Insider-Geschäfte, bereicherte. Dies nahm ihm der König sehr übel. Dann brachte Voltaire auch Unruhe in den Hofstaat, da er sich mit einigen einflussreichen Leuten anlegte, vor allem mit dem Mathematiker Maupertius. Gerade diese Affäre führte ja zu dem Bruch zwischen Voltiere und Friedrich II. Dahinter steht aber eigentlich eine der üblichen Hofintrigen. Voltaires Charakter wird von einigen als fragwürdig bezeichnet. Ob das stimmt, kann man natürlich nicht mit Sicherheit sagen. Aber offensichtlich dachte Friedrich dies auch.
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Barbarossa
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Ich denke, daß Aufklärer wie gerade eben Voltaire maßgeblichen Einfluß auf Friedrich II. "den Großen" hatten, daß dieser zu einem aufgeklärten König wurde. Die beiden korrespondierten ja bereits vor dessen Thonbesteigung miteinander und zusammen brachten sie das Werk „Antimachiavell“ heraus. Das alles hatte sicher auch Einfluß auf den Regierungsstiel von Friedrich II. "dem Großen", was man an einigen Reformen deutlich erkennt: schrittweise Abschaffung der Folter, Lockerung der Pressezensur, Fortsetzung der toleranten Politik gegenüber anderen Religionen und Konfessionen, die es bereits unter seinen Vorgängern gab...
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JetLeechan
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Peppone hat geschrieben:In Sachen Schlesien war er ein Monarch wie alle anderen auch: Er brauchte Schlesien, um seine restlichen Länder aufbauen zu können, also holte er es sich, indem er Maria Theresia erpresste: Zustimmung zur "Pragamtischen Sanktion" nur bei Aufgabe Schlesiens durch die Habsburger, und zwar unter Berufung auf die Liegnitzer Erbverbrüderung zwischen Friedrich II. von Liegnitz und Joachim II. von Brandenburg, die 1537 abgeschlossen wurde, vom Kaiser Ferdinand II. aber nicht anerkannt wurde, weil sie einer schon bestehenden Erbvereinbarung mit Habsburg widersprach. 1546 wurde die Erbverbrüderung denn auch wieder annulliert - Friedrich der Große hätte sich also definitiv nicht auf sie berufen können.

Beppe
Friedrich "brauchte" Schlesien nicht zum Aufbau seiner restlichen Länder, Schlesien war in seinen Augen lediglich eines von mehreren Territorien, dass geeignet war, es Preußen einzuverleiben. Nämlich genau aus dem Grund, dass Vielfach Verflechtungen zu preußischen Gebieten bestanden und das Haus Österreich es nur unzureichend befestigen lassen hatte. Was Friedrich wollte, war aus Preußen eine Großmacht machen, und die Eroberung Schlesiens war nur der erste Schritt. Hätte sich zur selben Zeit eine andere Gelegenheit ergeben, hätte er diese ebenfalls ergriffen.

Eroberungen mit mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Urkunden zu legitimieren, war ein beliebtes Spiel in der Diplomatie des 18. Jahrhunderts. Friedrich selbst hielt nichts davon, was aus seinen Äußerungen und seiner Nutzung dieses Instruments hervorgeht. Er sagte selbst zu seinem Außenminister, dass ihm irgendwelche Urkunden egal seien, es gehe lediglich darum für die Bevölkerung den Eindruck zu erwecken, seine Taten seien rechtmäßig. Den Herrschenden war durchaus bewusst, dass es sich hierbei um Propaganda handelte. Zum anderen ließ Friedrich in schöner Regelmäßigkeit Archive und Kanzleien durchkämmen, um irgendwelche Papiere zutage zu fördern, die die Ansprüche Preußens rechtfertigen würden. Die Kausalität lief also nicht von der Rechtsnorm zur Handlung, sondern umgekehrt, man hatte eine Handlung und dazu wurde eine irgendwie passende rechtliche Bestimmung gesucht. Ob man das Rechtssystem des 18. Jahrhunderts mit Kategorien heutigen Rechtsdenkends bewerten soll, würde ich verneinen, dennoch zeigt dies, dass seitens des preußen Königs in den Urkunden ein Instrument gesehen wurde, dass seiner Politik nutzbar zu machen war. Daraus folgt, dass jegliche Argumentation auf Basis der BEstimmungen jener Urkunden ihm in die Hände spielt, faktisch spielten diese nämlich keine Rolle. Aber Friedrich war ein Meister der Eigen-PR und das wirkt bis heute nach.
JetLeechan
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Peppone hat geschrieben:Ich les grad ein Buch über Friedrich ("Kartoffeln mit Flöte", eine Anekdotensammlung).
Friedrich hat offenbar keine neuen Chausseen (Überlandstrassen) bauen lassen, weil er so den Handel besser steuern konnte...

Voltaire hat so einige Andeutungen in seine "Berichte" über den Alten Fritz einfließen lassen, er sei homosexuell gewesen, einb fürchterlicher Diktator und außerdem so was von schmutzig...auch habe er sich ausgenutzt gefühlt. Als es dem König nicht mehr genehm war, seine Gesellschaft zu genießen (wofür Voltaire ach so geizig bezahlt worden sei), habe er sich wie ein Esel gefühlt, den man zum Arbeiten nicht mehr brauchen kann...

Über das Zimmer, das in Sanssouci für Voltaire eingerichtet worden ist, hat ein späterer Beobachter berichtet, es habe an den Wänden nur so gewimmelt von Abbildungen "niederträchtiger" Tiere...
Die beiden scheinen sich in den paar Jahren, in denen Voltaire "Hausgast" von Friedrich gewesen ist, auch gehörig beharkt zu haben. Voltaire berichtet von einigen gemeinen Späßen, die ihm Friedrich gespielt habe. Er berichtet aber auch davon, dass er bei viel mehr gemeinen Späßen selber mitgemacht habe...

Wie seht ihr das Verhältnis zwischen Friedrich und Voltaire?

Beppe
Ich sehe es ähnlich wie Karl-Heinz, was der beiden Zerwürfnis angeht. An und für sich würde ich aber sagen, dass es sich in erster Linie um ein professionelles Verhältnis hielt, von dem beide profitierten. Friedrich wollte in die Geschichte eingehen und seinen Ruhm als großer Staatsmann begründen. Dazu wollte er einerseits an militärische Heldentaten anknüpfen und Preußen zu einer starken Macht ausbauen, andererseits wollte er aber auch als großer Denker, als Philosoph, Dichter und Historiker, sowie als Kunst- und Wissenschaftsmäzen in die Geschichte eingehen.
Der Briefkontakt mit Voltaire, der ja nicht nur ein anregender Gesprächspartner war, sondern vor allem auch der DRe- und Angelpunkt der aufklärerischen Öffentlichkeit in Frankreich, spielte dabei eine wichtige Rolle. Briefe die Friedrich an Voltaire schrieb, waren nicht an diesen gerichtet, sondern an die intellektuelle Elite Frankreichs und auch Europas. Voltaire sollte den Ruhm Friedrichs als Denker begründen und verbreiten. Der Wortlaut und die Inhalte seiner Briefe an Voltaire sind gänzlich andere, als die seiner Briefe an seine Schwester oder sonstige Verwandte, Bekannte oder Freunde und Diener.
Aber auch Voltaire profitierte von der beiden Korrespondenz, schließlich war Friedrich ein König, der ihm im wahrsten Sinne des Wortes Honig ums Maul schmierte und den französischen Dichter in den höchsten Tönen lobte. Außerdem spielte ein ganz privates Motiv eine Rolle: Voltaire hatte über Friedrich zumindest teilweise Einfluß auf die Politik eines großen europäischen Monarchen.
Ich halte es für fragwürdig ob man in diesem Fall von Freundschaft sprechen kann, denn charakterlich waren die beiden wohl grundverschieden. An dem Streit würde ich daher auch niemandem die Schuld geben, sondern auf die Unterschiede zwischen den beiden hinweisen. Allerdings ist schon bezeichnend, dass nach all den gegenseitigen Verletzungen, die Beziehung später wieder aufgenommen wurde, einfach weil beide zu sehr von ihr profitierten.
JetLeechan
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Barbarossa hat geschrieben:Ich denke, daß Aufklärer wie gerade eben Voltaire maßgeblichen Einfluß auf Friedrich II. "den Großen" hatten, daß dieser zu einem aufgeklärten König wurde. Die beiden korrespondierten ja bereits vor dessen Thonbesteigung miteinander und zusammen brachten sie das Werk „Antimachiavell“ heraus. Das alles hatte sicher auch Einfluß auf den Regierungsstiel von Friedrich II. "dem Großen", was man an einigen Reformen deutlich erkennt: schrittweise Abschaffung der Folter, Lockerung der Pressezensur, Fortsetzung der toleranten Politik gegenüber anderen Religionen und Konfessionen, die es bereits unter seinen Vorgängern gab...
Friedrich bekannte sich zwar öffentlich zu den Idealen der Aufklärung, im Herzen aber war er ein pragmatischer Anhänger der absoluten Monarchie und einer ständischen Gesellschaft. Er ging bei seiner "Sozialpolitik" jeweils nur soweit es ihm politisch ins Kalkül passte. Ich denke das er durchaus aufrichtig aufklärerischen Ziele hochhielt, er diese aber selbst als nicht praktikabel und als Gefhar für die ständische Ordnung ansah und sie bei ihm deshalb stets nur eine untergeordnete Rolle spielten. Von daher würde ich deren Einflúß auf Friedrichs Politik mit Vorsicht beurteilen.
Die Folter beispielsweise wurde zwar abgeschafft, dass galt allerdings nicht für die Armee und wenn man bedenkt auf welche Weise und wie viele Menschen in die preußische Armee gepresst worden waren, muss man sich schon fragen, wie viele Menschen tatsächlich von dieser Abschaffung Folter entgehen konnten.
Eine allgemeine Lockerung der Zensur gab es auch nicht, es wurde lediglich erlaubt, über die Dinge, die den preußischen Staat nicht direkt angingen zu schreiben was man wollte. Sobald der König Gefahr für sich selbst oder für Verbündete sah, waren die Zensoren schneller am Werk als ein Schreiber gucken konnte. Das traf beispielsweise auf negative Äußerungen über das Zarenreich zu, nachdem Friedrich es als Verbündeten ausgewählt hatte.
Seine religiöse Toleranz entsprang ganz pragmatischer Ansichten über die sogenannte Peuplierung des Landes. Die damalige Wirtschaftspolitik, jedenfalls aus friderizianischer Sicht, ging davon aus, dass die Macht eines Staates von der Anzahl seiner Bevölkerung abhing. Konkret von der Anzahl der Steuerzahler und möglicher Rekruten für die Armee. Es herrschte ein regelrechter Wettbewerb um Menschen zwischen den Staaten Europas. Da Friedrich selbst nicht streng gläubig war, war es ihm ein leichtes andere Religionen zu tolerieren und so neue Siedler in sein Land zu locken. Selbstverständlich war er sich nicht zu Schade, bei Gelegenheit auch gegen seine propagierte Toleranz zu handeln, wenn es ihm politisch angebracht schien und sich beispielsweise als Schutzherr der Protestanten zu gerieren.
Kurzum, während die Aufklärung eine Rolle spielte, sind für seine sozialpolitischen Maßnahmen in erster Linie handfeste, poltökonomische Gründe anzuführen, die immer die Oberhand hatten. Das gilt etwa auch für seine Bauern/-Adelspolitik, seine Wirtschaftspolitik oder seine Bildungspolitik.
JetLeechan
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Barbarossa hat geschrieben:Es war nicht Friedrichs Neffe und Thronfolger Friedrich Wilhelm II. (1786-1797), der es mit Napoleon zutun hatte, sondern dessen Sohn Friedrich Wilhelm III. (1797-1840).
Über die alleinige "Unfähigkeit" eines der Monarchen kann man streiten. Was bei Friedrich II. "dem Großen" noch modern und schlagkräftig war, war unter dem Nachfolger des Nachfolgers überaltert. Ich denke, das preußische Militär an sich war reformbedürftig. Diese Reformen wurden allerdings "verschlafen", aber nicht nur von den Preußen allein.
Militärhistoriker sind teilweise aber auch der Meinung, dass das friderizianische Militär schon zu Friedrichs Zeiten nicht mehr modern war. Es herrscht zwar Übereinstimmung dass seine Ausbildungsmethoden im Hinblick auf Kavallerie und Infantrie genauso wie seine taktischen Manöver herausragend modern waren, was Artillerie, Befestigungen und Belagerungen anging war der König aber merkwürdig ignorant und verschließ zahlreiche Neuerungen.
Außerdem hatten seine Widersacher im Siebenjährigen Krieg aufzuholen gelernt und während Friedrichs Neigung an einmal Erfolgreichem festzuhalten weiteren Fortschritt ausbremste, lernten andere, vor allem Frankreich, dazu, sodass Preußen schon in den 1780er Jahren auf dem absteigenden Ast war.
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dieter
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Lieber JetLeechan,
bis zum Eintritt Napoleons in die Geschichte hatte es für Preußen schon noch gereicht. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
JetLeechan
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dieter hat geschrieben:Lieber JetLeechan,
bis zum Eintritt Napoleons in die Geschichte hatte es für Preußen schon noch gereicht. :wink:
Das möchte ich gar nicht bestreiten, aber wenn es um die Modernität der Armee geht, dann denke ich schon, dass man konstatieren kann, dass es noch zu Friedrichs Lebzeiten nicht mehr allzu weit her war mit dieser. Auf dem absteigenden Ast zu sein bedeutet ja nicht, dass einen sofort von überall her die Geier überfallen. Denn einen richtigen Test, wie im Siebenjährigen Krieg, hatte Preußen bis Napoleons Siegeszug auch nicht mehr zu bestehen. Sicherlich haben sich die preußischen Truppen im Ersten Koalitionskrieg teilweise gut geschlagen, aber da hatten die Franzosen auch noch nicht ihre ganze Kraft entfalten können. Zum anderen muss man aber auch feststellen, dass die militärischen Unterschiede nicht so groß waren, wie etwa wenn wir die heutige USA mit irgendeinem anderen Land vergleichen, auch wenn die Artillerie nicht auf dem neuesten Stand war, die Belagerungstaktiken nicht ausgefeilt und der Drill immer noch in alten Bahnen verlief, war die preußische Armee immer noch formidabel und nicht zu unterschätzen gewesen. Der Ast bezog sich meinerseits tatsächlich nur auf die Aussage der Modernität.

Friedrich selbst erwähnt später (Im zweiten politischen Testament oder den Totengesprächen) immer wieder die Tatsache, dass moderne Kriege nicht mehr von gewagten Manövern und schnellen Bewegungen der Infantrie und Kavallerie, sondern von der Artillerie und starken Festungen entschieden würden, weshalb er den "Kanonpark" habe ausbauen und die Festungen in Schlesien verstärken lassen. Nichtsdestoweniger scheint er in seinen späten Jahren nicht mehr so recht mit der Entwicklung mitgekommen zu sein und da die preußischen Widersacher in Sachen Infantrie und Kavallerie schon im Siebenjährigen Krieg teilweise aufgeholt hatten, wurde der frühe preußische Fortschritt wettgemacht.

Jedoch war die moderne Armee ein wichtiger Faktor für Preußen, denn seine Bevölkerungszahl und seine Wirtschaft waren nicht in der Lage, das Königreich auf eine Stufe mit Frankreich, Russland oder Großbritannien zu stellen. Das konstatierte der König auch selbst, da er von Preußen nach dem Siebenjährigen Krieg, nicht mehr als den Status einer Großmacht inne habend sprach. Im Krieg war der Vorteil Preußens die militärische Überlegenheit und auch Schnelligkeit, wenn die wegfällt, hätte es nicht bestehen können. Als der Bestand dann durch das nachrevolutionäre Frankreich tatsächlich gefährdet war, war es mit dem alten Preußen auch zu Ende.
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Barbarossa
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Ok, danke für die Ausführungen, JetLeechan.
:-)
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