Die "Nachthexen" - Russische Frauen als Pilotinnen

Der zerstörerische Krieg von Hitler und seinen Schergen gegen Europa

Moderator: Barbarossa

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Orianne
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"Die Nachthexen"

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Nadescha Popowa, stellvertretend für ihre Kameradinnen, Bild aus meiner Sammlung,
koloriert.

Das sowjetische Nachtbomberregiment 588. wurde von Wehrmachtsangehörigen Nachthexen genannt. Später wurde es in 46. Garderegiment unbenannt, und gleich nach Kriegsende 1945 wieder aufgelöst.
Viele Russen übernahmen den Spitznamen Nachthexen.


Das Regiment wurde von Marina Raskowa 1941 gegründet, es erhielt die Bezeichnung Fliegergruppe 122. Kommandeurin war Jewdokija Berschanskaja, Stabschefin Irina Rakobolskaja, Regimentsingenieurin Sofia Oserkowa
und Navigationsoffizierin Sofia Bursajewa. Es wurden nur Frauen zugelassen. Die Frauen wurden aus Aeroclubs und aus der zivilen Luftflotte rekrutiert, die Navigatorinnen waren Studentinnen.

Der erste Einsatz wurde ab dem 8. Juni 1942 im südlichen Donbass im Abschnitt Konstantinowka–Melechowka–Rasdorska geflogen, weitere Einsätze im Kaukasus und auf der Krim, wo auch Versorgungsflüge für den Brückenkopf Eltigen getätigt wurden.

Am 8. Februar 1943 wurde dem Regiment der Titel 46. Gardefliegerregiment verliehen, am 10. Juni wurde das Gardebanner verliehen.

Für die grossartige Leistung bei der Rückeroberung der Halbinsel Taman wurde im September/Oktober 1943 der Beiname 46. Tamaner Garderegiment vergeben.

Die letzten Kampfeinsätze wurden bei Danzig, Stettin Köslin und gegen den Hafen von Swinemünde geflogen.

Das Regiment flog 23.672 Einsätze und verstreute rund 3.000 Tonnen Bomben, 17 grössere Brücken, 9 Eisenbahnzüge, 26 Muntions- und Treibstofflager, 176 Lastkraftwagen und 86 Feuerstellen wurden zerstört. 1.000 Einsätze wurden durchschnittlich von einer Pilotin geflogen, von den 29 Frauen die den Titel „Held der Sowjetunion“ erhielten waren 23 Nachthexen, 14 Pilotinnen kamen ums Leben.

Die Flugzeuge waren im Prinzip Doppeldecker, die aus Holz und Stoff gebaut wurden und bereits 1927 entwickelt wurden. Das Flugzeug wurde für Lernzwecke gebaut, um Pflanzenschutzmittel auf Feldern zu versprühen.

Das Flugzeug (Polikarpow Pp-2) war sehr langsam aber gut zu manöverieren, deshalb hatte die Deutsche Luftwaffe Schwierigkeiten mit Abschüssen.
Auch konnte die Maschine nicht viel Bomben tragen, deshalb musste es pro Nacht vielleicht bis zu 7 Mal in den Himmel.

Bis in die 90er Jahre wurde nicht über die Frauen gesprochen, die auch Dienst an der Waffe taten und zum Teil ihr Leben für ihr Land gaben.

Die 23 „Heldinnen der Sowjetunion“ aus dem Regiment (in Klammern die Einsätze)

• Raissa Aronowa (960 Einsätze)
• Wera Belik (postum, 813)
• Antonina Chudjakowa (?)
• Rufina Gaschewa (848)
• Polina Gelman (850)
• Tatjana Makarowa (postum, 628)
• Natalja Meklin (980)
• Jewdokija Nikulina (774)
• Jewdokija Nossal (postum, 354)
• Soja Parfenowa (680)
• Jewdokija Pasko (?)
• Nadeschda Popowa (850)
• Nina Raspopowa (857)
• Jekaterina Rjabowa (?)
• Larissa Rosanowa (816)
• Jewgenija Rudnewa (postum, 645)
• Olga Sanifirowa (postum, 800)
• Jewgenia Schigulenko (968)
• Irina Sebrowa (1008)
• Maria Smirnowa (950)
• Maguba Syrtlanowa (782)
• Marina Tschetschnewa (810)
• Nina Uljanenko (?)

Quellen: A. Noggle: A Dance With Death: Soviet Airwomen in World War II, eigene Aufzeichnungen
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Marek1964
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Hochinteressanter Thread, Orianne. Bis Du sicher, dass es sich nur um Russinnen handelte? Keine anderen nationen? Ich weiss ja nicht, ob die teilweise weiblichen nachnnamen (mit a am Schluss) auf Deiner Liste auf russischen Herkunft, währenddem die nicht weiblichen (Belik, Gelman, Uljanenko) einer andere nation angehören?

Die Goebbelssche Propaganda verunglimpfte ja gerne die sowjetischen Soldatinnen als "Flintenweiber", selbst hatte man trotz totalem Krieg ja davon abgesehen, Frauen in kämpfenden Truppen einzusetzen, 14jährige HJ Jungs, "durften" ran, Frauen waren nur in Fabriken oder unbewaffneten Funktionen zulässig. Aber anderes Thema.

Auch unter den Scharfschützen der Roten Armee waren auffallend viele Frauen, so ich mich richtig erinnere, auch eine Tschechin. Die wohl bekannteste Scharfschützin ist Ljudmila Pawlitschenko.

http://de.wikipedia.org/wiki/Ljudmila_M ... litschenko

Bist Du sicher, dass nicht viel über die Frauen in der Roten Armee in der Sowjetunion wenig gesprochen wurde? Immerhin wurde 1976 zu Ehre von Ljudmila Pawlitschenko ein Marke herausgegeben, einsehbar auf obigem wiki link.

Weitere Details zu Frauen in der Roten Armee hier:
http://en.wikipedia.org/wiki/Soviet_wom ... rld_War_II
http://en.wikipedia.org/wiki/Snipers_of ... viet_Union
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Gontscharow
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In der Sojetunion haben Frauen ALLES gemacht .... ich habe bei uns beispielsweise noch nie Frauen gesehen, die Straßenbauarbeiten
durchgeführt haben - z.B, eine Straße geteert. In der Sowjetunion ein alltäglicher Anblick.
Ich hatte dabei aber selten den Gedanken der Emanzipation, sondern eher den der Ausbeutung.... denn diese
Frauen hatten den Haushalt und die Kinder "nebenbei" ebenso zu stemmen wie die Frauen im Westen. Der sowjetische
Mann war da i.d,R, eher wenig hilfreich, mit Verlaub.
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Orianne
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Natürlich gab es in der Wehrmacht auch Frauen die sogenannten "Blitzmädchen". Bei den Sowjets kämpften Frauen auch bei der Infanterie, Artillerie und bei den Panzern, vornehmlich aber schon in der Infanterie. Bei Scharfschützinnen und Schützen wurden Medikamente abgegeben, die den Blutdruck senken sollten und für eine ruhigere Hand sorgten, ich las das in dem oben aufgeführten Buch. Bei Olympischen Spielen stehen diese Mittel auf der Dopingliste, in Peking 2008 wurde eine Reihe Chinesen erwischt.

Soviel ich weiss, war das Thema wirklich tabu bis in die 90er Jahre, man merkt es, dass der Führung diese "Hexen" unangenehm waren, darum lösten sie das Regiment schon 1945 wieder auf, ein Widerspruch besteht schon, und zwar mit dem Titel "Held der Sowjetunion" und der Briefmarke, Breschnew war ja Kriegsteilnehmer, er hätte diese Ehrentitel aberkenne können, dies tat er aber nicht, also noch ein Widerspruch.

Im Endkampf um Berlin wurden auch Mädchen mit Gewehren und Panzerfäusten bewaffnet, aber die meisten von ihnen fielen, oder sie wurden von den Russen entführt, und man hörte nie wieder etwas von ihnen, so wie von den vielen Kindern aus Polen und aus den Baltischen Staaten. Die Kinder wurden gezielt nach Sibirien umgesiedelt, weil die SU wirklich fast keine jungen Leute mehr hatten.
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Marek1964
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Gontscharow hat geschrieben:In der Sojetunion haben Frauen ALLES gemacht .... ich habe bei uns beispielsweise noch nie Frauen gesehen, die Straßenbauarbeiten
durchgeführt haben - z.B, eine Straße geteert. In der Sowjetunion ein alltäglicher Anblick.
Ich hatte dabei aber selten den Gedanken der Emanzipation, sondern eher den der Ausbeutung.... denn diese
Frauen hatten den Haushalt und die Kinder "nebenbei" ebenso zu stemmen wie die Frauen im Westen. Der sowjetische
Mann war da i.d,R, eher wenig hilfreich, mit Verlaub.
Ja, das habe ich schon in einer Doku im Deutschen Fernsehen Anfang der Achtziger Jahre so gesehen, wo das Alltagsleben einer Familie in Moskau geschildert wurde, und tatsächlich eine Frau sinngemäss zitiert wurde, wir haben zwar die gleichen Rechte (oder werden gleich bezahlt, so genau erinnere ich mich nicht mehr), aber machen dafür eine Arbeit mehr...

Hier in Tschechien, wenn ich da ältere Mitbürger zur sozialistischen Zeit (die ich ja selbst nicht erlebt habe) höre, machten zwar die Frauen den Haushalt und besorgten die Kinder, aber die Männer mussten sich häufig als Handwerker bedienen, da diese nicht zu haben waren. Einkaufen und Schlange stehen durften glaube ich beide Geschlechter, aber eine genaue Statistik habe ich da nicht.

Aber vielleicht ein interessanter Thread "Geschlechterrollen und Gleichberechtigung im Sozialismus", wenn ihn jemand eröffnen will, nur zu.
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Orianne
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Ich habe auch so eine Dokumentation bei Youtube gesehen, es ist natürlich der Wodka, der schon immer sein Unwesen trieb, ich denke, dass die Regierung das nie in den Griff bekommen wird. Der Wodka, die Träne Gottes!

https://www.youtube.com/watch?v=XAIcl9JyozQ
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Triton
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In der deutschen Luftwaffe gab es durchaus Pilotinnen, die aber vor allem Testflüge durchführten. Man darf nicht vergessen, was weiblichen Soldaten geblüht hätte, wenn sie in Gefangenschaft geraten wären.

Es stimmt natürlich, dass Hitler keine Frauen in der Wehrmacht wollte, und schon gegen Frauen in Rüstungsbetrieben Bedenken hatte. Erst als die Lage dazu zwang, alle männlichen Arbeiter an die Front zu werfen, änderte sich das.

Was mir zu den Nachthexen noch einfällt: Die Po2 war das meistgebaute Flugzeug der Welt, eigentlich kein Kampfflugzeug, aber weil so zahlreich vorhanden, dachte man sich eben das neue Einsatzgebiet aus. Vor allem sollten die Flüge natürlich den Schlaf der Gegner stören, bei der geringen Bombenlast war sonst wenig zu erreichen. Die Japaner wendeten ähliche Taktiken an, wahrscheinlich auch die Deutschen.

Der Konstrukteur der Po2 wurde von Stalin ins Gulag gesteckt, irgendwann daurfte er nach Konstruktion der "Rata" wieder raus.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
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Orianne
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Melitta Schenk Gräfin von Stauffenberg, Hanna Reitsch und Beate Uhse, die waren Testpilotinnen, Melitta von Stauffenberg hatte sogar einen jüdischen Vater, aber Göring bestimmte ja wer Jude ist. Beate Uhse soll sogar den Strahljäger ME 262 geflogen sein.
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