Das (Fehl-?)Urteil von Nürnberg - Alfred Jodl

Der zerstörerische Krieg von Hitler und seinen Schergen gegen Europa

Moderator: Barbarossa

Katarina Ke
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Natürlich ist es nicht unproblematisch, in eigener Sache das Wort zu ergreifen. Ich habe nie behauptet, dass mein Aufsatz, der auch auf meiner Homepage nachzulesen ist (es handelt sich nicht um eine kommerzielle Seite, keine Sorge) "Unfehlbarkeitscharakter" hat. Dass mein Beitrag von Fehlern nur so wimmelt, möchte ich bestreiten. Nicht bestreiten möchte ich dagegen, dass Prof. Neitzel zu den international führenden Experten auf dem Gebiet des Zweiten Weltkriegs gehört. In dieser Liga habe ich nichts zu suchen.

Die beste Biographie über Alfred Jodl legte der Berliner Historiker Bodo Scheurig vor, ein Schüler von Hans Herzfeld.

Mein Aufsatz über Alfred Jodl erschien zuerst 2012 in der Internetzeitschrift "Globkult" unter dem Titel: "Kein General für das Fernsehen". Damals wurde am 01. November ein Fernsehfilm über den Generalfeldmarschall Erwin Rommel ausgestrahlt. Über Alfred Jodl wäre ein solcher Film nicht gedreht worden und mich interessierte, was einen Mann wie Jodl, der nach den verfügbaren Quellen 1933 gegenüber Hitler noch eine skeptische Haltung einnahm, auf einmal zum glühenden Bewunderer des Diktators machte.

In meinem Aufsatz versuchte ich, einige Gründe zu nennen. Jodl stand der 'Volksgemeinschaftsideologie' des NS-Regimes positiv gegenüber; die Versetzung in das Reichskriegsministerium eröffnete große Karrierechancen (wobei Jodl wahrscheinlich auch ohne die Machtübernahme der Nationalsozialisten Karriere gemacht hätte) und die 'außenpolitischen Erfolge' der Jahre 1935 bis 1938 beeindruckten ihn.

Alfred Jodl war von Hitler zwischen 1938 und 1942 begeistert; nach schweren Meinungsverschiedenheiten bei der Durchführung von "Unternehmen Blau" im Herbst 1942 ging sein Einfluss zurück, aber er konnte sich bis zum Tode Hitlers nicht aus dem Banne des Diktators lösen.

Die Todesstrafe hat er in meinen Augen nicht verdient, und meine Haltung habe ich auch begründet. Wie man nach der Lektüre meines Aufsatzes zu der Festellung kommt, ich hätte das Todesurteil für rechtmäßig gehalten, ist mir schleierhaft. Ich zitiere:

"Zweifellos trug Alfred Jodl Schuld. Doch gemessen an den in Nürnberg formulierten Rechtsprinzipien und an den übrigen Urteilen, wäre wohl eher eine zeitlich begrenzte Haftstrafe wie bei Großadmiral Dönitz und anderen angebracht gewesen, nicht aber der Tod durch den Strang."

Ich stimme Triton zu, dass Jodl nicht zu den persönlichen Vertrauten Hitlers gehörte.

Triton schreibt: "Ian Kershaw beschreibt Jodl als "glühenden Verehrer" Hitlers. Deshalb nehme ich an, dass er sich mit ihm anlegte, um ihm zu helfen."

Jodl hat Hitler auch nach der Auseinandersetzung in der Kaukasus-Krise 1942 selten offen widersprochen. Stattdessen versuchte er, den ihm unterstellten Truppen auf den OKW-Kriegsschauplätzen den Rücken frei zu halten. Generalfeldmarschall Kesselring, 1943 Oberbefehlshaber auf dem italienischen Kriegsschauplatz, hat das in seinen Memoiren bestätigt. Auf der anderen Seite sind auch genug "Durchhaltereden" des Chefs des Wehrmachtführungsstabes zwischen 1943 und 1944 überliefert. Warum sollte Jodl sich mit Hitler "anlegen", um dem Diktator zu helfen?

Hitler wollte im Herbst 1942 Jodl durch General Paulus ersetzen, sobald dieser mit der 6. Armee Stalingrad erobert hatte. Nach eigenen Worten bemühte sich Jodl bei Hitlers Wehrmachtsadjutanten Schmundt mehrmals um ein Frontkommando. Nachdem Paulus in Stalingrad in Gefangenschaft gegangen war, machte der Diktator klar, dass Jodl bleiben müsse.

Triton: Ich kenne keine Quelle, die nachweist, dass Jodl seinem Obersten Befehlshaber im Dezember 1940 den Angriff auf die Sowjetunion ausgeredet hätte.
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Triton
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Katarina Ke hat geschrieben:Triton: Ich kenne keine Quelle, die nachweist, dass Jodl seinem Obersten Befehlshaber im Dezember 1940 den Angriff auf die Sowjetunion ausgeredet hätte.
Irgend so ein dicker Wälzer in meinem Buchregal.
Ich werde es finden.

Es ist mir nur in Erinnerung geblieben, dass nicht nur Jodl sondern sogar Keitel den offensichtlichen Blödsinn des Vorschlags erkannt haben und die Gelegenheit genutzt haben sollen, offen zu widersprechen.
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Kanani
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Sehe das wie Katarina KE.

Jodl eine Gefängnisstrafe und nicht den Strick.

Anstatt Jodl, hätte Dönitz den Strick verdient gehabt, denn er hat bewußt Unschuldige an den Galgen geführt.

Quelle: Peter C. Hansen - Hingerichtet nach Pflichterfüllung
Suebe
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Ohne die Diskussion hier verfolgt zu haben.
Den Kriegsächtungspakt "Kellogg-Pakt" hat auch Jodl bewusst und absichtlich gebrochen.
Es ist zur Durchsetzung des Völkerrechts unumgänglich, dass dafür eine Strafe erfolgen musste.
Katarina Ke
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Ob der "Kellogg-Pakt" für einzelne Personen bindend war, ist fraglich.

Alfred Jodl war Generalstabsoffizier, der militärische Operationen vorzubereiten hatte. Jodl hat nicht den Überfall auf Polen, Norwegen oder Russland befohlen. Man kann ihm vorwerfen, dass er nicht die Gefahren erkannte, die ein Mehrfrontenkrieg für das Reich heraufbeschwor.
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dieter
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Liebe Katharina,
das war auch eigentlich nicht seine Sache, dass mussten die Politiker entscheiden, angefangen bei Hitler. Er hatte nur die Befehle auszuführen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Suebe
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Katarina Ke hat geschrieben:Ob der "Kellogg-Pakt" für einzelne Personen bindend war, ist fraglich.

Alfred Jodl war Generalstabsoffizier, der militärische Operationen vorzubereiten hatte. Jodl hat nicht den Überfall auf Polen, Norwegen oder Russland befohlen. Man kann ihm vorwerfen, dass er nicht die Gefahren erkannte, die ein Mehrfrontenkrieg für das Reich heraufbeschwor.

Das hat aber doch mit dem "Urteil von Nürnberg" nun wirklich nichts zu tun.
Jodl war an der Planung von diversen Angriffskriegen maßgeblich beteiligt. Hier greift der Kriegsächtungs-Pakt.
Katarina Ke
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Das war für das Urteil von großer Bedeutung. Mal abgesehen von der Frage, ob der Kellogg-Pakt für einzelne Personen eine Strafbarkeit begründet, so bleibt zumindest die Frage, ob ein Generalstabsoffizier im Range eines Generals ohne Befehlsgewalt unter den Kellogg-Pakt fällt. Das halte ich für zweifelhaft.

Meines Wissens hat Jodl beim "Führer" nicht darauf gedrängt, Polen oder die Sowjetunion anzugreifen. Widerspruch von ihm ist allerdings auch nicht überliefert.
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Marek1964
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Katarina Ke hat geschrieben:
Meines Wissens hat Jodl beim "Führer" nicht darauf gedrängt, Polen oder die Sowjetunion anzugreifen. Widerspruch von ihm ist allerdings auch nicht überliefert.
Etwas off-topic, doch wohl vielleicht nicht unbedingt einen Thread wert, soll nicht Rundstedt gesagt haben: "Haben Sie, mein Führer, die Risiken, der Operationen, die vor uns liegen, bedacht?". Wenn ich mich nicht irre, war das allerdings ohnehin am Vorabend des Angriffs, also wohl zu spät, und auch nicht wirklich Widerspruch.

Hitler soll ja dann geantwortet haben: Risiko? Alles, was ich von ihnen verlange, ist, dass die Tür mit einem kräftigen Tritt eintreten, das Haus fällt dann von selbst zusammen.

Stimmt das oder ist das eine Legende?
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Triton
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Jodl entwickelte durchaus eigene Strategien und mischte sich in Führerbefehle ein. Als Hitler 1940 in Narvik die Nerven verlor, soll er den Befehl zum Abzug der Gebrigsjäger einfach nicht weitergegeben haben. Er war also mehr als ein reiner Befehlsempfänger, was aber nichts daran ändert, dass die Kriegsziele nicht von ihm bestimmt wurden. Höchstens beriet er Hitler zu den Erfolgschancen, was diesen indirekt beeinflusste.

Ganz sicher hat er Hitler die Erfolgsaussichten der Wehrmacht im Osten als viel zu rosig dargestellt, damit die Entscheidung für "Barbarossa" nicht gerade behindert. Jodl hatte von der Abwehr falsche Informationen über den Stand der sowjetischen Rüstung, noch fälschere über das Industriepotential, orientierte sich an den Erfahrungen des 1.Weltkriegs und wurde durch den sowjetisch-finnischen Winterkrieg vollends in seiner abschätzigen Meinung zur Roten Armee bestärkt.
Der Zeitpunkt zum Angriff schien günstig und war es wahrscheinlich auch, was er Hitler so mitteilte. Das gehörte zu seinen Aufgaben in seiner Position.

Wenn "Planung eines Angriffskrieges" also ein Anklagepunkt war, kann man ihn schlecht davon freisprechen. Ich sehe nur nicht, wie das bei der Position Jodls ein Todesurteil rechtfertigt. Vor allem wenn man Speer dazu vergleicht. Oder die beiden Admiräle Raeder und Dönitz, die eher schon mit eigenen Kriegszielen Hitler in den Ohren lagen. Die Idee zur Invasion Norwegens stammt wohl ursprünglich von Raeder.
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Marek1964
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Triton hat geschrieben: Wenn "Planung eines Angriffskrieges" also ein Anklagepunkt war, kann man ihn schlecht davon freisprechen. Ich sehe nur nicht, wie das bei der Position Jodls ein Todesurteil rechtfertigt. Vor allem wenn man Speer dazu vergleicht. Oder die beiden Admiräle Raeder und Dönitz, die eher schon mit eigenen Kriegszielen Hitler in den Ohren lagen.
Da gebe ich Dir Recht. Ich bin der Ansicht, dass man schon Jodl hat erschiessen (vielleicht nicht hängen) können angesichts des Völkergemetzels und der vielen tapfere Menschen, die ihr Leben gelassen haben aber auch der sinnlosen Todesurteile bis auch noch nach Hitlers Tod.

Aber dann hätten eben die drei anderen, die Du erwähnst, auch hingerichtet gehört.
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dieter
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Katarina Ke hat geschrieben:Das war für das Urteil von großer Bedeutung. Mal abgesehen von der Frage, ob der Kellogg-Pakt für einzelne Personen eine Strafbarkeit begründet, so bleibt zumindest die Frage, ob ein Generalstabsoffizier im Range eines Generals ohne Befehlsgewalt unter den Kellogg-Pakt fällt. Das halte ich für zweifelhaft.

Meines Wissens hat Jodl beim "Führer" nicht darauf gedrängt, Polen oder die Sowjetunion anzugreifen. Widerspruch von ihm ist allerdings auch nicht überliefert.
Liebe Katarina,
das war auch nicht seine Aufgabe. :wink:
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Triton hat geschrieben: Wenn "Planung eines Angriffskrieges" also ein Anklagepunkt war, kann man ihn schlecht davon freisprechen. Ich sehe nur nicht, wie das bei der Position Jodls ein Todesurteil rechtfertigt. Vor allem wenn man Speer dazu vergleicht. Oder die beiden Admiräle Raeder und Dönitz, die eher schon mit eigenen Kriegszielen Hitler in den Ohren lagen. Die Idee zur Invasion Norwegens stammt wohl ursprünglich von Raeder.
Lieber Joerg,
Angriffskriege gab es schon immer in der Geschichte. Wieso sollen die auf einmal verwerflich sein :?: Wo gibt es ein Gesetz dazu oder entsprechende Beschlüsse und vom wem :?:
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Orianne
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1. Titel - Friedensverrat (§§ 80 - 80a)

§ 80
Vorbereitung eines Angriffskrieges

Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.

§ 80a
Aufstacheln zum Angriffskrieg

Wer im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) zum Angriffskrieg (§ 80) aufstachelt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Aus dejure.org
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
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dieter
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Liebe Orianne,
vielen Dank für Deine Informationen. Nur das Grundgesetz wurde erst nach Hitlers Angriffskrieg konzipiert und konnte sicherlich für Hitler kein Maßstab sein. :wink: :mrgreen: (Entschuldige bitte, das ist eine bittere Ironie)
Liebe Orianne,
habe eben im Grundgesetz nachgeschaut, da steht es nicht drin, ist das die UN-Charta, die Du anführst, :?: auch die wäre nach Hitler gewesen. :wink:
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