Die Neuordnung des Nahen Ostens

Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts

Moderator: Barbarossa

Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

10.8.1914
Die beiden deutschen Kreuzer "Goeben" und "Breslau" erreichen die Dardanellen und werden der osmanischen Marine übergeben.
2.11.1914
Nach Bombardements russischer Schwarzmeer-Häfen durch die beiden ehemaligen deutschen Schlachtschiffe erklärt Russland dem Osmanischen Reich den Krieg. Drei Tage später folgt die britische Kriegserklärung.
Quelle: Der Spiegel
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Suebe
Mitglied
Beiträge: 201
Registriert: 30.05.2012, 11:01

dieter hat geschrieben:10.8.1914
Die beiden deutschen Kreuzer "Goeben" und "Breslau" erreichen die Dardanellen und werden der osmanischen Marine übergeben.
2.11.1914
Nach Bombardements russischer Schwarzmeer-Häfen durch die beiden ehemaligen deutschen Schlachtschiffe erklärt Russland dem Osmanischen Reich den Krieg. Drei Tage später folgt die britische Kriegserklärung.
Quelle: Der Spiegel
Anmerkung:
Die Breslau war ein leichter Kreuzer.

Hintergrund: Die Osmanen hatten bei den Briten zwei Schlachtschiffe bestellt, das eine wurde bereits im Mai fertig, das andere im Juli 1914, mit allerlei windigen Erklärungen wurden die Schiffe den Türken wochenlang vorenthalten, obwohl im voraus schon bezahlt! Schließlich wurden sie "requiriert". Grey teilte den Osmanen mit, dass "man wohlwollend prüfen würde, ob man den Kaufpreis rückerstatten könne".....
Für die Finanzierung der Schiffe hatte in der Türkei ein Volkssammlung stattgefunden, der Bauer im hintersten Anatolien hatte sein Scherflein beigetragen.
Als sich die Goeben und Breslau hinter die Dardanellen gerettet hatten, hat Berlin sie den Türken als Ersatz "verkauft". Und innerhalb 3 Monaten die Osmanen zum Kriegseintritt auf Seiten der mittelmächte veranlasst.

Es war die wohl folgenreichste Fehlentscheidung die die Briten beim Beginn des 1. Weltkrieges machten.
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Lieber Schwabe,
Danke für diese Informationen. :D
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Februar 1915
Die Alliierten greifen die türkische Halbinsel Gallipoli an; die Eroberung scheitert jedoch nach monatelanger Schlacht. Daraufhin bereiten die Briten Angriffe auf die arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches vor.
Oktober 1915
Sir Henry McMahon, der britische Hochkommissar in Ägypten, sagt dem Scherifen von Mekka die Unterstützung im Konflikt mit den Türken und die Gründung eines unabhängigen Araberstaates zu. Die Franzosen werden von den Briten über diese Zusage nicht informiert.
Quelle: Der Spiegel
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

16.5.1916
Briten und Franzosen besiegeln das geheime Sykes-Picot-Abkommen, in dem sie ihre Einflusssphären im Nahen Osten nach dem Ersten Weltkrieg festlegten. Den Arabern enthalten die Briten dieses Abkommen vor.
11.3. 1917
Die Briten nehmen Bagdad ein, am Jahresende auch Jerusalem.
2.11.1917
Der britische Außenminister Balfour verspricht, das jüdische Volk bei der Errichtung einer "nationalen Heimstätte" in Palästina zu unterstützen.
Quelle: Der Spiegel
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

30.10.1918
Mit dem Waffenstillstand von Mudros wird das Osmanische Reich, mit Ausnahme Anatoliens, unter Briten, Franzosen und ihren Partnern aufgeteilt.
April 1920
Auf der Konferenz von San Remo erhält Frankreich ein Mandat für Syrien und den Libanon, Großbritannien das für Mesopotamien, den späteren Irak. Palästina wird Mandat des Völkerbunds, der es 1922/23 den Briten überträgt. In der heutigen Türkei müssen die Siegermächte ihre Beschlüsse von 1920 zurücknehmen: Hier gründet Mustafa Kemal, der spätere Atatürk, die Türkische Republik.
Quelle: Der Spiegel
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Suebe
Mitglied
Beiträge: 201
Registriert: 30.05.2012, 11:01

Bei der "Neuordnung" wurden eine ganze Anzahl von "Unordnungen" geschaffen, die die Welt über diverse Nahostkonflikte bis heute beschäftigt haben.
Die du bereits angeführt hast.
Mal eine kurze Zusammenfassung.
So wurde Palästina den Arabern UND den Juden (Balfour-Deklaration) versprochen. Vorsichtshalber haben es die Briten dann für sich selbst behalten, womit sich Juden und Araber angeschmiert fühlten.
1918 ist Feisal als "König von Arabien" in seine Hauptstadt Damaskus eingezogen, um Monate später zu erfahren, dass Syrien den Franzosen gehörte....
Feisal durfte dann König des Irak werden, wo sich seine Dynastie überhaupt nicht etablieren konnte.
Die Briten bemerkten im Oktober 1918, nach Abschluss des Waffenstillstandes, dass ihnen das Erdölgebiet von Mossul noch gar nicht gehörte, da wurde der Waffenstillstand noch für 2 wochen "nicht vollzogen" und fröhlich weitermarschiert, bis man hatte, was man brauchte.
Der griechisch./.türkische Krieg, der sich im Gefolge entwickelte, führte zu fürchterlichen Verbrechen "die Fremdvölkischen im Kampfgebiet mussten alle über die Klinge springen" (aus eine zeitgenössischen Publikation) und letztlich in einem "Bevölkerungsaustausch" endeten der zum Muster der 1945er Vertreibungen wurde.

Unvollständig.
Insgesamt jedenfalls mit nicht zu überschätzender Bedeutung für die Störungen des Weltfriedens seit 1918 bis 2014
Benutzeravatar
Triton
Mitglied
Beiträge: 1909
Registriert: 09.10.2012, 10:30

Suebe hat geschrieben:Als sich die Goeben und Breslau hinter die Dardanellen gerettet hatten, hat Berlin sie den Türken als Ersatz "verkauft". Und innerhalb 3 Monaten die Osmanen zum Kriegseintritt auf Seiten der mittelmächte veranlasst.

Es war die wohl folgenreichste Fehlentscheidung die die Briten beim Beginn des 1. Weltkrieges machten.
Eine echte Wahl gab es für die beiden Schiffe des Mittelmeer-Geschwaders nicht, weil sie ja schlecht an Gibraltar vorbei nach Hause schippern konnten. Als Alternative wäre nur ein Anschluß an die inaktive KuK-Flotte in Betracht gekommen, um dann dort im Hafen von Triest vor sich hin zu rosten.
Die Goeben (auch kein Schlachtschiff sondern ein Schlachtkreuzer) blieb bis in die 70er Jahre in der türkischen Marine und diese bot dann einen Rückverkauf nach Deutschland an. Das Deutsche Museum hatte Interesse, aber kein Geld. Wirklich schade um das interessante Denkmal deutscher Geschichte, aber auch irgendwie verständlich. Nicht mal die Briten konnten ein einziges Schlachtschiff aus den Weltkriegen erhalten.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Suebe hat geschrieben:Bei der "Neuordnung" wurden eine ganze Anzahl von "Unordnungen" geschaffen, die die Welt über diverse Nahostkonflikte bis heute beschäftigt haben.
Die du bereits angeführt hast.
Mal eine kurze Zusammenfassung.
So wurde Palästina den Arabern UND den Juden (Balfour-Deklaration) versprochen. Vorsichtshalber haben es die Briten dann für sich selbst behalten, womit sich Juden und Araber angeschmiert fühlten.
1918 ist Feisal als "König von Arabien" in seine Hauptstadt Damaskus eingezogen, um Monate später zu erfahren, dass Syrien den Franzosen gehörte....
Feisal durfte dann König des Irak werden, wo sich seine Dynastie überhaupt nicht etablieren konnte.
Die Briten bemerkten im Oktober 1918, nach Abschluss des Waffenstillstandes, dass ihnen das Erdölgebiet von Mossul noch gar nicht gehörte, da wurde der Waffenstillstand noch für 2 wochen "nicht vollzogen" und fröhlich weitermarschiert, bis man hatte, was man brauchte.
Der griechisch./.türkische Krieg, der sich im Gefolge entwickelte, führte zu fürchterlichen Verbrechen "die Fremdvölkischen im Kampfgebiet mussten alle über die Klinge springen" (aus eine zeitgenössischen Publikation) und letztlich in einem "Bevölkerungsaustausch" endeten der zum Muster der 1945er Vertreibungen wurde.

Unvollständig.
Insgesamt jedenfalls mit nicht zu überschätzender Bedeutung für die Störungen des Weltfriedens seit 1918 bis 2014
Lieber Schwabe,
das alles kann nur unvollständig sein, weil alles zu umfangreich ist. Trotzdem vielen Dank für deine Schilderungen. :)
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Triton hat geschrieben:
Suebe hat geschrieben:Als sich die Goeben und Breslau hinter die Dardanellen gerettet hatten, hat Berlin sie den Türken als Ersatz "verkauft". Und innerhalb 3 Monaten die Osmanen zum Kriegseintritt auf Seiten der mittelmächte veranlasst.

Es war die wohl folgenreichste Fehlentscheidung die die Briten beim Beginn des 1. Weltkrieges machten.
Eine echte Wahl gab es für die beiden Schiffe des Mittelmeer-Geschwaders nicht, weil sie ja schlecht an Gibraltar vorbei nach Hause schippern konnten. Als Alternative wäre nur ein Anschluß an die inaktive KuK-Flotte in Betracht gekommen, um dann dort im Hafen von Triest vor sich hin zu rosten.
Die Goeben (auch kein Schlachtschiff sondern ein Schlachtkreuzer) blieb bis in die 70er Jahre in der türkischen Marine und diese bot dann einen Rückverkauf nach Deutschland an. Das Deutsche Museum hatte Interesse, aber kein Geld. Wirklich schade um das interessante Denkmal deutscher Geschichte, aber auch irgendwie verständlich. Nicht mal die Briten konnten ein einziges Schlachtschiff aus den Weltkriegen erhalten.
Lieber Joerg,
für das Museum wäre es natürlich interessant gewesen das Schiff zu haben, für die Marine sicherlich nicht. :wink: :mrgreen:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Benutzeravatar
Triton
Mitglied
Beiträge: 1909
Registriert: 09.10.2012, 10:30

dieter hat geschrieben: für das Museum wäre es natürlich interessant gewesen das Schiff zu haben, für die Marine sicherlich nicht. :wink: :mrgreen:
Die Marine unterhält immerhin ein intaktes Typ VIIC U-Boot aus Hitlers böser Kriegsmarine. Das kleine und arme Griechenland hat einen alten Panzerkreuzer als Museumsschiff.
Damals Ende der 60er, Anfang der 70er war das politische Klima denkbar ungeeignet, Geld für ein historisches Kriegsschiff bereitzustellen. Dabei war man sich voll bewusst, eine einmalige Chance zu vertun.

Heute wäre ein intakter Schlachtkreuzer aus Kaisers Flotte sicher ein ungeheurer Publikumsmagnet, weil so in der ganzen Welt nicht mehr vorhanden.

Beste Grüße
Joerg
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Lieber Joerg,
zur Besichtigung zweifellos. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Suebe
Mitglied
Beiträge: 201
Registriert: 30.05.2012, 11:01

Triton hat geschrieben:
dieter hat geschrieben: für das Museum wäre es natürlich interessant gewesen das Schiff zu haben, für die Marine sicherlich nicht. :wink: :mrgreen:
Die Marine unterhält immerhin ein intaktes Typ VIIC U-Boot aus Hitlers böser Kriegsmarine. Das kleine und arme Griechenland hat einen alten Panzerkreuzer als Museumsschiff.
Damals Ende der 60er, Anfang der 70er war das politische Klima denkbar ungeeignet, Geld für ein historisches Kriegsschiff bereitzustellen. Dabei war man sich voll bewusst, eine einmalige Chance zu vertun.

Heute wäre ein intakter Schlachtkreuzer aus Kaisers Flotte sicher ein ungeheurer Publikumsmagnet, weil so in der ganzen Welt nicht mehr vorhanden.

Beste Grüße
Joerg

recht hast.
Nur, man braucht halt einen der zahlt. Und wenn man den nicht hat.....

Als die Deutschland Anno 89 außer Dienst gestellt wurde,
Bild
gab es ähnlice Überlegungen,
aber am Ende auch keinen der das Geld auf den Tisch legte.
Benutzeravatar
Triton
Mitglied
Beiträge: 1909
Registriert: 09.10.2012, 10:30

http://de.wikipedia.org/wiki/HMS_Erin
http://de.wikipedia.org/wiki/HMS_Agincourt_%281913%29
Das waren die beiden türkischen Dreadnoughts, die von den Briten einfach beschlagnahmt wurden. Auf der Erin waren schon die türkischen Besatzungen drauf. Schon dreist, was sich die Briten geleistet haben.

Naja, die Deutschland war einfach ein veraltetes Nachkriegsschiff ohne historische Bedeutung. Wegen ihr wäre niemand aus dem Ausland angereist. Heute fahren Marinefans nach Amerika, um sich die letzten Beispiele der Schlachtschiffära anzuschauen. Dort wird übrigens selbst von Schulklassen gespendet, um solche Museumsschiffe zu erhalten. Das schaffen selbst kleine Bundesstaaten. Das U-Boot in Laboe ist deutlich kleiner, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es riesige Summen verschlingt, es dort zu konservieren.

Damals, Mitte der 70er, wusste man ganz genau, dass die Goeben das einzige, in Europa verbliebene Exemplar einer Schiffsgattung war, die immerhin 2 Weltkriege prägte. Vor wenigen Jahren wollte man sogar die völlig verrotete Graf Spee in Uruguay aus ihrem nassen Grab buddeln, um sie restauriert als Museum herzurichten.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Triton hat geschrieben:http://de.wikipedia.org/wiki/HMS_Erin
http://de.wikipedia.org/wiki/HMS_Agincourt_%281913%29
Das waren die beiden türkischen Dreadnoughts, die von den Briten einfach beschlagnahmt wurden. Auf der Erin waren schon die türkischen Besatzungen drauf. Schon dreist, was sich die Briten geleistet haben.
Lieber Joerg,
so sind sie eben unsere lieben Briten, habe sie bei meinen Aufenthalt in Schottland erlebt. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Der I. Weltkrieg“