Warum wurde Sachsen keine Großmacht?

Die Alleinherrschaft wurde durch die Ideen der Aufklärung abgelöst.

Moderator: Barbarossa

Dietrich
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Nemeth hat geschrieben:Wer so einen Nachbarn wie Preußen hatte, hatte es in der jüngeren Geschichte nicht besonders leicht als hochentwickeltes reiches Land in der Mitte Europas zu bestehen.
Das ist ja gerade die Ausgangsfrage: Warum stieg das bettelarme Brandenburg-Preußen - des "Heiligen Römischen Reiches Streusandbüchse" - zur Großmacht auf, während das reichere Sachsen zum Kleinstaat abstieg.

Die Wurzeln für diese Entwicklung liegen nicht erst im 7jährigen Krieg. Die Weichen wurden schon viel früher gestellt und zwar zu Zeiten des Großen Kurfürsten und des Soldatenkönigs, die ein Stehendes Heer als Fundament einer effektiven Außenpolitik aufbauten, die Wirtschaft förderten, die Einwanderung der begabten Hugenotten unterstützten und die Landesverwaltung optimierten.

Statt rauschender Feste wie am sächsichen Hof war innen- und außenpolitische Arbeit angesagt; und das zahlte sich später aus. Obwohl Brandenburg-Preußen (nur mit England verbündet) allein gegen Habsburg und Russland stand, konnten diese alten Mächte Preußens Aufstieg zur europäischen Großmacht nicht aufhalten. Sachsens hingegen war so rückständig, dass selbst sein Pakt mit Russland und Habsburg den Abstieg nicht verhindern konnten. Nach dem 7jährigen Krieg war Sachsen eine Quan­ti­té né­g­li­gea­b­le.
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dieter
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Lieber Dietrich,
gut erklärt. Ich denke an Friedrich den Großen, der sich als erster Diener seines Staates sah. Im Siebenjährigen Krieg gab Friedrich die Anweisung, wenn er gefangen wird, dann soll sein Bruder den Krieg fortsetzen und auf ihn keine Rücksicht nehmen. Diese sachliche Selbstlosigkeit durchzog die preußische Politik, die von Wilhelm II. ins Gegenteil verkehrt wurde. :evil: :twisted:
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Peppone
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Is mir grad aufgefallen: Sachsen WAR eine Großmacht - zur Zeit der "sächsischen Kaiser" des damals noch Ostrfränkischen Reiches vulgo Heiligen Römischen Reiches! Die Liudolfinger/Ottonen beherrschten um das Jahr 950 herum die mächtigsten Herzogtümer des Reichs: Sachsen, Bayern und Schwaben, teilweise hatten mindestens zwei der drei Herzogtümer auch den selben Herzog. Bis zu Heinrich dem Löwen dauerte diese Zeit der "Personalunion" für Bayern und Sachsen (mit Unterbrechungen).

Dieses Sachsen ist aber das heutige Niedersachsen. Die Fragestellung bezog sich auf Kursachsen = Obersachsen, deshalb beende ich meinen sidekick auch gleich wieder... ;)

Beppe
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dieter
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Lieber Beppe,
was haben die heutigen Sachsen und die Kursachsen mit den Niedersachsen in Norddeutschland zu tun :?:
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Dietrich
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Peppone hat geschrieben:Is mir grad aufgefallen: Sachsen WAR eine Großmacht - zur Zeit der "sächsischen Kaiser" des damals noch Ostrfränkischen Reiches vulgo Heiligen Römischen Reiches!
Aber, wie du richtig anmerkst, handelte es sich dabei um das heutige Niedersachsen und nicht um die "Mark Meißen", die erst viel später die Bezeichnung "Sachsen" erhielt.
Der Begriff "Sachsen" war die Elbe aufwärts gewandert, denn auch das Kurfürstentum Sachsen(-Wittenberg) an der mittleren Elbe hatte sich so genannt, von dem das heutige Sachsen (damals Kursachsen) den Staatsnamen übernahm.
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Barbarossa
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dieter hat geschrieben:...
was haben die heutigen Sachsen und die Kursachsen mit den Niedersachsen in Norddeutschland zu tun :?:
Dietrich hat geschrieben:...
Der Begriff "Sachsen" war die Elbe aufwärts gewandert, denn auch das Kurfürstentum Sachsen(-Wittenberg) an der mittleren Elbe hatte sich so genannt, von dem das heutige Sachsen (damals Kursachsen) den Staatsnamen übernahm.
Genau. Das alte Stammesherzogtum der Sachsen wurde von Friedrich I. "Barbarossa" im Zuge der Entmachtung Heinrichs "des Löwen" im Jahre 1180 zerschlagen und in zahlreiche kleinere Fürstentümer aufgegliedert. Ein kleines Rest-Herzogtum Sachsen blieb erhalten, ging aber an die Askanier über, die fortan vor allem in Sachsen-Lauenburg und einem weiteren Gebiet um Wittenberg regierten.
Nach einer dynastischen Teilung am Ende des 13. Jh. und der offiziellen Erhebung Sachsen-Wittenbergs zum Kurfürstentum (Goldene Bulle: 1356) und territorialer Erweiterungen nahm dessen Bedeutung gegenüber Lauenburg zu. So ging der Name "Sachsen" vom heutigen Niedersachsen und Holstein auf das heutige Sachsen über. Es war eine dynastische Wanderung des Namens, die auch Einfluss auf die Benennung der jeweiligen Bevölkerung der Territorien hatte.
siehe dazu auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Stammesherzogtum_Sachsen
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dieter
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Lieber Barbarossa,
gut erklärt. Mir sind trotzdem die Niedersachsen, meine liebe Frau ist eine Niedersächsin, symphatischer als die Leute, welche sich heute als Sachsen bezeichnen. :wink: :mrgreen:
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Harald
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Wie hätte denn Sachsen an Territorium und militärischer Macht wachsen können, eingeklemmt zwischen Österreich und Brandenburg-Preußen. Polen war, wie wir gesehen haben, hierfür überhaupt keine Option. Brandenburg konnte durch den Erwerb von Pommern und Ostpreußen wachsen und durch den Großen Kurfürsten und den (völlig unkriegerischen) Soldatenkönig militärisch bedeutsam werden. Sachsens Interessen lagen auf anderem Gebiet.
Der Geburtsfehler war schon die albertinische/ernestinische Teilung, die eine Ausbreitung von Kursachsen nach Westen verhinderte.

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Dietrich
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Harald hat geschrieben:Wie hätte denn Sachsen an Territorium und militärischer Macht wachsen können, eingeklemmt zwischen Österreich und Brandenburg-Preußen.
Brandenburgs Aufstieg begann erst im 17. Jh. und zu Beginn des 18. Jh. unter dem Großen Kurfürst und dem Soldatenkönig. Zu diesem Zeitpunkt hatte Sachsen noch alle Möglichkeiten, seinen schwächeren nördlichen Nachbarn zu überflügeln.

Allerdings erwiesen sich die Hohenzollern als politisch und miliärisch weitaus begabtere Dynastie als die Wettiner und somit gelang es ihnen, das im 16./17. Jh. bedeutendere Sachsen zu überfügeln. Die wettinischen Herrscher trafen an den entscheidenden Punkten der Geschichte die falschen Entscheidungen - oder sie trafen überhaupt keine. Und so wurde Brandenburg-Preußen zur Großmacht, Sachsen hingegen zum Kleinstaat.
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dieter
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Lieber Dietrich,
dafür spielten die Sachsen in der Geschichte Deutschlands ab 1945 durch Ulbricht eine unrühmliche Rolle. "Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten." :wink: :mrgreen:
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Peppone
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Die DDR als eine Art "Groß-Sachsen"? Das war glaub ich der Eindruck vieler DDR-Bewohner. Sächsisch soll deswegen ein in der DDR relativ unbeliebter Dialekt gewesen sein...

Beppe
Harald
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Wie hätte denn Sachsen Brandenburg überflügeln können? Das habe ich schon am 27.03. gefragt. Ein direkter militärischer Angriff war unmöglich, weil nicht zu begründen und Brandenburg war ebenfalls ein Kurfürstentum. Mit Pommern und Ostpreußen war Brandenburg größer und mächtiger als Sachsen. Sachsen hätte höchstens Polen unterjochen können, aber die Erfolgsaussichten dafür sind sehr zweifelhaft. Das hätte alle Widerstandskräfte der Polen mobilisiert und andere Mächte - Schweden, Rußland - auf den Plan gerufen.

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Dietrich
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Harald hat geschrieben:Wie hätte denn Sachsen Brandenburg überflügeln können? Das habe ich schon am 27.03. gefragt.
Ein wirtschaftlich und miliärisch starkes Sachsen hätte die Preußen im 7jährigen Krieg zusammen mit Habsburg und Russland besiegt und die südlichen Teile Brandenburgs anschließend annektiert.
So jedenfalls wären die Hohenzollern verfahren, wenn sie statt in Brandenburg in Sachsen geherrscht hätten. Und statt Brandenburg-Preußen hätte später das starke Sachsen das Rheinland als "Rheinprovinz" geschluckt.

Es hätte also für ein wirtschaftlich und militärisch exzellent organisiertes Sachsen mit einer gähiogn Dynastie an der Spitze durchaus Möglichkeiten zur Erweiterung des Staatsgebietes und zur Vermehrung der Bevölkerungsbasis gegeben.

Aber: hätte. hätte Fahrradkette! :mrgreen:
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