Deutschlands Umgang mit der Steuerflucht

Steuern, Finanzrecht, Banken, Finanzkrise

Moderator: Barbarossa

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dieter
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1919
In der Reichsabgabenordnung gibt es erstmals eine allgemeine Vorschrift zur Straffreiheit für Steuersünder bei Selbstanzeigen. Schon im 19.Jahrhundert taucht diese Regelung in einzelnen Länder- und Reichsgesetzen auf.
1999
Elf Monate mit Bewährung für Springreiter Paul Schockemöhle. Über eine Stiftung in Lichtenstein hatte er Steuern in Millionenhöhe hinterzogen.
Frühjahr 2000
Daten des Lichtensteiner Treuhänders Batliner landen bei der Staatsanwaltschaft Bochum. Über einhundert Anleger geraten ins Visier der Fahnder
Quelle: Der Spiegel
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dieter
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Ende 2003
Finanzminister Hans Eichel lockt mit einem Amnestiegesetz: Straffreiheit und privilegierte Steuersätze für diejenigen, die ihr verstecktes Auslandsvermögen offenbaren.
31.3.2005
<ende der Steueramnestie. Nur wenige haben Eichels Offerte angenommen. Statt erhoffter 5 Milliarden kann der Fiskus nur rund 1,4 Milliarden Euro einnehmen.
Juni 2007
Der Bundesnachrichtendienst kauft gestohlene Kundendaten der Liechtensteiner Bank LGT für 4,6 Millionen Euro.

Quelle: Der Spiegel
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dieter
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Februar 2008
Hausdurchsuchungen beim damaligen Post-Chef Zumwinkel. Er soll eine Lichtensteiner Stiftung Vermögen vor dem Fiskus versteckt haben
Januar 2009
Zumwinkel wird zu zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldbuße von einer Million Euro verurteilt.
Februar 2010
Das Land NRW kauft gestohlene Kundendaten einer Schweizer Bank, der Credit Suisse. Bei den Finanzämtern gehen Tausende Selbstanzeigen ein.
März 2009
Finanzminister Steinbrück sorgt in der Schweiz für Aufregung. Er hat gedroht, "die Kavallerie ausreiten" zu lassen.
Sommer 2010
Ankauf von 200 Datensätzen der Schweizer Privatbank Bär.
Quelle: Der Spiegel
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dieter
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Oktober 2011
Ankauf der Daten von 3000 Kunden der HSBC Luxemburg
Ende 2012
Das Steuerabkommen mit der Schweiz scheitert im Bundesrat. Steuersünder hätten eine anonymisierte Einmalabzahlung ihre Steuerschulden abgelten können.
Januar 2013
Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern München, erstattet Selbstanzeige wegen nicht deklarierter Einkünfte in der Schweiz.
Februar 2014
Der Spiegel macht die Selbstanzeige der Publizistin Schwarzer bekannt. Schwarzer hatte seit den achtziger Jahren ein Konto in der Schweiz.
April 2013
Der Fall Hoeneß kommt an die Öffentlichkeit und löst eine Welle von Selbstanzeigen aus.
Quelle: Der Spiegel
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Spartaner
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Etwas Gutes hat der Fall Hoeneß gebracht . Die Selbstanzeigen haben sich vergangenes Jahr in Deutschland verdreifacht , aber nicht das Gewissen drückte die Steuerflüchtigen zur Selbstanzeige, sondern die Angst erwischt zu werden .Insgesamt liegt die Zahl der Selbstanzeigen im Jahr 2013 bei 24.083, davon gab es rund 6200 in Baden-Württemberg, in NRW waren es rund 4200 und in Bayern 3600. Die wenigsten Selbstanzeigen gab es mit 21 in Mecklenburg-Vorpommern. Für die weitere Bekämpfung der Steuerflucht ist das allerdings zu wenig. Der Justizminister Heiko Maas hat seit seiner Amtseinführung, es noch nicht zu Stande gebracht ein Gesetzentwurf der Unternehmenshaftung dem Kabinett vorzustellen. So ein Gesetz sehe vor, dass schweizer Unternehmen im Falle von aktiver Begünstigung von Steuerflucht haftbar gemacht werden könnten. Ein Abkommen in dieser Form hat bereits die USA mit der Schweiz geschlossen : "Das neue Abkommen beruht auf einer Vereinbarung zur Verständigung und einem Selbstanzeigeprogramm. Der entscheidende Vorteil für die USA: Die Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) ist nicht an diese Übereinkunft gebunden und darf eigenwillig US-Steuerflüchtige sowie Schweizer Banken anzeigen." http://deutsche-wirtschafts-nachrichten ... ommen-aus/. Das Abkommen jedoch, was die deutsche Politik mit der Schweiz abschließen wollten, hatte zu wenig Substanz. Stattdessen werden Länderbeamte die Steuer CD´s ankaufen wollen , kriminalisiert bzw. Strafe angedroht, falls sie in die Schweiz reisen wollen.
Ein Kommentar aus der "Neue Zürcher Zeitung - 28. März 2013" - "
Die Schweiz steht in einem Konkurrenzverhältnis zu anderen Handelsplätzen. Wenn wir schärfer regulieren, wandert das Business ab.
Dass es Gangster und Piratenhäfen auf der Welt gibt, ist klar. Deshalb müsste die Schweiz auf internationale Standards hinarbeiten. Doch sie muss das viel aktiver tun. Denn die starke Position der Schweiz weckt bei anderen Staaten Eifersucht. Sie werden daher früher oder später auf uns schiessen – auch die Amerikaner und die EU. Das sollten wir nicht abwarten." http://www.transparency.ch/de/aktuelles ... navanchor=
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dieter
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Ja lieber Spartaner,
ich bin für ein Steuerabkommen mit der Schweiz, wie es die Amis mit der Schweiz haben. :wink:
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Triton
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Steuerflüchtlinge sind natürlich ganz schlimm und müssen an den Pranger und so.
Mich würde aber viel mehr interessieren, ob mit der gleichen Energie und dem gleichen Einsatz, den man hier an den Tag legt, auch über die Schaffung eines Straftatbestands "Steuerverschwendung" nachgedacht wird.
Für den ehrlichen Bürger ist es Jacke wie Hose, ob Gelder nicht eingenommen oder sinnlos rausgeworfen werden - er muss bezahlen und bekommt nichts dafür. Und ich bin der festen Überzeugung, dass man hier ein weit üppigeres Betätigungsfeld auftun würde als die paar Hansel, die jetzt noch übrig sind.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
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Titus Feuerfuchs
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Triton hat geschrieben:Steuerflüchtlinge sind natürlich ganz schlimm und müssen an den Pranger und so.
Mich würde aber viel mehr interessieren, ob mit der gleichen Energie und dem gleichen Einsatz, den man hier an den Tag legt, auch über die Schaffung eines Straftatbestands "Steuerverschwendung" nachgedacht wird.
Für den ehrlichen Bürger ist es Jacke wie Hose, ob Gelder nicht eingenommen oder sinnlos rausgeworfen werden - er muss bezahlen und bekommt nichts dafür. Und ich bin der festen Überzeugung, dass man hier ein weit üppigeres Betätigungsfeld auftun würde als die paar Hansel, die jetzt noch übrig sind.

Zustimmung. :thumbup:
MfG,
Titus Feuerfuchs
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dieter
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Triton hat geschrieben:Steuerflüchtlinge sind natürlich ganz schlimm und müssen an den Pranger und so.
Mich würde aber viel mehr interessieren, ob mit der gleichen Energie und dem gleichen Einsatz, den man hier an den Tag legt, auch über die Schaffung eines Straftatbestands "Steuerverschwendung" nachgedacht wird.
Für den ehrlichen Bürger ist es Jacke wie Hose, ob Gelder nicht eingenommen oder sinnlos rausgeworfen werden - er muss bezahlen und bekommt nichts dafür. Und ich bin der festen Überzeugung, dass man hier ein weit üppigeres Betätigungsfeld auftun würde als die paar Hansel, die jetzt noch übrig sind.
Lieber Joerg,
das ist schwerer festzustellen. Janukowitsch hatte Frau Timoschenko deshalb ins Kittchen gesteckt. :wink:
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Spartaner
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Triton hat geschrieben:Steuerflüchtlinge sind natürlich ganz schlimm und müssen an den Pranger und so.
Mich würde aber viel mehr interessieren, ob mit der gleichen Energie und dem gleichen Einsatz, den man hier an den Tag legt, auch über die Schaffung eines Straftatbestands "Steuerverschwendung" nachgedacht wird.
Für den ehrlichen Bürger ist es Jacke wie Hose, ob Gelder nicht eingenommen oder sinnlos rausgeworfen werden - er muss bezahlen und bekommt nichts dafür. Und ich bin der festen Überzeugung, dass man hier ein weit üppigeres Betätigungsfeld auftun würde als die paar Hansel, die jetzt noch übrig sind.
Die Maßlosigkeit und Verschwendung gilt es überall zu bekämpfen, nicht nur bei der Steuerverschwendung, sondern auch bei der Steuerhinterziehung. Aufgrund des derzeit niedrigen Zinssatzes in Europa, werden es aber immer mehr Menschen sein, die vorbei am Fiskus, Steuern hinterziehen. Es gilt dem Einhalt zu gebieten, egal wo auch immer. Der Mensch ist eben von Natur aus gierig, daran werden wir wohl nichts ändern. Jedoch sollte man, dass nicht noch begünstigen bzw. klein reden . Denn der Bürger der immer brav seine Steuern zahlt, wird sich eines Tages auch fragen, warum soll ich denn ehrlich bleiben z .B. bei der Einkommenssteuererklärung, wenn es andere in größern Maßstab nicht sind. Beim Menschen gibt es ein Innewohnendes Gerechtigkeitsprinzip, dem sollte man Genüge tun . Ansonsten sind Steuerhinterziehung, Koruption, Schwarzarbeit Tür und Tor geöffnet.
Mit der Argumentation einiger Politiker und Experten: " Dann wandern die Menschen bzw. Kapital eben ins Ausland ab und sucht sich andere Lücken und Nischen " kann ich mich auch nicht so recht anfreunden . Denn wenn es einmal in Deutschland "den Bach runtergeht", sind das die Ersten die Deutschland fluchtartig verlassen werden.
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Barbarossa
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Spartaner: Dafür bekommst du von mir volle Zustimmung! :thumbup:


:mrgreen:
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
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Triton
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Der normale Bürger sollte aber auch auf die Idee kommen, danach zu fragen, ob es sinnvoll ist, hohe Steuern zu zahlen für solche Schildbürgerstreiche wie den Prozess gegen Herrn Wulff, bei dem die Ermittlungen angeblich mehrere Mio € verschlungen haben und in dem es dann um die Bestechungssumme von 700 € ging, und selbst die hatte der Herr Wulff nicht rechtswidrig angenommen.
Hier gibt es sicher eindeutig Zuständige und die sollen bitte in Zukunft ihre Visage für das, was sie anrichten, auch hinhalten.
Wer 7stellig Steuern hinterzieht, erhält zwingend eine Freiheitsstrafe, ich denke, so ein Vorgehen wäre in einem solchen Fall ganz zweckdienlich.
Die Beispiele lassen sich ja beliebig lange aufzählen.
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dieter
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Lieber Joerg,
finde das Verfahren gegen Wulff auch für überzogen, aber andererseits uns würden auch Freunde keine 700 Euro schenken. :wink: Bisher wurden die Freiheitsstrafen, die Steuerhinterzieher betreffen immer zur Bewährung ausgesetzt.
Ich will diese Menschen endlich im Kittchen sehen. :wink: :mrgreen:
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RedScorpion

Sagen wir mal so: Dass Lokalverwaltungen à la Bonn oder Hagen dazu angehalten werden, durch hochspekulative Investionen operative Geldvermehrung zu betreiben,
ist sicherlich Auswuchs und müsste und dürfte so nicht sein.

Aber: Wer einen funktionierenden Staat haben will, der auch als ökonomische Grösse regulierend auf dem Markt eingreift,

der braucht auch Rathäuser, die bereit sind, Unternehmungen zu starten, und das geht nicht ohne Zaster und auch nicht ohne Risiko.

Wenn alles sicher wäre, dann wär' alles für umme, so ist das eben.

Und Sparwut und Risikoscheue darf nicht dazu führen, dass Städte ausfallen als wirtschaftliche Realität.
Es sei denn, man wollte das.



LG
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dieter
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Im heutigen Prozess gab Hoeneß, das er nicht 3,5 Millionen hinterzogen hat, sondern 18,5 Millionen Euro. :evil: :twisted: Er will sich nun aber ehrlich machen. Schockierend, aber in Diskussionen anderen Diskutanten über das Maul fahren und sich hinstellen als ob er der Klügste, Beste und Ehrlichste wäre. :evil: :twisted:
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