Untergang von Byzanz: Durch Kreuzzüge beschleunigt?

Die Kirche hatte eine machtvolle Stellung im Leben der Menschen des Mittelalters und bestimmte Politik und Gesellschaft auf einzigartige Weise.

Moderator: Barbarossa

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Marek1964
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Diskussionsüberleitung vom Kreuzzüge Thread http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 149#p48115
Dietrich hat geschrieben:
Marek1964 hat geschrieben:Eine weitere Frage, zu der mich Deine Antwort interessieren würde, Dietrich, ist ob die Kreuzzüge Byzanz dessen Untergang beschleunigt haben oder immerhin einen Aufschub erreichten?
Diese Frage ist in vielen Foren endlos diskutiert worden und zur Beantwortung müsste man einen gesonderten Thread aufmachen. Als Kurzantwort nur dies: Insbesondere der Vierte Kreuzzug, der mit der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer endete, war sicher ein wesentlicher Grund (von mehreren), der zum Untergang von Byzanz führte.
Hier geht es also zum Thema Untergang von Byzanz: Durch Kreuzzüge beschleunigt oder verzögert?

Zum einen muss allerdings gesagt werden, dass der vierte Kreuzzug 1204 zu Ende war - der Untergang von Byzanz erst 1452 erfolgte. Ein Viertel Jahrtausend, doch eigentlich Zeit genug für Reformen? So könnte man doch auch Justinians Expansionspolitik auch schon als Anfang vom Ende bezeichnen oder die enorme Steuerlast, die die Christen der Levante mehr belastete als die späteren moslemischen Herren.
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Marek1964
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Spartaner hat geschrieben:
Dietrich hat geschrieben:
Diese Frage ist in vielen Foren endlos diskutiert worden und zur Beantwortung müsste man einen gesonderten Thread aufmachen. Als Kurzantwort nur dies: Insbesondere der Vierte Kreuzzug, der mit der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer endete, war sicher ein wesentlicher Grund (von mehreren), der zum Untergang von Byzanz führte.
Daran war wahrscheinlich der Zwist zwischen oströmischer und weströmischer Kirche Schuld . Hätten die Byzantinier ihre logistische Hilfe beim 3. Kreuzzug nicht verweigert, wäre der 4 . Kreuzzug nicht gegen die Byzantinier geführt worden.
Dietrich
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Marek1964 hat geschrieben: Zum einen muss allerdings gesagt werden, dass der vierte Kreuzzug 1204 zu Ende war - der Untergang von Byzanz erst 1452 erfolgte. Ein Viertel Jahrtausend, doch eigentlich Zeit genug für Reformen? So könnte man doch auch Justinians Expansionspolitik auch schon als Anfang vom Ende bezeichnen oder die enorme Steuerlast, die die Christen der Levante mehr belastete als die späteren moslemischen Herren.
Die Byzantiner verloren nicht nur Konstantinopel, sondern nahezu alle Gebiete auf dem Balkan einschließlich Griechenlands. Als Rest blieb ein "Kaiserreich Nikaia" in Westkleinasien, das eingeklemmt war zwischen dem Lateinischen Kaiserreich mit der Hauptstadt Konstantinopel im Westen und dem türkischen Sultanat Rum im Osten. Im Jahr 1261 eroberten die Byzantiner zwar ihre Hauptstadt zurück, doch war der byzantinische Staat in seinen Grundfesten erschüttert. Bereits 100 Jahre später - um 1360 - war Byzanz auf die Größe eines Kleinstaates zusammengeschrumpft - eigentlich nur noch ein Stadtstaat -, der westlich von Konstantionopel ein kleines Vorland von etwa 50 km Ausdehnung besaß. Die Osmanen, die inzwischen die Seldschuken in der Herrschaft abgelöst hatten, waren nicht nur in den Besitz Kleinasiens gelangt, sondern hatten weite Teile des Balkans erobert.

Es liegt nahe, dass zwischen der weitgehenden Vernichtung des byzantinischen Staates im Jahr 1204 und seiner geringen Widerstandskraft gegenüber den Türken ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.
Nico_Neacsu
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Hallo Dietrich, ich lese sehr gerne deine Ausführungen.
Nico
Dietrich
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Nico_Neacsu hat geschrieben:Hallo Dietrich, ich lese sehr gerne deine Ausführungen.
Nico
Danke, das hört man gern! :wave:
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Marek1964
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Also, ich habe mir auf den Seiten der Halbgebildeten, wikipedia, so das ein Bisschen angeschaut: Also, wenn man das zusammenfasst, haben damals so alle gegen alle gekämpft, welchen Glauben auch immer, war eben nicht so wichtig. Es gab wohl ein kleines Zeitfenster, zwischen der Ablösung der Seldschuken und den Osmanen, da hätte man eingreifen können. Hat man aber eben nicht gemacht.

Heute kann sich ja die westlich freiheitliche Gesellschaft auch nicht dazu entschliessen, zu begreifen, das der Islam eine Gefahr ist, die bekämpft gehört.
Dietrich
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Marek1964 hat geschrieben:Also, ich habe mir auf den Seiten der Halbgebildeten, wikipedia, so das ein Bisschen angeschaut: Also, wenn man das zusammenfasst, haben damals so alle gegen alle gekämpft, welchen Glauben auch immer, war eben nicht so wichtig.
Sicher. Aber die Nutznießer waren die Osmanen, die im 13./14. Jh. ein politisches Vakuum in Kleinasien ausfüllten.
Marek1964 hat geschrieben:Heute kann sich ja die westlich freiheitliche Gesellschaft auch nicht dazu entschliessen, zu begreifen, das der Islam eine Gefahr ist, die bekämpft gehört.
Ich teile deine Meinung.
Aber laut darf man das wg. der "political corectnes" nicht sagen. :mrgreen:
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Marek1964
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Dietrich hat geschrieben:
Marek1964 hat geschrieben:Also, ich habe mir auf den Seiten der Halbgebildeten, wikipedia, so das ein Bisschen angeschaut: Also, wenn man das zusammenfasst, haben damals so alle gegen alle gekämpft, welchen Glauben auch immer, war eben nicht so wichtig.
Sicher. Aber die Nutznießer waren die Osmanen, die im 13./14. Jh. ein politisches Vakuum in Kleinasien ausfüllten.
Marek1964 hat geschrieben:Heute kann sich ja die westlich freiheitliche Gesellschaft auch nicht dazu entschliessen, zu begreifen, das der Islam eine Gefahr ist, die bekämpft gehört.
Ich teile deine Meinung.
Aber laut darf man das wg. der "political corectnes" nicht sagen. :mrgreen:
Dietrich, Du bist mir immer sympathischer. Aber wir müssen die Freiheit verteidigen und jegliche selstsamen political corectness, woher sie auch immer kommen mögen, hintenan stellen.
Dietrich
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Marek1964 hat geschrieben:
Dietrich, Du bist mir immer sympathischer. Aber wir müssen die Freiheit verteidigen und jegliche selstsamen political corectness, woher sie auch immer kommen mögen, hintenan stellen.
Dir ist klar, dass man sich dabei leicht den Vorwurf des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit einhandelt. Deshalb ist es ratsam, mit solchen Befürchtungen sehr vorsichtig umzugehen. :shh:
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Marek1964
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Dietrich hat geschrieben:
Marek1964 hat geschrieben:
Dietrich, Du bist mir immer sympathischer. Aber wir müssen die Freiheit verteidigen und jegliche selstsamen political corectness, woher sie auch immer kommen mögen, hintenan stellen.
Dir ist klar, dass man sich dabei leicht den Vorwurf des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit einhandelt. Deshalb ist es ratsam, mit solchen Befürchtungen sehr vorsichtig umzugehen. :shh:
Man kann nicht gegen eine Konzeption der Freiheitsunterdrückung und Gewaltverherrlichung "vorsichtig" umgehen. Man muss klare Worte finden. Wer das als Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit bezeichnet, liegt falsch, verharmlost eine gefährliche Religion und ist damit derjenige, der dieser Gefahr Vorschub leistet. Auch das muss in dieser Klarheit gesagt werden.

Aber die Stimmung kippt schon. Die Leute haben einfach genug von der falschen Toleranz, so auch in diesem Forum.

Es gibt hier schon eine Reihe Threads zum Thema Islam, hier eine Auswahl:

http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... f=4&t=4886 HoGeSa Demo in Köln am Rhein
http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... f=4&t=5023 PEGIDA, Patrioten Europas gegen die Islamisierung

Aber der wertvollste Thread in dieser Hinsicht ist durch einen unserer kompetentesten User, Karlheinz, enstanden, der sich die Mühe nahm, den Koran zu lesen:
http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 72&p=35270

Hier ein interressanter Artikel, interessant aber die vielen Kommentare unter dem Artikel
http://bazonline.ch/basel/stadt/Basler- ... comments=1

Hier einer der am besten bewerteten:
Jürg König
15.11.2013, 14:49 Uhr
Gratulation der BaZ zu diesem mutigen Text. Europaweit wird politisch korrekt um den Brei herum geschrieben. Wer sich aber die Mühe nimmt, und das ist wahrlich ein qualvolles Studium der Quellen, dem eröffnen sich die Fakten. Auch im verteilten Koran wird Klartext gesprochen, der mit der westlichen Vorstellung von Menschenrechten unvereinbar ist.
Tipp: Man sehe sich die "Hamburger Lektionen" an!!
Hier irgendwo off-topic, aber irgendwo eben auch nicht.
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Barbarossa
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Dietrich und Marek: Heckt ihr hier einen neuen Kreuzzug aus? Und das in unserem Forum? :problem:
Aber ob Franziskus noch mal zu einem solchen aufrufen wird, wage ich zu bezweifeln. :roll: :mrgreen:

Aber im Ernst - euch ist schon klar, dass hier jeder glauben (oder nicht glauben) darf, was er will, weil das von der garantierten Religionsfreiheit gedeckt wird?
Erst wenn jemand eine Straftat begeht, zu einer anstiftet oder eine plant, macht er sich strafbar. Ist nunmal so.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Lia

Barbarossa hat geschrieben:Aber im Ernst - euch ist schon klar, dass hier jeder glauben (oder nicht glauben) darf, was er will, weil das von der garantierten Religionsfreiheit gedeckt wird?
Glauben darf jeder, was er will. Solange erstens die jeweils anderen das ebenfalls dürfen, und so lange Glaubensinhalte nicht zu Staatszielen werden, die den in langen Kämpfen erreichten demokratischen, freiheitlichen Grundsätzen entgegenstehen, die in Europa zur
Grundlage des Staats- und Gsellschaftsverständnisses gehören.
Das gilt für alle religiösen Fundamentalisten. Nur sind nicht alle einer Religion angehörenden und diese praktizierenden Menschen radikale Fundamentalisten.
Um zur eigentlichen Frage sachkundig Stellung zu nehmen, müsste ich wohl mal wieder Kreuzzugs- Mayer lesen.
Hans.E. Mayer, Geschichte der Kreuzzüge, Urban Taschenbücher, Neuauflage 2005.
Dietrich
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Lia hat geschrieben: Um zur eigentlichen Frage sachkundig Stellung zu nehmen, müsste ich wohl mal wieder Kreuzzugs- Mayer lesen.
Hans.E. Mayer, Geschichte der Kreuzzüge, Urban Taschenbücher, Neuauflage 2005.
Falls dich das Thema interessiert, kann ich dir ein aktuelleres Werk ans Herz legen, das neue Einsichten und Interpretationen liefert. Konzeptionell interessant ist der zweifache Blickwinkel aus Sicht der Kreuzfahrer und aus Sicht der Muslime. Zudem ist das Buch trotz seiner wissenschaftlichen Gründlichkeit anschaulich geschrieben, was unsere deutschen Historiker leider nicht zuwege bringen:

Thomas Asbridge, Die Kreuzzüge, London 2010/Stuttgart 2010, 807 Seiten, mit farbigem Bildteil, Verlag Klett-Cotta
WDPG
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Marek1964 hat geschrieben:Hier geht es also zum Thema Untergang von Byzanz: Durch Kreuzzüge beschleunigt oder verzögert?

Zum einen muss allerdings gesagt werden, dass der vierte Kreuzzug 1204 zu Ende war - der Untergang von Byzanz erst 1452 erfolgte. Ein Viertel Jahrtausend, doch eigentlich Zeit genug für Reformen? So könnte man doch auch Justinians Expansionspolitik auch schon als Anfang vom Ende bezeichnen oder die enorme Steuerlast, die die Christen der Levante mehr belastete als die späteren moslemischen Herren.
Genau genommen war es 1453 das Konstantinopel erobert wurde. Ich würde sagen „Ja“ die Kreuzzüge haben ihren Anteil am Untergang von Byzanz gehabt. Als Alexios I Komnenos mit seinem Hilferuf den 1. Kreuzzug ausgelöst hat, waren die Rum-Seldschuken kein existenzbedrohender Faktor mehr. Er merkte das es bereits Verfallserscheinungen bei den Rum-Seldschuken gab und wollte diese nutzen. OK, man profitierte vom 1. Kreuzzug, konnte sich im 2. Kreuzzug geschickt behaupten. Aber bereits der 3. Kreuzzug erschien bedrohlicher. Ein Grund war damals auch eine Krise von Byzanz. Der 4. Kreuzzug war es schließlich der Byzanz extrem geschwächt hatte, es gelang zwar Konstantinopel wieder zurückzuerhalten und damit Byzanz neu zu beleben, aber da waren noch die Zerstörungen in Konstantinopel, die anderen Teilreiche und auch noch die Kräfte des Westens die ihr Lateinisches Kaiserreich wiederherstellen wollten (Karl von Anjou, Balduin II). Das alles Verbrauchte Ressourcen, man konnte sich zwar noch einmal erfolgreich verteidigen, aber die Kosten waren zu hoch und so begann der endgültige Niedergang.

Also ja, vor allem der 4. Kreuzzug hatte einen Anteil daran das Byzanz schließlich unterging. Hart für Byzanz: Spätestens ab Mitte des 14. Jahrhunderts war ein Kreuzzug das was man sich sogar wünschte, da es so ziemlich die einzige Chance war, doch noch etwas gegen die Osmanen zu tun, die man noch hatte.
Dietrich
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WDPG hat geschrieben:
Also ja, vor allem der 4. Kreuzzug hatte einen Anteil daran das Byzanz schließlich unterging. Hart für Byzanz: Spätestens ab Mitte des 14. Jahrhunderts war ein Kreuzzug das was man sich sogar wünschte, da es so ziemlich die einzige Chance war, doch noch etwas gegen die Osmanen zu tun, die man noch hatte.
Mitte des 14. Jh. hatte das Osmanische Reich bereits auf Europa übergegriffen, ganz Kleinasien erobert und war militärisch so stark, dass ein Kreuzzug nichts mehr hätte ausrichten können. Die Frage ist überhaupt, ob gegen die Macht der türkischen Gotteskrieger, der Ghazi, auf Dauer ein Kraut gewachsen wäre. Zumindest nicht zur Zeit der engagierten frühen osmanischen Expansion. Man kann sich natürlich die Frage stellen, ob Byzanz ohne den 4. Kreuzzug überlebt hätte, doch sehe ich das eher negativ. Vermutlich wäre das Ende nur hinausgezögert worden.
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