Die Römer - Volk und Imperium der Superlative

Das römische Reich war maßgebend für die weitere Entwicklung Europas: Republik, Kaiserreich, Caesar, Augustus

Moderator: Barbarossa

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Peppone
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dieter hat geschrieben:Lieber Ralph,
es wäre also ein föderatives System, wie wir es in Deutschland haben, besser gewesen :?:
Im Prinzip hatte das Römische Reich mit seinen Provinzen und dem abgestuften Bürgerrecht ein solches System, aber die übermächtige Zentralregierung - v.a. im Kaiserreich - macht daraus wieder einen zentralistischen Staat.
Eine klassische Mischverfassung also, wie sie schon ein gewisser Grieche öfter als Idealvorstellung formuliert hat.

Beppe
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Agrippa
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dieter hat geschrieben:Doch viele Forscher glauben inzwischen, dass die Barbaren den Untergang der Großmacht verursacht haben. Im 4.Jahrhundert nach Christus setzt die Völkerwanderung ein, und zigtausende Menschen drängen auf der Suche nach neuen Lebensraum ins Reich.
Das ist nicht die ganze Wahrheit. Der Niedergang des Römischen Reiches setzt viel früher ein.
Bereits um 230 n.Chr. dringen germanische Heerhaufen auf römisches Gebiet vor, um Beutezüge zu unternehmen. Die Folge dieser äußeren Bedrohung ist eine schwere politische Krise in Rom.
Die nächsten 50 Jahre regieren sog. "Soldatenkaiser" den römischen Staat. Das sind Personen, die nicht mehr der römischen Elite entstammen, sondern ihren politischen Aufstieg allein ihren militärischen Fähigkeiten verdanken. Mit den Legionen im Rücken hielten sie die Macht in den Händen. Ihre Aufgabe war es, die Reichsgrenzen gegen die vorrückenden Barbaren zu verteidigen. Heute würde man diese Staatsform als Militärdiktatur bezeichnen. In den Augen der Römer war dieses keine schöne, aber eine notwendige Sache.
Dies alles fand statt, lange bevor der erste Hunne europäischen Boden betrat. Die Bewegung der germanischen Massen nach Süden ins Römische Reich setzte also viel früher ein.
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Agrippa
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Man nehme nur einmal das Beispiel der Kimbern, Teutonen und Ambronen. Sie zogen, angeblich auf der Suche nach Siedlungsland, ruhelos über 20 Jahre lang umher.
Das klingt beinahe so, als seien sie überall herumgeschubst worden.

Die Überlieferungen aber zeigen ein anderes Bild. Zur Schlacht gestellt konnten sie bei Arausio (Orange, Südfrankreich) zwei konsularische Heere der Römer vernichten.

Warum haben sich diese Stämme auf ihrem Weg nicht irgendwo niedergelassen?
Möglichkeiten gab es doch zu genüge.

Die Antwort lautet: Weil sie es gar nicht wollten!

Kimbern, Teutonen und Ambronen waren keine sesshaften Bauern, die eine Region besiedeln wollten, sondern Halbnomaden, die ihre Viehherden irgendwo eine Zeitlang weiden ließen, bevor sie in ein Gebiet weiterzogen, das ihnen mehr Gewinn versprach.
Es ging ihnen vor allem um Beute, um die Plünderung fruchtbarer Landstriche in Noricum, Pannonien, Gallien und schlussendlich Italien. Das Umherziehen war die natürliche Lebensform der germanischen Stämme. Deshalb ist es heute auch so schwierig, den germanischen Stämmen jeweils ein exaktes Siedlungsgebiet zu zuweisen, da sich die Angaben der römischen Chronisten zum Teil widersprechen.

Wäre es Marius nicht gelungen, die Kimbern und Teutonen einzeln und nacheinander zu besiegen, hätte es mit dem Römischen Weltreich um 100 v. Chr. bereits zu Ende sein können. Auch ganz ohne "Völkerwanderung" und Hunnen.
Paul
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Richtige Nomaden waren viele Germanen nur zeitweise, sonst wären die Stammesgebiete nicht so relativ stabil.
Verallgemeinern sollte man diese Lebensweise sowieso nicht, da die südlichen Latenegermanen sowieso sehr sesshadt waren. Natürlich suchte auch bei ihnen immer mal ein Bevölkerungsteil neues Land. Die Hermunduren breiteten sich z.B. nach Bayern und Böhmen aus, die Ubier auf die linke Rheinseite. Viele Vandalen schlossen sich den Goten auf ihrem Weg in den Süden an.
viele Grüße

Paul

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Agrippa
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Paul hat geschrieben:Richtige Nomaden waren viele Germanen nur zeitweise, sonst wären die Stammesgebiete nicht so relativ stabil.
Deshalb schrieb ich ja "Halbnomaden".
Paul hat geschrieben: Verallgemeinern sollte man diese Lebensweise sowieso nicht, da die südlichen Latenegermanen sowieso sehr sesshadt waren.
Was sind denn "südliche Latènegermanen"?
Meinst Du Kelten?


Paul hat geschrieben: Die Hermunduren breiteten sich z.B. nach Bayern und Böhmen aus, die Ubier auf die linke Rheinseite. Viele Vandalen schlossen sich den Goten auf ihrem Weg in den Süden an.
Richtig.
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dieter
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Peppone hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Lieber Ralph,
es wäre also ein föderatives System, wie wir es in Deutschland haben, besser gewesen :?:
Im Prinzip hatte das Römische Reich mit seinen Provinzen und dem abgestuften Bürgerrecht ein solches System, aber die übermächtige Zentralregierung - v.a. im Kaiserreich - macht daraus wieder einen zentralistischen Staat.
Eine klassische Mischverfassung also, wie sie schon ein gewisser Grieche öfter als Idealvorstellung formuliert hat.

Beppe
Lieber Beppe,
also wäre tatsächlich mehr Föderalismus angzeigt gewesen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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dieter
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Agrippa hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Doch viele Forscher glauben inzwischen, dass die Barbaren den Untergang der Großmacht verursacht haben. Im 4.Jahrhundert nach Christus setzt die Völkerwanderung ein, und zigtausende Menschen drängen auf der Suche nach neuen Lebensraum ins Reich.
Das ist nicht die ganze Wahrheit. Der Niedergang des Römischen Reiches setzt viel früher ein.
Bereits um 230 n.Chr. dringen germanische Heerhaufen auf römisches Gebiet vor, um Beutezüge zu unternehmen. Die Folge dieser äußeren Bedrohung ist eine schwere politische Krise in Rom.
Die nächsten 50 Jahre regieren sog. "Soldatenkaiser" den römischen Staat. Das sind Personen, die nicht mehr der römischen Elite entstammen, sondern ihren politischen Aufstieg allein ihren militärischen Fähigkeiten verdanken. Mit den Legionen im Rücken hielten sie die Macht in den Händen. Ihre Aufgabe war es, die Reichsgrenzen gegen die vorrückenden Barbaren zu verteidigen. Heute würde man diese Staatsform als Militärdiktatur bezeichnen. In den Augen der Römer war dieses keine schöne, aber eine notwendige Sache.
Dies alles fand statt, lange bevor der erste Hunne europäischen Boden betrat. Die Bewegung der germanischen Massen nach Süden ins Römische Reich setzte also viel früher ein.
Lieber Agrippa,
die Germanen blieben wie in Frankreich und die Hunnen gibt es längst nicht mehr. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Peppone
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dieter hat geschrieben:also wäre tatsächlich mehr Föderalismus angzeigt gewesen. :wink:
Nein, da hast du mich missverstanden. Bei mehr Föderalismus wäre das Reich schon viel früher auseinandergebrochen. Die Provinzen waren sowieso - v.a. in der späteren Kaiserzeit - ständiger Hort von Aufständen.

Beppe
Paul
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Agrippa hat geschrieben: Was sind denn "südliche Latènegermanen"?
Meinst Du Kelten?
Südliche Latenegermanen waren Ubier(Cubi, Matthiaker...), Usipeter, Tenkterer, Hermunduren, Vandalen/Lugier. Es ist nicht überliefert, ob Usipeter und Tenkterer ursprünglich auch Ubier Unterstämme waren.
Bei den Treverern u.a. ist man sich nicht sicher, inwieweit das Volk möglicherweise germanisch war, bei keltischer Oberschicht. Die Frage stellt sich auch für die Helvetier. Es verwundert, das die deutsche Schweiz durch die Allemannen so schnell germanisiert wurde. Das könnte auf einen germanischen Bevölkerungsanteil unter den Helvetiern hinweisen.
viele Grüße

Paul

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dieter
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Lieber Paul,
die Unterscheidung zwischen Germanen und Kelten dürfte nicht immer leicht möglich sein. Man bedenke, dass Kelten ursprünglich bis zu den Mittelgebirgen in Deutschland saßen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Peppone
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Paul hat geschrieben: Die Frage stellt sich auch für die Helvetier. Es verwundert, das die deutsche Schweiz durch die Allemannen so schnell germanisiert wurde. Das könnte auf einen germanischen Bevölkerungsanteil unter den Helvetiern hinweisen.
Könnte. War es aber nicht. Die Helvetier hatten schon unter Ariovist und Caesar zu leiden gehabt; das Gebiet dürfte relativ bevölkerungsarm gewesen sein. Überdies dürften sich die Helvetier - wie z.B. auch die Kelten Bayerns - recht intensiv romanisiert haben.
Die Alemannen kolonisierten dann das Gebiet. Die recht reibungslos erscheinende Durchsetzung des germanischen Dialekts "Schwäbisch" spricht dagegen, dass es größere keltische Bevölkerungsanteile gegeben hat bzw. dass diese bei der Beherrschung, Verwaltung und Kultivierung eine größere Rolle gespielt haben.
Es muss allerdings noch eine gewisse keltische Restbevölkerung gegeben haben, sonst hätten sich auf dem Gebiet der Schweiz nicht noch so viele Ortsnamen erhalten, die auf keltische bzw. keltoromanische Bevölkerung hindeuten (bestes Beispiel: Interlaken).

Beppe
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dieter
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Lieber Beppe,
also germanisches Gebiet mit keltischen Einsprengseln. Zu welcher Bevölkerungsgruppe gehören die Rätoromanen :?:
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Barbarossa
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Das sind meines Wissens romanisierte Kelten.
Die Diskussion ist eröffnet!

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Peppone
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Wie auch die Ladiner und Breonen in Südtirol...
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Paul hat geschrieben: Südliche Latenegermanen waren Ubier(Cubi, Matthiaker...), Usipeter, Tenkterer, Hermunduren, Vandalen/Lugier. Es ist nicht überliefert, ob Usipeter und Tenkterer ursprünglich auch Ubier Unterstämme waren.
Was soll man bitte unter "Latènegermanen" verstehen? Eine solche Bezeichnung existiert in der Geschichtswissenschaft nicht. Es gibt höchstens germanische Stämme, die zur Zeit der keltischen La-Tène-Kultur bekannt waren.
Paul hat geschrieben:Bei den Treverern u.a. ist man sich nicht sicher, inwieweit das Volk möglicherweise germanisch war, bei keltischer Oberschicht. .
Die ethnische Identität der Treverer ist bis heute umstritten. Einige halten sie für einen keltisierten germanischen Stamm, andere für einen germanisierten Keltenstamm. Auf jeden Fall finden sich bei den Treverern zahlreiche kulurelle und religiöse Elemente, die auf keltische Ursprünge oder zumindest keltische Einflüsse hinweisen.
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