Vergleich - aktuelle Reformvorhaben und Grundzüge der sozial

Grundgesetz, Gesetzesfragen, Wahlen, bundespolitische Ereignisse, Polizei

Moderator: Barbarossa

PrinzC
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Hallo ich wollte mal wissen, ob die aktuellen Reformvorhaben mit den Grundzügen der sozialen Marktwirtschaft übereinstimmt.
Die Grundzüge der sozialen Marktwirtschaft sind ja die 'Freiheit auf dem Markt' und dass die Sozialpolitik eine Ordnungspolitik sein soll.
Könnt ihr mir das an Beispielen erklären?
Danke erstmal :)
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Balduin
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Hallo,
erklär doch bitte kurz welche Reformvorhaben du im Speziellen meinst. Danke :-)
PrinzC
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Die aktuellsten Beispiele die mir da einfallen wären die Erbschaftssteuerreform und die Reform des Versorgungsausgleiches. Aber was es so genau damit auf sich hat und wie das mit den Grundzügen der sozialen Marktwirtschaft zusammenhängen soll ist mir unklar.
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Balduin
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Du musst beachten, dass die Soziale Marktwirtschaft erhalten bleiben soll. Da dies leider in jetziger Form nicht funktionieren kann, werden Reformen (Neuerungen) umgesetzt - Dass diese Reformen oftmals nicht in das System einer "Sozialen Marktwirtschaft" passt, wird hier zum Zwecke, dass die Soziale Marktwirtschaft erhalten bleiben kann, umgesetzt.
S.M. bezeichnet eine Wirtschaftsordnung, die auf der Basis kapitalistischen Wettbewerbs dem Staat die Aufgabe zuweist, sozialpolitische Korrekturen vorzunehmen und auf sozialen Ausgleich hinzuwirken. Das wirtschaftspolitische Modell der S.M. wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem von L. Erhardt und A. Müller-Armack entwickelt und gilt als Grundlage der dt. Wirtschafts- und Sozialordnung. Der Aufbau eines Sozialstaates als Korrektiv kapitalistischen Wirtschaftens ist aus Sicht der S.M. notwendig, weil die sozialen Verwerfungen des ungehemmten Kapitalismus wesentlich mit zu den politischen Erschütterungen und den beiden Weltkriegen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beitrugen. Zum Vergleich zwischen freier und sozialer Marktwirtschaft siehe die Übersicht auf der folgenden Seite.
Quelle: http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=7JF4V0

Man kann argumentieren, dass Reformen dazu dienen, die soziale Gerechtigkeit in unserem Land zu erhalten. Inwieweit dies noch der Fall ist, ist eine andere Frage.
PrinzC
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Aber warum kann eine Soziale Marktwirtschaft nach den Grundzügen von Müller-Armack nicht mehr ausreichend erhalten werden? Bedeutet das, dass die Reformen im Prinzip die Grundzüge der sozialen Marktwirtschaft stützen, wenn ja welche Beispiele kannst du mir dafür geben?
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Balduin
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PrinzC hat geschrieben:Aber warum kann eine Soziale Marktwirtschaft nach den Grundzügen von Müller-Armack nicht mehr ausreichend erhalten werden? Bedeutet das, dass die Reformen im Prinzip die Grundzüge der sozialen Marktwirtschaft stützen, wenn ja welche Beispiele kannst du mir dafür geben?
Betrachten wir das Thema "Rente": Norbert Blüm behauptete legendär, die Rente sei sicher. Leider ist sie nicht mehr sicher - Kannst du auch hier in einem Kommentar nachlesen:
http://www.abendblatt.de/daten/2002/11/02/88144.html
Es gibt ja immer noch andere Umstände, die die Stabilität der Soz. MW beeinträchtigen können. Arbeitslosigkeit ist hier ein wichtiger Punkt - Mit steigender Arbeitslosigkeit muss der Staat (und somit der Bürger) für immer mehr Menschen aufkommen (sozial) - der Bürger wird dabei mit Steuern belastet.
Reformen sollen diese Last abwälzen und bringen eine Neuerung in das System.
Ich nenne hier die Agenda 2010, bei der vor allem der Arbeitsmarkt und das Sozialsystem reformiert wurden. Ziel war dabei, dass man die Rahmenbedingungen von Arbeit und Wachstum verbesserte - http://www.bpb.de/publikationen/2GBMQR, ... ilanz.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Agenda_2010
elysian
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http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Marktwirtschaft
http://www.dhm.de/lemo/html/teilung/Jah ... chaft.html
http://www.kas.de/wf/de/33.814/
http://de.wikipedia.org/wiki/Ordoliberalismus

So, diese links mal vorweg. Sie sind lesenswert.

Nun zu der eingangs gestellten Frage:

Die wesentlichen Züge der SMW sind bereits genannt.
Sinn und Zweck der Sozial- und Wirtschaftspolitik ist in diesem Zusammenhang, ein Ordnung zu schaffen, die die freiheitliche Teilnahme am Wirtschaftsleben ermöglicht. Freiheitlich bedeutet, je nach der individuellen Befähigung und aus eigenem Antrieb.
Der Staat greift ergänzend ein, wo Teile der Gesellschaft durch die Umstände vom konstituierenden Element des Wettbewerbs ausgeschlossen werden.

Nehmen wir die Reform des Versorgungsausgleiches.
Der Versorgungsausgleich dient der sozialen Sicherung der sich scheidenden Partner. Insbesondere früher erwirtschafteten Frauen keine eigenen Ansprüche für Erwerbsunfähigkeit oder Alterssicherung.
Allerdings führten diese Frauen meist den Haushalt und erzogen die Kinder. Folglich ist es recht und billig gewesen, diese Frauen an den Ansprüchen des Gatten teilhaben zu lassen.
Die aktuelle Reform ist darauf gerichtet, den Versorgungsausgleich infolge der reformierten Alterssicherung systemkonform anzupassen und bestehende Probleme des alten Systems zu vermeiden.
Ich sehe hier keinen Widerspruch zu der SMW.

Anders könnte es bei der Reform der Erbschaftssteuer sein.
Hier wird regelmäßig die Lebensleistung auf den Tod besteuert. In einem gewissen Rahmen ist eine Erbschaftssteuer aufgrund der Sozialbindung des Eigentums berechtigt. Der Staat schöpft seinen (kleinen) Anteil von dem Wert der Erbschaft ab und verwendet diese Mittel zur Sicherung von Wettbewerb etc. Im Idealfall.
Die aktuelle Reform ist notwendig, "da die Erbschaftsteuer ohne politische Einigung bis zum 31. Dezember 2008 nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ganz entfallen würde..."
http://www.finanztip.de/recht/steuerrec ... reform.htm

Ihre Entstehung ist aber durch widersprüchliche Motive gekennzeichnet.
Einerseits war Ausgangspunkt die Überlegung, den Mittelstand zu entlasten, indem die Übernahme des Erbvermögens, insbesondere des elterlichen Betriebens, durch die Reform erleichtert werden solle.
Sehr weitreichende Forderungen in diese Richtung stellt die CSU.
Gegenläufig wird andererseits bei der politischen Linken in Deutschland Privatvermögen als der Gesellschaft geraubtes Vermögen begriffen, das sich die Gesellschaft in Form des Staates nach Möglichkeit zurück zu holen habe, sobald der Vermögende verstorben sei. Insbesondere die sich auf der Woge der Geschichte wähnende und aktuell den Untergang des Kapitalismus behauptende Gruppierung "Die Linke", die nicht begriffen hat, dass Krisen dem Kapitalismus nicht wesensfremd sind, diese aber in der Geschichte immer unter Bewahrung der kapitalistischen Grundordnung überwunden wurden und Regulierung zum sozialen Kapitalismus aka SMW aka Neoliberalismus gehört, ist hier zu nennen. Und damit die Restbestände der Parteilinken in der SPD gleich mit.
Daraus resultiert die Androhung, jemand müsste den vollen Betrag bezahlen, wenn er den Betrieb nicht wenigstens zehn Jahre lang leitete.
Eine solche Beschränkung wird hier mit Zähnen und Klauen, übrigens ohne Rücksicht auf die soziale Existenz desjenigen, der den Betrieb übernehmen soll, verteidigt. Vergleichbares in der Geschichte wäre vielleicht die Bindung des Bauern an seine Scholle....
Solche Begrenzungen sind in der Tat nur schwer oder gar nicht mit der SMW zu vereinbaren.
Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch, dass die SMW die Bereitschaft und Fähigkeit der Bürger zur Teilnahme am Wirtschaftsleben anstrebt. Daraus folgt, dass der Staat nur bedingt nehmen kann, um die wirtschaftliche Kraft und Dynamik der Privatpersonen zu verringern.
Demnach muss die Erbschaftssteuer nach neoliberaler Denke relativ niedrig sein.
Die sozialistische Denke dagegen verlangt nach dem starken, für- und vorsorgenden Staat. Dieser braucht aber viel, sehr viel Geld. Damit dieser "handlungsfähig" bleibe, müsste die Erbschaftssteuer folglich, wie andere Steuern und Abgaben, relativ hoch ausfallen.
Auch hierüber besteht herzhafter Streit. Pikant ist allerdings, dass der angeblich bald handlungsunfähige Staat seit Jahren jedes Jahr ein sattes Plus im gesamten Steueraufkommen ausweisen kann.
Die Handlungsunfähigkeit droht, wenn irgendwo her, dann von den enormen Schulden, die angehäuft wurden, um sozialistisch anmutende Wohltaten unters Volk zu streuen. Was durchaus verständlich ist, denn viele Wahlen wurden durch attraktive Sozialpolitik gewonnen. Wie unverantwortlich diese war und ist, interessierte die Menschen selten bis nie und das ist, fürchte ich, auch heute noch so.
sic transit gloria mundi
PrinzC
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Die neuen Reformvorhaben, die ich schon oben angesprochen habe, wirken dann sozusagen in dem Sinne sozial, dass sie durch die Abschaffung der Erbschaftssteuer den Bürgern mehr zum Erbe übrig lassen und kleineren Unternehmen die Existenz dadurch nciht raubt, was wirtschaftlich fördernd wirkt. Bei der Versorgung im Scheidungsfall kommt der Staat den geschiedenen Frauen ebenfall sozial entgegen, indem er diese unterstützt.

hat sich gerade mit deiner antwort erledigt
elysian
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Die Erbschaftssteuer wird nicht abgeschafft, sondern verändert. ;)
Ansonsten: ja.
sic transit gloria mundi
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