Religionsentstehung nach Jared Diamond

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Moderator: Barbarossa

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Der amerikanische Anthropologe Jared Diamond, bekannt durch Werke wie „Arm und Reich“ oder „ Kollaps“ versucht in seinem neuesten Buch „Das Vermächtnis“, darzustellen, welche Verhaltensweisen sich in früheren Gesellschaften entwickelt haben und noch heute von Bedeutung sind. In dem Buch „Vermächtnis“ geht er auch auf die Religion ein.

Religion gibt es nur bei dem Menschen, Tiere haben nichts Vergleichbares, offensichtlich ist hier ein Zusammenhang zu sehen mit der sich entwickelnden Intelligenz. Wir beobachten die Entstehung von Religion bei dem Cro-Magnon Menschen erstmals wohl vor 40.000 Jahren. Es gab im Laufe der Zeit Tausende von Religionen, jeder Stamm besaß eigene Glaubensvorstellungen. Religionen verursachen Kosten durch Sakralbauten, Riten, Feste, aufwendige Rituale. Gesellschaften ohne Religionen müssten theoretisch einen Vorteil haben, weil sie diese Kosten nicht haben. Da wir aber keine atheistischen Gesellschaften kennen, muss Religion einen Selektionsvorteil haben. Welchen Nutzen kann sie haben?

Diamond definierte Religion zunächst wie folgt: „Religion ist der Glaube an eine postulierte übernatürliche Kraft, für deren Existenz uns unsere Sinne keinen Beleg liefern können, die aber zur Erklärung von Dingen herangezogen wird, für die unsere Sinne uns Belege liefern.“ (Diamond, 2013 S. 381). Götter, Parallelwelten, übernatürliche Kräfte spielen in der Tat eine große Rolle. Später hat er die Definition erweitert:“ Sie sind auch soziale Bewegungen von Menschen, die nach eigener Auffassungen tiefe Glaubensüberzeugungen teilen“ (Diamond 2013, S.383)

Diamond benutzt für die Entstehung der Religion zunächst den funktionellen Ansatz: Die Religion verlangt von den Menschen viele Opfer, den Bau von Pyramiden, Fastengebote, viele freie Zeit für Gebete, Feierlichkeiten usw.
Was gibt sie an Nutzen zurück?

1.) Sie erklärt übernatürliche Phänomene

2.) Sie lindert Angst durch Rituale, versucht mit ihnen die übernatürliche Welt positiv zu beeinflussen, damit diese in der realen Welt Vorteile einbringt

3.) Sie tröstet angesichts von Schmerz und Tod

4.) Sie organisiert die Menschen in Gruppen

5.) Sie schafft eine politische Verfassung. Standardisiert Verhaltensweisen, entwickelt einen Moralkodex, rechtfertigt Herrschaft in einem späteren Stadium

6.) Sie entwickelt einen Moralkodex und Verhaltensweisen gegenüber Fremden außerhalb der eigenen Gemeinschaft

7.) Sie rechtfertigt im Extremfall auch Kriege mit anderen Gruppen.

Wie aber könnte sie ursprünglich entstanden sein? Diamond meint, dass die Religion ein Nebenprodukt bestimmter Merkmale des menschlichen Gehirns ist, die sich nicht zum Bau von Pyramiden entwickelt hat, sondern aus anderen Gründen. Er nimmt ein Beispiel aus der Tierwelt. Der Zitterwal produziert Stromstöße von 600 Volt und tötet damit seine Opfer. Kreationisten meinen, so ein Aal könnte nicht durch die Evolution aus einem Null-Volt-Aal entstehen, weil die Zwischenstufen von einem Niedervolt- Aal ihre Opfer nicht lähmen können, also keinen Nutzen gehabt haben und wieder verschwunden wären. Doch in Wirklichkeit produzieren viele Fische elektrischen Strom, sie benötigen Stromfelder, um sich zu orientieren oder Beute überhaupt zu orten. Das aus solchen Fischen dann ein Zitteraal durch Mutation entstanden ist, klingt nun einleuchtend, ursprünglich hatte der Strom eine andere Funktion.

Bei dem Menschen sei es so ähnlich gewesen. Religion hatte ursprünglich einen anderen Zweck. Sie entsteht aus der Fähigkeit des Menschen, Kausalbeziehungen herzustellen und dies ist ein Produkt seiner Intelligenz. Der Mensch versucht seine Umgebung ständig zu interpretieren und zu deuten, dies ist für ihn lebenswichtig. Er glaubt, dass auch Tiere, Pflanzen, die Gestirne, die Wolken usw. ebenfalls Lebewesen sind und er unterstellt auch ihnen intelligente Fähigkeiten. Die frühen Menschen unterscheiden nicht zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Religion stellt Kausalbeziehungen her und man versucht mit ihr, Einfluss zu nehmen. Hat ein Regentanz Erfolg, glaubt man vielleicht, dies sei ein geeignetes Mittel, Regen zu produzieren. Die Menschen unterscheiden in einem frühen Stadium nicht zwischen falschen und richtigen Kausalbeziehungen. Religion ist also letztlich ein Nebenprodukt der Intelligenz des Menschen, nämlich seiner Fähigkeit, Kausalbeziehungen abzuleiten. Später hat sie sich dann auch noch als wichtig für die anderen, oben beschriebenen Funktionen herausgestellt.

Zugegeben, völlig neu ist dieser Ansatz nicht. Schon der Soziologe Max Weber hatte vor über 100 Jahren geschrieben, dass Religion aus falschen Kausalbeziehungen entsteht und sie dann später in der Gesellschaft noch eine Reihe weiterer Aufgaben übernahm. Und das Religion im Verlauf der Evolution ursprünglich eine andere Bedeutung hatte, darauf wies kürzlich auch der Biologe Dawkins in seinem Buch „Der Gotteswahn“ hin.

Aber dennoch, alles in allem, wegen seiner Vielseitigkeit ein interessantes Buch. Lesenswert.
Jared Diamond, Vermächtnis , Frankfurt am Main 2013
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Marek1964
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Das ist sehr interessant. Hiesse aber im Umkehrschluss, dass je mehr wir wissen, umso weniger wir glauben. Weil wir immer mehr anders erklären können als mit übersinnlichem?
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Barbarossa
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Genau das ist auch meine These, Marek. Da wir in einer Informations- und Wissensgesellschaft leben, wird aus oben genannten Gründen die Glaubensgemeinschaft im Laufe der Zeit immer überflüssiger. Für mich steht beides in einem Widerspruch zueinander. Und es dürfte auch gelten - je gebildeter der Mensch, desto weniger Bedeutung haben Religion und Glauben für sein Leben.

Und auch für die Verhaltensstandats innerhalb der Gesellschaft hat die Religion ihre Aufgabe längst eingebüßt. Die staatlichen Gesetze haben diese Aufgabe längst übernommen. Die Kirchen haben sich sogar selbst diesen Gesetzen unterzuordnen.
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Marek1964
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Barbarossa hat geschrieben:Genau das ist auch meine These, Marek. Da wir in einer Informations- und Wissensgesellschaft leben, wird aus oben genannten Gründen die Glaubensgemeinschaft im Laufe der Zeit immer überflüssiger. Für mich steht beides in einem Widerspruch zueinander. Und es dürfte auch gelten - je gebildeter der Mensch, desto weniger Bedeutung haben Religion und Glauben für sein Leben.

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Wobei die Frage zu stellen ist, ob der verschiedentlich angesprochene Werteverfall nicht auch auf Dereligionisierung zurückzuführen ist. Ich jedenfalls glaube, dass die christlichen Werte geeignet sind, ein gutes Zusammenleben zu ermöglichen. Das ist aber ein recht rationaler Glaube, der ohne den Glauben an Gottes Existenz auskommt. Eine Fundamentalistin hat mir dereinst mal gesagt, dass das kein rechter Glaube ist.
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Barbarossa
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Marek1964 hat geschrieben:Wobei die Frage zu stellen ist, ob der verschiedentlich angesprochene Werteverfall nicht auch auf Dereligionisierung zurückzuführen ist. Ich jedenfalls glaube, dass die christlichen Werte geeignet sind, ein gutes Zusammenleben zu ermöglichen. Das ist aber ein recht rationaler Glaube, der ohne den Glauben an Gottes Existenz auskommt. Eine Fundamentalistin hat mir dereinst mal gesagt, dass das kein rechter Glaube ist.
Angesprochen wurde der "Werteverfall" schon, aber ich frage mich gerade, ob es einen solchen tatsächlich gibt und worin er sich ausdrückt. Kann mir da jemand auf die Sprünge helfen?
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Peppone
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Barbarossa hat geschrieben:
Marek1964 hat geschrieben:Wobei die Frage zu stellen ist, ob der verschiedentlich angesprochene Werteverfall nicht auch auf Dereligionisierung zurückzuführen ist. Ich jedenfalls glaube, dass die christlichen Werte geeignet sind, ein gutes Zusammenleben zu ermöglichen. Das ist aber ein recht rationaler Glaube, der ohne den Glauben an Gottes Existenz auskommt. Eine Fundamentalistin hat mir dereinst mal gesagt, dass das kein rechter Glaube ist.
Angesprochen wurde der "Werteverfall" schon, aber ich frage mich gerade, ob es einen solchen tatsächlich gibt und worin er sich ausdrückt. Kann mir da jemand auf die Sprünge helfen?
Ich denke auch, dass wir es derzeit eher mit einem Wertewandel zu tun haben, der begonnen hat, als die gesellschaftlichen Verwerfungen, die sich seit dem Ende des Mittelalters gebildet hatten, aufzubrechen begonnen wurden, also seit dem 19.Jh.

Der Maßstab, an dem dieser Wertewandel bewertet wurde an dessen Leitlinien entland er sich entwickelte, ist aber letzten Endes das Christentum (in Europa und Amerika zumindest). In China ist es der Konfuzianismus, im islamischen Bereich beobachten wir gerade das Zusrückschwingen des Pendels in Richtung Konservativismus.

Beppe
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:
Marek1964 hat geschrieben:Wobei die Frage zu stellen ist, ob der verschiedentlich angesprochene Werteverfall nicht auch auf Dereligionisierung zurückzuführen ist. Ich jedenfalls glaube, dass die christlichen Werte geeignet sind, ein gutes Zusammenleben zu ermöglichen. Das ist aber ein recht rationaler Glaube, der ohne den Glauben an Gottes Existenz auskommt. Eine Fundamentalistin hat mir dereinst mal gesagt, dass das kein rechter Glaube ist.
Angesprochen wurde der "Werteverfall" schon, aber ich frage mich gerade, ob es einen solchen tatsächlich gibt und worin er sich ausdrückt. Kann mir da jemand auf die Sprünge helfen?
Lieber Barbarossa,
den kann man doch sehr gut bei Hoeneß und Schwarzer sehen. Der eine Mensch glaubt selbst entscheiden zu können, wo seine Spenden und Unterstützungen hingehen und will dem Staat Millionen von Steuern vorenthalten, die andere kämpfte für die Gleichberechtigung der Frauen, schickte aber ihr Geld ohne dafür Steuern zu zahlen in die Schweiz, weil Willy Brandt Kanzler geworden war.
Das sind die Menschen, die unseren Staat nur für ihre Interessen benutzt. :evil: :twisted:
Die Religion bleibt immer wichtig, egal wie man zu ihr steht, habe auch meine Schwierigkeiten, um gewisse moralische Werte hochzuhalten, wie die Zehn Gebote. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Renegat
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Peppone hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:
Marek1964 hat geschrieben:Wobei die Frage zu stellen ist, ob der verschiedentlich angesprochene Werteverfall nicht auch auf Dereligionisierung zurückzuführen ist. Ich jedenfalls glaube, dass die christlichen Werte geeignet sind, ein gutes Zusammenleben zu ermöglichen. Das ist aber ein recht rationaler Glaube, der ohne den Glauben an Gottes Existenz auskommt. Eine Fundamentalistin hat mir dereinst mal gesagt, dass das kein rechter Glaube ist.
Angesprochen wurde der "Werteverfall" schon, aber ich frage mich gerade, ob es einen solchen tatsächlich gibt und worin er sich ausdrückt. Kann mir da jemand auf die Sprünge helfen?
Ich denke auch, dass wir es derzeit eher mit einem Wertewandel zu tun haben, der begonnen hat, als die gesellschaftlichen Verwerfungen, die sich seit dem Ende des Mittelalters gebildet hatten, aufzubrechen begonnen wurden, also seit dem 19.Jh.

Der Maßstab, an dem dieser Wertewandel bewertet wurde an dessen Leitlinien entland er sich entwickelte, ist aber letzten Endes das Christentum (in Europa und Amerika zumindest). In China ist es der Konfuzianismus, im islamischen Bereich beobachten wir gerade das Zusrückschwingen des Pendels in Richtung Konservativismus.

Beppe
Welche Werte sollen sich denn seit dem 19. Jhd. gewandelt haben? Ist Wertewandel nicht ein kontinuierlicher Prozeß?
Jeweils die nächste Generation überprüft die Werte der Elterngeneration und übernimmt sie entweder komplett oder korrigiert sie in mehr oder weniger großen Teilen. Die Größe der Teile hängt wiederum von den Veränderungen der umgebenden Bedingungen ab.
Religionen haben beim Wertewandel einen meist konservierenden Einfluss, weil sie Werte festschreiben, jedenfalls bis zum nächsten Propheten, Reformator, Religionsstifter etc.
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Marek1964
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Barbarossa hat geschrieben:
Marek1964 hat geschrieben:Wobei die Frage zu stellen ist, ob der verschiedentlich angesprochene Werteverfall nicht auch auf Dereligionisierung zurückzuführen ist. Ich jedenfalls glaube, dass die christlichen Werte geeignet sind, ein gutes Zusammenleben zu ermöglichen. Das ist aber ein recht rationaler Glaube, der ohne den Glauben an Gottes Existenz auskommt. Eine Fundamentalistin hat mir dereinst mal gesagt, dass das kein rechter Glaube ist.
Angesprochen wurde der "Werteverfall" schon, aber ich frage mich gerade, ob es einen solchen tatsächlich gibt und worin er sich ausdrückt. Kann mir da jemand auf die Sprünge helfen?
Nun ja, auch diese Diskussion wird schwierig, weil der Begriff Wertewandel oder Werteverfall nicht einheitlich verwendet wird und verschieden verstanden werden kann.

Was ich unter Werteverfall der letzten vielleicht drei oder vier Jahrzehnte verstehe, ist der Rückgang an gegenseitige Rücksichtnahme, Zunahme des Egoismus, Selbstbedienungsmanager usw. Das ist natürlich subjektiv, aber wird mir immer wieder von verschiedenen Leuten, mit denen ich diskutierem bestätigt.
ehemaliger Autor K.

Barbarossa, Marek1964,Peppone
Schon der Soziologe Max Weber schrieb vor über 100 Jahren von der „Entzauberung der Welt“ durch Wissenschaft und Technik. Damit verliert die Religion weitgehend ihre Funktion als Erklärung für das Übernatürliche. Sie hat aber nach Diamond noch 6 weitere Aufgaben, die nicht so ohne weiteres entfallen.

Die Zukunft der Religion in den nächsten 30 Jahren hängt seiner Meinung nach ab von dem Zustand, in dem sich die Welt dann befindet. Wenn der Lebensstandard weltweit steigt, werden auch die Funktionen 4. Organisation der Menschen in Gruppen 5. Schaffung politischer Gemeinschaften 6. Moralkodex gegenüber Fremden 7. Rechtfertigung von Kriegen, an Bedeutung verlieren. Es bleiben die Funktionen 2. Linderung der Angst und 3. Trost bei Schmerz und Leid. Insbesondere werden die Menschen sich wahrscheinlich weiter an die Religion halten, weil sie behauptet, sie gebe dem individuellen Leben und Sterben einen Sinn, obwohl beides aus wissenschaftlicher Sicht keinen nennenswerten Sinn zu haben scheint. Selbst wenn die Antwort der Wissenschaft auf die Frage nach dem Sinn stimmt und wenn der religiöse Sinn eine Illusion ist, wird die Antwort der Wissenschaft auch weiterhin vielen Menschen nicht gefallen. (Der Mensch nur Produkt der Evolution, Intelligenz als Form der Umweltanpassung usw.)

Wenn dagegen große Teile der Welt in Armut gefangen bleiben oder Weltwirtschaft, Lebensstandard und Frieden zerfallen, dann könnten alle Funktionen der Religion, vielleicht sogar die Erklärung von Übernatürlichem, wieder eine Renaissance erleben.
Renegat
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Karlheinz hat geschrieben:
Barbarossa, Marek1964,Peppone
Schon der Soziologe Max Weber schrieb vor über 100 Jahren von der „Entzauberung der Welt“ durch Wissenschaft und Technik. Damit verliert die Religion weitgehend ihre Funktion als Erklärung für das Übernatürliche. Sie hat aber nach Diamond noch 6 weitere Aufgaben, die nicht so ohne weiteres entfallen.

Die Zukunft der Religion in den nächsten 30 Jahren hängt seiner Meinung nach ab von dem Zustand, in dem sich die Welt dann befindet. Wenn der Lebensstandard weltweit steigt, werden auch die Funktionen 4. Organisation der Menschen in Gruppen 5. Schaffung politischer Gemeinschaften 6. Moralkodex gegenüber Fremden 7. Rechtfertigung von Kriegen, an Bedeutung verlieren. Es bleiben die Funktionen 2. Linderung der Angst und 3. Trost bei Schmerz und Leid. Insbesondere werden die Menschen sich wahrscheinlich weiter an die Religion halten, weil sie behauptet, sie gebe dem individuellen Leben und Sterben einen Sinn, obwohl beides aus wissenschaftlicher Sicht keinen nennenswerten Sinn zu haben scheint. Selbst wenn die Antwort der Wissenschaft auf die Frage nach dem Sinn stimmt und wenn der religiöse Sinn eine Illusion ist, wird die Antwort der Wissenschaft auch weiterhin vielen Menschen nicht gefallen. (Der Mensch nur Produkt der Evolution, Intelligenz als Form der Umweltanpassung usw.)

Wenn dagegen große Teile der Welt in Armut gefangen bleiben oder Weltwirtschaft, Lebensstandard und Frieden zerfallen, dann könnten alle Funktionen der Religion, vielleicht sogar die Erklärung von Übernatürlichem, wieder eine Renaissance erleben.
Ich kopiere den Dialog mit Peppone hier rein, weil es mE mit 68 nur am Rande zu tun hat und hier besser paßt.
Renegat hat geschrieben:
Peppone hat geschrieben:
Renegat hat geschrieben: Der von Dir, Barbarossa, weiter oben angeführte Erhardt und die soziale Marktwirtschaft ist in den 50ern die westliche Antwort auf den damals noch jungen kalten Krieg gewesen, genau wie der Marshallplan. Man wollte verhindern, das weitere Länder zum Kommunismus wechselten.
Mag ein Grund gewesen sein, aber wichtiger war der soziale Hintergrund. Die CDU (und noch mehr die CSU) hatte anfangs in ihrem Programm richtiggehende sozialistische Inhalte drin stehen, Verstaatlichung von (Schlüssel)Industrien und so was. Dass aus Eigentum Verantwortung erwächst stedht immer noch im Grundgesetz.
Gerade die Christdemokraten wollten einen Neuanfang nach den verfluchten 12 Jahren, und zwar unter chrisltichen Vorzeichen, wozu auch soziales Gedankengut gehörte.
Außerdem hatte Erhard erkannt, dass seine Art des Wirtschaftens der Wirtschaft förderlich sein konnte, der hatte damals ganz genau Vor- und Nachteile des Kapitalismus analysiert und daraus seine Schlüsse gezogen.

Beppe
Kann gut sein, will ich nicht abstreiten. Sollten wir vielleicht besser beim Wertewandel weiterdiskutieren. Caritas, Nächstenliebe, Armenfürsorge ist in fast allen Religionen verankert. Im Islam funktioniert sie teilweise noch ganz gut. Wo sie funktioniert, mildert sie die Auswüchse der sozialen Ungleichheit. Allerdings anders als im theoretischen Marxismus/Sozialismus, der ja auf die Korrektur von ungleichen Besitzverhältnissen abzielt. Dort ist es ein Recht, in der Religion eine Gnade, ziemlich vereinfacht formuliert. Gehört aber eher in den Religionsthread, denn mit Religion hatte die Nach-68-Phase wenig zu tun, auch nicht mit religiösen Argumenten. Tagesaktuell könnte man sogar ein kleines religiöses Revival verzeichnen, versucht durch Pabst Franziskus, ob das funktioniert?
Auf jeden Fall ist es wichtig, dass du auf die "Verpflichtung des Eigentums zum Wohle der Allgemeinheit" hinweist, ist ziemlich in Vergessenheit geraten.
Es könnte also sein, dass die Religionen, wie du oben aus Weber, Diamond abgeleitet hast, Karlheinz, wegen des Zusammenbruchs des Kommunismus als ausgleichendes Gegenmodell wieder gebraucht werden. Einiges z.B. Franziskus, Teile des Islam, spricht dafür.
Aneri

@ Karlheinz

Zu deinem Eröffnungsbeitrag. Ich versuche mal von Ende zum Anfang:
Sie entsteht aus der Fähigkeit des Menschen, Kausalbeziehungen herzustellen und dies ist ein Produkt seiner Intelligenz.
Jedes Lebewesen hat die Fähigkeit die Kausalbeziehungen herzustellen. Eine Zelle entdeckt ziemlich schnell die Kausalität der molekularen Gefälle in der Umwelt, weil die wachsende Dichte eines Stoffes ist ihr unangenehm bzw. lebensgefährlich und andere das Gegenteil. Die Sinne der Tiere würden durch die vorh. Fähigkeit der Feststellung der kausalen Beziehungen entwickelt. Sie würden nur konzentriert und optimiert auf dem verändernden Organismus (Größe, Mobilität)
Die frühen Menschen unterscheiden nicht zwischen Fiktion und Wirklichkeit.
Es ist kein Merkmal der frühen Menschen Es gilt für die Gegenwart ebenfalls. Und überhaupt, was ist Fiktion, was ist Wirklichkeit in gesellschaftlichen Beziehungen? Der nationale Stolz ist eine Wirklichkeit. Wie oft – auch in diesem Forum – haben wir besprochen, dass es auf die Fiktionen oft aufgebaut ist. Das gleiche gilt für Ideologien, auch die mit Religionen nicht zu tun haben. Sie beruhen auf die Wertschätzung bzw. ein System der Werte und sprechen die Emotionen an. Daran sind sie den Religionen ähnlich.
Diamond definierte Religion zunächst wie folgt: „Religion ist der Glaube an eine postulierte übernatürliche Kraft, für deren Existenz uns unsere Sinne keinen Beleg liefern können, die aber zur Erklärung von Dingen herangezogen wird, für die unsere Sinne uns Belege liefern.“
Wenn man es zur atheistischen Überzeugung abgrenzen will, ist dieser Definition richtig. Aber wenn man es als eine Weltanschauung sieht, wenn man es in einer Kategorie mit atheistischer Weltanschauung sieht, dann sieht es etwas anders. Ich finde es auch wichtig, dass man sich in der Lage versetzt, in der man sich von eigenem Weltbild abstrahiert, egal ob man gläubig oder Atheist ist. Dann stellt man fest, dass das Gemeinsame ist: die Erklärung des Anfangs der Welt.

Gerade dieser Aspekt war aus meiner Sicht das Entscheidende in der Entstehung der Religionen. Mit der Entstehung des Selbstbewusstseins, hat man eben eine höhere Perspektive angenommen: man sah sich in einer Kategorie seiner Mitmenschen – seiner Gemeinschaft, die man von anderen Gemeinschaften unterschied.

Übrigens der Vorfall (die Bildung einer Gemeinschaft) hat sich mehrmals in der biologischen Evolution ereignet, nur war es auf anderem Mechanismus aufgebaut: da war die Semantik des genetisches Guts, die das sagen hatte (z. B. Insekten-Staaten). Wir haben mit der Semantik der Weltanschauungen zu tun.

Also die Fähigkeit zur sich-Abstraktion, die übrigens schon ansatzweise auch Tiere besitzen, führte erstens zur Frage, woher stamme ich, wohin gehöre ich, die ziemlich leicht durch das Vorhandensein der Familie beantwortet werden kann. Der nächste Schritt war, sich als Teil der Gemeinschaft zu fühlen. Daraus entstehende Frage: woher stammt meine Familie. Da die tierische und eigene Positionierung in der Weltanschauung noch sehr nah war, war es einleuchtend die tierische Vorfahren als Stammgründer anzunehmen. Als nächstes entwickelten sich die Beziehungen zwischen den Familien, übrigens das wichtigste Merkmal, der beginnende Zivilisation von dem tierischen Reich unterscheiden lies. Tiere pflegen keinen Kontakt zur anderen sozialen Gruppen.

Mit der wachsenden Zivilisation wurde der Horizont der Weltanschauung immer weiter gerückt. Es nimmt auch die unbelebte Welt ihrem Anteil in den weltanschaulichen Überlegungen. Die Träume und Wirklichkeit wurden nicht grundsätzlich unterschieden. Wichtige Rolle spielen Drogen, sich in Trance zu versetzen und die Verbindung mit der anderen geistigen Welt anzunehmen. Auch das Sterben muss eine Erklärung haben. Die Erklärungen dessen hatten die Weltanschauungen revolutionisiert, bzw. hatten die Weltanschauungen eben zu dem gemacht, was wir unter der verstehen: sie erklären die Welt in ihrer Ganzheit. Diese Ganzheit wurde immer Größer und Erklärungen immer komplizierter.

So, wenn wir die Weltanschauung in seiner Ganzheit betrachten, ist es zu komplex, es in Vergleich analysieren zu können. Daher scheint mir der Weg der Betrachtung der Wurzeln, der Abstammung erfolgversprechend zu sein. Man kann auch nachvollziehen, wie entwickelnde gesellschaftliche Beziehungen sich auf die Weltanschauung (damals allein durch Religion betreten) auswirkten. So zur Allianz gezwungene Stämme, müssten sich verbrüderlichen durch die Erklärung gemeinsamen Abstammungen. Die Entstehung einer abstrahierte Ebene der Geister – der Götter scheint mir hier folgerichtig zu sein. Die anfängliche Götter-Pluralismus hat hier ihre Wurzeln. Die Götter werden von dem eigentlichen Stamm – als seine Gründer – allmählich isoliert und werden in einem Göterrgeflechtsystem eingearbeitet. So wird die Götterleinwand die Spiegelung der gesellschaftlichen Beziehungen, die aber ihrerseits auf gesellschaftliche Ereignisse bzw. Beziehungen zurück wirkten.

---------

Na ja , zurück zu Diamond:
1.)Sie erklärt übernatürliche Phänomene
Ich habe hier meine logische Schwierigkeiten. Die Religion bzw. Menschen damals unterschied nicht zwischen natürlichen und übernatürlichen Phänomenen. Für sie waren alle gleich. Sie unterschieden die beiden Kategorien nicht. Daher auch das Nutzen, gerade in anfänglichem Stadium der Religion, ist ja sehr fragwürdig.
2.)Sie lindert Angst durch Rituale, versucht mit ihnen die übernatürliche Welt positiv zu beeinflussen, damit diese in der realen Welt Vorteile einbringt
Auch hier sehe ich anders. Da muss man annehmen, dass die Tiere leben in einer Angst. Ist es so?! Man kann zwar durch das Gemeinschaftsgefühl, die durch Rituale entstehen, vorhandene Ängste lindern. Nur denke ich, dass für die Großteil der Ängste die Religion verantwortlich ist.
3.)Sie tröstet angesichts von Schmerz und Tod
Es mag sein. Dennoch denke ich, dass man hier zu stark das Christentum vor Augen hat. Wenn man den Schmerz als Strafe der Götter darstellt, dann ist es kein Trost.
4.)Sie organisiert die Menschen in Gruppen
Ja, organisiert sie Menschen in Gruppen oder ist es ein Ergebnis einer Organisation? Ich denke eben, dass es ein paralleler rückkoppelnder und sich gegenseitig verstärkender Prozess war. Und immer noch ist bei der Entstehung der religiösen Strömungen.
5.)Sie schafft eine politische Verfassung. Standardisiert Verhaltensweisen, entwickelt einen Moralkodex, rechtfertigt Herrschaft in einem späteren Stadium
Früher war es eben alles in Einem. Vergisst man auch nicht die Forschung, die von Religion angetrieben war. Ich denke eher, dass Moralvorstellungen war für die Erhaltung der entstehenden Gemeinschaft (als einer zivilisatorischen Einheit) wichtig. Die Funktionalität dieser Gemeinschaft war ausschlaggebend für das Nutzen seiner Mitglieder. Wenn diese evolutive Einheit sich in der Umwelt (auch gleichartigen: der anderen Gemeinschaften) durchsetzte, dann hatten auch ihre Mitglieder Nutzen davon.

Wenn man die Evolution der Zellkolonien vor geistigen Augen vorführt, dann sieht man ähnlichen Prozess. Die Zellen entdecken die schützende Wirkung des Zusammenseins und arbeiten daran, das Zusammensein zu stärken. Es wird in ihrem genetischen Gut immer tiefer verankert. Bis auf einmal die Waage kippt. Das übergeordnete Ganze hat jetzt zu sagen, wie die Zellen sich verhalten sollen. Die Faszination (für mich!) besteht daran, dass es gibt nicht außerhalb der Zelle, was für die übergeordnete Ganzheit sorgt. Das was wir in diesem Neuen beobachten können, ist eine – noch- anfängliche Differenzierung, die jetzt immer stärker angetrieben wird. Wenn auch einzelne Teilnehmer beginnen sich zu wehren, es wurden Mechanismen schon geschafft diesen in Schach zu halten.
Sieht ihr nicht eine Analogie zur gesellschaftlichen Entwicklung?
RedScorpion

Tjo,

hier hapert's aber v.a. daran, dass völlig ausser Acht gelassen wird, dass Glauben schon seit mehr als 2000 Jahren, zumindest im Idealfall, vielmehr an den Logos gekoppelt ist denn an den Mythos.

Es geht dem Glauben eben nicht in erster Linie um das "wie" (Synkretismus verschiedener Entstehungsgeschichten), sondern ums "dass" bzw. ums "warum", ums Jetzt, um die Zukunft und ums Jenseits, und nicht um die Vergangenheit,

und damit steht er mitnichten in Konkurrenz zur Wissenschaft (wie das z.B. Jahrmarktzauberer tun, allerdins auch nur vordergründig), sondern eher in Konkurrenz zum Staat seit Napoleon, weil beide zumindest im Anspruch ähnliche Bedürfnisse befriedigten, eben genau das Jetzt, die Zukunft und das Jenseits, jedenfalls bevor sich Laizismus/Laizität (sprich Emanzipation) auf der einen Seite und Abkehr vom alleinseligmachenden Nationalismus auf der anderen durchsetzten.



LG
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dieter
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Karlheinz hat geschrieben:Wenn dagegen große Teile der Welt in Armut gefangen bleiben oder Weltwirtschaft, Lebensstandard und Frieden zerfallen, dann könnten alle Funktionen der Religion, vielleicht sogar die Erklärung von Übernatürlichem, wieder eine Renaissance erleben.
Lieber Karlheinz,
Religion wird es solange geben, solange es Dinge gibt, die man sich sonst nicht erklären kann. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Hallo Aneri,
ich kann deine Argumente leider nicht ganz nachvollziehen, will mich auch nur zu einigen erst einmal äußern
.)Sie erklärt übernatürliche Phänomene
Ich habe hier meine logischen Schwierigkeiten. Die Religion bzw. Menschen damals unterschied nicht zwischen natürlichen und übernatürlichen Phänomenen. Für sie waren alle gleich. Sie unterschieden die beiden Kategorien nicht. Daher auch das Nutzen, gerade in anfänglichem Stadium der Religion, ist ja sehr fragwürdig.
Übernatürlich bedeutet nach Diamond: die Anhänger einer Religion haben feste Überzeugungen, die mit unserem Erleben der Natur in Konflikt stehen, davon nicht bestätigt werden und für Menschen, die keine Anhänger der jeweiligen Religion sind, nicht plausibel erscheinen.

Z.B. Es gibt im Hinduismus einen Affengott, der mit einem Purzelbaum Tausende von Kilometern zurücklegt
Gewitter entstehen durch einen Gott, der Blitze schleudert (Zeus bei den Griechen)
Männer, die für ihren Glauben sterben, kommen ins Paradies und werden dort von Jungfrauen empfangen (Islam)
Ein übernatürliches Wesen hat einer auserwählten Volksgruppe ein Stück Land versprochen (Judentum).

Solche Vorstellungen sind oft durch falsche Kausalbeziehungen entstanden. Sie erscheinen Menschen, die einer anderen Religion angehören, völlig absurd.
2.)Sie lindert Angst durch Rituale, versucht mit ihnen die übernatürliche Welt positiv zu beeinflussen, damit diese in der realen Welt Vorteile einbringt
Auch hier sehe ich anders. Da muss man annehmen, dass die Tiere leben in einer Angst. Ist es so?! Man kann zwar durch das Gemeinschaftsgefühl, die durch Rituale entstehen, vorhandene Ängste lindern. Nur denke ich, dass für die Großteil der Ängste die Religion verantwortlich ist.
Tiere haben mal Angst, mal nicht. In Augenblicken der Gefahr reagieren sie instinktiv. Bei Menschen ist dies ähnlich. Sie suchen aber nach einer Erklärung für die Gefahr und wollen ihr vorbeugen. Glaubt man, dass eine Flussüberschwemmung von einem zornigen Gott verursacht wird, versucht man, ihn durch Rituale zu besänftigen. Die Azteken glaubten, sie müssten jeden Tag einen Menschen opfern, damit die Sonne wieder aufgeht. Falsche Kausalbeziehungen. Es ist nicht beobachtet worden, dass Tiere ähnliche Rituale durchführen. Es ist auch nicht gesehen worden,das sie einer Gefahr vorbeugen, indem sie beispielsweise einen Deich bauen, um Flutkatastrophen zu verhindern. Sie können keine Kausalketten aufbauen
3.)Sie tröstet angesichts von Schmerz und Tod

Es mag sein. Dennoch denke ich, dass man hier zu stark das Christentum vor Augen hat. Wenn man den Schmerz als Strafe der Götter darstellt, dann ist es kein Trost.
Doch, denn das Christentum zeigt ja auch den Weg auf, wie man sich von der Strafe befreien kann. Durch Buße, Läuterung, Gebete, gute Werke. Das ist bei fast allen Religionen so. Auch hier falsche Kausalitäten. Die Strafe kommt nicht von den Göttern und ihre Beschwörung bringt auch keine Besserung. Es können aber Placebo Effekte eintreten und gute Werke mögen tatsächlich etwas ändern. Das liegt dann aber nicht an den Göttern.
Sie entsteht aus der Fähigkeit des Menschen, Kausalbeziehungen herzustellen und dies ist ein Produkt seiner Intelligenz.

Jedes Lebewesen hat die Fähigkeit die Kausalbeziehungen herzustellen. Eine Zelle entdeckt ziemlich schnell die Kausalität der molekularen Gefälle in der Umwelt, weil die wachsende Dichte eines Stoffes ist ihr unangenehm bzw. lebensgefährlich und andere das Gegenteil. Die Sinne der Tiere würden durch die vorh. Fähigkeit der Feststellung der kausalen Beziehungen entwickelt. Sie würden nur konzentriert und optimiert auf dem verändernden Organismus (Größe, Mobilität)
Eine Zelle ist aber nicht intelligent. Sie reagiert auf biologische und chemische Einwirkungen, das geschieht aber nicht bewusst, genauso wenig, wie ich mir bewusst die Haare oder Fingernägel wachsen lassen kann.
So ist dies bei den meisten Lebewesen. Ich habe noch keine intelligente Brennnessel oder ein philosophierendes Gänseblümchen getroffen. Eine Rose beginnt nicht zu blühen, weil sie sich das vorher überlegt und einen Plan geschmiedet hat. Ihr Verhalten wird von Naturgesetzen bestimmt, aber sie macht dies nicht bewusst.
Die Tiere haben Instinkte und von denen wird ihr Verhalten gesteuert. Leben beispielsweise Rinder in einem warmen Gebiet, in dem aufgrund einer Klimaänderung es viel kälter wird, beginnen sie nicht Feuer zu machen oder Kleider zu produzieren. Sie überleben nur als Art, wenn unter ihnen zufällig einige Individuen sind, die ein wenig Fell haben. Menschen denken vorausschauend, sie versuchen Zusammenhänge zu analysieren, um daraus längerfristig Handlungsstrategien zu entwickeln, eben Kausalitäten abzuleiten. Das Denken in Kausalketten findet man ansatzweise bei Primaten und einigen anderen Tierarten. Jedoch ist die Kultur der Schimpansen nicht ansatzweise so hoch entwickelt wie bei Menschen.
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