Warum rauben Nationen Kunst-/Kulturgegenstände?

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Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Im Zusammenhang mit der immer wieder mal thematisierten Beutekunst bzw. Kulturgegenstände, die sich die Kriegsgegner gerade im 2. Weltkrieg untereinander raubten, stellt sich mir immer wieder die Frage nach dem Warum?
Vielleicht denke ich auch zu sehr historisch oder zu sehr in nationalen Grenzen, aber warum raubt eine Nation Kulturgegenstände einer anderen Nation und stellt diese bei sich aus?
Es ist ja im Grunde ein Phänomen, daß sich wie ein roter Faden durch die ganze Menschheitsgeschichte zieht.
Das macht aus meiner Sicht eigentlich gar keinen Sinn, da diese Gegenstände aus einem fremden Land weder mit der Geschichte noch mit der Kultur des eigenen Landes zu tun haben. Für mich als historisch interessierten Menschen hätten sie aus diesem Grunde gar keinen Wert. Ich würde sie mir anschauen und wenn ich sehe - aha, das kommt aus Timbuktu (mal als Beispiel), dann würde ich mir das kurz anschauen und mir denken: "Ach ist ja schön, dass diese Menschen auch eine Hochkultur hatten". Aber da ich mich vor allem für die Geschichte meiner eigenen Vorfahren - also für deutsche und germanische Geschichte interessiere, wäre das für mich irrelevant. Das ist das was mich beim Thema Beutekunst immer irritiert. Sie stellen Dinge aus, die mit ihrer eigenen Geschichte und Kultur nichts zu tun haben.
Warum? Kann mir das jemand erklären - so daß ich es auch verstehe?
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Renegat
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Naja, du bist vielleicht ein Einzelfall, wenn du dich nur für die Geschichte deiner Region interessierst. Mich interessiert die gesamte Menschheitsgeschichte und ich betrachte und bewundere die Kulturausdrücke aller Menschen und Kulturen. Für mich ist Kunst einfach Kulturausdruck und die Betrachtung von Kunst erweitert den Horizont. Man kann von anderen Kulturen eine Menge lernen. Diesen Lernprozeß durch Austausch und Interesse an anderen, gibt es, solange es Menschen gibt, denn Kultur ist letztlich die Weitergabe von Wissen und Erfahrungen. Insofern kann ich es verstehen, dass Berlin die Nofretete nicht rausrücken will, z.B., was nicht bedeutet, dass ich es richtig finde.
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dieter
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Lieber Barbarossa,
sie stellen die Kunstwerke als Trophäen des Sieger des 2. Weltkriegs aus. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
RedScorpion

Barbarossa hat geschrieben: ...
Aber da ich mich vor allem für die Geschichte meiner eigenen Vorfahren - also für deutsche und germanische Geschichte interessiere, ...
...
Oder im Fall Ostdeutschlands, meist slawische.

Barbarossa hat geschrieben: ...
... wäre das für mich irrelevant. Das ist das was mich beim Thema Beutekunst immer irritiert. Sie stellen Dinge aus, die mit ihrer eigenen Geschichte und Kultur nichts zu tun haben.
Warum? Kann mir das jemand erklären - so daß ich es auch verstehe?
Das wird schwierig für uns. :wink:

Tja, was will Deutschland mit der Nofretete und dem Pergamonaltar nach Deiner Logik?
Ist der "Schatz des Priamos" deutsch, weil Schliemann ihn seiner Frau umgehängt hat?

Und überhaupt, hat's denn seine Fakultät in Mecklenburg noch und wird denn das Zeug von Deutschland überhaupt wertgeschätzt?

Warum das ganze Theater ums Bernsteinzimmer (soll ja sogar auf der Estonia gewesen sein :wink: ), die Pruzzen-Sammlung in Königsberg usw.?


Es geht ums Prestige, und genau das ist das Problem.

Was sollte es einen kratzen, ob man nun ein Original vor sich hat oder eine Kopie.
Und Anliegen sollte sein, dass ein Objekt eben halbwegs wertgeschätzt wird, ob es dem Studium zugänglich ist, egal von wem, ob es ins Net gestellt wird, und nicht, wo es sich befindet.


P.S. Hatte gehofft, Merkel hätte den dann doch wahrgenommenen Termin mit Putin wegen Syrien abgesagt, nicht wegen einem solchen Mist wie dem hier.



LG
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Barbarossa:
…aber warum raubt eine Nation Kulturgegenstände einer anderen Nation und stellt diese bei sich aus?
Es ist ja im Grunde ein Phänomen, daß sich wie ein roter Faden durch die ganze Menschheitsgeschichte zieht.
Das macht aus meiner Sicht eigentlich gar keinen Sinn, da diese Gegenstände aus einem fremden Land weder mit der Geschichte noch mit der Kultur des eigenen Landes zu tun haben.
Ein Grund wurde von Dieter genannt: Kulturgegenstände sind oft Siegestrophäen gewesen. Insofern haben sie doch etwas mit der eigenen Geschichte zu tun, denn sie demonstrieren den Sieg des eigenen Herrschers über den anderen. Außerdem geht die Kultur des Besiegten oftmals auch in die eigene Kultur später ein. Ich denke zum Beispiel an die berühmten bronzenen Pferde auf dem Markusdom in Venedig. Ursprünglich in der Antike gefertigt, wurden sie 1204 von den Kreuzrittern nach der Eroberung von Konstantinopel dort gestohlen. Das Motiv der Quadriga wurde dann über diesen Umweg später oft in Europa kopiert. Viele Prestigegüter sind häufig Kriegsbeute gewesen. Ihr Besitz symbolisiert die eigene Überlegenheit.

Nachdem Napoleon Ende des 18.Jahrhunderts kurzfristig Ägypten besetzt gehalten hatte, gelangten viele Altertümer von dort nach Europa und erregten hier große Aufmerksamkeit. Jetzt entstanden neue Wissenschaften wie Ägyptologie, Orientalistik, Indologie etc. Die Archäologie entwickelte sich, um die Zeugnisse der vergangenen Kulturen zu bergen. Das Interesse an den Kunstgegenständen entsprang wissenschaftlicher Neugierde und künstlerischem Interesse, der Liebhaberei reicher Leute, die sich gerne mit solchen Dingen umgaben, dem Imponiergehabe einiger Entdecker, ganz gewöhnlichen Schatzsuchern mit rein kommerziellem Interesse und dem Prestigedenken einiger Politiker, die ähnlich wie frühere Herrscher glaubten, das der Besitz solcher Gegenstände dem Ruhm ihrer Staaten förderlich sei und deshalb große Anstrengungen unternahmen, um diese zu bekommen, sei es durch einfache Plünderung fremder Länder oder durch den Ankauf solcher Antiquitäten, wie z.B. der Büste von Nofretete zu vielleicht nicht immer fairen Preisen.

Man verfuhr oftmals nicht gerade rücksichtsvoll mit den Ländern, aus denen die Kunstwerke entfernt wurden. Das Ischtar Tor oder den Pergamon Altar ließ man vor Ort einfach abbauen und setzte die Einzelteile in Berlin wieder zusammen. Die Genehmigung dafür erteilten korrupte einheimische Potentaten. In dieser Zeit fand ein gewaltiger Kunstraub statt. Die einzige Entschuldigung, die man vielleicht hierfür anführen kann, ist die, das ein großer Teil der Kunstwerke von den Europäer überhaupt erst entdeckt und aufgefunden wurde und in den Ländern vor Ort damals kein Interesse an den Überresten der eigenen Kultur bestand und diese bekamen einen kommerziellen Wert ja auch erst dadurch, als im Westen dafür Interessenten existierten.
Barbarossa:
Aber da ich mich vor allem für die Geschichte meiner eigenen Vorfahren - also für deutsche und germanische Geschichte interessiere, wäre das für mich irrelevant. Das ist das was mich beim Thema Beutekunst immer irritiert. Sie stellen Dinge aus, die mit ihrer eigenen Geschichte und Kultur nichts zu tun haben.
Warum? Kann mir das jemand erklären - so daß ich es auch verstehe?
Ehrlich gesagt verstehe ich die Frage nicht ganz. Ich persönlich interessiere mich nicht nur für deutsche Geschichte, sondern auch sehr für die Geschichte anderer Völker. Ich sehe mir dann auch Beutekunst an. Das ist meistens auch gar nicht zu vermeiden. In Hamburg gibt es permanente Ausstellungen für Kunst aus dem Amerika vor Kolumbus. Alles was man dort sieht, haben die Spanier einst den Inka und Azteken gewaltsam weggenommen.
Bei sehr vielen Kunstgegenständen weiß man nicht, wem sie ursprünglich gehörten und wer sie dann wem geklaut hat. Die Germanen den Slawen, diese vielleicht wieder anderen? In den meisten Fällen ist es müßig, darüber nachzudenken. Wenn keine ernstzunehmenden Besitzansprüche gestellt werden und es auch keine Schwierigkeiten mit anderen Staaten deswegen gibt, mache ich mir darüber keine Gedanken. Aber gerade auch die Beutekunst zeigt ja, dass auch die Geschichte anderer Länder und Kulturen sehr viel mit unserer eigenen Geschichte zu tun hat, sonst hätten wir diese Kunstwerke nicht.
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dieter
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Bestes Beispiel ist die Türkei. Auf deren Gebiet wurde der Pergamon-Alter und die Kunstschätze von Troja gefunden. Wem gehören diese Schätze :?: Den Deutschen, die sie gefunden haben, Den Russen, die sie geklaut haben oder den Türken :?:
Die heutige türkische Kultur mit ihrer islamischen Ausrichtung hat aber auch nichts im Geringsten , durch dir Zuwanderung der Türken mit der der damaligen Bevölkerung zu tun. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Vergobret
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Hihi, die Deutschen wollen die Sachen von den Russen zurück, aber ihre Nofretete soll schön in Berlin bleiben.
„In all den Jahren habe ich so viele junge Männer gesehen,
die der Meinung waren, auf andere junge Männer zuzulaufen.
Aber das stimmt nicht.
Sie liefen alle zu mir.“
so sprach der Tod

Aus „Die Bücherdiebin“
RedScorpion

dieter hat geschrieben:Bestes Beispiel ist die Türkei. Auf deren Gebiet wurde der Pergamon-Alter und die Kunstschätze von Troja gefunden. Wem gehören diese Schätze :?: Den Deutschen, die sie gefunden haben, Den Russen, die sie geklaut haben oder den Türken :?:
...
Ja, ist nicht ganz einfach. Eine Antwort könnte lauten: der Menschheit.

dieter hat geschrieben: ...
Die heutige türkische Kultur mit ihrer islamischen Ausrichtung hat aber auch nichts im Geringsten , durch dir Zuwanderung der Türken mit der der damaligen Bevölkerung zu tun. :roll:
Man kann aber davon ausgehen, dass zumindest ethnisch nur teilweise ein Link zu Turkvölkern besteht.

Die offizielle Türkei hat(te) u.a. deswegen ein Problem mit Türkentum usw., weil die Türkei bis heut wesentlich weniger stark "türkisch" ist, als Atatürk sich selbst das hat glauben lassen wollen. :roll:

Und griechische oder protogriechische Denkmäler in der Türkei konterkarieren ja auch ganz offensichtlich jegliche Blut- und Bodenideologie.

Von daher ...



P.S. Auch heutige griechische Orthodoxie, Röm.- Kath. und protestantisches Christentum usw. haben mit antikem Götterglauben wenig gemein, nur so nebenbei.




LG
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dieter hat geschrieben:Bestes Beispiel ist die Türkei. Auf deren Gebiet wurde der Pergamon-Alter und die Kunstschätze von Troja gefunden. Wem gehören diese Schätze :?: Den Deutschen, die sie gefunden haben, Den Russen, die sie geklaut haben oder den Türken :?:
Die heutige türkische Kultur mit ihrer islamischen Ausrichtung hat aber auch nichts im Geringsten , durch dir Zuwanderung der Türken mit der der damaligen Bevölkerung zu tun. :roll:
Der Pergamonaltar befindet sich auf der Museumsinsel und die wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, insofern gehört der Altar der Menschheit, formal rechtlich gesehen. Nach den Bestimmungen des Gesetzes zum Weltkulturerbe 1972 muss der Staat, auf dem sich das Erbstück befindet, für dessen Schutz und Erhaltung sorgen. 189 Nationen auf der Erde haben sich mit dieser Regelung einverstanden erklärt.

Zweimal hatte in den vergangenen Jahren die Türkei die Rückgabe des Altars gefordert. Dies waren aber keine offiziellen Gesuche und wurden daher nicht weiter beachtet. Der Altar wurde seinerzeit auch mit offizieller Genehmigung der früheren türkischen Regierung nach Deutschland gebracht, schon deshalb gibt es keinerlei rechtliche Grundlage für eine Rückgabe.
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Barbarossa
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dieter hat geschrieben:Lieber Barbarossa,
sie stellen die Kunstwerke als Trophäen des Sieger des 2. Weltkriegs aus. :wink:
Karlheinz hat geschrieben:Ein Grund wurde von Dieter genannt: Kulturgegenstände sind oft Siegestrophäen gewesen. Insofern haben sie doch etwas mit der eigenen Geschichte zu tun, denn sie demonstrieren den Sieg des eigenen Herrschers über den anderen. (...) Viele Prestigegüter sind häufig Kriegsbeute gewesen. Ihr Besitz symbolisiert die eigene Überlegenheit.

Eigentlich dachte ich mir sowas schon. Im Grunde wird ein solches Kulturgut des einen Volkes zu einem Symbol des anderen, so nach dem Motto:
"Wir haben euch besiegt und nun demütigen und provozieren wir euch noch zusätzlich damit, daß wir euch euer Kulturgut rauben."
Wirkliche Wertschätzung des Gegenstandes kommt dabei natürlich nicht zustande - kann ja auch nicht, weil die Historie des Gegenstandes vor dem Raub für die Sieger-Nation, unwichtig ist.
:?
Karlheinz hat geschrieben:Man verfuhr oftmals nicht gerade rücksichtsvoll mit den Ländern, aus denen die Kunstwerke entfernt wurden. Das Ischtar Tor oder den Pergamon Altar ließ man vor Ort einfach abbauen und setzte die Einzelteile in Berlin wieder zusammen. Die Genehmigung dafür erteilten korrupte einheimische Potentaten. In dieser Zeit fand ein gewaltiger Kunstraub statt. Die einzige Entschuldigung, die man vielleicht hierfür anführen kann, ist die, das ein großer Teil der Kunstwerke von den Europäer überhaupt erst entdeckt und aufgefunden wurde und in den Ländern vor Ort damals kein Interesse an den Überresten der eigenen Kultur bestand und diese bekamen einen kommerziellen Wert ja auch erst dadurch, als im Westen dafür Interessenten existierten.
(...)
Ich persönlich interessiere mich nicht nur für deutsche Geschichte, sondern auch sehr für die Geschichte anderer Völker. Ich sehe mir dann auch Beutekunst an. Das ist meistens auch gar nicht zu vermeiden. In Hamburg gibt es permanente Ausstellungen für Kunst aus dem Amerika vor Kolumbus. Alles was man dort sieht, haben die Spanier einst den Inka und Azteken gewaltsam weggenommen.
Bei sehr vielen Kunstgegenständen weiß man nicht, wem sie ursprünglich gehörten und wer sie dann wem geklaut hat. Die Germanen den Slawen, diese vielleicht wieder anderen? In den meisten Fällen ist es müßig, darüber nachzudenken. Wenn keine ernstzunehmenden Besitzansprüche gestellt werden und es auch keine Schwierigkeiten mit anderen Staaten deswegen gibt, mache ich mir darüber keine Gedanken. Aber gerade auch die Beutekunst zeigt ja, dass auch die Geschichte anderer Länder und Kulturen sehr viel mit unserer eigenen Geschichte zu tun hat, sonst hätten wir diese Kunstwerke nicht.
Das mag sein. Was ich aber dabei als ein Problem sehe - und das meinte ich vor allem mit meiner Frage:
Wenn man sich tatsächlich für die Geschichte und die Kultur eines bestimmten Volkes/Landes interessiert, dann muß man sich die Kulturgüter desselben u. U. auf der ganzen Welt zusammensuchen. Das kann zu einer Weltreise ausarten.
:o
Vielleicht gibt es ja irgendwann mal einen weltweiten Vertrag über den gegeseitigen Austausch von Kulturgütern (zumindest die, die man zuordnen kann - dein Einwand ist schon richtig) aller Länder der Welt. Das wäre aus meiner Sicht auf jeden Fall wünschenswert. Da würden dann auch die Dinge darunterfallen, die du genannt hast. Sie haben mit unserer eigenen Kultur/Geschichte nichts oder nur sehr bedingt zu tun.
Ich interessiere mich tatsächlich vor allem für germanische und deutsche Geschichte. Mit der Geschichte anderer Länder habe ich mich zwar auch etwas beschäftigt, da aber eher umrissartig, um zumindest einen Überblick zu haben. Wirklich eingehend beschäftige ich mich aber nur mit unserer eigenen Geschichte. Da gibt es ja genug zu erfahren.
:wink:
RedScorpion hat geschrieben:Ja, ist nicht ganz einfach. Eine Antwort könnte lauten: der Menschheit.
... Die es aber eigentlich nur als Begrifflichkeit gibt - eine Fiktion...
Karlheinz hat geschrieben:Der Pergamonaltar befindet sich auf der Museumsinsel und die wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, insofern gehört der Altar der Menschheit, formal rechtlich gesehen. Nach den Bestimmungen des Gesetzes zum Weltkulturerbe 1972 muss der Staat, auf dem sich das Erbstück befindet, für dessen Schutz und Erhaltung sorgen. 189 Nationen auf der Erde haben sich mit dieser Regelung einverstanden erklärt...
Und schon diesen Begriff "Weltkulturerbe" sehe ich eher kritisch, denn es gibt keine Weltkultur - hat es auch nie gegeben. Es gibt verschiedene Kulturkreise und von der Sozialisation her denken die Menschen eher in nationalen Grenzen - wenn überhaupt, denn bei indigenen Völkern ist selbst das oft noch nicht einmal so.
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RedScorpion

Barbarossa hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Lieber Barbarossa,
sie stellen die Kunstwerke als Trophäen des Sieger des 2. Weltkriegs aus. :wink:
Karlheinz hat geschrieben:Ein Grund wurde von Dieter genannt: Kulturgegenstände sind oft Siegestrophäen gewesen. Insofern haben sie doch etwas mit der eigenen Geschichte zu tun, denn sie demonstrieren den Sieg des eigenen Herrschers über den anderen. (...) Viele Prestigegüter sind häufig Kriegsbeute gewesen. Ihr Besitz symbolisiert die eigene Überlegenheit.

Eigentlich dachte ich mir sowas schon. Im Grunde wird ein solches Kulturgut des einen Volkes zu einem Symbol des anderen, so nach dem Motto:
"Wir haben euch besiegt und nun demütigen und provozieren wir euch noch zusätzlich damit, daß wir euch euer Kulturgut rauben."
Wirkliche Wertschätzung des Gegenstandes kommt dabei natürlich nicht zustande - kann ja auch nicht, weil die Historie des Gegenstandes vor dem Raub für die Sieger-Nation, unwichtig ist.
:?
...
Nach der Logik müsste der Sieger Gegenstände aber kaputtmachen (was im Uebrigen eine der Hauptthesen vom Friedrich Jörgl ist hinsichtlich des Bombenkriegs), anstatt sie weiterzuverwenden, einzulagern oder auszustellen.

Darüberhinaus ist aber auch Deine Prämisse, dass ein Kulturgut zweifelsfrei dem einen, nicht dem anderen "Kulturkreis" zuzuordnen wäre, grundfalsch. Was stellst Du z.B. mit dem Bernsteinzimmer an? Wohin packst Du das Brandenburger Tor? Peterburg oder auch Potsdam?

Barbarossa hat geschrieben: ...
Ich interessiere mich tatsächlich vor allem für germanische und deutsche Geschichte. Mit der Geschichte anderer Länder habe ich mich zwar auch etwas beschäftigt, da aber eher umrissartig, um zumindest einen Überblick zu haben. Wirklich eingehend beschäftige ich mich aber nur mit unserer eigenen Geschichte.
...
Wobei der germanische Anteil an ostdeutscher Kultur denkbar gering ist. Das ist für Euch schon fast "ausländische Kultur", sind doch in der Zone nichtmal die Ortsnamen deutsch bzw. germanischen Ursprungs. Von der germanisierten slawischen Urbev. gar nicht zu sprechen. :mrgreen:

Barbarossa hat geschrieben: ...
RedScorpion hat geschrieben:Ja, ist nicht ganz einfach. Eine Antwort könnte lauten: der Menschheit.
... Die es aber eigentlich nur als Begrifflichkeit gibt - eine Fiktion...
...
Ich stimme da mit Dir darin überein, dass man Orgs wie die UNO, UNESCO usw. realpolitisch gern stärker hätte, als sie sind. Aber - da verweise ich auf Karlheinz - es ist jetzt nu ooch nich so, dass eine solche Einordnung durch übergeordnete Orgs gar nix wert wäre.

Barbarossa hat geschrieben: ...
Und schon diesen Begriff "Weltkulturerbe" sehe ich eher kritisch, denn es gibt keine Weltkultur - hat es auch nie gegeben. Es gibt verschiedene Kulturkreise und von der Sozialisation her denken die Menschen eher in nationalen Grenzen - wenn überhaupt, denn bei indigenen Völkern ist selbst das oft noch nicht einmal so.
Mit dem "in nationalen Grenzen Denken" ist das so 'ne Sache, ne. Mit dem Osten Ds z.B. hat der Westen weiterhin meist wenig bis nix zu tun, und will auch nix zu tun haben. Wir haben hier im Forum z.B. massenhaft Zeugnis davon, dass die Vereinigung weiterhin nicht völlig abgeschlossen ist, und die Affinität zu Belgien, Lux, den NL, Oesterreich u.U. stärker ist als mit den Bundesländern der Ehemaligen.

Darüberhinaus hat's aber doch, und zwar von Alaska bis Polynesien, eine Konstante dessen, was "Weltkultur" ausmacht: Das Streben nach Erfüllung welcher Art auch immer und die Suche nach Instrumenten auf dem Weg dorthin bzw. Ausdruck derselben.




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Barbarossa
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RedScorpion hat geschrieben:Nach der Logik müsste der Sieger Gegenstände aber kaputtmachen (was im Uebrigen eine der Hauptthesen vom Friedrich Jörgl ist hinsichtlich des Bombenkriegs), anstatt sie weiterzuverwenden, einzulagern oder auszustellen...
Äh - nö, eigentlich nicht, denn eine kaputte (Sieges-)Trophäe erfüllt ja ihren Zweck nicht mehr.
:wink:
RedScorpion hat geschrieben:Darüberhinaus ist aber auch Deine Prämisse, dass ein Kulturgut zweifelsfrei dem einen, nicht dem anderen "Kulturkreis" zuzuordnen wäre, grundfalsch. Was stellst Du z.B. mit dem Bernsteinzimmer an? Wohin packst Du das Brandenburger Tor? Peterburg oder auch Potsdam?

Wobei der germanische Anteil an ostdeutscher Kultur denkbar gering ist. Das ist für Euch schon fast "ausländische Kultur", sind doch in der Zone nichtmal die Ortsnamen deutsch bzw. germanischen Ursprungs. Von der germanisierten slawischen Urbev. gar nicht zu sprechen. :mrgreen:
Ich weiß schon, worauf du hinaus willst.
Aber es muß im Zuge der mittelalterlichen deutschen Ostexpansion eine deutsche Mehrheitsbevölkerung entstanden sein, denn sonst hätte sich die deutsche Sprache nicht durchgesetzt. Tatsächlich gibt es ja bis heute eine slawische Restbevölkerung mit den Sorben. Natürlich muß deren Kultur in unsere deutsch-brandenburgische (um jetzt mal Brandenburg als Beispiel zu nehmen) irgendwie mit eingeflossen sein, so wie die vorslawische (wiederum germanische) Restbevölkerung auch in die, der slawischen Einwanderer eingeflossen sein wird. Die Slawen in Brandenburg waren ja mitnichten die Urbevölkerung des Landes.

Und ja, gerade Brandenburg ist nun wirklich ein gutes Beispiel für ein klassisches Einwanderungsland. Und zwar schon sehr viel früher, als die USA (mit ihrer popeligen 237-jährigen Geschichte :mrgreen: ) Letztlich setzt sich dann meist die Sprache der Mehrheitsbevölkerung durch, während die Minderheit assimiliert wird - auch das zeigt die brandenburger Geschichte sehr gut.
:wink:
RedScorpion hat geschrieben:... Darüberhinaus hat's aber doch, und zwar von Alaska bis Polynesien, eine Konstante dessen, was "Weltkultur" ausmacht: Das Streben nach Erfüllung welcher Art auch immer und die Suche nach Instrumenten auf dem Weg dorthin bzw. Ausdruck derselben...
Ja, das stimmt natürlich. Ich denke da im Grunde genommen ganz ähnlich: So unterschiedlich sind die Menschen auf der ganzen Welt gar nicht. Für Probleme aller Art werden oft ganz ähnliche Lösungsansätze gefunden und zwar auch unabhängig voneinander. Das ist mir auch schon aufgefallen und finde das faszinierend.
Aber im Denken der Menschen ist dies leider nicht verankert.
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Vergobret
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Krass, wie man solch offensichtliche Fehleinschätzungen einbauen kann.
Barbarossa hat geschrieben: Eigentlich dachte ich mir sowas schon. Im Grunde wird ein solches Kulturgut des einen Volkes zu einem Symbol des anderen, so nach dem Motto:
"Wir haben euch besiegt und nun demütigen und provozieren wir euch noch zusätzlich damit, daß wir euch euer Kulturgut rauben."
Wirkliche Wertschätzung des Gegenstandes kommt dabei natürlich nicht zustande - kann ja auch nicht, weil die Historie des Gegenstandes vor dem Raub für die Sieger-Nation, unwichtig ist.
Quark, wäre die Geschichte unwichtig, würde man sich kaum die Mühe machen eine Ausstellung zu konzipieren. Außerdem: Warum sollte man sich nicht für die geschichte eines Gegenstandes interessieren, nur weil DU dich nicht für Geschichte jenseits deiner Haustür interessierst. Der Gedankengang ist doch Unsinn. Ich wiederhole mein Beispiel der Nofretete - Du willst doch nicht ernsthaft äußern es ginge auf der Museumsinsel in berlin den tausenden Besuchern darum die Ägypter, mit dem Babylonischen Tor die Perser etc. zu demütigen.
Dieser Gedanke ist doch völlig abwegig.
Es geht im Grunde um Prestige, das ist etwas völlig anderes.
Das mag sein. Was ich aber dabei als ein Problem sehe - und das meinte ich vor allem mit meiner Frage:
Wenn man sich tatsächlich für die Geschichte und die Kultur eines bestimmten Volkes/Landes interessiert, dann muß man sich die Kulturgüter desselben u. U. auf der ganzen Welt zusammensuchen. Das kann zu einer Weltreise ausarten.
Eigentlich nicht.
Vielleicht gibt es ja irgendwann mal einen weltweiten Vertrag über den gegeseitigen Austausch von Kulturgütern (zumindest die, die man zuordnen kann - dein Einwand ist schon richtig) aller Länder der Welt. Das wäre aus meiner Sicht auf jeden Fall wünschenswert. Da würden dann auch die Dinge darunterfallen, die du genannt hast. Sie haben mit unserer eigenen Kultur/Geschichte nichts oder nur sehr bedingt zu tun.
Gibts doch aber schon. Ich hab in Berlin schon Leihgaben aus Saudi-Arabien (genauer Riad) bestaunt. War unfassbar beeindruckend.
Ich interessiere mich tatsächlich vor allem für germanische und deutsche Geschichte. Mit der Geschichte anderer Länder habe ich mich zwar auch etwas beschäftigt, da aber eher umrissartig, um zumindest einen Überblick zu haben. Wirklich eingehend beschäftige ich mich aber nur mit unserer eigenen Geschichte. Da gibt es ja genug zu erfahren.
:wink:
Die Germanische ist zwar nicht unsere Geschichte, aber das sei dir geschenkt. Viel entscheidener: Warum verzichtest Du freiwillig auf kulturellen Austausch und hälst deinen Horizont begrenzt. geschichte verstehen geht doch nur global!?
... Die es aber eigentlich nur als Begrifflichkeit gibt - eine Fiktion...
Nein? Warum sollte das eine Fiktion sein? Menschheit definiert alle Individuen des Homo sapiens sapiens. Ganz eindeutig.
fiktion mag ein Handeln dieser Menschheit sein, dass allen zu Gute kommt. aber doch niemals der Begriff.
Und schon diesen Begriff "Weltkulturerbe" sehe ich eher kritisch, denn es gibt keine Weltkultur - hat es auch nie gegeben. Es gibt verschiedene Kulturkreise und von der Sozialisation her denken die Menschen eher in nationalen Grenzen - wenn überhaupt, denn bei indigenen Völkern ist selbst das oft noch nicht einmal so.
Völliger Blödsinn. Erstens missverstehst Du den Begriff Weltkulturerbe. Dabei geht es um Leistungen und Eigenschaften, die so außergewöhnlich sind, dass sie allen Menschen Erkenntnisse und Wissen beibringen oder aufzeigen können. Wenn Du das nicht willst, ist das deine Ignoranz. Daraus dann zu folgern, dass die Menschen seit je her in ihren eigenen nationalen Grenzen denken, ist so absurd, das geht überhaupt nicht mehr auf ein Papier. Im Gegenteil zeigt die geschichte, wie global sie ist und wie stark die gegenseitige Beeinflussung ist. Erklär mir mal Virgina in den eigenen Grenzen. Die Seidenstraße beeinflusste Orient, Mittelmeer und Fernasien. Die Inka und Maya beeinflussten weite Teile Süd- und Mittelamerikas, die Entdecker sowohl europäische, als auch chinesische, alles global. Aber auch deine heiß geliebten Germanen. Glaubst Du ihre Geschichte wäre nur halb so spannend, wenn teile der römischen Armee nicht zeitgleich im Nahen Osten beschäftigt gewesen wären? Die Wikinger, Staatengründer in ganz Europa. In der Bronzezeit. handel von Zinn und Kupfer von Nordafrika bis Großbritannien. Kreuzzüge. British Empire. Das Engament der USA in Mittelamerika. Deutsche Kaiser, Napoleon, Hitler, Herrscher über Europa von Spanien bis nach Russland.
Und Du sprichst von Regionalität. Unglaublich.
„In all den Jahren habe ich so viele junge Männer gesehen,
die der Meinung waren, auf andere junge Männer zuzulaufen.
Aber das stimmt nicht.
Sie liefen alle zu mir.“
so sprach der Tod

Aus „Die Bücherdiebin“
RedScorpion

Naja, zu seiner Verteidigung muss man allerdings sagen, dass es oftmals eben noch die territorial organisierten Institutionen sind, die in den alten nationalen Grenzen "denken", wenn auch imho nicht die Menschen.
Das kollidiert dann teilweise sehr stark mit der Realität (z.B. jetzt bez. der Abhörprogramme).


LG
ehemaliger Autor K.

Barbarossa:
Vielleicht gibt es ja irgendwann mal einen weltweiten Vertrag über den gegeseitigen Austausch von Kulturgütern (zumindest die, die man zuordnen kann - dein Einwand ist schon richtig) aller Länder der Welt. Das wäre aus meiner Sicht auf jeden Fall wünschenswert. Da würden dann auch die Dinge darunterfallen, die du genannt hast. Sie haben mit unserer eigenen Kultur/Geschichte nichts oder nur sehr bedingt zu tun.
Einen weltweiten Vertrag gibt es nicht, ist auch nicht erforderlich, weil diese Dinge auf bilateraler Basis verhandelt werden. Die Bundesrepublik hat mit fast allen Ländern dieser Erde Kulturabkommen abgeschlossen. In diesen Verträgen werden unter anderem alle Rechtsfragen geklärt, die beispielsweise mit der Leihgabe von Kunstwerken entstehen. In Hamburg haben wir häufig Ausstellungen ausländischer Museen. Das ägyptische Nationalmuseum in Kairo hatte einen Teil seiner Exponate zeitweilig dem Hamburger Museum zur Verfügung gestellt. Solche Leihgaben, z.B. auf Sonderausstellungen und Wanderausstellungen sind durchaus üblich. In bilateralen Kulturabkommen wird meistens auch die Rückgabe von Kunstwerken geregelt.
Barbarossa:
Wenn man sich tatsächlich für die Geschichte und die Kultur eines bestimmten Volkes/Landes interessiert, dann muß man sich die Kulturgüter desselben u. U. auf der ganzen Welt zusammensuchen. Das kann zu einer Weltreise ausarten.
Wenn man alles wissen will, wäre natürlich eine Weltreise empfehlenswert, aber wer hat dazu schon die Möglichkeit. Wenn man sich allerdings für indische, chinesische, ägyptische Geschichte usw. interessiert, reicht es meiner Ansicht nach aus, einmal in diese Länder zu fahren und sich dort umfassend zu informieren und möglichst viel anzuschauen. Man muss nicht jede Vase oder jeden Skarabäus, der sich in einem amerikanischen, britischen oder französischen Museum befindet, sich vor Ort betrachten.
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