Zeitzeugeninterview vorbereiten

Wir helfen gerne bei Fragen. Für Fragen zu Hausaufgaben rund um Schule & Studium bieten wir das Hausaufgaben-Portal an

Moderator: Barbarossa

LuMa96
Mitglied
Beiträge: 2
Registriert: 17.04.2014, 19:45

Hallöchen erstmal :wave:
Ich bin der Lukas, gehe in Frankfurt am Main zur Schule und mache dieses Jahr mein Abitur. Ich habe fast alles hinter mir, muss aber noch eine Präsentationsprüfung im Fach Geschichte halten. Das Thema ist "Überwachung im Nationalsozialismus und in der DDR".
Ich habe mich bis jetzt mit der Gestapo und der Stasi beschäftigt, wobei es hier eher um die Entstehung, die Aufgaben und die Rolle DER Institution im jeweiligen System ging. Jetzt wollte ich noch Zeitzeugeninterviews mit meinen Verwandten führen, da viele von ihnen aus der DDR kommen.

Aber wie bereite ich am besten einen Fragenkatalog vor oder das Intview selbst :?: Ich kann ja schlecht fragen "Haben Sie sich überwacht gefühlt?".

Habt ihr vllt. gute Vorschläge was man da Fragen könnte, oder wie ich das am besten mit dem historischen Kontext verknüpfe? :oops:

Achja... Da hier ja bestimmt ein paar "alte Geschichts-Hasen" unterwegs sind: Falls jemand auf einmal einen Geistesblitz bekommt und sich vllt. an etwas erinnert (ein Interview was er mal gelesen hat) oder etwas was er mir mit auf den weg geben kann/möchte, ist das natürlich erwünscht :D

Gruß,
Lukas
Benutzeravatar
Triton
Mitglied
Beiträge: 1909
Registriert: 09.10.2012, 10:30

Frag doch einfach zuerst nach den unmittelbaren, eigenen Erfahrungen mit der Stasi. Darum gehts doch in einem Interview. Also: Gab es Kontaktaufnahmen, sah man die Stasi bei der Arbeit, sowas eben.
Dann kannst Du ja den Bereich auf das Wissen, das Hörensagen und Vermuten erweitern.
Erst zum Schluß würde ich fragen, wie die Stasi das eigene Leben direkt und indirekt (Schere im Kopf, Gefühl der Unfreiheit) beeinflusst hat, weil diese Fragen mehr Nachdenken erfordern. Da ist es gut, wenn sich der Fragende erst einmal Zeit nimmt, den Befragten die eigenen Erinnerungen aus den verstaubten Ecken des Gedächtnisses hervorholen zu lassen.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Benutzeravatar
Marek1964
Mitglied
Beiträge: 1474
Registriert: 30.11.2013, 12:53

ALso , ioch würde etwa so aufbauen:
- was wusste man über die Stasi allgemein
- kannte man jemanden persönlich, der entweder für die Stasi arbeitete, oder ihr gar angehörte
- kannte man jemanden, der in die Fänge der Stasi geriet

Interessant auch die Frage, wievile vor 1990 und wieviel danach sich die Leute erzuählten. Da gab es sicher Unterschiede.

Der Spiegel hat einiges über die Stasi geschrieben, schon 1990, in den Heftarchiven auf www.spiegel.de kann man sicher was findent, einmal mindestestens war es im Titel.

Ein Film, der recht interessant ist, ist das "Leben der Anderen", der auch auf dem freenet ist. Es gibt da zwar die eine oder andere Ungenauigkeit, aber die Athmosphäre nimmt das gut auf.

Abschliessen kann man davon sagen, dass von der Gestapo sicher mehr Angst ausging als von der Stasi. Die Gestapo hat gemordet und gefoltert, das war, zumindest soweit ich weiss, bei der Stasi weniger der Fall. Dafür war sie aufgrund des Fortschritts technisch besser ausgerüstet.
Paul
Mitglied
Beiträge: 2739
Registriert: 29.04.2012, 18:44
Wohnort: Mittelhessen an der Loganaha

Mein Vater hat 1939 in einem Dorf bei Kodz gelebt. Die Gestapo war sicherlich in Lodz. In dem Dorf wurde er mehrmals vom Ortsbauernführer( der NSDAP) zur persönlichen Lebensführung angesprochen, obwohl er in keiner Organisation war und wegen Körperbehinderung keinen Militärdienst leisten mußte.
- Er wurde aufgefordert zu heiraten, um Kinder zu zeugen. Es dürfte auch eine Polin sein. Er hat aber erst nach dem Krieg geheiratet.
- Er solle aus seiner armseligen Behausung ausziehen und sich ein polnisches Haus aneignen. Das klang schon sehr bedrohlich, da ist er zu seinem Bruder in das Haus gezogen. Damit war die nationalsozialistische Dorfführung zufrieden.

Geheimnisse gab es auf dem Dorf kaum, aber eine starke Kontrolle. Mein Opa mütterlicherseits hat sich zur Berufsfeuerwehr gemeldet, um nicht zu schlimmeren eingezogen zu werden.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Benutzeravatar
Triton
Mitglied
Beiträge: 1909
Registriert: 09.10.2012, 10:30

Paul hat geschrieben:Geheimnisse gab es auf dem Dorf kaum, aber eine starke Kontrolle.
Denke nicht, dass das mit der GeStaPo was zu tun hatte. Die Nazis ernannten gerne nützliche Kleingeister zu wachtmeisternden Blockwarten, und diese schnappten dann gerne über und nutzten ihre neuen Befugnisse aus, um ihre Mitbürger auszuspionieren und zu drangsalieren. Da wurde zum Beispiel ganz ungeniert die Post gelesen, oder zu unmöglichen Zeiten an der Tür geklingelt.

Aber es gab auch Bereiche mit mehr Toleranz als vorher, so wurden außereheliche Abenteuer wohlwollend eingeschätzt und Beziehungen zwischen Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft waren wesentlich leichter möglich, man könnte auch sagen dass die Volksgemeinschaft wichtiger war als die eheliche oder familäre.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Lieber Joerg,
so wird es gewesen sein. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
LuMa96
Mitglied
Beiträge: 2
Registriert: 17.04.2014, 19:45

Danke für die Tipps :) Das hilft mir ein bisschen auf die Sprünge :)
Benutzeravatar
Marek1964
Mitglied
Beiträge: 1474
Registriert: 30.11.2013, 12:53

Eine interessante Anekdote dazu ist vielleicht auch diejenige, dass man einen ungeheuren Aufwand betrieb. Wenn es zum Beispiel in einer Wohnung Wanzen einrichten wollte, brachte man es Zustande, ein ganzes Haus zu leeren. Leute bekamen verschiedenste Vorladungen, um zur gegebenen Zeit nicht zu Hause zu sein.
Antworten

Zurück zu „Fragen“