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Moderator: Barbarossa

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Titus Feuerfuchs
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Barbarossa hat geschrieben:Einen Fehler, den bei diesem Thema viele machen ist, dass sie Sozialismus und Kommunismus quasi gleich setzen. Das war von Marx und Engels keineswegs so gedacht. Vielmehr sollte der Sozialismus dem voll entwickelten Kapitalismus durch eine Revolution der Arbeiterklasse nachfolgen. Und tatsächlich sprachen die Urheber dieser Ideologie von der "Diktatur des Proletariats", in der die Arbeiter nun über die vormals herrschende Schicht der Bourgeoisie herrschen sollte. Der real existierende Sozialismus z. B. in der DDR entsprach dabei weitgehend dieser sog. gesellschaftlichen Entwicklungsstufe. Dass es unterschiedliche Auffassungen und dadurch unterschiedliche Spielarten des Sozialismus gab, spielt eigentlich eine weniger wichtige Rolle. Tatsächlich ist es aber so gewesen, dass gerade bei Lenin, Stalin, Mao, Ho Chi Minh von der Ideologie dadurch abwichen, dass ihre Länder eben keine voll ausgebildeten kapitalistische Gesellschaft aufwiesen, sondern z. Z. der Machübernahme durch die Kommunisten überwiegend Agrarländer waren.
Der Kommunismus ist hingegen eine Utopie, die nach meiner Auffassung nie eintreten wird, weil das alles zu phantastisch ist - es sei denn, die Kommunisten hätten es wirklich schaffen können, einen quasi "neuen Menschen" nach ihren Vorstellungen zu "erziehen". Aber wer glaubt das schon? Und vor allem: Wer will das mit sich machen lassen?
Kein Zwangssystem hat die Aussicht auf dauerhaften Bestand - und auch nicht das Recht dazu.

Soweit korrekt, aber bei weitem nicht vollständig.
Ich hab schon mehrfach ausgeführt, dass es schon bei einer eindeutigen trennscharfen Definition der Begriffe hapert.
Ich mache das anhend eines Beispiels deutlich.


In den 70ern stand Österreich unter der Alleinregierung der SPÖ ( Damals: Sozialistische Partei Österreichs).

Kreisky hat abseits von Wirtschaftsfragen (Schuldenmacherei) bestimmt nicht die schlechteste Politik in der Zweiten Republik gemacht und war ein über die Landes- und Parteigrenzen hinweg ein respektierter Staatsmann.

Kein ernstzunehmender Experte wird die sozialistische Politik in Österreich unter Kreisky ernsthaft mit mit der ebenfalls sozialistischen Politik in der DDR vergleichen wollen.

Daher hat es sich durchgesetzt, dass antidemokratischer Sozialismus als Kommunismus bezeichnet wird.

Die Begriffsreiterei und die Behauptung, kommunistische Regime hätten mit Marx nichts zu tun, ist nichts weiter als eine Schutzbehauptung überzeugter Marxisten, um millionenfachen Mord, Repression und Massenelend nicht rechtfertigen zu müssen.
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Titus Feuerfuchs
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Spartaner hat geschrieben: [...9
Das es auch anders geht, zeigt die "Bolivarische Republik Venezuela" die seit 1998 unter Hugo Chavez regiert wurde.
"Medizinische Versorgung
Mitte 2003 begann die Misión Barrio Adentro (tief im Viertel) zum Aufbau einer flächendeckenden kostenlosen medizinischen Versorgung. Ende 2006 arbeiteten in dem Programm 20.000 kubanische und 4.000 venezolanische Ärzte, um in den Armenvierteln die Gesundheitsversorgung aufzubauen. Die Versorgung ist kostenlos, die Medikamente werden vom Staat zur Verfügung gestellt. Die Medizinstationen werden aus einem Baukastenset errichtet, welches aus einer kleinen Praxis und einer kleinen Wohnung besteht. Die Bevölkerung wird durch je einen kubanischen und einen venezolanischen Arzt (beziehungsweise Studenten höheren Semesters) versorgt. Nahziel ist, dass der kubanische Arzt nach zwei Jahren zurückkehren kann und der Venezolaner einen weiteren Venezolaner einarbeitet. Fernziel ist die Ausbildung von 200.000 Ärzten innerhalb von zehn Jahren, die dann ganz Lateinamerika versorgen sollen. Schon sechs Monate nach dem Start des Programms 2003 waren 3 Millionen Personen medizinisch versorgt."
http://www.venezuela24.de/Gesundheit-Medizin.htm
Die Diskussion verkommt zu Kabarett. :lol: :clap:

Ich weiß ja nicht wie's bei dir ist. Ich jedenfalls werde in Wien gesundheitlich ungleich besser versorgt als das in Caracas der Fall wäre.

Venezuela ist ein Paradebeispiel dafür, wohin kommunistische Politik führt. Trotz extremen Rohstoffreichtums herrscht Armut, ein furchtbare Wirtschaftskrise und eine Hyperinflation von über 700 Prozent.

So eine Misswirtschaft muss man erstmal zambringen...
Wirtschaftskrise: Venezuelas Präsident ruft Notstand aus

Für umfassende Reformen hat Nicolás Maduro den wirtschaftlichen Notstand Venezuelas erklärt. Damit will er 60 Tage lang die Mitbestimmung des Parlaments einschränken.

http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-01/v ... las-maduro
720 Prozent Inflation - Venezula droht der Notstand

Eine Zahl wie aus einem wirtschaftspolitischen Alptraum: 720 Prozent Inflation - so lautet die Schätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) für Venezuela im laufenden Jahr. Das Bruttoinlandsprodukt des südamerikanischen Landes könnte nach einem Minus von zehn Prozent 2015 um weitere acht Prozent einbrechen. Die Schlangen vor den Supermärkten dürften so schnell nicht kürzer werden.

http://wirtschaftsblatt.at/home/nachric ... r-Notstand
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Barbarossa
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Titus Feuerfuchs hat geschrieben:...
In den 70ern stand Österreich unter der Alleinregierung der SPÖ ( Damals: Sozialistische Partei Österreichs).

Kreisky hat abseits von Wirtschaftsfragen (Schuldenmacherei) bestimmt nicht die schlechteste Politik in der Zweiten Republik gemacht und war ein über die Landes- und Parteigrenzen hinweg ein respektierter Staatsmann.

Kein ernstzunehmender Experte wird die sozialistische Politik in Österreich unter Kreisky ernsthaft mit mit der ebenfalls sozialistischen Politik in der DDR vergleichen wollen.

Daher hat es sich durchgesetzt, dass antidemokratischer Sozialismus als Kommunismus bezeichnet wird.

Die Begriffsreiterei und die Behauptung, kommunistische Regime hätten mit Marx nichts zu tun, ist nichts weiter als eine Schutzbehauptung überzeugter Marxisten, um millionenfachen Mord, Repression und Massenelend nicht rechtfertigen zu müssen.
Mag sein. Kommunisten nennen sich heute auch nicht mehr so, sondern eher als "Linke", "Marxisten" oder als sonst etwas, weil der Kommunismus an sich in der Gesellschaft wohl zu negativ belastet ist. Sie wollen ja möglichst große Teile der Bevölkerung auf ihre Seite ziehen.
Als "Sozialisten" bezeichnet sich die Partei von Hollande heute noch. Und ist Frankreich ein sozialistisches Land? - keinesfalls.
(Und die Mitglieder der Piratenpartei überfallen auch keine Leute und rauben sie aus :D )

Aber Spaß beiseite: Die Bezeichnungen von Parteien orientieren sich an deren Idealen und zwar unabhängig von der realpolitischen Durchsetzbarkeit. So regierte kein kommunistisches Regime je über eine kommunistische Gesellschaft, wenn man Marx und Engels beim Wort nimmt. Gerade dort gab es viel Idealismus, der fern von der Realpolitik war. Aber es waren totalitäre Regime, in denen vom frühen Kindesalter an versucht wurde, Menschen nach deren Idealen zu formen. Inwieweit so etwas überhaupt funktionieren kann, das könnte man in einem gesonderten Thema einmal untersuchen.
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Balduin
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Ein Linken Bundestagsabgeordneter beschäftigt Ex RAF Terrorist Christian Klar als Mitarbeiter - mir dreht sich der Magen um... Aber ja klar die Linke wird als regierungsfähig angesehen

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Ralph hat geschrieben:Ein Linken Bundestagsabgeordneter beschäftigt Ex RAF Terrorist Christian Klar als Mitarbeiter - mir dreht sich der Magen um... Aber ja klar die Linke wird als regierungsfähig angesehen

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Das heißt Resozialisierung und jedem eine neue Chance. Ganz wertfrei.
Ähnlichs gibt es in der Geschichte zuhauf.
Mal nicht die Linke(n) selbst, sondern die Grünen und die Bedenken gegen den G 20-Gipfel in Hamburg.
Grundsätzlich teile ich viele der Zweifel an der Sinnhaftigkeit solcher Veranstaltungen, der G 7-Gipfel letztes Jahr in Lübeck hat schon gereicht.

Aus dem verlinkten Artikel möchte ich einen Abschnitt zitieren, der mir auch im Gesamtzusammenhang ziemlich seltsame Argumente anzuführen scheint.
Quelle:
http://www.shz.de/regionales/hamburg/vi ... 65471.html
Zitat:
"Kritisch sieht die Grünen-Spitze auch den bislang angedachten Veranstaltungsort. So liege die Messe in unmittelbarer Nähe unter anderem zum Schanzenviertel und dem linksautonomen Kulturzentrum „Rote Flora“. „Wir glauben, dass das schon als Provokation gesehen werden kann, so nah in Richtung Rote Flora zu gehen. Und ob das für die Frage, wie friedlich das Ganze hier abläuft, so sinnvoll ist“, sagte Parteichefin Anna Gallina dem NDR. "
Haben die Sonderrechte?
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Barbarossa
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Also wer da noch sagt, in unserem Land sei man auf dem "rechten Auge blind", dem muss man wohl antworten, dass das "linke Auge" in diesem Fall ganz raus ist.

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Titus Feuerfuchs
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Barbarossa hat geschrieben:
[...]
Aber Spaß beiseite: Die Bezeichnungen von Parteien orientieren sich an deren Idealen und zwar unabhängig von der realpolitischen Durchsetzbarkeit. So regierte kein kommunistisches Regime je über eine kommunistische Gesellschaft, wenn man Marx und Engels beim Wort nimmt.
.
M.E. wurde die klassenlose Gesellschaft und die Abschaffung jeglichen Privateigentums unter Mao und Pol Pot weitestgehend erreicht.

Ich hab's schon ein paar Beiträge vorhher erwähnt: Unter Mao hatte Chinesen tw. nicht mal mehr eigenes Essbesteck, selbst das war vergemeinschaftet. Mehr Kommunismus geht nicht mehr.
MfG,
Titus Feuerfuchs
Wallenstein

Barbarossa
Die Bezeichnungen von Parteien orientieren sich an deren Idealen und zwar unabhängig von der realpolitischen Durchsetzbarkeit. So regierte kein kommunistisches Regime je über eine kommunistische Gesellschaft, wenn man Marx und Engels beim Wort nimmt.
Die Vorstellungen von Marx und Engels besaßen allerdings auch einen Denkfehler. Diese nachkapitalistischen Gesellschaften waren insofern nicht klassenlos, da sie ja von einer Bürokratie oder Nomenklatura beherrscht wurden. Diese besaß zwar kein Privateigentum, jedenfalls nicht nennenswert, besetzte aber die Machtpositionen in Staat und Gesellschaft. Der ehemalige jugoslawische Kommunist Milovan Đilas hat in seinem Buch „Die neue Klasse“ diese ausführlich beschrieben.

Laut Marx und Engels dürfte es so etwas eigentlich nicht geben, denn in ihrer Theorie sollte der Staat möglichst schnell absterben. Das Gegenteil war aber der Fall. Dass die proletarische Revolution nicht zu einer Diktatur des Proletariats, sondern zu einer Diktatur über das Proletariat führen würde (und den Rest der Gesellschaft), das hat seinerzeit der Anarchist Bakunin klar erkannt und Marx deswegen heftig angegriffen. Der hat aber stets geleugnet, dass so etwas passieren könnte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass in Gesellschaften ohne Privateigentum es neue Klassen geben könnte, Funktionseliten, die alles kontrollieren.

Bakunin warf Marx vor, das die daraus entstehende Despotie noch viel schlimmer sein würde als die kapitalistische Herrschaft, denn in einem solchen System würde der Arbeiter der geballten Macht des Staates als alleinigem Besitzer der Produktionsmittel gegenüberstehen, während er es im Kapitalismus nur mit dem einzelnen Unternehmer zu tun hat.
Marx dachte, dass dies nur eine vorübergehende Phase wäre, denn mit der Abschaffung des Privateigentums verschwindet auch der Staat und wird abgelöst durch die Gesellschaft der assoziierten Produzenten. In den bisherigen gesellschaftlichen Experimenten wurde aber lediglich Privateigentum durch Eigentum des Staates ersetzt, der im Namen der Gesellschaft alles an sich riss und eine allmächtige Bürokratie schuf. Die Beseitigung des Privateigentums führte, anders als Marx glaubte, nicht zum Verschwinden des Staates, auch nicht zur Assoziation der freien Produzenten, was immer das auch sein mag, ganz im Gegenteil.
Statt der Gesellschaft der „freien, selbstbewussten Produzenten“ wurde in einigen Ländern das traditionelle System der Staatssklaverei wieder eingeführt mit Zwangsarbeit für die Bewohner und ihrer völlige Entrechtung, ein System das beispielsweise im Orient auf eine Jahrtausende lange Tradition zurückgreifen konnte.

(Bei so mancher Klarsicht, Bakunin hatte allerdings selbst ziemlich konfuse Theorien).

Allerdings, die Kritik prallte anscheinend nicht völlig wirkungslos an Marx ab. Er begann eine Theorie zu entwickeln, die ansatzweise die Ideen seines Kontrahenten berücksichtigte.
Siehe meinen Beitrag
http://geschichte-wissen.de/foren/viewt ... arx#p58403
Zuletzt geändert von Wallenstein am 20.02.2016, 11:52, insgesamt 2-mal geändert.
Ruaidhri
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Also wer da noch sagt, in unserem Land sei man auf dem "rechten Auge blind", dem muss man wohl antworten, dass das "linke Auge" in diesem Fall ganz raus ist.
Das hängt vom Standort des Betrachters ab, wäre eine Antwort.
Wichtiger wäre es, beide Extreme nicht gegeneinander auszuspielen, gegenzurechnen und zu beschwichtigen, wie es gerade passt.
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LG Ruaidhri
Wallenstein

Ich habe einmal in den Schriften von Marx nachgelesen, wie er sich den Kommunismus vorstellt. Leider hat er sich selten dazu geäußert und seine Bemerkungen hierzu sind in seinem Werk weit verstreut.
Folgendes lässt sich aber herausfinden:
Der Kommunismus beinhalt zwei Aspekte: 1.) den ökonomischen und 2.) den politischen Aspekt.

1.) An die Stelle des Privateigentums tritt das vergesellschaftete Eigentum der „freien, unmittelbaren Produzenten“. Was das bedeuten soll, wird nicht näher ausgeführt.
In den sozialistischen Staaten gab es aber lediglich eine Eigentumsübertragung von Privatpersonen an den Staat. Das Eigentum gehörte anschließend nicht den Produzenten, sondern der Nomenklatura, die zwar nicht de jure, aber de facto nun die neuen Eigentümer darstellten. Und die Heere der Zwangsarbeiter unter Stalin, Mao oder Pol Pot waren nun das Gegenteil von „freien, unmittelbaren Produzenten“, sondern es handelte sich um eine Neuauflage der Staatssklaverei, die in diesen Ländern eine lange Tradition hat. Sklaven besaßen oder besitzen selber nichts, aber nur deshalb weil sie selbst zusammen mit ihren Arbeitsmitteln Eigentum sind, in diesem Falle Eigentum des Staates. Sklaverei von besitzlosen Arbeitern, kaschiert oder nicht, ist nun aber das Gegenteil von Kommunismus.

Sucht man nach Beispielen, die vielleicht ansatzweise der Vorstellung von Marx entsprechen könnten, fällt mir im Moment nur der israelische Kibbuz ein. In den sechziger Jahren habe ich einmal in einem solchen für einige Wochen gewohnt. Hier besitzen die Mitglieder kein Privateigentum, alles gehört der Gemeinschaft. Diese teilt ihnen Wohnungen, Kleidung etc. zu. Es gibt Einheitsgehälter, Essen und Kindererziehung erfolgt gemeinschaftlich. Die gesamte Sozialversicherung, Gesundheitsfürsorge etc. ist kostenlos. Beschlüsse werden von der Gemeinschaft gefasst, alle Ämter werden gewählt und es gibt meist eine Ämterrotation.

Es gibt verschiedene Formen im Kibbuz-System, nicht alle werden so streng gehandhabt, in einigen ist Privateigentum in Grenzen erlaubt.
Ein Kibbuz entspricht in etwa einer Gemeinschaft aus freien und unmittelbaren Produzenten auf vergesellschaftetem Eigentum. Die Teilnahme ist freiwillig, jeder kann beitreten oder wieder gehen.
Für mich ist das nichts, in Israel lebt auch nur ein Bruchteil der Bevölkerung in einem Kibbuz.

Marx knüpft zudem den Kommunismus an Bedingungen, die bis heute nicht vorhanden sind. Sehr wichtig ist für ihn die

a.) Die Zurückdrängung der Arbeitsteilung und

b.) die Verkürzung des Arbeitstages.

Zu a.) Im Kapitalismus wird die Tätigkeit des Arbeiters auf einige Detailfunktionen beschränkt. Dies soll geändert werden „..durch das total entwickelte Individuum, für welches verschiedene gesellschaftliche Funktionen einander ablösende Betätigungsweisen sind.“ (Marx, Kapital Bd.I, MEW 23, 511 f, Berlin 1960). Schon in der „Deutschen Ideologie“ hatte er geäußert, das in der kommunistischen Gesellschaft die Arbeitsteilung zwar weiterhin existiert, das aber die notwendige Arbeit, die erforderlich ist für die Reproduktion der Gesellschaft in kurzer Zeit erledigt werden kann und nun besteht ausreichend Gelegenheit, sich in allen möglichen Berufen zu engagieren und sie zu erlernen oder auszuüben, ohne dass ein ökonomischer Zwang dahintersteht, Arbeit ist vor allem Selbsterfüllung.
Kurios ist allerdings, dass er an anderer Stelle lobend einen Einwanderer nach Amerika zitiert, der begeistert beschreibt, wie viele verschieden Berufe er dort in kurzer Zeit erlernt und ausgeübt hat. Für diesen war Arbeit ja immer noch Zwang und nicht Spaß. Auch heute üben viele Amerikaner mehrere Berufe gleichzeitig aus, aber nur weil sie es müssen.
Es braucht also noch mehr und das ist laut Marx

b.) Die Verkürzung der Arbeitszeit: „Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist…Jenseits desselben beginnt die menschliche Kraftentwicklung, die sich als Selbstzweck gilt, das wahre Reich der Freiheit, das eben nur auf jenem Reich der Notwendigkeit als seiner Basis aufblühen kann. Die Verkürzung des Arbeitstages ist die Grundbedingung.“ (Marx, Kapital Bd. III, MEW 25, S.611, Berlin 1960).
Erst wenn sich das Verhältnis zwischen notwendiger Arbeit und der Arbeit als Selbsterfüllung (sinnvoll genutzte Freizeit) radikal ändert, sind die Grundlagen für den Kommunismus vorhanden.

Offensichtlich kann so etwas nur einer hochentwickelten Gesellschaft passieren, nicht aber in primitiven Agrarstaaten. Aber auch wir sind noch weit davon entfernt. Vielleicht später.

Im Moment stehen wir am Anfang der vierten industriellen Revolution. In der dritten industriellen Revolution stand im Mittelpunkt die Kommunikation Mensch-Computer. In der vierten industriellen Revolution handelt es sich um eine Kommunikation Maschine zu Maschine, auch manchmal „Internet der Dinge“ genannt. In der Zukunft sollen Maschinen andere Maschinen konstruieren und produzieren, weltweit sind alle System vernetzt, Produktion, Zirkulation, Zahlungsverkehr, alles soll in Zukunft von Automaten gemacht werden. Schiffe und Autos steuern sich selbst, beladen und entladen, all dies ist automatisiert.
Die Konsumgegenstände, Autos, Kühlschränke, Heizungen, Klimaanlagen, auch Verkehrsampeln, sie alle sollen „intelligent“ werden mit Hilfe einer smart Technologie. Sie werden miteinander kommunizieren und sich aufeinander abstimmen. Welche Funktion der Mensch dann haben wird, das ist noch unklar. Auch wissen wir nicht, wie lange diese neue Revolution dauern wird, doch sie wird auf jeden Fall kommen.

Wie wird die Gesellschaft dann aussehen? Marx hoffte, dass die Automatisierung dem Menschen die Freiheit gibt, um die kommunistische Zukunftsgesellschaft zu errichten. Ob das aber so kommen wird, das mag man bezweifeln.

2.) Der Staat ist für Marx ein Produkt der Arbeitsteilung. Allgemeine gesellschaftliche Funktionen wurden ausgegliedert und sind nun Angelegenheit einer besonderen Institution, dem Staat und seinen Angestellten. Im Kommunismus wird die Gesellschaft die staatlichen Funktionen wieder an sich ziehen und den Staat überflüssig machen.

Wie soll das aber geschehen? Dies wird nicht erläutert. Mir fällt hier wieder der Kibbuz ein. Beschlüsse werden dort gemeinschaftlich gefasst, für bestimmte Aufgaben Personen gewählt. Die üben gesellschaftliche Funktionen praktisch in ihrer Freizeit aus, nebenher gewissermaßen. Solche kleinen Gruppen brauchen auch keine Polizei, keine Beamten nichts. Das funktioniert allerdings auch nur, weil sie in eine Superstruktur eingebunden sind, schließlich gehören sie zu Israel und dieser Staat erfüllt die Aufgaben, die für die Existenz des Kibbuz notwendig sind. Ich glaube nicht, dass sich die Selbstverwaltung in einem Kibbuz dafür eignet, größere Gebiete zu kontrollieren.

Sollen in einer Zukunftsgesellschaft überall solche kleinen Gemeinden existieren, ohne dass es einen übergreifenden Staat braucht? Kann ich mir im Moment nicht vorstellen, es würde allen Erfahrungen in der Menschheitsgeschichte zuwider laufen. Das funktioniert vielleicht bei Jägern und Sammlern, aber heute?
Ruaidhri
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Wallenstein hat geschrieben:Sollen in einer Zukunftsgesellschaft überall solche kleinen Gemeinden existieren, ohne dass es einen übergreifenden Staat braucht? Kann ich mir im Moment nicht vorstellen, es würde allen Erfahrungen in der Menschheitsgeschichte zuwider laufen. Das funktioniert vielleicht bei Jägern und Sammlern, aber heute?
Das hat bei Jägern und Sammlern auch nur so lange funktioniert, wie es wirklich kleine Gruppen waren, in denen jeder auf den anderen angewiesen war. Ab einer bestimmten Gruppen/ Rudelstärke funktioniert das nicht, und beim Aufeinandertreffen mit "Fremden" hat es denn auch nicht so funktioniert. Bis heute nicht.
Die biologische/ genetische Evolution hinkt ganz fürchterlich hinter dem her, was der Mensch so ersonnen hat. Noch lange hat er das Stadium des Raubtiers in sich nicht überwunden, und in der Masse ist er wohl auch nicht fähig, ohne Hierarcheien auszukommen.
Wenn nicht massive Veränderungen im Erbgut herbeigeführt werden, läuft der Mensch noch lange sich selbst hinterher.
Ob es jemals wirklich weltweit anders sein kann, bevor der der Mensch an sich oder durch sich selbst zugrunde geht, bezweifle ich.
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
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Titus Feuerfuchs hat geschrieben:
Die Diskussion verkommt zu Kabarett. :lol: :clap:

Ich weiß ja nicht wie's bei dir ist. Ich jedenfalls werde in Wien gesundheitlich ungleich besser versorgt als das in Caracas der Fall wäre.

Venezuela ist ein Paradebeispiel dafür, wohin kommunistische Politik führt. Trotz extremen Rohstoffreichtums herrscht Armut, ein furchtbare Wirtschaftskrise und eine Hyperinflation von über 700 Prozent.

So eine Misswirtschaft muss man erstmal zambringen...
Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher. Dann warst du wahrscheinlich noch nicht in Venezuela .Denn in Venezuela kommt die medizinische Versorgung auch ohne Vorleistung Touristen zu Gute . Zudem einer breiten Bevölkerungsschicht auch ohne Krankenversorgung . In Österreich muss man versichert sein genauso wie in Deutschland, sonst erhält man keine medizinische Leistung vom Arzt. Das ist in Venezuela anders. Auch wenn man un Venezuela zwar nicht den medizinischen Standard hat wie in Deutschland bringt der Arzt für seine Patienten mehr Zeit auf als es hier der Fall ist. Hier haben wir mehr oder weniger mit einen Fließbandverfahren zu tun, indem Patienten abgefertigt werden. Bei den Schlichtungskammern sind genügend Fälle anhängig. Außerdem gibt es von der Pharma -Seite keine Preistreibereien wie es hier zu Lande der Fall ist .
Deine Bemerkung mit den Kabarett hättest dir übrigens ersparen können , dein Kabarett kannst dir an die Stirn heften und dich selbst glücklich reden damit. Wenn du nicht anständig hier diskutieren kannst, solltest es lassen.

Ferdinand Sauerbruch hat das deutsche medizinische System damals grundlegend reformiert leider sind wir mehr oder weniger auf den Stand von damals stehen geblieben. Akkupunktur, Naturheilkunde, Asiatische Heilkunde. Weihrauchtherapien, Plasmamedizin um nur einiges zu nennen hat schon in anderen Ländern Einzug gehalten und wird ebenfalls als medizinische Grunndversorgung angeboten.
Vergleiche wir mal an ein paar ausgewählten Beispielen unsere Grundversorgung, dann werden wir folgendes z.B. feststellen:
In Österreich bezahlt man wesentlich weniger Beiträge als in Deutschland, aber es gibt wesentliche bessere Leistungen für den Patienten als in Deutschland.
In Holland werden gleiche Beiträge wie in Deutschland entrichtet, aber dafür wesentlich bessere medizinische Leistungen dem Patienten zur Verfügung gestellt, als in Deutschland. In Sachen Plasmamedizin ist uns Holland um einiges Deutschland schon voraus.
In Deutschland müssen soviel wie ich weiß bei einer Operation 4 Leute anwesend sein . Der Chefarzt , dein Assistenzarzt, ein OP- Schwester und ein Anästhesist. In Holland braucht man nur zwei Leute dafür , den Chefarzt und eine Anästhesieschwester.Dei im übrigen besser ausgebildet ist als eine Anästhesieschwester in Deutschland . Soviel mal auch zur angeblichen besseren Ausbildung in Deutschland. Wenn in Deutschland ein Fall übernommen wird, kann in Holland vergleichsweise 4 Fälle übernommen werden.
Zur Belastung deutscher Ärzte muss man sich folgendes mal hinterfragen: Wie lange darf ein Busfahrer in Deutschland fahren - 30 Stunden? Ärzte in Deutschland müssen teilweise in Krankenhäusern immens Überstunden machen, weil es zu wenig ausgebildete Ärzte in Deutschland gibt. 30 Stunden sind dabei keine Seltenheit mehr. Hier würde ein verstaatlichtes System Abhilfe schaffen, weil man sich zum einen von staatlicher Seite besser um die Werbung neuer auszubildender Ärzte und aus dem Ausland anzuwerbender Ärzte kümmern kann und sich besser für geregelte Arbeitszeiten einsetzen könnte, als es jetzt zur Zeit geschieht. Zudem müsste man von staatlicher Seite den Pharmakonzernen Grenzen setzen um die Preistreiberei von einigen Medikamenten Einhalt zu gebieten. Sicherlich frisst die Erforschung neuer Medikamente auch viel Kapital aber nicht soviel das sich einige Herren und Vorstände die Taschen voll machen. In Bereich von Chemotherapie-Medikamenten ist zudem durch Korruption und Absprachen in Deutschland Tür und Tor geöffnet.
Spartaner
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Wallenstein hat geschrieben: Sollen in einer Zukunftsgesellschaft überall solche kleinen Gemeinden existieren, ohne dass es einen übergreifenden Staat braucht? Kann ich mir im Moment nicht vorstellen, es würde allen Erfahrungen in der Menschheitsgeschichte zuwider laufen. Das funktioniert vielleicht bei Jägern und Sammlern, aber heute?
Marx seine Schriften sollte man als Leitlinie auffassen und nicht als Dogma. Viele Sachen sind zu überlegen und der heutigen Zeit anzupassen oder vielleicht sogar zu negieren. Vieles ist zudem nicht mehr heute zeitgemäß. Den Weg zu einer besseren gerechteren Gesellschaft schafft man nicht durch abrupte radikale Änderungen, sondern muss sich stückchenweise vollziehen und ist ständig zu hinterfragen. Ein Mischsytem ist zudem allemal besser für den Menschen akzeptabel.
Spartaner
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Registriert: 25.12.2013, 23:36

Titus Feuerfuchs hat geschrieben:
Der Maoismus ist eine kommunistische politische Strömung, die sich auf die Schriften des chinesischen Revolutionärs Mao Zedong stützt. [...]
Der Maoismus beruft sich insbesondere auf dieSchriften von Karl Marx, Friedrich Engels, Wladimir Lenin und Josef Stalin.[...]

https://de.wikipedia.org/wiki/Maoismus
... und jetzt kannst du noch zehnmal die Wikipaste wiedergeben. es wird deshalb nicht besser.
Der Maoismus hat sich eben nicht richtig mit den Schriften von Marx auseinandergesetzt, sondern eher falsch interpretiert. Er bezieht sich eher mehr auf Lenin und Stalin als auf Marx.
Warum das so ist, habe ich dir bereits vorher begreiflich gemacht.
"Über die Jahre wurde der Marxismus allerdings auch verdreht, missverstanden und missbraucht. Die Russische Revolution, Chinas langer Marsch und der Weltkommunismus stehen nicht bei Marx."
http://www.3sat.de/page/?source=/philos ... index.html
Cherusker
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Registriert: 02.04.2014, 21:51
Wohnort: Weserbergland im ehemaligen Gebiet der Cherusker

Spartaner hat geschrieben:
Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher. Dann warst du wahrscheinlich noch nicht in Venezuela .Denn in Venezuela kommt die medizinische Versorgung auch ohne Vorleistung Touristen zu Gute . Zudem einer breiten Bevölkerungsschicht auch ohne Krankenversorgung .
Wenn man auf einen Scheißhaufen ein Sahnehäubchen macht....schmeckt es dann besser? :wink: :mrgreen: :crazy: Venezuela wurde durch die Sozialisten zu grunde gerichtet, trotz Ölvorkommen. :shock:
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