Sind die Ukrainer überhaupt ein Volk ?

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Moderator: Barbarossa

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Gontscharow
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Der Kreml meint : NEIN !!! :(
Ich meine: doch, durchaus - wenn auch nicht so wie Deutsche oder Schweden.
Ich bin Halbukrainer ( Mutter Ukrainerin, Vater Deutscher ). Die ukrainische Hälfte der
Familie hat sich IMMER als Ukrainer bezeichnet, selbst als es die UA als unabhängiges Land
noch gar nicht gab, sondern sie nur als Sowjetrepublik existierte.
Das hatte nichts mit einem übersteigerten Nationalismus zu tun ( die Bandera - Leute haben
wir nie unterstützt ), sondern war einfach das Bekenntis zur Heimat. Meine Mutter kommt
auch nicht aus dem sehr patriotischem Westen der UA (ehemals zu Österreich und Polen
gehörend) , sondern aus der Nähe von Kiew, also dem Zentrum des Landes.
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Orianne
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Ganz sicher sind die Ukrainer ein slawisches unabhängiges Volk. Ich habe auch binationale Elternteile Mutter Französin, Vater Schweizer, doch sehe ich mich zu 70 % als Schweizerin, mir gefällt es nur im Urlaub in Frankreich, wohnen möchte ich dort nicht.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
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Gontscharow
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Ich schildere mal kurz die Zuständnisse, indem ich es für Deutsche eher nachvollziehbar
auf unsere Verhätnisse münze :
Bayern hatte vor 25 Jahren seine Unabhängigkeit von der BR Deutschland erklärt.
In Berlin war man damit nicht einverstanden, man sah aber seinerzeit keine Möglichkeit,
die Bayern daran zu hindern.Außerdem hatte man die ewigen Streitereien mit München eh ziemlich satt
und war fast schon froh, die Bayern loszuwerden.
In vielen Verträgen wurden alle Fragen die Unabhängigkeit Bayerns betreffend ausgehandelt.Berlin hatte
sich u.a. vertraglich VERPFLICHTET, die Unabhängigkeit Bayerns in den BESTEHENDEN GRENZEN zu achten
( im Gegenzug hatte Bayern auf seinen Anteil an den schweren Waffen der Bundeswehr verzichtet, die in der Folge aus
Bayern nach Deutschland abgezogen wurden).
Nicht alle innerhalb Bayerns waren so recht glücklich mit der neuen bayrischen Unabhängigkeit. Zumal extrem patriotische Elemente eine eigene "bayrische Sprache" auf der Basis eines oberbayrischen Dialektes entwickelten und diese
zur Schul- und Amtssprache ganz Bayerns machten. Hochdeutsch - die eigentliche Muttersprache vieler Bewohner Bayerns - wurde , je nachdem welche Gruppierung in Bayern gerade regierte, diskreditiert und zurückgedrängt.
Dann begab es sich aber, daß in Berlin eine Regierung an die Macht kam, der die Unabhängigkeit Bayerns so gar nicht
schmeckte. Mittels separatistischer Gruppe im protestantischen Franken und gestützt auf die nostalgischen Sympathien einiger Hochdeutsch sprechender und deutsch gesinnter Bewohner Bayerns begann sie, ihre reguläre deutsche Armee
nach Bayern einzuschleusen.Vor der Weltöffentlichkeit gab sie diese Leute als "Freiheitskämpfer" gegen die faschistische Münchner Regierung aus.Gleichzeitig startete die deutsche Regierung einen Propagandafeldzug, daß die Bayern gar kein eigenes Volk seien und im Grunde nicht mal eine eigene Sprache hätten.
Als die deutsche Regierung so weit ging, die Gegend um Coburg ( die erst seit 1920 bayrisch war und vorher zum bei D verbliebenen Thüringen gehörte) zu annektieren, nachdem sie vorher dort ein gelenktes Referendum hatte durchführen lassen, schalteten sich die Verbündeten Bayerns, nämlich Frankreich und Österreich ein und unterstützen es mit allen Mitteln gegen Deutschland.
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dieter
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Ihr Lieben,
Putin spricht immer von den Kiewer Rus. Er und viele Ukrainer vergessen dabei, dass die Rus Waräger aus Skandinavien waren. Aus Schweden kommend haben sie sich über die Flüsse und dem Schwarzen Meer bis nach Konstantinopel ausgebreitet. Der oströmische Kaiser hatte Waräger als Laibgarde. Die Waräger haben in Russland, dass es damals noch nicht gab und in der Ukraine Handelsmetropolen gegründet und die Herrschaft übernommen. Dass alle nun eine slawische Sprache reden, kommt daher, dass die Kinder aus diesen Beziehungen durch ihre slawischen Mütter die Sprache erlernten. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Gontscharow
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@ Dieter : Viele von uns sind dann doch zu blond , um das zu vergessen ;-)
Harald
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Um Bayern zu destabilisieren muß man zuerst die Unabhängigkeitsbewegungen im annektierten Franken und dem Regierungsbezirk Schwaben aktivieren.

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Lia

Die Ukrainer sind ein Volk. Eines, das sich durchaus von den russischen Nachbarn unterscheidet und unterscheiden will- und von den Russen denn auch insofern als Volk gesehen wird, als dass solche Äußerungen: "Er ist ja nur Ukrainer" möglich sind.
Die Eltern meines Mannes, Vater Ukrainer, Mutter Russin, betonten auch und gerade im deutschen Asyl ihre unterschiedliche Herkunft, meinetwegen Nationalität aus unterschiedlichen Teilrepubliken der ehemaligen UdSSR. Dass man sich als zwar verwandte, aber eigenständige Ethnien und Kulturen versteht, ist mir aktuell gerade- wenn auch im friedlichen Ausgleich- begegnet.
Die gemeinsame und wieder trennende Geschichte beider Völker ist sehr komplex, als Außenstehender muss man sich schon ernsthaft einarbeiten, um vielleicht besser nachvollziehen zu können, was u.a. Ursachen für derzeitigen kriegerischen Konflikte sind.
Bei einer Diskusssion in einem nicht-Historiker-Forum zog ich bösen Zorn auf mich, weil ich schrieb, Tschernobyl sei nicht Russland, sondern Ukraine- damals wie heute nicht ganz unwesentlich, was den Umgang damit betrifft- und politisch- historisch korrekt.
Schrieb eine gebürtige Moskauerin ganz trocken: " Ja, klar, und Wien liegt auch in Deutschland und Österreich ist Teil Deutschlands! Im Gegensatz zu Euch sind uns die Unterschiede zwischen Russland und der Ukraine bekannt."
@ Gontscharow:
Den Vergleich hatte ich irgendwie auch kurz im Hinterkopf, ob das Verhältnis Bayern und Rest-Deutschland etwa Parallelen aufweist. Oder eher Deutschland und Österreich? Ein erneutes "Heim ins Reich" für Austria wäre vielleicht ähnlicher zu "das Gebiet der Ukraine gehört zu Russland". :?:
Ob es möglich wäre, die Ukraine wieder auf friedlichemWeg in einen russischen Staat zu integrieren? Bei großer Autonomie, absoluter Gleichberechtigung von Sprachen und Kulturen? Das wage ich für die nächste Zeit zu bezweifeln. Die Gräben sind durch beiderseitiges Verschulden imho erneut zu tief geworden. Frieden wird wohl nur zunächst ein getrennten Staaten möglich sein,wobei beide die jeweiligen ethnischen Minderheiten, um mal so die Abgrenzung zu formulieren, mit der Mehrheit gleichstellen müssen.
Edit: Ich bin nicht blond genug, um die Geschichte Russlands und der heutigen Ukraine nicht zu kennen. Doch seit der Kiewer Rus, die übrigens in der SU und zu Zeiten des Panslawismus zeitweise verbotenes Gründungs-Denkmodell, gab es halt- Putin vergisst gern- noch andere Entwicklungen, die zum heutigen Chaos beitrugen.
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Marek1964
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Da kann ich auch bestätiígen - hier in Prag gibt es viele Ukrainer, und die fühlen sich alles andere als Russen. Ja, und da gibt es die Ruthenen, die auf tschechisch "Unterkarpathische Ruthenen", auf ukrainische "hinterkarpaten Ukrainer" genannt. Immer freuen sich die Leute, die aus Užhorod oder Mukacsevo kommen, und ich dann gleich sage: Ja, da kommen sie aus der ehemaligen Tschechoslowakei.

Aber völlig zweifellos: Wer sich als eigentständige Nation fühlt, ist eine eigenständige Nation.

Da kann Herr Putin sagen, was er will.
Paul
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Die Ukraine hat das Problem, das es 3 Dialekte gibt. Der östliche Dialekt entspricht weitgehend dem Russischen. Der Osten hat in der Sowjetzeit auch viele russische Einwanderer aufgenommen. Das westliche Ruthenische hatte lange Beziehungen zu Österreich und Polen.
Im Osten der Ukraine ist ein ukrainisches Nationalbewußtsein nicht selbstverständlich.
Die Russen stammen aus dem Gebiet der Kiewer Rus. Sie flohen vor den Mongolen in den Nordosten in Uralisches Gebiet.
Die Entfremdung der Ukrainer stammt zum Teil aus der Verfolgung in der Sowjetzeit.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
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Barbarossa
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Und dieses fehlende ukrainische Nationalbewusstsein in Teilen der Ostukraine und auf der Krim hat Putin für seine Expansionsbestrebungen genutzt. Er zieht dabei die russisch-nationalistische Trumpfkarte. 
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
miori
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Hallo an alle
Ukraine und Ukraine ist Macht!
Und nicht zu verwechseln mit Russland oder Weißrussland, es ist ein separater Staat und ein separates Volk!
Ruhm der Ukraine!
Marianne E.
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Um konkret auf die Fragestellung eingehen zu können, ist eine Definition des Begriffs Volk aufschlussreich.

Der Begriff Volk bezeichnet die Anzahl von Menschen, die wegen ihrer Ethnie, kulturellen Gemeinsamkeiten, Sprache, Religion, Lebensgewohnheiten und ihrer historischen Tradition eine Einheit darstellen.
Trifft das auf die Ukraine zu? Nein.

Der Begriff Staatsvolk bezeichnet die gesamte Anzahl von Menschen, die in einem Staatsgebiet zusammenleben. Im völkerrechtlichen Sinn ist dieser Begriff festgeschrieben neben den Begriffen "Staatsgebiet" und "Staatsgewalt".
Trifft das auf die Ukraine zu? Ja.
Feldwebel57
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Das ist eine ganz andere Sicht auf die Sache .
Bisher war die Ukraine für mich ein Volk , neben Letten , Balten usw. 
In der UdSSR war es doch auch eine Sowjetrepublik wie alle anderen auch .
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Barbarossa
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Und wie in wohl allen Sowjetrepubliken gab es (und gibt es eben auch heute noch) auch in der Ukraine einen relativ großen Bevölkerungsanteil ethnischer Russen. Solange es die SU gab, spielte das eigentlich keine Rolle. Zum Problem wurde es erst nach dem Zerfall der Union und vor allem durch die nationalistische Politik Putins. Zwei Republiken haben sich danach im Osten der Ukraine abgespalten und die Krim wurde sogar Russland einverleibt.
Die Diskussion ist eröffnet!

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Feldwebel57
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Kann man das mit dem Zerfall Jugoslawiens vergleichen ?
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