Bhutan – Insel der Glückseligkeit?

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Moderator: Barbarossa

Wallenstein

Bhutan ist eines der ärmsten Länder der Welt, ein Gebirgsstaat im Himalaya von der Größe der Schweiz mit 1,2 Millionen Einwohnern. Angesprochen auf die klägliche Wirtschaftsleistung seines Landes soll in den siebziger Jahren der vierte König des Landes, Jigme Singye Wangchuk, gesagt haben: „"Das Bruttoinlandsprodukt interessiert mich nicht. Mich interessiert das Bruttoinlandsglück!"

Inzwischen wurde die Regierung verpflichtet, alles zu tun, damit die Bürger glücklich werden. So steht in der Verfassung:

Artikel 9 Absatz 2: "Der Staat bemüht sich, jene Bedingungen zu fördern, die das Streben nach Bruttoinlandsglück ermöglichen."

Analog zum westlichen Bruttosozialprodukt entwickelte Bhutan das Gross National Happiness (GNH) Produkt. Anhand von 33 Indikatoren will man in Erfahrung bringen, ob die Bürger glücklich sind. Dies wird untersucht mit Fragebögen, keine leichte Aufgabe in einem Land mit vielen Analphabeten. Damit seine Bürger auch wirklich glücklich sind, soll der Staat die folgenden Ziele anstreben:

Förderung einer sozial gerechten Gesellschafts- und Wirtschaftsentwicklung

Bewahrung und Unterstützung kultureller Werte

Errichtung von guten Regierungs- und Verwaltungsstrukturen

Gesetze zum Schutz der Umwelt

Nach den neuesten Untersuchungen des Glücksministeriums sind jetzt schon 40,9 % der Einwohner glücklich. Na toll!

Nicht dazu gehört aber die nepalesische Minderheit im Süden des Landes, die schon seit Jahren einer brutalen Repression und Unterdrückung ausgesetzt ist. Offensichtlich will man diese ungeliebte Bevölkerungsgruppe loswerden. Schon ungefähr 100.000 Menschen sind geflüchtet und leben in Internierungslagern in Nepal. Dort will man an sie aber auch nicht haben.

Der Grund für die Unterdrückung ist vielfältig. Ausschlaggebend waren hierfür wohl die Unruhen in dem nepalesischen Bevölkerungsteil des anderen Zwergstaates im Himalaya, in Sikkim. Die Auseinandersetzungen nahm Indien zum Anlass, diesen Miniaturstaat einfach zu annektieren. In Bhutan befürchtet man wohl ähnliches.

Internationale Hilfsorganisationen versuchen, die Flüchtlinge weltweit neu anzusiedeln, in den USA, Kanada, Australien, Europa und das nicht ohne Erfolg. Wer es schafft, aus dem Lager herauszukommen, hat dann auch sein Glück gefunden, aber eben außerhalb von Bhutan, der vermeintlichen Insel der Glückseligkeit.

Anhang:
Der Begründer der Nationalökonomie, Adam Smith, war eigentlich Moralphilosoph und ihn beschäftigte die Frage: Wie kann eine Gesellschaft aus lauter Egoisten trotzdem glücklich werden? Sein Fazit: Das allgemeine, gesellschaftliche Glück werde maximiert, indem jedes Individuum im Rahmen seiner ethischen Gefühle versucht, sein persönliches Glück zu erhöhen. Dafür müssen die strukturellen Voraussetzungen geschaffen werden. Durch die unsichtbare Hand des Marktes werde der Wohlstand vermehrt und somit gleichzeitig auch das allgemeine, gesellschaftliche Glück erhöht.

Adam Smith setzt weitgehend Glück mit materiellem Reichtum gleich. Der Markt sorgt dafür, dass alle Menschen wohlhabend und damit auch glücklich werden.

Ganz so simpel würde man dies heute nicht so sehen. Doch auch bei uns ist für viele Reichtum eine wichtige Voraussetzung für Glück. Wir wissen aber auch: „Geld macht nicht glücklich, aber mit viel Geld kann man auf relativ angenehme Weise unglücklich sein.“

Man kann natürlich auch kleine Brötchen backen. Der Realist, der verstanden hat, dass er in einem darwinistischen Universum lebt, ist einfach dankbar, wenn er es bis zum nächsten Sonnenuntergang schafft.

Wahrscheinlich denken die meisten Einwohner von Bhutan so. Da sich aber die Gesellschaft jetzt ganz rapide verändert, werden sich auch die Vorstellungen über das Glück ändern.
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