1915 - Massaker an Armeniern: Gedenken und Umgang heute

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Moderator: Barbarossa

Aneri

Paul hat geschrieben:HDP und PKK entschuldigen sich immer wieder in Scham für die kurden, die sich zu Handlangern der Osmanen und Jungtürken machen liesen und verehren die Helden, die den Armeniern und Assyrern unter Einsatz ihres Lebens Schutz vor den Mördern boten.
Hm-m, da wäre ich vorsichtig, die Grunde für Beurteilung gleich mit westlichen gleichzusetzen. Es war/ist in erste Linie Widerstand für Türkei, es war das Streben nach Unabhängigkeit der Armenier, so dass Kurden sehr viel Parallelen für eignes Schicksal sehen...
Gerade dieser Aspekt womöglich steht in Wege, der Türkei Genozid anzuerkennen. Weil sie darin eine Bedrohung sieht und sich als einen Wehrenden.

@Dietrich
Wenn bei mir mit einem Menschen ein Konflikt sich anzeichnet, dann versuche ich zu verstehen, warum er zu dieser Sicht der Dinge gelangen ist. Im Grunde, ist nicht anders mit der Gesellschaften. Ich bin überzeugt, wir würden viel mir erreichen in der internationalen Beziehungen, wenn wir "das Ticken" der Gesellschaft bzw. die Krankheit, der sie verfallen ist, verstehen würden.

Zum Anderen ekelt mich die Angewohnheit, die bestimmte moralische Bewertungen nur dann an Licht ziehen, wenn sie konfliktauslösend wirken. So toleriert man die Spionen, bis es nicht nötig auf große Glocke zu hängen ist. Man toleriert Despoten, bislang eigene Interesse unterstützt werden. So ähnliches vermute ich mit Deutschland und Genozid der Armenier. Anders gesagt, vermute ich leider, dass hier hinter der vermeintlich guten Absichten, nicht so gute stecken...
Aneri

Korrektur:
Aneri hat geschrieben: Ich bin überzeugt, wir würden viel mehr erreichen in der internationalen Beziehungen,..
Dietrich
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Aneri hat geschrieben: @Dietrich
Zum Anderen ekelt mich die Angewohnheit, die bestimmte moralische Bewertungen nur dann an Licht ziehen, wenn sie konfliktauslösend wirken. So toleriert man die Spionen, bis es nicht nötig auf große Glocke zu hängen ist. Man toleriert Despoten, bislang eigene Interesse unterstützt werden. .
Hier geht es nicht um Spione und Despoten, sondern allein um den Völkermord an den Armeniern.

Und der ist ohne Wenn und Aber zu verurteilen.
Aneri

Es stimmt schon.

Mich stört an der ganze Sache, dass hier meine moralische Urteil anscheint für politische Zwecke genutzt wird, die mit dem Moral garnicht gemeinsam haben. So fühle ich mich als ein intellektuelle Schaf, der mit seine Herde nach Bedarf wird hin und hier getrieben. Man macht keinen Gedanken warum. Hauptsache sieht man die grüne (moralische) Wiese, die er abgrasen kann...
Dietrich
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Aneri hat geschrieben: Es war/ist in erste Linie Widerstand für Türkei, es war das Streben nach Unabhängigkeit der Armenier, so dass Kurden sehr viel Parallelen für eignes Schicksal sehen...
Gerade dieser Aspekt womöglich steht in Wege, der Türkei Genozid anzuerkennen. Weil sie darin eine Bedrohung sieht und sich als einen Wehrenden.
Die angebliche Bedrohung ist das Argument, dass die Türkei zu ihrer Entlastung anührt. Allerdings ist historisch erwiesen, dass die meisten Armenier dem osmanischen Staat loyal gegenüberstanden. Dass ein Teil der armenischen Bevölkerung einen eigenen Staat wünschte, ist sicher korrekt. Das alles rechtfertigt allerdings in keiner Weise den Massenmord an den Armeniern und die unerträglichen Massaker. Auch Hitler fühlte sich vom einer "jüdischen Weltverschwörung" bedroht und wir wissen, wie das endete.

Derartige durchsichtige Ausreden zur Selbstentlastung kann man nicht gelten lassen.
Aneri hat geschrieben: Wenn bei mir mit einem Menschen ein Konflikt sich anzeichnet, dann versuche ich zu verstehen, warum er zu dieser Sicht der Dinge gelangen ist. Im Grunde, ist nicht anders mit der Gesellschaften. Ich bin überzeugt, wir würden viel mir erreichen in der internationalen Beziehungen, wenn wir "das Ticken" der Gesellschaft bzw. die Krankheit, der sie verfallen ist, verstehen würden.
Die türkische Begründung für den Völkermord an den Armeniern ist ebenso bekannt wie inakzeptabel. Ein Staat kann nicht jede ethnische Minderheit umbringen, von der er sich bedroht fühlt, Selbst die Türken räumen ja inzwischen Massaker ein. Zum Völkermord allerdings bekennen sie sich nicht, obwohl die seriöse Geschichtsforschung das als erwiesen ansieht.
Aneri hat geschrieben: Zum Anderen ekelt mich die Angewohnheit, die bestimmte moralische Bewertungen nur dann an Licht ziehen, wenn sie konfliktauslösend wirken.
Einen Völkermord muss nach moralischen und juristischen Kategorien bewertet werden. Was denn sonst?
Er ist ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
Aneri

Wir reden an einander vorbei, bzw. die Frage, die ich gestellt habe, wird von dir nicht wahrgenommen. Ich kann unter moralischen Bewertung des Genozids unterschreiben, so wie auch du. Mich ärgert aber, dass meine (deine, unsere) Bewertung sonst wird überhaupt nicht beachtet, außer es nutzt als Instrumentarium in einem politischen Spiel. Und diese Spiel kann durchaus unmoralisch sein...
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Barbarossa
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Politisches Spiel - Spione - Despoten in der 3. Welt, die vom Westen unterstützt werden - ich denke, ich weiß was du meinst. Sharia, Todesstrafe, poltische Gefangene oder auch Folter sind keine Gründe für den Westen, sich von ihnen abzukehren. Aber selbst Despoten, wie die Saudis o.a. können sich nicht leisten, Genozide zu verüben, denn dann würde - müsste sich der Westen ganz schnell von ihnen distanzieren.

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Aneri

Spione, Despote? - es ist nur ein Teil. Man kann auch auf Freunde (Türkei ist doch als Mitglieds Nato ein Freund, oder?) ein Druck ausüben, wenn er beginnt aus der Reihe zu tanzen. Oder weckt man die moralische Entrüstung der Bevölkerung (z.B. die Erzählungen der angeblichen Krankenschwester über Tötung der Neugeborenen) um den Krieg zu legitimieren. So tendiert eine Demokratie eine Herde Schaffe zu sein. Zwar ehrliche Schaffe, die aber ausgenutzt werden...
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Barbarossa
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Aneri hat geschrieben:Spione, Despote? - es ist nur ein Teil. Man kann auch auf Freunde (Türkei ist doch als Mitglieds Nato ein Freund, oder?) ein Druck ausüben, wenn er beginnt aus der Reihe zu tanzen..
Das sehe im im Falle der Türkei eben so gar nicht. Die Türkei hat der NATO (obwohl selbst NATO-Mitglied, wie du richtig festgestellt hast :wink: ) im Kampf gegen den IS nicht einmal Stützpunkte für die Luftwaffe zur Verfügung gestellt. Ich sehe nicht, wo da auf die Türkei "Druck" ausgeübt wurde. Für mich wird die Türkei immer mehr zu einem unsicheren NATO-Mitglied.
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Aneri

Ich könnte nicht entziehen, diesen Beitrag auch hier zu wiederholen. Es geht zwar nicht um Türkei, aber Parallelen sind erstaunlich:
Anfang April verabschiedete das ukrainische Parlament, die Rada, ein Gesetz, das verschiedene historische Organisationen für ihren Kampf um die ukrainische Unabhängigkeit ehren soll. Darunter befinden sich sozialistische, republikanische und monarchistische Gruppen, aber eben auch zwei nationalistische und teilweise faschistische - die Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) und die Ukrainische Aufständische Armee UPA. Mitglieder beider Organisationen waren während des Zweiten Weltkriegs an den Verbrechen der Nationalsozialisten, am Holocaust und der Ermordung Zehntausender Polen beteiligt.

Das neue Gesetz, das Präsident Poroschenko noch unterzeichnen muss, verbietet nun, "respektlos" über die geehrten Organisationen zu sprechen. Wer "öffentlich eine respektlose Haltung" gegenüber den genannten Gruppen zeige oder "die Legitimität des ukrainischen Unabhängigkeitskampfes" leugne, werde strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen. Kritiker bemängeln, dass damit die Benennung und Aufarbeitung der Verwicklung ukrainischer Nationalisten in den Holocaust und andere Massenmorde in der Ukraine de facto verboten werde.
Ukraine: Journalisten im Propagandakrieg
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:
Aneri hat geschrieben:Spione, Despote? - es ist nur ein Teil. Man kann auch auf Freunde (Türkei ist doch als Mitglieds Nato ein Freund, oder?) ein Druck ausüben, wenn er beginnt aus der Reihe zu tanzen..
Das sehe im im Falle der Türkei eben so gar nicht. Die Türkei hat der NATO (obwohl selbst NATO-Mitglied, wie du richtig festgestellt hast :wink: ) im Kampf gegen den IS nicht einmal Stützpunkte für die Luftwaffe zur Verfügung gestellt. Ich sehe nicht, wo da auf die Türkei "Druck" ausgeübt wurde. Für mich wird die Türkei immer mehr zu einem unsicheren NATO-Mitglied.
Da die Türkei ein unsicheres Natomitglied ist, lässt sich mit Raketen von Deutschland und den Niederlanden vor den Luftangriffen aus Syrien schützen, ist mehr Belastung als Entlastung für die Nato und sollte deshalb aus der Nato geschmissen werden. :evil: :twisted: Gott sei Dank zieht sich der Aufnahmeprozess zur EU in die Länge und wird hoffentlich nie zum Abschluß kommen. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Paul
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Aneri hat geschrieben:Interessant ist, dass das Thema gerade jetzt auftaucht, wenn Türkei nähert sich zum Russland.
Deswegen hasse ich Politik. Man zwar nutzt die moralische Begriffe, dennoch nur für Manipulation...
Leider hat das mit der Annäherung nicht wirklich geklappt. In der Türkei wird der Massenmord weiter relativiert. Russland bleibt eine hoffentlich zuverlässige Schutzmacht für Armenien.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
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