IS und die Vergangenheit

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Moderator: Barbarossa

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Agrippa
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Hallo Orianne,

ich finde deinen thread sehr interessant, weil er die Ursache und nicht die Wirkung des ISIS sucht.

Es ist sehr unterhaltsam, von Mitgliedern hier lange Ausführungen zu lesen, welcher Kalif wen ermorden ließ und wer durch wen ermordet wurde. Das ist allerdings für die heutige Situation belanglos.

Salafismus, das religiöse Fundament des ISIS, bezieht sich auf die "Vorväter", die "Altvorderen", also auf die ersten Jahrzehnte des Islam.

Jetzt mal im Klartext:

Mohammed war ein Kaufmann aus Mekka. Gesellschaftlichen Aufstieg und finanzielle Sicherheit erfuhr er durch Heirat. Bis hierher nicht verwerflich. Seine Visionen, dass ihm der Erzengel Gabriel das Wort Gottes verkündet habe, eigentlich nur Verhaltensregeln des Miteinanders, die er nun in der Menschheit zu verbreiten habe, fanden bei seinen Mitbürgern in Mekka wenig Anerkennung.
Nach dem Tod seiner Frau verließ er frustriert die Stadt und zog sich nach Medina zurück. Dort schlichtete er den Streit verschiedener Stämme und einte sie. Mit dieser kleinen Truppe versuchte er fortan der Handelsstadt Mekka großen Schaden zuzufügen, indem er die Handelskarawanen von und nach Mekka überfiel. Etwa 40 Überfälle meint man heute nachweisen zu können. Bei diesen Überfällen ging es ganz sicher nicht zimperlich zu. Für die Betroffenen bedeutete es den Tod, Sklaverei oder bestenfalls Freikauf durch Lösegeld.

Den Mekkanern wurde es irgendwann zu viel und sie zogen gegen Mohammeds Truppe zu Felde. Mehrere Schlachten brachten zunächst keine Entscheidung. Am Ende ging Mohammed allerdings als Sieger des Konflikts hervor und konnte in Mekka einziehen. Dabei ließ er nicht, wie üblich, die Oberschicht massakrieren, sondern gewann sie als Verbündete. Muslime heben dieses als Akt der Nächstenliebe hervor, in Wahrheit war es strategisches Kalkül, das schon die antike Kriegführung von Alexander bis Caesar kannte.

Was bedeutet dieses?

Es zeigt, dass Mohammed kein Wanderprediger wie Jesus war, der durch das Land zog und den Menschen Gewaltlosigkeit predigte. Mohammed war ein Feldherr und zwar ein erfolgreicher. Somit kann man ihn eher mit Karl dem Großen vergleichen. Karl d.Gr. war ebenfalls ein charismatischer und nach damaligen Maßstäben ehrenwerter Mann. Er scheute allerdings nicht davor zurück, seine durchaus wohlgemeinten Ziele, also die Verbreitung des Glaubens, mit Gewalt durchzusetzen. Es kam schon mal vor, dass eine große Anzahl widerspenstiger Sachsen kaltblütig massakriert wurde. Dennoch galt Karl im europäischen Mittelalter als absolutes Vorbild. 1165 wurde Karl sogar heilig gesprochen, später widerrufen. Heute ist immerhin die Seligsprechung akzeptiert.
Wie bitte? Der Henker des Blutgerichts von Verden soll ein Heiliger sein???

Man stelle sich einmal vor, es wäre Karl in den Sinn gekommen, Gott habe ihm eine Botschaft verkündet. Da er der mächtigste Mann seiner Zeit war, wäre es nicht ausgeschlossen, dass er seine "neue Religion" gegen das Christentum durchgesetzt hätte. Dann wären wir heute keine Christen, sondern "Karolinger".
Radikale Vertreter dieses Glaubens wären durchaus gewaltbereit, da sie sich theologisch darauf berufen könnten, dass auch der Glaubensstifter Karl zur Gewalt griff, wenn es ihm notwendig erschien.

Ähnlich ist es bei Mohammed und dem Islam. Wenn man sich auf den Ur-Islam bezieht und sein Leben danach ausrichten möchte, dann ist Gewalt nicht tabu.

Zum Vergleich:
Radikale Christen sind gegen Ehescheidung, Abtreibung, homosexuelle Ehen usw. Dazu kann man stehen wie man will.
Es ist aber ausgeschossen, dass sie auch nur gegen eine Stubenfliege Gewalt anwenden.
Im radikalen Islam können dagegen die Köpfe rollen.

Die Islamisten selbst berufen sich besonders gern auf die blutige Anekdote von der Niederwerfung des jüdischen Stammes der Quraiza im Jahre 627. Als Mohammeds Truppen die Quraiza, die zu den Gegnern des Propheten in Medina gehörten, überwunden hatten, wurden die 600 bis 900 männlichen Mitglieder des Stammes allesamt geköpft.

So ging es weiter in Nordafrika, Spanien, Asien, überall, wohin sich der Islam ausbreitete: Dessen Geschichte ist arm an Bekehrungsgeschichten und reich an blutigen Eroberungszügen.

So ist der Salafismus und der IS zu verstehen. Es handelt sich schlichtweg um den Ur-Islam.
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Barbarossa
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Ja ok. Und was willst du mit deinen Ausführungen nun beweisen? Dass Mohamed als Prophet der Muslime nicht der pazifistische Messias war? Und weiter?
Er war aber eben "nur" Prophet.

Da könnte man nun das christliche Alte Testament dagegen halten und sagen, der Gott der Christen selbst war/bzw. ist ein Massenmörder, wenn man die Geschichte mit Noah glaubt. Auch sonst stehen da Sachen drin wie "Auge um Auge, Zahn um Zahn" und noch viele weitere blutige Ereignisse. Wer sich darauf beruft, kann eine ebensolche Ideologie erschaffen, wie ISIS.

Ergo halte ich es für so wichtig, eine strikte Trennung von Kirche und Staat durchzusetzen mit einer von religiösen Einflüssen möglichst unbeeinflussten Verfassung als für alle geltendes Recht. Ich halte keine der jahrtausendealten Religionen für geeignet, eine moderne Gesellschaft zu kreieren. Dies kann man einzig mit den von der UNO formulierten Menschenrechte erreichen, die in jede Verfassung der Welt fest integriert werden sollten. Wenn dies irgendwann durchgesetzt ist und die Menschen diese Menschenrechte verinnerlicht haben, dann sind wir schon ein ganzes Stück weiter.
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Titus Feuerfuchs
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Barbarossa hat geschrieben:Ja ok. Und was willst du mit deinen Ausführungen nun beweisen? Dass Mohamed als Prophet der Muslime nicht der pazifistische Messias war? Und weiter?
Er war aber eben "nur" Prophet.

Da könnte man nun das christliche Alte Testament dagegen halten und sagen, der Gott der Christen selbst war/bzw. ist ein Massenmörder, wenn man die Geschichte mit Noah glaubt. Auch sonst stehen da Sachen drin wie "Auge um Auge, Zahn um Zahn" und noch viele weitere blutige Ereignisse. Wer sich darauf beruft, kann eine ebensolche Ideologie erschaffen, wie ISIS.

[...]

Nein, da muss ich dir widersprechen.

Wenn Gott im Alten Testament ein strenger, strafender Gott ist, gibt das seinen Gläubigen noch lange nicht das Recht, ebenso zu handeln wie er.
Der IS hat mit "Auge um Auge" nichts zu tun denn der IS vergilt ja nicht Gleiches mit Gleichem, sondern mordet und foltert völlig Unschuldige.

Selbst im Alten Testament wird das von dir Zitierte durch die Zehn Gebote total relativiert.

Im Neuen Testament (Bergpredigt) räumt Jesus aber mit dem Alten Testament auf und macht Nächstenliebe, Feindesliebe, Vergebung, etc...zu zentralen Werten des Christentums.

Etwas wie der IS steht in Fundamentalopposition zu Christentum, während er den Koran einfach wörtlich nimmt.
MfG,
Titus Feuerfuchs
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben: Ergo halte ich es für so wichtig, eine strikte Trennung von Kirche und Staat durchzusetzen mit einer von religiösen Einflüssen möglichst unbeeinflussten Verfassung als für alle geltendes Recht. Ich halte keine der jahrtausendealten Religionen für geeignet, eine moderne Gesellschaft zu kreieren. Dies kann man einzig mit den von der UNO formulierten Menschenrechte erreichen, die in jede Verfassung der Welt fest integriert werden sollten. Wenn dies irgendwann durchgesetzt ist und die Menschen diese Menschenrechte verinnerlicht haben, dann sind wir schon ein ganzes Stück weiter.
Lieber Barbarossa,
bis zum Beweis des Gegenteils glaube ich noch an Gott. Aber Du hast Recht, strikte Trennung von Kirche und Staat. Die Religionsgemeinschaften sollen die Beiträge von den Mitgliedern bezahlen lassen. Ich persönlich würde für die EKD weiterhin meine Kirchensteuer bezahlen, weil es in dieser Zeit wichtig ist, dass die Kirche der Deutschen Einheit weiter existiert. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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