Jeff Bezos kauft Washington Post - Zukunft der Zeitung

Aktuelle Informationen und Diskussionen zur Wirtschaft

Moderator: Barbarossa

Benutzeravatar
Balduin
Administrator
Beiträge: 4213
Registriert: 08.07.2008, 19:33
Kontaktdaten:

Dass gerade eine folgenschwere Änderung in der Medienindustrie vor sich geht, machen die letzten großen Schlagzeilen deutlich:
- Axel Springer Verlag verkauft sein Tafelsilber (Regionalzeitungen und Hörzu) und will sich in der Rolle als Internet-Vorreiter etablieren
- Jeff Bezos, der Gründer von Amazon kauft die altehrwürdige Washington Post, die seit Jahren Millionenverluste einfährt
- bei fast allen großen Zeitungen hat sich seit Etablierung des Internets die Auflage drastig verringert (bis zu 50%)
- Das Geschäftsmodell der gedruckten Zeitung kann nicht einfach ins Internet übertragen werden.


Wie seht ihr das? Hat die gedruckte Zeitung überhaupt noch eine Zukunft?

Ich bin Abonnement des Spiegels, nun auch schon seit ich 17 bin. Das Konzept einer tiefgründig recherchierten Wochenzeitschrift sagt mir mehr zu, als das einer Tageszeitung: Die Nachrichten der Tageszeitung kann ich schneller über das Internet abrufen. Zudem: Wer hat Zeit, die FAZ von vorne bis hinten zu lesen?
Meine Eltern haben die örtliche Lokalzeitung abonniert, an der mir alles fehlt: Biss, journalistische Tiefe, auch der Mut, sich mit Granden anzulegen: Da wird das Protokoll der Gemeinderatssitzung abgeschrieben (Übertreibung) und vom Kleintierzüchterverein berichtet. Dafür werde ich wahrscheinlich keine 1,50 € am Tag ausgeben.

Was für ein Modell würde ich bevorzugen: Es wird aus verschiedenen Quellen die besten Artikel nach meinen Präferenzen zusammengestellt (Google News als Vorreiter). Computerprogramme merken sich und analysieren meine Lesegewohnheiten: Länge, wieviele Bilder ich im Schnitt schaue, ob ich Videos schaue, dass mich Themen in der Verbindung moderne Technik, Journalismus und Politik interessieren, dass ich ein Fan von Friedrich Merz bin... All dies wird verarbeitet. Mit diesen Informationen kann man sich seine eigens zugeschnittene Zeitung zusammenbauen.

Die Zeiten, wo man für etwas zahlen soll, das einen nicht interessiert (Sportbereich in der Tageszeitung, lege ich ungelesen weg) sind vorbei. Mir gefällt diese Entwicklung.
Herzlich Willkommen auf Geschichte-Wissen - Registrieren - Hilfe & Anleitungen - Mitgliedervorstellung

He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
Benutzeravatar
Vergobret
Mitglied
Beiträge: 424
Registriert: 08.05.2012, 23:27

Der Spiegel ist aber nur mit Abstrichen tiefgründig recherchiert und teils sogar schlampig.
Von vorne bis hinter zu lesen ist auch kein Ziel einer Tageszeitung. Man liest das was interessiert, den Rest nur die Überschriften. Mir ist Aktualität lieber. Dazu lese ich eine politische Monatszeitung, die aber die Weltpolitik zum Fokus hat.
Ich glaube nicht, dass die Zeit völlig vorbei ist!
„In all den Jahren habe ich so viele junge Männer gesehen,
die der Meinung waren, auf andere junge Männer zuzulaufen.
Aber das stimmt nicht.
Sie liefen alle zu mir.“
so sprach der Tod

Aus „Die Bücherdiebin“
Benutzeravatar
Balduin
Administrator
Beiträge: 4213
Registriert: 08.07.2008, 19:33
Kontaktdaten:

Vergobret hat geschrieben:Der Spiegel ist aber nur mit Abstrichen tiefgründig recherchiert und teils sogar schlampig.
Es gibt gewisse Stereotypen beim Spiegel, die halt in die Identität eingeflossen sind: Jedes Portrait eines Politikers wird erstmal mit seinem Innenleben begonnen: "Guido Westerwelle möchte ein gutes Ergebnis in NRW nicht aus Ehrgeiz oder Machtbewusstsein, sondern aufgrund purer Rache. Nie hat er..."

Im Ergebnis ist der Spiegel aber das einzige journalistische Produkt (eventl neben der BILD) die noch ein Gewicht hat: Ich denke an Wikileaks, aber auch an PRISM.
Von vorne bis hinter zu lesen ist auch kein Ziel einer Tageszeitung. Man liest das was interessiert, den Rest nur die Überschriften. Mir ist Aktualität lieber. Dazu lese ich eine politische Monatszeitung, die aber die Weltpolitik zum Fokus hat.
Ich glaube nicht, dass die Zeit völlig vorbei ist!
Warum für etwas bezahlen, das nicht interessiert?
Herzlich Willkommen auf Geschichte-Wissen - Registrieren - Hilfe & Anleitungen - Mitgliedervorstellung

He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
Renegat
Mitglied
Beiträge: 2045
Registriert: 29.04.2012, 19:42

Ralph hat geschrieben: Wie seht ihr das? Hat die gedruckte Zeitung überhaupt noch eine Zukunft?.....
Bis vor kurzem hätte ich auf meine regionale Tageszeitung nicht verzichten mögen, sie deckte sich mit meinen Lesegewohnheiten beim Frühstück oder auf dem Weg zur Arbeit.
Aktuell denke ich darüber nach, ob ich nicht unterschwellig beeinflusst werde durch den Konsum einer Hauptnachrichtenquelle über Jahre. Keine Nachricht, die von Menschen verbreitet wird, ist wirklich objektiv.
Nachrichten müssen sich verkaufen, daran orientiert sich schon die Auswahl - bad news are good news oder umgekehrt.

Worauf ich nach wie vor nicht verzichten mag, sind Lokalnachrichten und der erste grobe Überblick
Ralph hat geschrieben:Die Zeiten, wo man für etwas zahlen soll, das einen nicht interessiert (Sportbereich in der Tageszeitung, lege ich ungelesen weg) sind vorbei.
Sportteil brauche ich auch nur ausnahmsweise, Kulturteil bringt mir dagegen Dinge näher, auf die ich selbst nicht so kommen würde - ein Film, Buch, Theaterstück. Das könnte dann auch keine an mein Nutzerverhalten orientierte Suchmaschine leisten.
Im Moment bin ich etwas ratlos, wie die Informationsbeschaffung der Zukunft weitergeht und wie ich dazu stehe.
Benutzeravatar
Balduin
Administrator
Beiträge: 4213
Registriert: 08.07.2008, 19:33
Kontaktdaten:

Bis vor kurzem hätte ich auf meine regionale Tageszeitung nicht verzichten mögen, sie deckte sich mit meinen Lesegewohnheiten beim Frühstück oder auf dem Weg zur Arbeit.
Aktuell denke ich darüber nach, ob ich nicht unterschwellig beeinflusst werde durch den Konsum einer Hauptnachrichtenquelle über Jahre. Keine Nachricht, die von Menschen verbreitet wird, ist wirklich objektiv.
Nachrichten müssen sich verkaufen, daran orientiert sich schon die Auswahl - bad news are good news oder umgekehrt.

Worauf ich nach wie vor nicht verzichten mag, sind Lokalnachrichten und der erste grobe Überblick
Bekommt man mit dem Layout der Tageszeitung den schnellen Überblick? Ich hasse das Format, bin Liebhaber des Tabloid-Formats und jede Online-Nachrichtenseite kannst du schneller auf relevante Nachrichten scannen.

Die Lokalnachrichten sind ein gewichtiger Punkt - ich denke hier liegt im Internet noch ein Wachstumsmarkt, wenn lokale Blogs wachsen, die oft weniger Berührungsängste haben: Ich möchte nicht wissen, wieviele Artikel zurückgehalten wurden, weil sich ein Werbekunde auf die Füße getreten fühlen könnte. Bei unserer Lokalzeitung fehlt mir jeglicher Biss.
Herzlich Willkommen auf Geschichte-Wissen - Registrieren - Hilfe & Anleitungen - Mitgliedervorstellung

He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
Renegat
Mitglied
Beiträge: 2045
Registriert: 29.04.2012, 19:42

Ralph hat geschrieben:
Bekommt man mit dem Layout der Tageszeitung den schnellen Überblick? Ich hasse das Format, bin Liebhaber des Tabloid-Formats und jede Online-Nachrichtenseite kannst du schneller auf relevante Nachrichten scannen.
Wenn man seine Zeitung gut kennt, klappt das mit dem Überblick. Andererseits hat diese Gewohnheit einen kleinen Gehirnwäscheaspekt, wie ich oben schon schrieb.
Das Format ist natürlich schwierig und nur aus der Herstellungstradition zu erklären. Zeitunglesen in der U-Bahn verlangt eine gewisse Falttechnik. Eigentlich kann man nur im sitzen Zeitung lesen oder noch besser an einem größeren Stehtisch. Auf der Sonnenliege oder im Bett greife ich lieber zu Zeitschriften und Büchern.
Solange ich kein tablet oder smartphone habe, kann ich die Vor- und Nachteile nicht beurteilen.

Ralph hat geschrieben: Die Lokalnachrichten sind ein gewichtiger Punkt - ich denke hier liegt im Internet noch ein Wachstumsmarkt, wenn lokale Blogs wachsen, die oft weniger Berührungsängste haben: Ich möchte nicht wissen, wieviele Artikel zurückgehalten wurden, weil sich ein Werbekunde auf die Füße getreten fühlen könnte. Bei unserer Lokalzeitung fehlt mir jeglicher Biss.
Lokale Blogs kenne ich nicht, könnte ich mal suchen. Hätte aber wie mit allen Netzquellen das Problem, dass ich es dort noch schwieriger finde, Infoherkunft und Absicht einzuschätzen.
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Lieber Ralph,
die gedruckte Zeitung hat noch eine Zukunft, genauso wie das Radio beim beim Fernsehen noch eine Zukunft hat. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Benutzeravatar
Vergobret
Mitglied
Beiträge: 424
Registriert: 08.05.2012, 23:27

Ralph hat geschrieben: Im Ergebnis ist der Spiegel aber das einzige journalistische Produkt (eventl neben der BILD) die noch ein Gewicht hat: Ich denke an Wikileaks, aber auch an PRISM.
neee, da spielen FAZ, ZEIT und SZ auch mindestens eine so große Rolle.
Ralph hat geschrieben: Warum für etwas bezahlen, das nicht interessiert?
Tu' ich ja nicht. Den Spiegel kaufe ich nicht, lese ihn nicht einmal beim Arzt. ;)
„In all den Jahren habe ich so viele junge Männer gesehen,
die der Meinung waren, auf andere junge Männer zuzulaufen.
Aber das stimmt nicht.
Sie liefen alle zu mir.“
so sprach der Tod

Aus „Die Bücherdiebin“
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Wirtschaft“