Deutschland - Föderal- National- Militär-Zentralstaat?

Diskussionen über die Mitgliedsstaaten der EU

Moderator: Barbarossa

Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Lia hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben: ...aber wirklich verstehen tue ich das nicht, wenn jemand sagt, wenn jemand sagt, er könne keinen Stolz auf sein Land/Heimat, Sprache, Kultur und seine Vorfahren empfinden. Denn das gehört ja alles mit dazu.
Musst Du auch nicht. Stolz ist eine der 7 Todsünden...
Das ist mir Wurscht.
Wenn ich etwas geleistet habe und ich finde, es ist gut geworden, dann bin ich stolz darauf.
Sogar wenn ein (anderer) Deutscher etwas geleistet hat, das in der Welt hervorsticht, dann bin ich stolz darauf, dass es in Deutschland Menschen gibt, die so hervorragendes leisten können.
Doch, das ist so.

Es ist aber ein Phänomen, das weltweit verbreitet ist. Auch Chinesinnen habe ich in einer Doku sich so äußern gehört ("Ich bin stolz auf mein Land." - im Zusammenhang mit einem Raketenstart). Das nennt man Patriotismus und das ist anscheinend etwas, was man vielen Deutschen nach dem 2. Wk gründlich ausgetrieben hat. Alle anderen "dürfen" das, nur wir Deutsche nicht. Und das sehe ich nicht ein.
Lia hat geschrieben:Ich bin mir meiner kulturellen und sprachlichen Wurzeln bewusst, vieles in diesem Land ist gut, auch in seiner Geschichte, vertrete ich sogar und bekomme "Prügel", weil ich dieses Land nicht auf 12 Jahre Geschichte reduzieren lasse...
Siehst du? Da haben wir schon genau den Hintergrund. Eine über Tausendjährige Geschichte wird unzulässigerweise auf die schlimmsten 12 Jahre reduziert, um einer ganzen Nation das Selbstbewusstsein rauben zu können - geht gar nicht.

Aber ich will jetzt auch nicht klingen, wie ein Nationalist - bin ich nicht, war ich auch nie. Aber ich denke, es gibt schon vieles an/in unserem Land, worauf man stolz sein kann. Ein solcher Punkt ist für mich insbesondere, dass wir es in Ostdeutschland geschafft haben, ein totalitäres Regime ohne Blutvergießen zu stürzen. Und ich war dabei und habe meinen bescheidenen Beitrag dazu geleistet.
Heute kann ich viele eigene Gedanken aufschreiben, ohne Angst vor Konsequenzen haben zu müssen, weil man vielleicht mal nicht "Linientreu" ist. (Hätte es die friedliche Revolution nicht gegeben, hätte ich das nicht tun können. Ich hätte nicht einmal einen Computer mit Internet - wahrscheinlich nicht einmal ein Telefon, weil alles in diesem Land ein Politikum und deswegen nicht erwünscht war.)
Ehrlich - darauf bin ich so stolz, dass ich "vor Kraft kaum gehen kann".
:wink:
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Aneri hat geschrieben:...
Ähnlich ist ein autoritäres Regime (Analogie zum starken Zentralismus) nicht unbedingt schlechteres System als demokratisches (Analogie zur Föderation). Es geht um Randbedingungen. Wenn man schnell effektiven aber nicht populären Reformen durchsetzen muss, dann ist es mit demokratischen Mitteln fast unmöglich. Es wird hin und her bewegt, da jede eigene Interessen hat, man hat Angst von den Wählern u. s. w. Eine Person, die nicht auf anderen Blicken muss, wenn sie Entscheidungen trifft, kann so etwas durchziehen. Wenn es aber Fehlentscheidung ist, dann auch ihre Folgen maximieren sich. Demokratische Regime lassen nicht das potentielle "positive" Maximum erreichen, aber auch niemals sinken auf das "negative" Maximum. Sie bewegen sich stabil in dem Mittelbereich. Es ist ihre Stärke und zugleich ihr Schwäche.
...
Ich kann autoritären Regimes nichts positives abgewinnen. Solche Staats- bzw. Regierungsformen in der heutigen Zeit sind deswegen zu kritisieren, weil sie immer mit mehr oder weniger starken Einschränkungen der Bürgerrechte verbunden sind, wie beim Wahlrecht (Wahlfälschungen oder gar keine freien Wahlen), bei der Freiheit der Medien bzw. Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit u. Demonstrationsrecht, um nur die wichtisten zu nennen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch, dass es durch diese Einschränkungen keine Kontrollmöglichkeiten bei der Korruption mehr gibt, diese also auch nicht aufgedeckt werden kann und somit Tür und Tor geöffnet wird. Zudem kommt es oft vor, dass bei einem Ende einer autoritären Herrschaft nicht selten zu Unsicherheiten oder gar chaotischen Zuständen kommt, wenn die Nachfolge nicht geklärt ist.
Aber am wichtigsten für mich: Die angebliche "Ruhe" und "Ordnung", die bei einer solchen Machtausübung zu herrschen scheint, ist teuer erkauft mit zahlreichen politischen Gefangenen aufgrund der von mir aufgeführten Einschränkungen der Bürgerrechte.

Also ich kann an Diktaturen kein "gutes Haar" lassen.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Barbarossa hat geschrieben:
Aneri hat geschrieben:...
Ähnlich ist ein autoritäres Regime (Analogie zum starken Zentralismus) nicht unbedingt schlechteres System als demokratisches (Analogie zur Föderation). Es geht um Randbedingungen. Wenn man schnell effektiven aber nicht populären Reformen durchsetzen muss, dann ist es mit demokratischen Mitteln fast unmöglich. Es wird hin und her bewegt, da jede eigene Interessen hat, man hat Angst von den Wählern u. s. w. Eine Person, die nicht auf anderen Blicken muss, wenn sie Entscheidungen trifft, kann so etwas durchziehen. Wenn es aber Fehlentscheidung ist, dann auch ihre Folgen maximieren sich. Demokratische Regime lassen nicht das potentielle "positive" Maximum erreichen, aber auch niemals sinken auf das "negative" Maximum. Sie bewegen sich stabil in dem Mittelbereich. Es ist ihre Stärke und zugleich ihr Schwäche.
...
Ich kann autoritären Regimes nichts positives abgewinnen. Solche Staats- bzw. Regierungsformen in der heutigen Zeit sind deswegen zu kritisieren, weil sie immer mit mehr oder weniger starken Einschränkungen der Bürgerrechte verbunden sind, wie beim Wahlrecht (Wahlfälschungen oder gar keine freien Wahlen), bei der Freiheit der Medien bzw. Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit u. Demonstrationsrecht, um nur die wichtisten zu nennen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch, dass es durch diese Einschränkungen keine Kontrollmöglichkeiten bei der Korruption mehr gibt, diese also auch nicht aufgedeckt werden kann und somit Tür und Tor geöffnet wird. Zudem kommt es oft vor, dass bei einem Ende einer autoritären Herrschaft nicht selten zu Unsicherheiten oder gar chaotischen Zuständen kommt, wenn die Nachfolge nicht geklärt ist.
Aber am wichtigsten für mich: Die angebliche "Ruhe" und "Ordnung", die bei einer solchen Machtausübung zu herrschen scheint, ist teuer erkauft mit zahlreichen politischen Gefangenen aufgrund der von mir aufgeführten Einschränkungen der Bürgerrechte.

Also ich kann an Diktaturen kein "gutes Haar" lassen.
Ich auch nicht, lieber Barbarossa. Die werden früher oder später alle scheitern, wie es mit den meisten in Südamerika schon geschehen ist. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Renegat
Mitglied
Beiträge: 2045
Registriert: 29.04.2012, 19:42

Ein Zentralstaat muß nicht zwangsläufig eine Diktatur sein, obwohl sich eine Diktatur in einem zentralisierten Staatswesen leichter und schneller etablieren läßt. China ist für mich ein typisches Beispiel, schon wegen seiner kompakten Geographie, vielleicht sieht es auch nur von außen so aus.
Aneris Argumentation habe ich anders aufgefaßt als Barbarossa, sie sagte ja nur, dass sich extreme Veränderungen in einem Zentralstaat mit Diktatur viel schneller umsetzen lassen. Wertfrei betrachtet, kann das ein Vorteil sein, wenn die Veränderung für alle oder die Mehrheit positiv ist. Das wäre dann eine Revolution von oben, also eine aprupte Reformumsetzung. In einer Demokratie ist eine solche schnelle Reform viel schwieriger durchzuziehen, weil Überzeugungsarbeit geleistet und vor allem Kompromisse gemacht werden müssen. Sowas dauert und deshalb stimme ich Aneri zu, dass sich Demokratien mehr auf der Mittellinie bewegen, gerade bei einem großen Staatswesen.

Dabei fällt mir ein, dass es ein weiterer Vorteil eines föderalen Staatswesens sein könnte, dass man in kleineren, unabhängigen Teilbereichen schneller Reformen und Modernisierungen einführen kann und diese dann anderen als Beispiel dienen. Welche der über 300 Splitterterritorien der deutschen Lande, wann welche Reformen im Zuge der Aufklärung eingeführt haben, könnte man diskutieren, gehört vielleicht eher in den Nachbarthread http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... ead#unread
Lia

Barbarossa hat geschrieben:Wenn ich etwas geleistet habe und ich finde, es ist gut geworden, dann bin ich stolz darauf.
Eben, wenn ich persönlich etwas für die Allgemeinheit geleistet habe, allenfalls dann bin ich stolz, aber nie und nicht auf etwas, das anderer Menschen Verdienst war.
Siehst du? Da haben wir schon genau den Hintergrund. Eine über Tausendjährige Geschichte wird unzulässigerweise auf die schlimmsten 12 Jahre reduziert, um einer ganzen Nation das Selbstbewusstsein rauben zu können - geht gar nicht.
Das war ganz sicherlich ein Teil des Hintergrundes, und es war das Verdienst so mancher Franzosen, Dänen, Briten, Niederländer, es genauso nicht zu sehen und einzuköcheln auf 12 Jahre. Trotzdem ist und wird Deutschland nicht mein Identifikationsmodell für Stolz, weil ich dieses Land in vielem eben nicht mag, es nicht "mein Modell" ist, aber weiß, dass es anderen lieb und teuer ist.
Gesunder Patritiosmus, wie Du es nennst, ist ja völlig in Ordnung, aber kein Muss.
Auf die friedliche Revolution könnt und dürft Ihr stolz sein, aber warum sollte ich das sein? Ich war nicht dabei.
Nochmal zurück zum Zentralstaat:
Renegat hat geschrieben:Ein Zentralstaat muß nicht zwangsläufig eine Diktatur sein, obwohl sich eine Diktatur in einem zentralisierten Staatswesen leichter und schneller etablieren läßt.
Eben, neben allen anderen Nachteilen, die Zentalisierung mit sich bringen kann.
Dabei fällt mir ein, dass es ein weiterer Vorteil eines föderalen Staatswesens sein könnte, dass man in kleineren, unabhängigen Teilbereichen schneller Reformen und Modernisierungen einführen kann und diese dann anderen als Beispiel dienen.
Lässt sich, wie Du vorschlägst, durchaus an den deutschen Territorien von der Aufklärung an ganz gut nachvollziehen. Heute in unserem System möglich, anhand von Reformen in einem Bundesland und deren Gelingen oder Scheitern.
So paradox es klingt, Dezentralisierung und Regionalisierung ist ja sogar EU- Forderung. :mrgreen:
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Barbarossa hat geschrieben:
Lia hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben: ...aber wirklich verstehen tue ich das nicht, wenn jemand sagt, wenn jemand sagt, er könne keinen Stolz auf sein Land/Heimat, Sprache, Kultur und seine Vorfahren empfinden. Denn das gehört ja alles mit dazu.
Musst Du auch nicht. Stolz ist eine der 7 Todsünden...
Das ist mir Wurscht.
Wenn ich etwas geleistet habe und ich finde, es ist gut geworden, dann bin ich stolz darauf.
Sogar wenn ein (anderer) Deutscher etwas geleistet hat, das in der Welt hervorsticht, dann bin ich stolz darauf, dass es in Deutschland Menschen gibt, die so hervorragendes leisten können.
Doch, das ist so.
Lieber Barbarossa,
natürlich kann man auf die Leistungen unseres Landes stolz sein. Ich habe mich auch gefreut, als Deutschland Fußball-Weltmeister wurde. Natürlich sollte man die deutsche Geschichte auch nicht auf die 12 Jahre Naziherrschaft beschränken.
Aber in der Geschichte fast eines jeden Landes gibt es Zeiten, worauf man nicht stolz sein kann. USA, die fast Vernichtung der Indianer als Ureinwohner und die Diskriminierung der Afroamerikaner auch heute noch. Bei der Sendung "Ein Herz für Kinder" hat, das auch der Ehrengast Belafonte bei seiner Dankesrede bezüglich des Erhaltens des Goldenen Herzens angesprochen hat. Die Briten wegen Errichtung der KZs im Burenkrieg, die Franzosen wegen Algerien und Indochina und die Australier wegen der Behandlung der Aborigines.
So hat fast jedes Land etwas auf dem Kerbholz. Man muß nur aufpassen, dass Patriotismus nicht in Nationalismus abgleitet. Man darf sein eigenes Land loben, aber kein anderes Land diskreditieren. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Benutzeravatar
Orianne
Mitglied
Beiträge: 3147
Registriert: 11.06.2014, 21:14
Wohnort: Suisse
Kontaktdaten:

Lia hat geschrieben: So paradox es klingt, Dezentralisierung und Regionalisierung ist ja sogar EU- Forderung. :mrgreen:
Du könntest in der Schweiz Politikerin werden Lia, dann kannst Du es den EU Holzköpfen in unserem Land zeigen. :mrgreen:
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
Bild
Lia

Orianne hat geschrieben:Du könntest in der Schweiz Politikerin werden Lia, dann kannst Du es den EU Holzköpfen in unserem Land zeigen
Politik verdirbt den Charakter, und das bisschen, was ich habe, möchte ich behalten.
Wie eben den deutschen Föderalismus in gesunder! Balance zu Berlin.
Bei vielen Dingen, die in die Kompetenz des Bundes fallen, sind die beiden Regierungszentralen Berlin und München schon sehr weit weg. Um sich selbst und die eigene Klientel kreisend im Kosmos Berlin-München.
Partei- übergreifend, und da ist schon gut, wenn die Abgeordneten der Länder ( auch gelegentlich ohne Partei-Scheuklappenalle gemeinsam) und auch die Landesregierungen mal nach guter föderaler Art die eigenen Partei-Kollegen an die Welt da draußen erinnern.
(Fremdgehend: Kosmos Kopenhagen, und Dänemark ist nun ein kleines Land...)
Der Föderalismus ist wieder kein Hinderungsgrund, über die Ländergrenzen hinweg zusammenzuarbeiten, wo es sich anbietet, und dann auch sogar über Staatsgrenzen hinweg. Dazu braucht man Berlin nicht immer.
Läuft nichtimmer ohne Eifersüchteleien, aber am Ende doch vielfach erfolgreich, weil Sach- und Entscheidungskompetenzen direkte Verhandlungen zulassen. Die Resultate müssen sehr viel direkter vor dem Bürger verantwortet werden, alles bequem nach Berlin abzuschieben, funktioniert nicht.
Warum solltez.B. die gebündelte Sachkompetenz in Sachen Küstenschutz denn wohl in Berlin zentralisiert werden? Möglichst auch noch Entscheidungsbefugnis nach Aktenlage innerhalb der Dienstzeit, ob wir hier absaufen oder nicht? Ob, wann und von wem ein leck geschlagenes Schiff geborgen wird? ( Bundeswasserstraße...)
Sparmaßnahmen des Bundes sind einerseits verständlich, wenn das aber bedeutet, dass Kompetenzenund Entscheidungsbefugnisse, die vor Ort nötig sind, weitab von dort zentralisert werden, könnte das am Ende manchmal teuer werden.
Benutzeravatar
Orianne
Mitglied
Beiträge: 3147
Registriert: 11.06.2014, 21:14
Wohnort: Suisse
Kontaktdaten:

Lia hat geschrieben:
Orianne hat geschrieben:Du könntest in der Schweiz Politikerin werden Lia, dann kannst Du es den EU Holzköpfen in unserem Land zeigen
Politik verdirbt den Charakter, und das bisschen, was ich habe, möchte ich behalten.

Der Föderalismus ist wieder kein Hinderungsgrund, über die Ländergrenzen hinweg zusammenzuarbeiten, wo es sich anbietet, und dann auch sogar über Staatsgrenzen hinweg.
Politik verdirbt den Charakter, und das bisschen, was ich habe, möchte ich behalten.
Geht mir auch so Lia :)


Unsere Rechtspopulisten fürchten sich vor den fremden Vögten In Brüssel, man vergleicht sie mit Gessler, darum verwendete ich den Begriff Holzköpfe, es geht ihnen nur um ihre Geschäfte, sie fürchten sich vor dem EU-Diktat, aber wir haben uns ja für den Bilateralen Weg mit der EU entschieden, und da muss das Land jetzt eben durch, dass dieser Weg nicht einfach werden wird, davon haben uns die grossen Banken sowie unsere Regierung gewarnt.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
Bild
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Lia hat geschrieben:Trotzdem ist und wird Deutschland nicht mein Identifikationsmodell für Stolz, weil ich dieses Land in vielem eben nicht mag, es nicht "mein Modell" ist, aber weiß, dass es anderen lieb und teuer ist.
Gesunder Patritiosmus, wie Du es nennst, ist ja völlig in Ordnung, aber kein Muss...
Ja ok, jeder, wie er denkt.
Lia hat geschrieben:Auf die friedliche Revolution könnt und dürft Ihr stolz sein, aber warum sollte ich das sein? Ich war nicht dabei.
Aber Helmut Kohl und Genscher usw. waren quasi dabei und haben die Sache außenpolitisch gemanagt. Auch viele Wahlkämpfer aus dem Westen waren vor der Wahl am 18 März 1990 dabei. Es kamen sicher auch viele Gelder für den Wahlkampf der Parteien aus dem Westen.
Die deutsche Einheit war von Anfang an ein gesamtdeutsches Projekt.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Aneri

Barbarossa hat geschrieben:Ich kann autoritären Regimes nichts positives abgewinnen.
Es geht mir nicht um die Bewertung gut-böse. Ich würde es eher mit einer Entwicklungsphase sehen. So etwa würde ich gern auf die Pubertäts-Phase verzichten, dennoch geht nicht. Es ist notwendige Entwicklungsphase eines Menschen. Auch nicht jeder Mensch gleich extrem diese Phase durchläuft. Dennoch mehr oder weniger betrifft es jeden. So ist mit staatlichen Strukturen. Die Staaten der dritten Welt, die sich in Moderne katapultiert haben, durchlaufen auch die Phase. Militärdiktaturen sich überall eingerichtet haben. Also kann Demokratie nicht dort sich etablieren, wo die Gesellschaft dazu nicht reif ist. Und diese Reife wird (alle Anschein nach) erst durch die Zentralisierung erzwungen.

Unlängst habe ich gelesen, dass die Orient-Fachleute in USA haben beraten in Irak ein autoritäres Regime errichten. USA Regierung war aber unter Druck, unsre geliebte Demokratie dort einzupflanzen. Ohne Erfolg. Das Staat versinkt in Bürger und religiösen Krieg. Der Appel: bitte sich demokratisch verhalten, hat kein Gehör. Land versinkt in Chaos.

Was mir wichtig: nicht in der Beurteilung gut-böse zu verfallen. Viel wichtiger zu verstehen, was bringt diese Zentralisierungsphase? Warum muss der Staat es durchlaufen, wenn es mit so viel Leid für Menschen verbunden ist? Hier, denke ich, ist ein Bedarf auch positives bzw. neutrales zu berichten. Negatives ist allgemein bekannt und daher spreche ich es nicht an. Positives wird aber ausgeblendet.
Also ich kann an Diktaturen kein "gutes Haar" lassen.
Es ist dein gutes Recht. Ich kann dazu nur asagen, dass wenn man die Triebe der Entwicklung nicht versteht, kann man es auch nicht bewirken bzw, mit dem Wirken das Gegenteil erzeugt wird. Wenn wir aber es verstehen, dann kann wir den Weg weniger schmerzhaft machen u/o ihn verkürzen. Die Pädagogik längst es in ihre Praxis anwendet :wink: .
Zuletzt geändert von Aneri am 08.12.2014, 11:05, insgesamt 1-mal geändert.
Aneri

Lia hat geschrieben: Paris ist nicht eines jeden Franzosen Traum-Arbeits- und Lebensort.
Got sei dank...
Eher Albtraum. Sogar für gebürtige Parisiens, die von Lyon nach Paris versetzt werden sollen. Eine solch dominierende Kapitale und Umland bringen erhebliche Probleme mit sich, bis mitten hinein ins Leben.
Darüber hinaus noch andere.
Ich denke, wir sprechen hier über Kulturvielfalt, die auch erhalten bleiben soll (so denke ich, sind wir uns einig). Bringt nicht Frankreichs Besonderheit eben zur dieser kulturelle Vielfalt? Jetzt aber auf stattlicher Ebene. Es ist historisch gewordener Konstellation und, ich nehme an, Französen wissen besser als andere die Nachteile. Dortige Demokratie wird auch was dagegen tun (nehme ich an, in einem demokratischen Land).

Das Problem in Diskussion sehe ich daran, dass man derzeitige Konstellation in Deutschland (die historisch so gewachsen ist wie auch Frankreichs seine) als Beispiel gesehen werden will, dem anderen folgen müssten. Weil es uns JETZT so gut geht. Uns geht jetzt so gut auch deswegen, weil das unsere JETZT aus der Historie (Geschichte, Geographie) gewachsen ist. Anderen geht es schlechter weil sie aus eigene Historie gewachsen sind. Wenn sie sind nicht dumm, werden sie selber das Gute bei uns übernehmen. Es gut möglich ist, dass es widerspricht ihrer kulturellen Identität, Sitten etc. Und sie werden anderen Weg einschlagen, der für MORGEN geeigneter sein wird als der, an dem wir JETZT "hängen".
Aneri

Renegat hat geschrieben: In einer Demokratie ist eine solche schnelle Reform viel schwieriger durchzuziehen, weil Überzeugungsarbeit geleistet und vor allem Kompromisse gemacht werden müssen. Sowas dauert und deshalb stimme ich Aneri zu, dass sich Demokratien mehr auf der Mittellinie bewegen, gerade bei einem großen Staatswesen.
Die spürbare Enttäuschung an die Politik ist auch diesem Merkmal der Demokratie zuzuführen. Man sieht keine Veränderungen. Es gibt so ein russisches Märchen (ein kurzes Gedicht mit moralischen Sinn) über ein Wagen, den ein Hummer, ein Schwan und ein Schwein(?) in vereinigten Kräften zu bewegen versuchten. Jeder zog in seiner Richtung und der Wagen blieb an Ort und Stelle.

Ich zwar denke nicht, dass der Wagen sich nicht bewegt, aber es gibt zu vieler Bremser... Auch deswegen sehe ich ein sinn, wenn man versucht, ein Außenfeind dinglich zu machen. Dann die Kräfte werden mobilisiert für die neue Aufgabe und Wagen irgendwie beschleunigt sich, in die neu gezeichnete Richtung.
Dietrich
Mitglied
Beiträge: 1755
Registriert: 04.05.2012, 18:42
Wohnort: Ostfalen

Aneri hat geschrieben: Das Problem in Diskussion sehe ich daran, dass man derzeitige Konstellation in Deutschland (die historisch so gewachsen ist wie auch Frankreichs seine) als Beispiel gesehen werden will, dem anderen folgen müssten. Weil es uns JETZT so gut geht.
Es ist allerdings unbestreitbar, dass viele europäische Staaten damit beginnen, ihren überlieferten Zentralismus aufzuweichen, und den Regionen größere Rechte und Freiheiten einzuräumen. Das liegt unter anderem daran, dass die Menschen nicht mehr von einer weit entfernten Zentrale regiert werden wollen, die die Probleme und Befindlichkeiten der Menschen vor Ort nicht ausreichend versteht. Im Wachsen ist ganz eindeutig das Subsidiaritätsprinzip, d.h. dass Selbstbestimmung und Eigenverantwortung in die Regionen oder einzelne Landesteile verlagert werden.

Diesen Weg ist in den letzten 20 Jahren Spanien gegangen, indem es 17 "Autonome Gemeinschaften" mit weitgehenden Kompetenzen zur Selbstverwaltung schuf. Katalonien will sich sogar ganz von Spanien lösen, was auch ein fernziel der Basken ist. Italien hat 20 "Regionen" mit Gesetzgebungsbefugnis geschaffen und auch andere Staaten beginnen, Selbstverwaltungsrechte stärker in die Regionen zu verlagern.
Die Regionen Frankreichs hingegen haben sich noch nicht sehr weit von der französischen Zentralregierung in Paris lösen können und auch keine gesetzgeberischen Rechte erlangt. Immerhin ist aber ein erster Schritt auch in Frankreich getan.

Es ist also gegenwärtig in Europa ein Trend zur staatlichen Dezentralisierung festzustellen, da die starke Zentralisierung den Bedürfnissen der Bevölkerung nicht engegnkommt und sie gegen solche Bevormundung aufbegehrt.
Aneri

Dietrich hat geschrieben:Es ist also gegenwärtig in Europa ein Trend zur staatlichen Dezentralisierung festzustellen, da die starke Zentralisierung den Bedürfnissen der Bevölkerung nicht engegnkommt und sie gegen solche Bevormundung aufbegehrt.
Ich möchte voraus bemerken, ich finde sowohl Dezentralisierung als Zentralisierung schlecht (oder gut). In demokratischen staatlichen Struktur geht es IMMER um beides. Man muss eben eine gesunde Balance zwischen Beiden finden. Dass diese Balance unbedingt mit einer Föderalisierung begleitet werden MUSS, da habe ich meine Zweifel. Ich denke, es kann auch andere Mechanismen für eine Dezentralisierung geschafft werden.

Ich habe speziell diesen Satz zitiert, weil hier geht es um s. z. wachsende (oder bestehende) lokale Nationalität, die sich immer selbstbewusster wird und sich emanzipieren versucht. Die Hauptfrage besteht darin, ob diese starke Emanzipationsbestreben durch eine Föderalisierung gestillt wird. Es hatte in der Geschichte schon zicht mal gegeben, in anderen Systemen hat es nicht gereicht. Vielleicht nicht zuletzt dadurch, dass es gibt keine gegnerischen Länder bzw. ideologisches System, die diese Bewegungen unterstützt hätten (was früher ging und gäbe). Wie auch immer, ich hoffe sehr stark, dass Demokratie schafft auch diese Hürde und die Europakarte wird nicht zum einem Flickenteppich von kleinen und noch kleineren Staaten. Daher begrüße ich entwickelnde dezentralisierende Kräfte nicht. Ich sehe sie als eine Gegebenheit, die gezähmt werden muss. Und es nicht leichte Aufgabe.

Für mich diese Auseinandersetzung besteht darin, dass du (so scheint mir) zu stark auf die Föderalisierung fixiert bist. Ich sehe dagegen, dass ohne eine Zentralisierung kein Staat funktionsfähig ist. Auch hier vorher erwähnte Kulturvielfalt Deutschlands, mir - als einer Ausländerin - fällt nicht in Gewicht in Vergleich mit anderen Staaten. Daher sehe ich eher als Selbstbild, nicht die Tatsache. Ich meine den Argument für die Kulturvielfalt durch föderale Struktur.
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Europäische Mitgliedstaaten“