EU leitet Verfahren gegen Polen ein

Informationen, Diskussionen und Entscheidungen

Moderator: Barbarossa

Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15506
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Erstmals leitet die EU ein Verfahren gegen ein Mitgliedsland ein - in diesem Fall gegen Polen. Kommissionschef Frans Timmermans erklärte, die von der national-konservativen Regierung eingeleiteten Reformen gäben Anlass zur Sorge. Bei der nun eingeleiteten Prüfung gehe es aber nicht darum, Polen anzuklagen, sondern gemeinsame Probleme zu lösen.

Ein solches Verfahren läuft folgendermaßen ab:
Die Kommission prüft, ob es eindeutige Anzeichen für eine „systembedingte Gefahr“ für die Rechtsstaatlichkeit in dem betreffenden Mitgliedsland gibt.
Sollte dies der Fall sein, könnte die Regierung des Mitgliedslandes in weiteren Schritten offiziell aufgefordert werden, Änderungen herbeizuführen.
Kommt es im weiteren Verlauf des Verfahrens zu keiner Einigung, kann dieses zu Sanktionen führen, die bis zum Entzug von Stimmrechten reichen. Dazu müssten die übrigen Mitgliedstaaten einstimmig feststellen, dass es einen „schwerwiegenden und anhaltenden Verstoß“ gegen EU-Grundwerte gibt.

Jedoch hat Ungarn bereits klar gemacht, dass es Sanktionen gegen Warschau nicht unterstützen würde.

Artikel lesen: http://www.faz.net/aktuell/politik/euro ... 12051.html
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15506
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Die EU unternimmt nun einen nächsten Schritt gegen Polen. In dem Streit geht es um zwei vom polnischen Parlament erlassenen Gesetze, in denen es um die Einschränkung der Rechte des Verfassungsgerichts und um ein Mediengesetz geht, durch das die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten in ,,nationale Kulturinstitute'' umgewandelt werden sollen, die der polnischen Regierung stärker unterstehen. Gegen diese Gesetze gab es auch bereits zahlreiche Demonstrationen im Land.
Die EU stellt Warschau nun ein Ultimatum bis kommenden Montag (23. Mai), bis zu dem die polnische Regierung erklären soll, dass sie die Gesetze zurücknimmt. Geschieht das nicht, würden die von Brüssel bisher intern geäußerten Bedenken veröffentlicht und Warschau als "Warnung" zugeleitet werden. Damit wäre die zweite Phase des Rechtsstaatlichkeitsverfahrens gegen Polen eröffnet.
Bliebe auch das ohne Erfolg, könnten gegen das EU-Mitglied in einer dritten Stufe Sanktionen bis zur Einschränkung der Stimmrechte Warschaus innerhalb der EU beschlossen werden.
Ein Regierungssprecher der polnischen Regierung nannte den Termin bereits "unrealistisch".

Quelle: Oranienburger Generalanzeiger - Printausgabe
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Sascha
Mitglied
Beiträge: 15
Registriert: 30.09.2015, 03:20

Ich hab jetzt die politischen Entwicklungen in Polen nur so am Rande verfolgt. Habe aber den Eindruck, dass die (neue) polnische Regierung sowieso bezüglich der EU innerlich gekündigt hat. Ob da die Einschränkung des Stimmrechts wirklich "zieht", da bin ich mir nicht so sicher.
Die Frage ist natürlich warum eine solche Regierung in dieser Form überhaupt gewählt wird.
Naja, man wird sehen wie es weitergeht. Bin bei den zahlreichen Themen und Problemen oft zwiegespalten.
Dass Ungarn bei eventuellen Sanktionen nicht mitzieht war ja auch fast zu erwarten. Um die EU mache ich mir auf jeden Fall große Sorgen, da die Differenzen immer größer werden. Scheint es mir auf jeden Fall.
Benutzeravatar
Triton
Mitglied
Beiträge: 1909
Registriert: 09.10.2012, 10:30

Man liest in der Presse nichts darüber.
Da werden die Polen aber mächtig zittern. Die drohen einfach mit Austritt und was dann?
Ist Polen wirtschaftlich von der EU abhängig?
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15506
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Nein, "zittern" tut die polnische Regierung offenbar nicht. Hier eine aktuelle Meldung:

Polens national-konservative Regierungschefin, Beata Szydlo, hat das Ultimatum aus Brüssel mit scharfen Worten zurückgewiesen. Sie erklärte gestern, ihre Regierung werde "sich niemals dem Ultimatum beugen". Und weiter: "Ich kann sagen, dass es in der europäischen Kommission immer mehr Leute gibt, die die EU zerstören wollen, statt sie zu entwickeln." "Nicht Polen hat ein Problem mit der Kommission - die Kommission hat ein Problem mit sich selbst."
Sollte die polnische Regierung das Ultimatum am Montag verstreichen lassen, hätte dies eine "Warnung" von Seiten Brüssels zur Folge. Danach hätte Warschau noch zwei Wochen Zeit für eine Reaktion. Nach Ablauf dieser Frist könnte die EU Sanktionen gegen Polen verhängen.
Quelle: Oranienburger Generalanzeiger - Printausgabe
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
JuergenSchmid
Mitglied
Beiträge: 1
Registriert: 03.08.2017, 11:57

EU-Binnenkommissarin Elzbieta Bienkowska fordert entschiedene Maßnahmen gegen Polen

Bild

Das Reformprojekt des polnischen Justizsystems, das vor etwa anderthalb Jahren von der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) vorgelegt und vom Sejm bestätigt worden war, wurde zum Stein des Anstoßes in den Beziehungen zwischen der EU-Kommission und der polnischen Regierung. Die von der Kaczynskis Partei vorgeschlagenen Änderungen widersprechen grundsätzlich nicht nur den europäischen Normen, sondern auch der Umsetzung demokratischer Bürgerrechte. Es ist keine Überraschung, dass diese Reform eine öffentliche Resonanz und Massenproteste innerhalb des Landes sowie auch die Kritik seitens der EU-Staatschefs verursacht hat. Als die Sanktionen und die Abschaffung des polnischen Vetorechtes im Rat der EU zur Sprache gebracht wurden, musste Präsident Duda umkehren und sein Veto gegen das Projekt einlegen.

Dennoch bleibt die Atmosphäre um das Problem immer wieder geladen. Die mit den innenpolitischen Besonderheiten bekannten polnischen Vertreter in der EU-Kommission und dem EU-Parlament äußern immer wieder ihre Empörung über die Regierungspartei, indem sie Kaczynski und seinem Team nicht vertrauen. Insbesondere schreibt darüber EU-Binnenkommissarin Elzbieta Bienkowska in ihrem Schreiben an den Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans.

Bild

Bienkowska spricht offen über die schweren Probleme mit der Umsetzung demokratischer Rechte im Lande. Diese Frage sei dringlicher als die Wahlen in Deutschland, weil der Verlust von Polen zu einem Zerfall der EU führen könnte. Vielleicht tritt die EU-Kommissarin allzu dramatisch auf.  Allerdings deuten die von der polnischen Seite initiierten mehrmaligen Konflikte mit der gesamteuropäischen Regierung darauf hin, dass wir den Polexit möglicherweise viel früher erleben werden, als die Autoren dieses Präzedenzfalls vollends austreten.
Dietrich
Mitglied
Beiträge: 1755
Registriert: 04.05.2012, 18:42
Wohnort: Ostfalen

Triton hat geschrieben:Da werden die Polen aber mächtig zittern. Die drohen einfach mit Austritt und was dann?
Ist Polen wirtschaftlich von der EU abhängig?
Polen erhält jedes Jahr von der EU gewaltige Hilfsgeleder in Höhe von mehreren Milliarden Euro.

An einen Austritt aus der EU ist daher von polnischer Seite nicht zu denken.  Wohl aber sollte man solche Leistungen angesichts des Aufbaus autoritärer Strukturen einstellen oder kürzen. Leider ist das angesichts der EU-Regeln nur beschränkt möglich.
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Europäische Union“